Mo­ritz Baß­ler: Po­pu­lä­rer Rea­lis­mus

Moritz Baßler: Populärer Realismus

Mo­ritz Baß­ler:
Po­pu­lä­rer Rea­lis­mus

Im letz­ten Jahr sorg­te ein Auf­satz des Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­lers Mo­ritz Baß­ler über den »neu­en Mid­cult« für ei­ni­ges Auf­se­hen in der Li­te­ra­tur­sze­ne. Kurz dar­auf folg­te zu­sam­men mit Heinz Drügh das Buch »Ge­gen­warts­äs­the­tik«. Es war der Ver­such ei­ner Ana­ly­se der ak­tu­el­len Li­te­ra­tur im Kos­mos des Mark­tes. Hier füg­te sich schließ­lich die Mid­cult-The­se ein, die ei­ne Art Pur­ga­to­ri­um des (gegenwarts-)ästhetischen li­te­ra­ri­schen Him­mels­ge­wöl­bes er­schuf und Klas­si­fi­zie­run­gen er­mög­li­chen soll­te. Sie be­sagt, dass markt­kon­for­me, zeit­ge­nös­si­sche Li­te­ra­tur Hoch­kul­tur si­mu­lie­re, in dem sie Ver­satz­stücke da­von ver­wen­de und dem Re­zi­pi­en­ten das woh­li­ge Ge­fühl ver­mitt­le, Kul­tur zu kon­su­mie­ren.

Nun legt Baß­ler mit »Po­pu­lä­rer Rea­lis­mus« ei­ne er­wei­ter­te Stu­die vor, wie es heißt, ei­ne Sich­tung von Ge­gen­warts­li­te­ra­tur »un­ter Aspek­ten li­te­ra­ri­scher Ver­fah­ren«. Baß­ler ver­knüpft hier die Mid­cult-The­se mit der Hy­po­the­se, dass der Groß­teil al­ler zeit­ge­nös­si­schen Li­te­ra­tur der Stil­rich­tung »po­pu­lä­rer Rea­lis­mus« zu­zu­ord­nen sei. Und er prä­zi­siert die Kri­te­ri­en des »neu­en Mid­cult«.

Ex­kurs: Mid­cult bei Um­ber­to Eco

Viel­leicht ist es vor­ab not­wen­dig, sich das Mid­cult­we­sen, das Baß­lers Buch struk­tu­riert, ge­nau­er an­zu­se­hen. In mei­nem Text über »Ge­gen­warts­äs­the­tik« ver­or­te­te ich es auf die 1990er Jah­re. Das war je­doch falsch. Um­ber­to Eco über­nahm die De­fi­ni­ti­on des »Mid­cult« vom ame­ri­ka­ni­schen Schrift­stel­ler, Li­te­ra­tur- und Ge­sell­schafts­kri­ti­ker Dwight Mac­Do­nald (1908–1982) aus den 1960er-Jah­ren und ex­tra­po­lier­te sie 1963/64 in zwei Tex­ten, die in deut­scher Spra­che al­ler­dings erst 1986 im Auf­satz­band »Apo­ka­lyp­ti­ker und In­te­grier­te« pu­bli­ziert wur­den (das Ta­schen­buch er­schien 1992 und ist der­zeit noch an­ti­qua­risch er­hält­lich).

Den voll­stän­di­gen Text »Die Ka­no­ni­sie­rung des Pop« bei Glanz und Elend wei­ter­le­sen.

He­le­na Ad­ler: Fret­ten

Helena Adler: Fretten

He­le­na Ad­ler: Fret­ten

Vor zwei Jah­ren wur­de He­le­na Ad­ler ei­nem brei­ten Pu­bli­kum mit ih­rem fu­rio­sen De­but »Die In­fan­tin trägt den Schei­tel links« be­kannt. Mit »Fret­ten« liegt nun der zwei­te Ro­man vor, der im Ver­gleich zum Erst­ling noch mehr an der Schrau­be der Ex­pres­si­vi­tät, der Wut aber auch der Zärt­lich­keit dreht, et­was, was man kaum für mög­lich ge­hal­ten hat. Aber ge­mach.

Zu Be­ginn wird die Vo­ka­bel »fret­ten« er­klärt: »sich ab­mü­hen, sich pla­gen […] sich wund rei­ben«. Wie schon in der »In­fan­tin« sind die 21 Ka­pi­tel des neu­en Ro­mans über­schrie­ben mit Ti­teln von Kunst­wer­ken; zu­meist Ge­mäl­den (de­ren An­schau­en zur Lek­tü­re loh­nend ist), aber auch ei­ne Per­for­mance und zwei In­stal­la­tio­nen der Au­torin, die man nur er­ah­nen kann. Auch in­halt­lich könn­te »Fret­ten« ei­ne Fort­schrei­bung des Erst­lings sein; es gibt an­ge­deu­te­te Par­al­le­len zur El­tern- und Groß­el­tern­ge­schich­te, die aber nicht mehr wei­ter aus­ge­führt wer­den. Die »In­fan­tin« en­det mit dem Ab­schied von Kind­heit und Ju­gend; sie leg­te »ih­re Waf­fen nie­der« und still­te ihr Kind. Und die Ich-Er­zäh­le­rin aus »Fret­ten« stellt ab Mit­te des Ro­mans die Ge­burt und die Be­treu­ung ih­res Soh­nes in den Mit­tel­punkt. Dann nimmt das rich­tig Fahrt auf.

Zu­nächst je­doch wird die Kind­heit als »ir­di­sches Pa­ra­dies« er­zählt, ein bu­ko­li­sches Idyll mit ima­gi­nier­ten war­men Dämp­fen; ei­ne »wei­che Welt« im »Blu­men­ver­steck« des ver­wil­der­ten Groß­el­tern­gar­tens mit Blick auf die Ber­ge, die ein »un­end­li­ches Meer« »in­sze­nier­ten«. Je­der Tag »roch nach Aben­teu­er«. Noch war es da, das »Ur­ver­trau­en« und ei­ne strot­zen­de Le­bens­gier er­füll­te sie. Es gab den »Duft un­se­rer Wei­zen­fel­der« (das Olfak­to­ri­sche spielt in die­sem Buch ei­ne wich­ti­ge Rol­le) und die »Abend­son­ne sti­chelt gold­gelb in die Al­pen­sa­van­ne« wäh­rend die Schat­ten ein Bild lie­fer­ten, »als wür­de das Land mit Erd­öl ge­flu­tet.«

Es sind Evo­ka­tio­nen aus den »Gefilde[n] der Se­li­gen« und ich fra­ge mich, wann ich zu­letzt der­art zau­ber­haf­tes ge­le­sen ha­be (das ist lan­ge her). Aber das ist nur die ei­ne Sei­te. Da­ne­ben, gleich­zei­tig, gab es auch das Le­bens in der har­ten, »bru­ta­len Welt« der El­tern, die­se Ka­da­ver- und Ver­we­sungs­ge­rü­che – ei­ne Me­ta­pher für Un­ver­ständ­nis und Bor­niert­heit – und am lieb­sten war die Er­zäh­le­rin mit sich al­lei­ne, beim Zeich­nen von Be­stia­ri­en mit den »Mon­stern der Nacht« und spä­ter wur­de die »Spra­che der Phra­sen­dre­scher« (vul­go: Fa­mi­lie) »zer­häck­selt«.

Wei­ter­le­sen

Ri­chard Da­vid Precht / Ha­rald Wel­zer: Die vier­te Ge­walt

Precht/Welzer: Die vierte Gewalt

Precht/Welzer:
Die vier­te Ge­walt

We­ni­ge Ta­ge vor der of­fi­zi­el­len Ver­öf­fent­li­chung des Bu­ches »Die vier­te Ge­walt« schlug den bei­den Au­toren für ihr Werk ei­ne gro­ße Por­ti­on Hä­me und Un­ver­ständ­nis ent­ge­gen. Grund wa­ren vor al­lem die für das Buch­mar­ke­ting vor­ge­nom­me­nen (und von den Leit­me­di­en be­reit­wil­lig ge­führ­ten) In­ter­views, in dem bei­de (oder auch nur ei­ner von bei­den) vor al­lem ih­re Po­si­ti­on zum Russ­land-Ukrai­ne-Krieg und den deut­schen Waf­fen­lie­fe­run­gen noch ein­mal poin­tiert – und teil­wei­se mit gro­ßer Ar­ro­ganz – vor­brach­ten. Precht und Wel­zer sind ge­gen die Lie­fe­rung von schwe­ren Waf­fen an die Ukrai­ne (und zwar ge­ne­rell – nicht nur von Deutsch­land), weil sie ei­ne Es­ka­la­ti­on fürch­ten. Russ­land sei, so das Cre­do, Atom­macht. Dass Atom­mäch­te in der Ver­gan­gen­heit durch­aus ih­re In­va­sio­nen auf­grund zu ho­her Ge­gen­wehr ab­ge­bro­chen ha­ben, schei­nen sie nicht zu wis­sen. Statt­des­sen schla­gen sie Ver­hand­lun­gen mit Pu­tin vor, ob­wohl des­sen Re­gime die Be­din­gun­gen hier­für mehr­fach er­klärt hat: Hier­zu wä­re die Ka­pi­tu­la­ti­on der Ukrai­ne not­wen­dig.

Mehr­fach ha­ben Precht wie auch Wel­zer (hier der Ein­fach­heit hal­ber mit der Sig­le »WP« ab­ge­kürzt) in »Of­fe­nen Brie­fen« zur Ein­stel­lung der mi­li­tä­ri­schen Un­ter­stüt­zung der Ukrai­ne auf­ge­ru­fen. Dies und das ag­gres­si­ve Mar­ke­ting führt zu ful­mi­nan­tem Wi­der­spruch ins­be­son­de­re in den so­ge­nann­ten so­zia­len Me­di­en (Twit­ter, Face­book). Dass die über­wäl­ti­gen­de Mehr­zahl der Kri­ti­ker das Buch bis da­hin nicht ge­le­sen hat­ten (bzw. es nicht le­sen konn­ten) spielt kei­ne Rol­le. Man schloss schlicht­weg vom In­halt der bis­he­ri­gen State­ments von WP auf das Buch.

Om­ni­prä­sen­te Dar­lings

Bei­de Au­toren sind seit vie­len Jah­ren pu­bli­zi­stisch om­ni­prä­sent und man kann sie als Dar­lings des Me­di­en­be­triebs be­zeich­nen. Ha­rald Wel­zer, Au­tor zahl­rei­cher Bü­cher ist ei­ne be­kann­te Fi­gur der sich pro­gres­siv ge­ben­den De­growth-Be­we­gung und gern­ge­se­he­ner Gast in den Me­di­en. Ri­chard Da­vid Prechts Kar­rie­re ver­dankt sich vor al­lem dem öf­fent­lich-recht­li­chen Sy­stem: es war die Li­te­ra­tur­kri­ti­ke­rin El­ke Hei­den­reich, die sein Buch »Wer bin ich – und wenn ja, wie vie­le?« der­art em­pha­tisch lob­te, dass es prak­tisch über Nacht zum Best­stel­ler wur­de. Zu­schau­er von po­pu­lär­wis­sen­schaft­li­chen Sen­dun­gen konn­ten von da an dem so­ge­nann­ten Phi­lo­so­phen Precht schwer ent­kom­men; sei­ne Bü­cher wur­den stets in ent­spre­chen­den Sen­dun­gen »vor­ge­stellt« (Eu­phe­mis­mus für be­wor­ben) und er­reich­ten dem­entspre­chend ho­he Ver­kaufs­zah­len. Tat­säch­lich hat Precht kei­nen ein­zi­gen phi­lo­so­phi­schen For­schungs­bei­trag pu­bli­ziert und spielt in der aka­de­mi­schen Phi­lo­so­phie kei­ne Rol­le.

Nun ha­ben al­so WP ein Buch ge­schrie­ben, in dem sie un­ter an­de­rem be­kla­gen, dass die so wich­tig ge­wor­de­nen Talk­show­run­den im deut­schen Fern­se­hen nicht pa­ri­tä­tisch nach Um­fra­ge­er­geb­nis­sen be­setzt sind. Weil sie her­aus­ge­fun­den ha­ben, dass im Früh­jahr bis zu 46% der be­frag­ten deut­schen Be­völ­ke­rung ge­gen Lie­fe­run­gen schwe­rer Waf­fen an die Ukrai­ne ge­we­sen sind, lei­ten die bei­den dar­aus ab, dass Dis­kur­se die­ses (schwan­ken­de) Stim­mungs­bild je­des Mal ab­zu­bil­den ha­ben. Man soll­te al­so kei­ne Mi­li­tär­ex­per­ten, Geo­po­li­tik­wis­sen­schaft­ler oder Russ­land­for­scher ein­la­den, son­dern, so wird sug­ge­riert, ver­mehrt wis­sens­fer­ne Ak­teu­re, de­ren ein­zi­ge Qua­li­fi­ka­ti­on dar­in be­steht, ei­ne be­stimm­te Mei­nungs­quo­te zu er­fül­len.

In­ter­es­sant ist da­bei, dass die­se Dis­kus­si­ons­run­den von WP wie ei­ne Art Ring­kampf be­trach­tet wer­den, in dem es nur »pro« oder »con­tra« gibt. Zwar be­kla­gen die bei­den im Lau­fe des Bu­ches ex­akt die­se bi­nä­re Aus­rich­tung und set­zen sich (et­was ob­skur for­mu­liert) für »mehr als fünf­zig Schat­tie­run­gen von Grau« (wer kommt da nicht auf ei­nen Buch­ti­tel?) ein, die »nicht an­ge­mes­sen re­prä­sen­tiert« sei­en – aber man sel­ber be­treibt das »Entweder-Oder«-Spiel sehr häu­fig.

Wei­ter­le­sen

Jo­chen Hö­risch: Poe­sie und Po­li­tik

Jochen Hörisch: Poesie und Politik

Jo­chen Hö­risch:
Poe­sie und Po­li­tik

Die zahl­rei­chen Pu­bli­ka­tio­nen wie bei­spiels­wei­se die Kul­tur­ge­schich­te der Hän­de (2021), die Mo­no­gra­fie »Gott, Geld und Me­di­en« (2004), ein Es­say über das »Wis­sen der Li­te­ra­tur« (2007), Mar­tin Lu­ther (2020), Ri­chard Wag­ners Theo­rie­thea­ter (2015) oder der »Wut des Ver­ste­hens« (1988/2011) ma­chen Jo­chen Hö­risch (Jahr­gang 1951) zu ei­ner ger­ne be­frag­ten Per­sön­lich­keit. Er er­scheint da­bei wie ei­ne Art kul­tur­wis­sen­schaft­li­cher Ther­mo­mix des öf­fent­lich-recht­li­chen Ra­dio­feuil­le­tons, zu­mal er ge­schickt und mit gro­ßer Elo­quenz schein­bar Ab­sei­ti­ges zu ver­blüf­fen­den Ana­lo­gien ver­knüp­fen kann.

Nun legt Hö­risch »Poe­sie und Po­li­tik« vor, ein Buch, das er li­stig mit »Sze­nen ei­ner ris­kan­ten Be­zie­hung« un­ter­ti­telt. Tat­säch­lich geht es ihm nie um ei­ne um­fas­sen­de Dar­stel­lung der be­spro­che­nen Phä­no­me­ne, son­dern es wer­den epi­so­den­haft ein­zel­ne Bei­spie­le vor­ge­stellt und kom­men­tiert. So kommt das neue­ste Werk mit End­no­ten und Per­so­nen­ver­zeich­nis auf ge­ra­de ein­mal knapp 160 Sei­ten.

Den voll­stän­di­gen Text »Eit­les Feuil­le­ton­ges­ums« bei Glanz und Elend wei­ter­le­sen.

Car­lo Ma­sa­la: Welt­un­ord­nung

Carlo Masala: Weltunordnung

Car­lo Ma­sa­la:
Welt­un­ord­nung

Die Pu­bli­ka­ti­ons­ge­schich­te des Buchs »Welt­un­ord­nung« von Car­lo Ma­sa­la be­stä­tigt in­di­rekt die sich im Ti­tel aus­drücken­de Fest­stel­lung. Die er­ste Auf­la­ge er­schien 2016. Zwei Jah­re da­nach ei­ne ak­tua­li­sier­te Ver­si­on. Und jetzt, 2022, nach der In­va­si­on der Ukrai­ne durch Russ­land, er­scheint ei­ne drit­te, aber­mals ak­tua­li­sier­te und um ein Ka­pi­tel er­gänz­te Auf­la­ge. So wer­den Be­fun­de des Au­tors be­legt und noch vor kur­zer Zeit für un­mög­lich ge­hal­te­ne Ent­wick­lun­gen wer­den plötz­lich Rea­li­tät.

Car­lo Ma­sa­la, 1968 ge­bo­ren, ist Pro­fes­sor für In­ter­na­tio­na­le Po­li­tik an der Uni­ver­si­tät der Bun­des­wehr in Mün­chen. Ei­ner brei­te­ren Öf­fent­lich­keit wur­de er durch die mi­li­tä­ri­sche und geo­po­li­ti­sche Kom­men­tie­rung des Kriegs Russ­lands ge­gen die Ukrai­ne seit Fe­bru­ar 2022 be­kannt. Sein Idea­lis­mus dem ar­gu­men­ta­ti­ven Aus­tausch ge­gen­über ist so groß, dass er sich bis­wei­len so­gar ins Di­let­tan­ten­ge­tüm­mel der Po­lit­talk­shows stürzt. Wer sich dies er­spa­ren möch­te, kann im­mer­hin noch die­ses Buch le­sen. Und es lohnt sich.

Die Ar­beits­hy­po­the­se ist schnell for­mu­liert: Die Zei­ten­wen­de 1989/90 mit dem Zu­sam­men­bruch des bi­po­la­ren Sy­stems (USA vs UdSSR bzw. NATO vs War­schau­er Pakt) hat nach ei­nem kurz­zei­ti­gen Ho­ney­moon (»En­de der Ge­schich­te«) zu ei­ner ve­ri­ta­blen welt­po­li­ti­schen Un­ord­nung ge­führt. Aber, so stellt Ma­sa­la kühl fest: »Die Ver­su­che der ‘west­li­chen’ Welt […] ei­ne neue glo­ba­le Ord­nung zu schaf­fen, ha­ben in ei­nem nicht un­er­heb­li­chen Ma­ße da­zu bei­getra­gen, dass wir heu­te in ei­ner Welt der Un­ord­nung le­ben.« (»West­lich« wird hier na­tür­lich nicht als geo­gra­fi­sche son­dern als ge­sell­schaft­lich-kul­tu­rel­le Zu­ord­nung ver­stan­den.) Da­ne­ben gibt es mit dem in­ter­na­tio­na­len Ter­ro­ris­mus, Mi­gra­ti­ons­strö­men, Cy­ber­an­grif­fen und Pan­de­mien wei­te­re Her­aus­for­de­run­gen, die zur De­sta­bi­li­sie­rung füh­ren.

In den 2000er Jah­ren wur­de die »uni­la­te­ra­le Wen­de« der ame­ri­ka­ni­schen Si­cher­heits- und Au­ßen­po­li­tik durch ei­ne selt­sa­me Al­li­anz aus Neo­kon­ser­va­ti­ven und li­be­ra­len De­mo­kra­ten noch ver­stärkt. Die USA sa­hen »den Ein­satz mi­li­tä­ri­scher Macht­mit­tel als le­gi­ti­mes In­stru­ment […] um ih­re glo­ba­len Phan­ta­sien zu rea­li­sie­ren«. Da­bei sind al­le Mis­sio­nie­rungs­ver­su­che, die bis­wei­len un­ter dem Eu­phe­mis­mus der »hu­ma­ni­tä­ren In­ter­ven­ti­on« ge­fr­amt wur­den und De­mo­kra­tie und freie Markt­wirt­schaft uni­ver­sa­li­sie­ren so­wie die » ‘west­li­che’ Vor­herr­schaft über den Rest der Welt« fest­schrei­ben soll­ten, ge­schei­tert. Die Li­ste ist lang, reicht »von Bos­ni­en-Her­ze­go­wi­na über Af­gha­ni­stan und den Irak bis hin zu Li­by­en« (und ist da­mit noch nicht ein­mal voll­stän­dig). Re­sul­tat: Zer­fal­len­de Staa­ten oder be­sten­falls ein­ge­fro­re­ne Kon­flik­te. Auch die ge­walt­sa­me Be­kämp­fung des is­la­mi­schen Ter­ro­ris­mus ist nur teil­wei­se ge­lun­gen.

Ma­sa­la be­legt dies an zahl­rei­chen Bei­spie­len, ana­ly­siert die Dop­pel­mo­ral des We­stens, der De­mo­kra­tie pre­digt, aber bei­spiels­wei­se »fal­sche« Wahl­aus­gän­ge (wie in Al­ge­ri­en 1991/92 oder der Tür­kei 1996) sa­bo­tiert oder kor­rup­te, aber ihm ge­wo­ge­ne Prä­si­den­ten an die Macht hievt (wie in der Ver­gan­gen­heit in Af­gha­ni­stan). Schließ­lich ver­wirft Ma­sa­la mit dem »Li­be­ra­lis­mus« und der Ver­recht­li­chung der Au­ßen- bzw. Welt­po­li­tik zwei Säu­len des ak­tu­el­len po­li­ti­schen Den­kens.

Wei­ter­le­sen

Oc­cu­p­ied – Die Be­sat­zung (Staf­fel 1 und 2)

Die nor­we­gi­sche Po­lit-Se­rie »Oc­cu­p­ied« (deut­sche Er­gän­zung: »Die Be­sat­zung«) von 2015 spielt, wie es zu Be­ginn heißt, in ei­ner nicht fer­nen Zu­kunft. Der wich­tig­ste Punkt die­ser hoch­ge­lob­ten Se­rie wird gleich am An­fang in ei­nem Halb­satz ab­ge­han­delt: Die USA ist nicht mehr in der NATO. Das Bünd­nis spielt da­her im wei­te­ren Ver­lauf kei­ne Rol­le mehr. Der nor­we­gi­sche Mi­ni­ster­prä­si­dent Berg will sein Wahl­ver­spre­chen ein­lö­sen, ge­gen den glo­ba­len Kli­ma­wan­del vor­an­ge­hen und stoppt al­le Gas- und Öl­lie­fe­run­gen an die EU. Als Al­ter­na­ti­ve wird die so­ge­nann­te »Thorium«-Technik vor­ge­stellt; ei­ne Art grü­ner Atom­strom (pi­kan­ter­wei­se ist hier Bergs Frau in­vol­viert). Der Wi­der­stand ge­gen die­se un­ab­ge­stimm­te ad-hoc-Maß­nah­me ist in Eu­ro­pa ver­ständ­li­cher­wei­se sehr groß. Auch Russ­land hat kein In­ter­es­se an ein so­for­ti­ges En­de der fos­si­len En­er­gie. In ei­ner Al­li­anz zwi­schen der EU und Russ­land wird Druck auf Nor­we­gen auf­ge­baut (nur zur Er­in­ne­rung: Nor­we­gen ist nicht Mit­glied der EU und ist es auch in der Se­rie nicht).

Aber Russ­land geht wei­ter. Man be­setzt nor­we­gi­sche För­der­an­la­gen und Bohr­platt­for­men, um die Wei­ter­ver­sor­gung zu be­trei­ben. Es scheint so, als sei dies mit der EU ab­ge­stimmt. Berg wird zu Be­ginn kurz ent­führt und auf ei­ne Än­de­rung sei­ner Tho­ri­um-Po­li­tik ein­ge­schwo­ren. Das lehnt er zu­nächst ab, beugt sich dann je­doch und fährt die fos­si­len Aus­beu­tun­gen wie­der hoch. Russ­land fin­det im­mer neue De­tails, um ein fe­stes Ab­zugs­da­tum hin­aus­zu­zö­gern. Als sich ein Wi­der­stand for­miert, tritt man als Schutz­macht auf – für Nor­we­gen und die En­er­gie­ver­sor­gung der EU. Berg wird fast schlag­ar­tig zum Re­al­po­li­ti­ker, spielt die rus­si­sche In­ter­ven­ti­on of­fi­zi­ell her­un­ter. Mi­ni­ster tre­ten zu­rück und man legt auch Berg den Rück­tritt na­he, aber da die Par­tei in der Nach­fol­ge­fra­ge zer­strit­ten ist, bleibt er. Zum Ge­gen­part der Re­gie­rung wird die rus­si­sche Bot­schaf­te­rin Si­do­ro­va – an­de­re rus­si­sche Po­li­ti­ker wei­gern sich mit Berg zu re­den (nur ein­mal kommt der Au­ßen­mi­ni­ster kurz ins Spiel).

Ei­ne wei­te­re Haupt­fi­gur ist der Si­cher­heits­mann Hans Mar­tin Djup­vik, der zu Be­ginn der rus­si­schen Bot­schaf­te­rin das Le­ben ret­tet und nun suk­zes­si­ve in­ner­halb des nor­we­gi­schen In­lands­ge­heim­dien­stes PST auf­steigt. Mehr als ein­mal wird er als Ver­mitt­ler zwi­schen Russ­land und Nor­we­gen ein­ge­setzt – was al­ler­dings mit der Zeit er­mü­det. Schließ­lich wird er von Berg als Dop­pel­agent ein­ge­setzt; die­se Sze­nen über­zeu­gen nicht. Auch der In­ve­sti­ga­ti­v­jour­na­list Tho­mas Erik­sen wirkt mit sei­ner ewi­gen Um­hän­ge­ta­sche ein biss­chen kli­schee­be­la­den.

In­ter­es­sant ist die Se­rie, an der un­ter an­de­rem auch der Best­stel­ler­au­tor Jo Nes­bø mit­ge­schrie­ben hat­te, im Auf­zei­gen der po­li­ti­schen Es­ka­la­ti­ons­spi­ra­le. Die zu­nächst eher mar­gi­na­li­sier­te Un­ab­hän­gig­keits­be­we­gung »Fritt Nor­ge« (»Frei­es Nor­we­gen«), die heim­lich von der un­heil­bar kran­ken PST-Che­fin Ar­ne­sen un­ter­stützt wird, er­hält im­mer mehr Zu­lauf. Ge­lun­gen ist die Dar­stel­lung des zu­nächst auf Aus­gleich mit Russ­land be­dach­ten Re­gie­rungs­chefs, der glaubt mit Ent­ge­gen­kom­men die Rus­sen schnell zum Ab­zug be­we­gen zu kön­nen. Durch ge­ziel­ten Ter­ror, der auch vor der Er­mor­dung ei­ge­ner Lands­leu­te nicht zu­rück­schreckt, sa­bo­tie­ren die Rus­sen je­doch jeg­li­chen Aus­gleich. Spä­ter wird Berg be­ken­nen, dass man sei­ne so­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Sicht auf Po­li­tik miss­braucht hat.

Wei­ter­le­sen

Pa­trick Mo­dia­no: Un­ter­wegs nach Che­v­reu­se

Patrick Modiano: Unterwegs nach Chevreuse

Pa­trick Mo­dia­no: Un­ter­wegs nach Che­v­reu­se

Seit­dem Pa­trick Mo­dia­no den No­bel­preis zu­er­kannt wur­de, er­schei­nen sei­ne in schö­nem Rhyth­mus al­le zwei, drei Jah­re neue Ro­ma­ne und nach knapp ei­nem Jahr dann in deut­scher Spra­che im Han­ser-Ver­lag. Über­set­ze­rin ist seit mehr als 25 Jah­ren Eli­sa­beth Edl (mit ei­ner Aus­nah­me). Die­se Kon­ti­nui­tät ist wich­tig; bei ei­nem Au­tor wie Mo­dia­no erst recht.

Denn auch im neue­sten Ro­man Un­ter­wegs nach Che­v­reu­se (im Ori­gi­nal von 2021 Che­v­reu­se) fin­det der Le­ser zahl­rei­che Ver­wei­se auf an­de­re, teil­wei­se län­ger zu­rück­lie­gen­de Bü­cher von Mo­dia­no. So ist die Haupt­fi­gur wie schon in Der Ho­ri­zont (2010/2013) er­neut der Schrift­stel­ler Jean Bos­mans. Im Che­v­reu­se-Ro­man er­fährt man, dass er einst auf ei­ner Art Flucht in ei­nem Ca­fé in ei­nem ent­le­ge­nen Dorf sei­nen Erst­ling »Das Schwarz des Som­mers« ver­fasst hat­te. Es ist der glei­che Ti­tel des Erst­lings von Jean Dara­ga­ne aus Mo­dia­nos viel­leicht trau­rig­stem Ro­man Da­mit du dich im Vier­tel nicht ver­irrst (Pour que tu ne te per­des pas dans le quar­tier, 2014/2015) – eben­falls in ei­nem klei­nen Ort ge­schrie­ben. Wie in fünf oder sechs an­de­ren Mo­dia­no-Bü­chern spielt die Rue du Doc­teur-Kur­zen­ne ei­ne Rol­le, ge­nau­er: das Haus Nr. 38. Es ist ei­ne Stra­ße, die tat­säch­lich exi­stiert: in Jouy-en-Jo­sas in der Île-de-France, dem Ort, in dem Mo­dia­no ei­nen Groß­teil sei­ner Kind­heit und Ju­gend ver­brach­te. Schließ­lich kommt auch im neu­en Ro­man wie­der ein ge­wis­ser Guy Vin­cent vor. Mo­dia­no zi­tiert so­gar aus ei­nem (si­cher­lich fik­ti­ven) Brief, »ge­gen En­de der neun­zi­ger Jah­re« er­hal­ten, in dem Jean Bos­mans ei­ne Re­cher­che über Guy bzw. Ro­ger Vin­cent von ei­nem Le­ser er­hält.

Die Kunst des Über­set­zens – wie die des Le­sens – be­steht dar­in, der Ver­su­chung zu wi­der­ste­hen, aus die­sen Fähr­ten ei­ne Rei­he, ei­ne über­ge­ord­ne­te Er­zäh­lung, zu re­kon­stru­ie­ren. Tat­säch­lich sind sie für das Ver­ständ­nis des je­wei­li­gen Tex­tes un­wich­tig; was auch für die Ex­ege­se von Mo­dia­nos Werk gel­ten dürf­te. Es sind Na­men von Spiel­fi­gu­ren und ‑sze­nen, die sich wie­der­ho­len, aber eben nie decken. Stets ent­ste­hen in den Ro­ma­nen je an­de­re Dy­na­mi­ken. Jean Bos­mans aus Der Ho­ri­zont hat ei­ne an­de­re Ge­schich­te wie je­ner aus dem Che­v­reu­se-Buch. Die Ma­gie des Hau­ses Nr. 38 ist im­mer an­ders.

Ge­mein­sam ist das My­ste­ri­um der Er­in­ne­rung, wel­ches die je­weils aus per­so­na­ler Sicht er­zähl­ten Fi­gu­ren ir­gend­wann über­fällt und nicht mehr los­lässt. Häu­fig läuft dies auf zwei Ebe­nen ab. Im neue­sten Buch sind die Zeit­mar­ken 50 und 15 Jah­re. Jean Bos­mans re­kon­stru­iert sei­ne Ein­drücke von vor 50 Jah­ren und er­in­nert sich dar­an, als er sich 15 Jah­re zu­rück er­in­ner­te. Der Er­eig­nis­kern liegt so­mit rund 65 Jah­re von der Ge­gen­wart (hier die 2010er Jah­re) ent­fernt. Bos­mans lich­tet sei­ne Er­in­ne­rungs­lücken rund um ein Haus im Stadt­teil Che­v­reu­se (eben auf je­ner er­wähn­ten Stra­ße), in dem er sei­ne Kind­heit ver­bracht hat­te. Fünf­zehn Jah­re spä­ter macht er Be­kannt­schaft mit Ca­mil­le, die, war­um auch im­mer, »To­ten­kopf« ge­nannt wird. Sie wie­der­um bringt ihn mit zwei an­de­ren Fi­gu­ren in Kon­takt, die, so ver­fe­stigt sich der Ein­druck, et­was von Jean wis­sen wol­len. Sie füh­ren ihn zu dem omi­nö­sen Haus, wo­bei Jean sich erst wie­der an sei­nen Auf­ent­halt er­in­nern muss – was ihm müh­sam ge­lingt. Aber in­tui­tiv ver­schweigt er sei­ner Be­kann­ten und den bei­den Män­nern sei­ne Er­in­ne­rung und den ein­sti­gen Auf­ent­halt. Die An­ge­le­gen­heit ent­wickelt sich zu ei­nem Kri­mi­nal­fall (mehr soll nicht ver­ra­ten wer­den), denn die Be­kannt­schaf­ten, die er da­mals mach­te, wa­ren nicht zu­fäl­lig. Mo­dia­no fährt ei­ni­ges Per­so­nal auf – der Le­ser muss auf­pas­sen, weil es fal­sche Fähr­ten gibt. Jean be­gibt sich schließ­lich auf ei­ne Flucht und schreibt sei­nen er­sten Ro­man. 50 Jah­re spä­ter kommt er wie­der auf die Zeit mit »To­ten­kopf« und die selt­sa­men Er­eig­nis­se um die­ses Haus zu­rück; der An­lass bleibt un­klar.

Wei­ter­le­sen

(Ta­ge­buch) Fried­rich Sieburg: Die Flie­ge im Bern­stein

Friedrich Sieburg: Die Fliege im Bernstein

Fried­rich Sieburg:
Die Flie­ge im Bern­stein

Fried­rich Sieburg wur­de 1893 ge­bo­ren. 1912 be­gann er Phi­lo­so­phie, Ge­schich­te und Öko­no­mie zu stu­die­ren. Im Er­sten Welt­krieg wur­de er Flie­ger­of­fi­zier. Pro­mo­ti­on 1919 in Mün­ster zum Dr. phil. (im Nach­wort steht irr­tüm­lich 1920). Sieburg stand ei­ni­ge Zeit dem Ge­or­ge-Kreis na­he. Schließ­lich schlug er ei­ne Lauf­bahn als Jour­na­list ein, schrieb u. a. für die »Welt­büh­ne« und vor al­lem bei der »Frank­fur­ter Zei­tung«, für die als Kor­re­spon­dent aus Lon­don und vor al­lem Pa­ris be­rich­te­te. Er war viel­sei­tig, schrieb Li­te­ra­tur- und Thea­ter­kri­ti­ken, Feuil­le­tons, hi­sto­ri­sche Es­says aber auch Ge­dich­te und Rei­se­be­rich­te. Er er­lang­te rasch ei­nen ge­wis­sen Ruhm. Po­li­tisch be­gann er in den 1930er Jah­ren zu­nächst mit den Ideen der »kon­ser­va­ti­ven Re­vo­lu­ti­on« zu sym­pa­thi­sie­ren, spä­ter er­griff er Par­tei für den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. 1932 schrieb er »Es wer­de Deutsch­land«, ein, wie Gun­ther Nickel schreibt, »flam­men­des Plä­doy­er für ei­ne na­tio­na­le Er­neue­rung«. Es er­schien je­doch erst nach der Macht­über­nah­me 1933. Drei Jah­re spä­ter wur­de das Buch ver­bo­ten, weil Sieburg hier­in schar­fe Kri­tik am An­ti­se­mi­tis­mus der Na­tio­nal­so­zia­li­sten ge­übt ha­ben soll. 1940 wur­de Sieburg Bot­schafts­rat der Deut­schen Bot­schaft im be­setz­ten Frank­reich. Ein Amt, wie es heißt »oh­ne je­den Ein­fluß« (Joa­chim Ker­sten). Er de­mis­sio­nier­te zwei Jah­re spä­ter und ging im Fe­bru­ar 1943 zu­rück zur »Frank­fur­ter Zei­tung«, die al­ler­dings im Au­gust des glei­chen Jah­res ver­bo­ten wur­de. Sieburg war nun nicht nur ar­beits­los, son­dern auch noch emo­tio­nal tief mit der Schei­dung von sei­ner zwei­ten Frau Do­ro­thee von Pück­ler, geb. von Bülow, be­schäf­tigt, die er erst 1942 ge­hei­ra­tet hat­te. Die Ehe wur­de im Früh­jahr 1944 wie­der ge­schie­den. Sieburg mie­te­te sich bis auf wei­te­res in Do­ro­thees An­we­sen, dem so­ge­nann­ten Schloss Rüb­sa­men, für 100 RM mo­nat­lich ein. Meist hielt er sich je­doch in ei­ner Woh­nung in Tü­bin­gen im Haus von Paul Kluck­horn auf, der seit 1930 Or­di­na­ri­us an der Uni­ver­si­tät war.

Das ist das Set­ting mit dem die Ta­ge­buch­auf­zeich­nun­gen Sieburgs be­gin­nen, die der Wall­stein-Ver­lag un­ter dem Ti­tel »Die Flie­ge im Bern­stein« so­eben erst­ma­lig her­aus­ge­bracht hat. Die Ein­tra­gun­gen be­gin­nen am 23. No­vem­ber 1944 und en­den am 13. Mai 1945; Sieburg ist 51 Jah­re alt. Ob­wohl ge­schie­den, be­schäf­tigt ihn im­mer noch Do­ro­thee. Es kommt zu Be­geg­nun­gen, die re­gel­mä­ssig in Be­schimp­fun­gen und bis­wei­len kör­per­li­cher Ge­walt (von sei­ten der Frau) en­den. Sie ha­be »zwei We­sen« in sich, So Sieburg. Nach heu­ti­gen Maß­stä­ben wür­de man sie ver­mut­lich als bi­po­la­re Per­sön­lich­keit mit Ag­gres­si­ons­po­ten­ti­al ein­stu­fen. Den­noch kann man zwi­schen den Zei­len le­sen, dass es zeit­wei­se zum Sex zwi­schen den bei­den kommt. Die rasch wech­seln­den Stim­mungs­la­gen der Frau de­pri­mie­ren ihn; er be­kennt sei­ne Lie­be, aber auch sei­ne Ver­zweif­lung über das Ver­hal­ten sei­ner Ex-Frau, die dann bei ihm zur »Er­mor­dung« der Lie­be führ­te. Bis­wei­len wer­den die­se Ge­füh­le von Er­in­ne­run­gen an sei­ne er­ste Frau über­la­gert.

Wei­ter­le­sen