Transversale Reisen durch die Welt der Romane
Arson von Laura Freudenthaler, eine Art Umweltsorgeprosa in Weltuntergangsstimmung. Da und dort, immer wieder, brechen Brände aus. Wie in der Wirklichkeit in Kalifornien, zum Beispiel. Was bringen solche Waldbrände für die Literatur, oder umgekehrt: Wie soll der Autor ihrer habhaft, ihnen gerecht werden, wenn er sie schon nicht löschen kann? Was vermag das alte, kulturell geprägte Naturgefühl gegenüber den Feuern? Über allen Wipfeln ist Ruh; über kalifornischen Wipfeln schlagen die Flammen zusammen.
Freudenthaler pflegt unter anderem, wie viele Autoren heute, einen Essayismus im Musilschen Sinne, man erlaubt sich gern Abschweifungen – Definition von »Essai«: das schweifende Genre –, hier zum Beispiel nach Sumatra, über die dortigen Waldbrände. Auch Thomas Mann hat das getan, seinerzeit, nur weniger aufdringlich als Musil, nicht so theorielastig, nicht zwanghaft-überhöht, sondern in aller Ruhe von der guten Schreibstube aus, siehe zum Beispiel die umfassende Welterklärung, die er im Felix Krull einem gewissen Professor Kuckuck unterschiebt: Dort geht es nicht bloß um ein paar Aspekte, nicht nur um die Möglichkeit des Weltuntergangs bzw. des Endes der Erdgeschichte, diese ist dem Professor sowieso gewiß; nicht nur das einzelne Menschenleben oder die ganze Menschheit, sondern der Planet Erde ist weiter nichts als eine unerhebliche Episode im All. Unser kleiheiner Planet… Der berühmte Pascalsche Schauder. Trotzdem sind die vorzeitlichen Farnwälder, von denen letzte Reste im Botanischen Garten von Lissabon zu besichtigen sind, wissenschaftlicher Studien und allgemeinmenschlicher Wertschätzung wert. Die Figuren und ihre Beziehungen zueinander sind nur Hilfskonstrukte, um interessante Gedanken auszuführen.
Bleiben wir bei der gegenwärtigen Gegenwartsliteratur. Arson nennt sich auch gar nicht »Roman«, nennt sich überhaupt nicht. Das Buch bietet eine Versammlung von Episoden, Stimmungsbildern, Fragmenten, die hin und wieder Sequenzen bilden, Sprachperlen an Motivschnüren – das Thomas Mann-Jahr wirft seine Schatten voraus – wie Schlaflosigkeit oder die Wunde an der Lippe, sie werden vorsätzlich nicht verknüpft, sondern locker aufgefädelt, so daß keine Stränge entstehen, keine Gewebe, sondern. Handlungsmomente. Aufpoppen. Da ist wieder mal eine Lippe aufgeplatzt. Ein Waldstück aufgeflackert. Edelpop!