Jörn Birkholz nennt sein neuestes Buch Der Ausbruch und einen Roman. Und ich war nach der Lektüre des neuen Werkes von Peter Sloterdijk über den Kontinent ohne Eigenschaften (gemeint ist Europa) geradezu erleichtert durch Birkholz’ Geschichte wieder aus den akademischen Höhenkämmen zurück geholt zu werden.
Hauptfigur im Buch ist Max, er lebt in Bremen, dürfte Mitte 30 sein und arbeitet seit einem halben Jahr auf einer befristeten Stelle in einem Archiv. Man kümmert sich projektmäßig um die Aufarbeitung der Schicksale von aus den Ostgebieten Vertriebener. Er ist liiert mit Annette, einer Gymnasiallehrerin. Zusammen haben sie die vierjährige Marie Celine. Max fühlt sich unbehaglich, gefangen in Alltäglichkeiten. Einher geht dies mit einer fast notorischen Ehrgeizlosigkeit. Da ist zunächst die Arbeit, die ihm genau so wenig gefällt wie Edgar, sein chronisch daueranwesender Chef (der den interessanten Nachnamen »Hanfstaengl« trägt). Dann die Familienbetriebsamkeit von Annette, die sich auch noch mit seinen Eltern versteht (ihre eigenen Eltern waren bei einem Autounfall vor sechs Jahren ums Lebens gekommen). Zu Beginn wird Max von ihr erinnert, den Wanderurlaub im Schwarzwald zwischen den Jahren für die fünf zu buchen. Noch so ein Horror. Max kann nicht nur den Namen seiner Tochter nicht leiden, weil dieser ihm in einem unbedachten Moment aufgezwungen wurde, sondern stört sich auch an deren Launenhaftigkeit, die von Annette und seinen Eltern immer wieder entschuldigt wird. Selbstverständlich hantiert das Kind bereits mit Smartphone und Tablet. Da wird Max’ Vater, der sich hartnäckig weigert, bei Besuch den Fernseher auszustellen (lediglich der Ton wird abgestellt) und sich mehr für das Programm zu interessieren scheint, zum Ausblick auf das Leben des Sohnes.
In einem Innerlichkeitsroman würde man jetzt ausgiebig über Max’ Seelenleben informiert, er würde sich vielleicht auf eine Reise begeben, zu einer Suada über die Ungerechtigkeiten in der Welt ansetzen oder aus lauter Verzweiflung Frau und Kind umbringen. Glücklicherweise tritt nichts davon ein. Stattdessen meldet sich Iza wieder, seine ehemalige Freundin. Nach neun Jahren. Sie ist in Bremen, will ihn treffen. Nach einem Exkurs über Max’ Schulzeit (und sein Fremdeln mit der fehlenden Solidarität der Klassenkameraden) kommt es dann unter fast konspirativen Umständen zum Treffen.