Andrea Nahles ist (noch?) Generalsekretärin der SPD. Ein Job, der zu Frontalopposition zum jeweiligen politischen Gegner fast verpflichtet. Die neuen Vorschläge zur Zuschussrente nennt Frau Nahles nun eine Mogelpackung. Wer ein bisschen das politische Treiben verfolgt, stellt fest, dass Frau Nahles diesen Begriff nicht zum ersten Mal verwendet. Eine (vielleicht noch nicht einmal vollständige) Auswahl:
Euphemismen
Euphemismen in der Politik – (IV.) Der Hinterbänkler
Gemeint ist der Hinterbänkler (seltener: die Hinterbänklerin). Es ist ganz leicht, sich über sie zu amüsieren. Journalisten machen das sehr gerne. Erst verschaffen sie ihnen (endlich einmal) einen gewissen Raum – um sich dann darüber lächerlich zu machen. Man kennt das ja mit dem Hoch- und Runterschreiben. Der Hinterbänkler durchlebt diese Phasen in sechs Wochen. Andere Politiker brauchen dafür Jahre.
Die Finstermannriege
Horst Seehofer hat es nun ausgesprochen. Da ist sie: die Guttenberg-Dolchstoß-Legende. Herr Lammert und Frau Schavan sollen, so der rührige CSU-Vorsitzende Seehofer, dem Freiherren in den Rücken gefallen sein. Da ist es wieder: Dieses Zauberwort der Politik – die Geschlossenheit. »Die Reihen fest geschlossen« – nicht nur eine deutsche Tugend, aber hier immer besonders gerne hervorgekramt, wenn die Kraft des Arguments auf dem Altar des Opportunismus geopfert werden soll. Pikant ist, dass ausgerechnet Seehofer, der mit seinen undifferenzierten und plakativen Einwürfen die schwarz-gelbe Koalition immer wieder ungefragt penetriert, Minister und Abgeordnete zu Abnickern degradieren möchte.
Euphemismen in der Politik – (III.) Stabilität
Die westlichen Demokratien und das Regime Mubarak haben eines gemeinsam: Beide haben Angst vor dem ägyptischen Volk. Die Bekenntnisse in den Sonntagsreden zu Demokratie, Freiheit und Menschenrechten verpuffen, wenn die Realpolitik übermächtig und »Stabilität« zum alleinentscheidenden politischen Kriterium wird. Die sorgenvollen Mienen bei der deutsch-israelischen Kabinettsitzung gestern sprechen Bände. Die USA und Israel wollen das System Mubarak erhalten. Vielleicht haben sie ihm ja eine Pille entwickelt, damit der 82jährige noch zwanzig oder dreißig Jahre lebt. Ihnen ist ein autokratischer Mubarak mit seiner »richtigen« Politik lieber als die Perspektive eines freien Landes. Als wäre es sicher, dass Ägypten wie weiland der Iran zum Gottesstaat wird (die Auguren sagen das Gegenteil).
Euphemismen in der Politik – (II.) Wettbewerb
Wenn Politiker Wirtschaftsbegriffe übernehmen, sollte man hellhörig werden. Nicht selten werden politisch-gesellschaftliche Entwicklungen ökonomisiert. Dabei kommt in der Regel nichts Gutes heraus – weder ästhetisch noch politisch.
Exemplarisch kann man das am Wort »Wettbewerb« sehen. Dieser Begriff ist in den letzten Jahren zum Fetisch geworden. Fast immer, wenn eine Differenz in politischen Gesprächen nicht wegverhandelt werden kann, kommen die Volksvertreter auf die nebulöse Formulierung, dass jetzt eben der »Wettbewerb« entscheide.
Euphemismen in der Politik – (I.) Probeabstimmung
Die Probeabstimmung ist in keinem Regel- oder gar Gesetzeswerk vorgesehen. Sie ist ein Brauch der politischen Parteien. Vor grossen und als wichtig deklarierten Gesetzesvorhaben wird in den / der Fraktion(en) vor der eigentlichen Abstimmung im Parlament eine interne Abstimmung durchgeführt (notfalls mehrere; es wird so lange »geprobt«; bis das Ergebnis stimmt!). Dieses Verfahren nennt man Probeabstimmung. Der frei gewählte, de jure nur seinem Gewissen verantwortliche Abgeordnete wird auf Einheitslinie getrimmt.