Al­ban Ni­ko­lai Herbst: Klei­ne Theo­rie des Li­te­ra­ri­schen Blog­gens

Wäh­rend di­ver­se In­ter­net­ak­ti­vi­sten mit ih­ren schein­gewichtigen Pro­phe­zei­un­gen ent­we­der das Netz­paradies oder den Vor­hof der Höl­le aus­ge­ru­fen ha­ben und so­ge­nann­te »Al­pha-Blog­ger«, die schon län­ger zu­meist un­in­spi­riert ih­re Ich-AGs in Wer­be­spots, Talk­shows oder On­line­ko­lum­nen pfle­gen und da­bei nur ei­nen reiz- und in­halts­lo­sen Raum der Selbst­re­fe­ren­tia­li­tät fül­len (trau­riger Hö­he­punkt war das lä­cher­li­che In­ter­net-Ma­ni­­fest von 2009), schreibt Al­ban Ni­ko­lai Herbst seit sie­ben Jah­ren ei­nen Web­log, der, wür­de man ihn aus­drucken wol­len, in­zwi­schen Ar­no-Schmidt-Aus­ma­ße an­neh­men wür­de. Herbst, der Schrift­steller, be­treibt (s)einen Li­te­ra­ri­schen Web­log. Zu le­sen ist das vir­tu­el­le Kon­vo­lut seit 2004 un­ter dem wuch­ti­gen Ti­tel Die Dschun­gel. An­ders­welt.; die Web­adres­se weist in­des auf sei­nen Ur­heber hin (der längst nicht mehr der al­lei­ni­ge Au­tor ist). Auch wenn die zum Teil äu­ßerst theo­re­ti­sche, ja di­stan­zier­te Be­trach­tung an­de­res ver­mu­ten las­sen könn­te: Herbst ist tief in sein Ge­we­be ver­sun­ken, mit ihm und in ihm fast phy­sisch in­fil­triert. Da­bei ist auch die­ser Blog von nar­ziss­ti­schen Selbst­dar­stel­lun­gen nicht frei, aber im Ge­gen­satz zu den mei­sten ideo­lo­gisch ver­bohr­ten Netz­theo­re­ti­kern mit ih­ren ehr­pus­se­li­gen Allein­vertretungsansprüchen sind sei­ne Re­fle­xio­nen nicht nur les­bar, son­dern wer­den in der täg­li­chen Pra­xis ver­sucht. Der Le­ser kann die Ent­wick­lung des Den­kens zum und über den Li­te­ra­ri­schen Web­log über die Jah­re hin­weg nicht nur nach­le­sen, son­dern auch im Me­di­um sel­ber er­fah­ren. Dies in­klu­si­ve der fast zwangs­läu­fig ent­ste­hen­den Irr­tü­mer und not­we­ni­gen Kor­rek­tu­ren. Die »Klei­ne Theo­rie des Li­te­ra­ri­schen Blog­gens« ist in­zwi­schen on­line auf 131 Tex­te an­ge­wach­sen (Stand: 21. Ok­to­ber 2011). In der »edi­ti­on ta­ber­na kri­ti­ka« ist nun ei­ne Pa­per­back-Aus­ga­be mit 133 Tex­ten auf rd. 130 Sei­ten er­schie­nen.

Er­gänzt und poin­tiert

Der Le­ser, der Herbsts Blog kennt und (min­de­stens teil­wei­se) ge­le­sen hat, fragt viel­leicht zu­nächst nach dem Zweck für die­se Aus­ga­be (die sich um ei­ni­ge Mo­na­te ver­zö­gert hat; Herbst ist ein sehr pro­duk­ti­ver Au­tor). Die Ant­wort fällt ziem­lich ein­deu­tig aus: Das Buch war und ist not­wen­dig. Wer nun dach­te, es be­stün­de aus den Blog­tex­ten und sei le­dig­lich ei­ne (viel­leicht leicht kor­ri­gier­te) Ab­schrift von Be­kann­tem, irrt. Herbst hat an fast je­den Bei­trag noch ein­mal Hand an­ge­legt, ge­feilt, es er­gänzt, Ir­rele­van­tes bzw. leicht Ver­staub­tes weg­ge­las­sen und man­ches poin­tiert. Dies ist durch­aus in Über­ein­stim­mung mit sei­ner Idee des Li­te­ra­ri­schen Web­logs, den er – durch­aus zu­tref­fend – als ei­nen Bio­top sieht. Auch die üb­li­che Zeit­chro­no­lo­gie von Blogs – der ak­tu­ell­ste Bei­trag steht im­mer oben auf der so­ge­nann­ten Ti­tel­sei­te – hebt er ge­le­gent­lich auf. Sei es, in dem er bei­spiels­wei­se sei­ne (fast im­mer täg­li­chen) Ta­ge­buch­ein­tra­gun­gen (spä­ter: Ar­beits­jour­na­le) in ei­ne ei­ge­ne Ru­brik (er nennt sie »Ka­pi­tel«; es gibt der­zeit 71 da­von) ver­schiebt (dort ste­hen sie dann al­ler­dings wie­der in chro­no­lo­gi­scher Rei­hen­fol­ge). Mal wer­den Tex­te nur in den je­wei­li­gen Ka­pi­teln ver­öf­fent­licht, mal wer­den sie zeit­wei­se auf die Ti­tel­sei­te ver­scho­ben. Ei­ne wei­te­re Mög­lich­keit be­steht dar­in, äl­te­re Tex­te mit ei­nem neu­en Da­tum zu ver­se­hen und er­neut bzw. ver­än­dert in den Fo­kus des Le­sers zu rücken. Stän­dig nimmt Herbst in sei­nen Ein­tra­gun­gen Be­zug auf an­de­re Tex­te in sei­nem Blog und ver­linkt in­ner­halb des Blogs. Die­se Bin­nen­ver­lin­kun­gen sind ein wich­ti­ges Ele­ment des Li­te­ra­ri­schen Web­logs.

Zu­wei­len er­schei­nen die Ver­öf­fent­li­chun­gen auf Herbsts Blog tat­säch­lich wie ein undurch­dringlicher Dschun­gel. Die­se Form wird auch im Buch teil­wei­se imi­tiert, wenn­gleich die Lek­tü­re im Ver­gleich zu den On­line-Tex­ten (zu­meist zu fin­den un­ter der Rubrik/­dem Ka­pi­tel »Lit­blog-THEO­RIE«) et­was ein­di­men­sio­nal wirkt: Die zahl­rei­chen Links, die Herbst in sei­nem Blog setzt und auf die er in sei­nen Tex­ten Be­zug nimmt, sind im Buch na­tur­ge­mäß nicht nach­voll­zieh­bar; das auf den Link ver­wei­sen­de Wort »hier« bleibt so­zu­sa­gen leer. Auch in den äu­ßerst spar­sam ge­setz­ten End­no­ten fin­det man kaum Er­gän­zen­des. Das ist manch­mal ein ziem­li­cher Man­gel, da der Buch­le­ser Zu­sam­men­hän­ge bes­ser ein­ord­nen und ver­ste­hen könn­te, wenn wei­ter­füh­ren­de An­ga­ben ge­macht wor­den wä­ren. Ex­em­pla­risch da­für ist es, wenn in ei­nem Text auf Kom­men­ta­re von Le­sern re­fe­riert wird, die na­tür­lich im Netz ver­linkt sind, de­ren In­halt je­doch dem Buch­le­ser ver­bor­gen blei­ben.

Die Bei­trä­ge sind nicht wie im Blog num­me­riert. Ein neu­er Bei­trag ist leicht ab­ge­setzt und wird durch ei­ne fett­ge­druck­te Über­schrift ein­ge­lei­tet. Man­che Tex­te wir­ken apho­ri­stisch, sind nur we­ni­ge Zei­len lang. An­de­re da­ge­gen ha­ben es­say­isti­sches For­mat. Herbst legt kei­ne ex­akt aus­ge­ar­bei­te­te Pro­gram­ma­tik vor. Es wird kein kon­zi­ses, durch­ana­ly­sier­tes Kon­zept ent­wickelt. Häu­fig gibt es Ge­dan­ken­sprün­ge, ge­le­gent­lich Red­un­dan­zen. Manch­mal ent­deckt man klei­ne Wi­der­sprü­che. Zwar sind in der Be­ar­bei­tung Ge­dan­ken prä­zi­siert wor­den, aber das Vor­läu­fi­ge, durch­aus Un­kom­plet­te ist – auch das ist Ab­sicht – er­hal­ten ge­blie­ben. So bleibt Raum für Kor­rek­tu­ren und auch Irr­tü­mer, die un­ab­ding­bar da­zu ge­hö­ren. Min­de­stens zu Be­ginn sei­nes Web­logs prak­ti­ziert Herbst durch­aus ein li­te­ra­ri­sches »try und error«-Prinzip – al­ler­dings oh­ne das Ru­brum (bzw. Stig­ma) des »Ex­pe­ri­men­ta­len« wie bei­spiels­wei­se in der Bil­den­den Kunst. In­so­fern wird Herbsts Aus­sa­ge, dass für das Kom­plet­te und Fer­ti­ge die Bü­cher zu­stän­dig sei­en, durch die Buch­pu­bli­ka­ti­on ein we­nig ein­ge­holt – was al­ler­dings im­ma­nent für ei­ne Ausein­andersetzung mit die­sem im­mer noch re­la­tiv neu­en Me­di­um sein dürf­te.

Das Gros der Über­le­gun­gen lässt sich auf die er­sten drei Jah­re (2004–2007) da­tie­ren. Fast zwei Drit­tel der Tex­te sind in die­ser Zeit ent­stan­den. Rund ein Dut­zend der im Netz ste­hen­den Lit­blog-Theo­re­me wur­den nicht über­nom­men (hier­un­ter sehr vie­le ak­tu­el­le­re Tex­te, die sich über­wie­gend mit der Pro­ble­ma­tik der Trol­le be­schäf­tig­te [um es vor­weg zu neh­men: auch die bei­den Bei­trä­ge, die sich mit mei­nen wie­der­holt ge­äu­ßer­ten Vor­be­hal­ten ge­gen­über Trol­len be­fass­ten – die­ser und die­ser – wur­den nicht auf­ge­nom­men]). Ei­ni­ge Ge­dan­ken wur­den im Buch auf­ge­split­tet. Die chro­no­lo­gi­sche Rei­hen­fol­ge wur­de bis auf we­ni­ge Aus­nah­men bei­be­hal­ten.

Ge­fäß, Ex­er­zier­platz und Wahr­lü­gen

Der Kern des »Li­te­ra­ri­schen Web­logs« liegt dar­in, dass es nicht ein­fach nur ein Blog mit li­te­ra­ri­schen Tex­ten ist, son­dern der Blog sel­ber Teil des (Kunst-)Werkes wird. Da­bei ist er mehr als nur Ge­fäß für hin­ge­wor­fe­ne Ideen, Ex­er­zier­platz für Neu­es oder blo­ße Hül­le: Er wird zu ei­ner Art (mit-)konstituierendes Sub­jekt und be­kommt fast an­thro­po­mor­phe Zü­ge. Der Au­tor (spä­ter: die Au­toren), den Herbst zu­wei­len durch­aus em­pha­tisch Dich­ter nennt, be­ginnt zwi­schen Rea­li­tät und Fik­ti­on zu chan­gie­ren. Es gibt prak­tisch nichts Pri­va­tes mehr, weil es auch zu­gleich dem Fik­tio­na­len an­ver­wan­delt wer­den kann bzw. wird. So­mit wird der Le­ser zum Zeu­gen des Ein­flus­ses des Pri­va­ten in das Fik­tio­na­le – und um­ge­kehrt. Die Crux für al­le he­cheln­den Voy­eu­re: Herbst spielt auch mit der Fiktio­nali­sierung des­sen, was als pri­vat aus­ge­ge­ben wird: Man darf nur nicht mei­nen, daß al­les, was ich über mich schrei­be, un­ge­bro­chen wahr ist. Vie­les ver­schwei­ge ich, vie­les er­zäh­le ich als je­mand an­de­res, vie­les ver­frem­de ich. Herbst ver­wen­det den Be­griff Wahr­lü­gen hier­für. Das Le­ben wird zum Ro­man, der Autor/Dichter ist Schöp­fer und Fi­gur sei­ner In­sze­nie­run­gen. In­ter­es­sant sind da­bei die even­tu­ell ent­ste­hen­den Wechsel­wirkungen, d. h. bei­spiels­wei­se die An­ver­wand­lung des Au­tors durch die von ihm selbstge­schaffene(n) Figur(en). Der Le­ser kann nicht mehr si­cher­ge­hen, ob das, was er liest Rea­li­tät oder Fik­ti­on ist. Die Zu­stän­de ver­schwim­men. Der Ge­richts­voll­zie­her ind er Woh­nung, das amou­rö­se Er­leb­nis, der Streit mit ei­nem Freund, das Mä­ze­na­ten­tum ei­nes Un­be­kann­ten, Är­ger­nis­se mit ei­nem po­ten­ti­el­len Ver­le­ger, die Er­zäh­lun­gen von sei­nem Sohn, Krank­hei­ten, Schreib­blocka­den (eher sel­ten), Tref­fen in Ber­li­ner Lo­ka­len – al­les wird (so Herbsts The­se) zu »Li­te­ra­tur«. Fast fol­ge­rich­tig, dass er auch die­ses Buch als Es­say und Er­zäh­lung aus­weist (und Mar­kus A. He­din­gers Deu­tung weist in die­se Rich­tung). Schließ­lich bleibt auch in Un­kla­ren, ob bzw. wel­che der Mit­au­toren des Blogs mit Herbst iden­tisch sind oder viel­leicht so­gar un­ter meh­re­ren Pseud­ony­men schrei­ben. Noch we­ni­ger ein­deu­tig ist die Iden­ti­tät der Kom­men­ta­to­ren, die auf Die Dschun­gel in häu­fig sehr gro­ßer Zahl agie­ren. Und von den Trol­len, die den Blog ge­le­gent­lich »be­fal­len« wie ei­ne bi­bli­sche Heu­schrecken­pla­ge, wird zu re­den sein.

Die­sen Trol­len wid­met Herbst meh­re­re Ka­pi­tel sei­ner theo­re­ti­schen Über­le­gun­gen. Da­bei kon­ze­diert er durch­aus das de­struk­ti­ve Po­ten­ti­al die­ser zu­meist voll­kom­men an sach­li­chen Ar­gu­men­ten des­in­ter­es­sier­ten Teil­neh­mer, die mit wech­seln­den Pseud­ony­men »an­onym« kom­men­tie­ren. Die Be­zeich­nung »an­onym« hat Herbst bei­be­hal­ten, da beim Ho­ster two­day nicht an­ge­mel­de­te Kom­men­ta­to­ren die Be­zeich­nung »an­onym« in Klam­mern bei­gefügt wur­de. Dies wur­den vor ei­ni­gen Jah­ren mit der freund­li­che­ren Be­zeich­nung »Gast« ver­än­dert). Man­che Bei­trä­ge des Blogs wer­den seit Jah­ren ge­ra­de­zu über­sät mit Be­schimp­fun­gen, Be­lei­di­gun­gen und Pö­be­lei­en so­wohl ge­gen­über Herbst als auch an­de­ren Kom­men­ta­to­ren oder Au­toren. Mit schein­ba­rer En­gels­ge­duld wer­den die­se Stö­run­gen ak­zep­tiert. Manch­mal ver­schiebt er die Kom­men­ta­re in ei­ner spe­zi­ell da­für ein­ge­rich­te­ten Ru­brik, dem »An­ti-Herbst«. Nur sel­ten und ins­be­son­de­re bei An­grif­fen auf drit­te Per­so­nen löscht er die Kom­men­ta­re. Wo­bei die­se Maß­nah­men nicht im­mer kon­se­quent er­fol­gen, son­dern durch­aus stim­mungs­ab­hän­gig ge­trof­fen wer­den.

Herbst und der Troll: Ein post­mo­der­ner Peer Gynt

Der Grund für sto­isch aus­ge­präg­te To­le­ranz ge­gen­über Stö­rern, die nicht sel­ten sehr in­ter­es­san­te (äs­the­ti­sche) De­bat­ten ver­gäl­len und »se­riö­se« Kom­men­ta­to­ren ver­trei­ben, liegt im Kon­zept Herbsts: Für ihn sind Trol­le Teil des li­te­ra­ri­schen Wer­kes. Ih­re sinn­lo­sen, zu­meist the­ma­tisch ab­sei­ti­gen und oft be­lei­di­gen­den Kom­men­ta­re sind Be­stand­tei­le des Le­bens (vul­go: Ro­mans) und dürf­ten da­her – so die The­se – nicht un­ter­drückt wer­den. Die Re­ak­ti­on auf sie, die Trol­le, kann dem­zu­fol­ge nicht im zen­sie­ren lie­gen, son­dern muss ei­ne den Um­stän­den ent­spre­chen­de, ad­äqua­te Re­ak­ti­on sein. Ne­ben ei­ner mehr oder we­ni­ger sanf­ten Ver­schie­bung stellt auch das Igno­rie­ren ei­ne Mög­lich­keit dar, was al­ler­dings er­schwert wird, wenn sich meh­re­re Stö­rer so­zu­sa­gen ge­gen­sei­tig be­feu­ern. Trol­le wer­den so­mit zu kon­sti­tu­ie­ren­den Teil­neh­mern die min­de­stens die glei­che Auf­merk­sam­keit und Wid­mung be­kom­men wie nor­ma­le Kom­men­ta­to­ren.

Da­bei liegt die In­ten­ti­on der Trol­le (ihr We­sen) ge­ra­de dar­in, mehr Auf­merk­sam­keit auf sich zu zie­hen. Da­mit ha­ben sie auch fast im­mer Er­folg: Die Bei­trä­ge, die »be­fal­len« sind, ha­ben ho­he Zu­griffs­zah­len (zur Re­la­ti­vi­tät die­ser Zah­len spä­ter mehr). Da­bei sind Trol­le an Herbsts poe­to­lo­gi­schem Web­log-Ak­ti­vis­mus über­haupt nicht in­ter­es­siert. Ih­nen geht es zu­meist um Stö­rung, die sie mit­tels An­grif­fen ad ho­mi­nem – ge­gen die Per­son des Au­tors und/oder sei­ner Kom­men­ta­to­ren – durch­füh­ren. Un­längst be­rich­te­te der schwe­di­sche Jour­na­list und On­line-Re­dak­teur Leo La­ger­crantz über sei­ne Er­fah­run­gen mit Trol­len. Auch wenn der Au­tor den Be­griff des Trolls zu­wei­len ein we­nig vor­schnell zu ver­wen­den scheint und Trol­le in po­li­ti­schen Fo­ren dif­fe­rie­ren­de Zie­le ver­fol­gen als in ei­nem Blog wie »Die Dschun­gel« sind ei­ni­ge grund­le­gen­de Ge­mein­sam­kei­ten fest­zu­stel­len. Et­wa wenn La­ger­crantz über die Aus­dau­er von Trol­len schreibt: »Ei­nes gibt es, was al­le Trol­le ge­mein ha­ben: Sie ge­ben nicht auf. Der durch­schnitt­li­che Troll lie­fert zehn­mal so viel Text­men­ge wie ein ge­wöhn­li­cher Jour­na­list.« La­ger­crantz’ Ver­su­che, sei­ne Sei­te »aus­zu­räu­chern« und sein »Haus« wie­der »ein­zu­rich­ten« wur­de mit wü­ten­den Re­ak­tio­nen kom­men­tiert. Der Au­tor schließt mit der Aus­sa­ge, ge­schei­tert zu sein, weil er nicht früh ge­nug » ‘zen­siert’ « ha­be.

Herbst nimmt die Per­spek­ti­ve ei­ner Zer­stö­rung sei­nes Blogs durch Trol­le als Mög­lich­keit durch­aus in Kauf. Das Li­te­ra­ri­sche Web­log sei ge­gen­über der gu­ten Ge­meint­heit ein agent pro­vo­ca­teur, in­dem er selbst mit dem Vor­schein von Fa­mi­lie lockt: mit je­ner näm­lich, die com­mu­ni­ty ge­nannt wird, aber ih­re Re­geln un­ter­läuft. In der Schwe­be bleibt, wor­in die­ses »Un­ter­lau­fen« be­steht. Bzw.: ob es in die­ser Form – der In­vek­ti­ve – un­ter­lau­fen wer­den soll, ja viel­leicht so­gar muss. In­dem Herbst Trol­lerei­en nicht nur zu­lässt, son­dern als schick­sal­haf­te In­fil­tra­tio­nen sieht, über­höht er de­ren Rol­le. War­um aber soll ich Herbsts Sa­lon in dem die Li­te­ra­tur die Grun­die­rung sein soll, be­tre­ten, wenn man schutz­los den zwar un­re­gel­mä­ssig, aber durch­aus dann hart­näckig vor­ge­brach­ten Pö­be­lei­en aus­ge­setzt wird?

Aber nicht nur das Ver­trei­ben der »ver­nünf­ti­gen« Le­ser (nebst Un­ter­blei­ben sub­stan­ti­el­ler und an­re­gen­der Dis­kus­sio­nen und auch Dis­pu­ta­tio­nen – ein Dis­put ist ja kei­ne Trol­lerei) ist die Fol­ge. Die Zer­stö­rung ge­schieht auch auf der äs­the­ti­schen Ebe­ne, in der ein ge­wis­ser Sound, ei­ne Hal­tung, auch die Spra­che nicht nur tri­via­li­siert, son­dern nie­der­ge­macht wird. Zwar be­klagt Herbst ei­ner­seits den »an­ony­men«, ge­sichts­lo­sen (d. h. nicht an­ge­mel­de­ten) Troll, der sich eben nicht hin­ter ei­ner Hecke ver­birgt um mit Dreck zu wer­fen. Da­bei geht es de­zi­diert nicht um die Klar­na­men­dis­kus­si­on; Herbst ge­steht Pseud­ony­me durch­aus zu. Es geht um je­ne, die je­der­zeit un­ter je­dem Na­men – al­so auch un­ter wech­seln­den Pseud­ony­men – kom­men­tie­ren kön­nen. (Zwar wech­seln über die Jah­re die Pseud­ony­me der Trol­le; Duk­tus und Form blei­ben je­doch er­staun­lich kon­stant.)

Dass Herbst die Troll­kom­men­ta­ren nicht »zen­sie­ren« möch­te, mag noch ver­ständ­lich sein (je­der soll­te sei­nen Idea­lis­mus in Be­zug auf »Mei­nungs­frei­heit« pfle­gen dür­fen). Aber wenn man die Soft­ware­ein­stel­lun­gen der­art be­lässt, dass die­se Kom­men­ta­re un­ge­fil­tert er­schei­nen kön­nen, be­treibt man das Spiel der Trol­le ak­tiv. Da­mit wird der Troll in den Stand der Sa­tis­fak­ti­ons­fä­hig­keit er­ho­ben. Au­ßer der Lö­schung sei­nes Kom­men­tars (was ja ge­le­gent­lich doch ge­schieht, wenn auch mit mo­kan­ter At­ti­tü­de), geht die­ser kein Ri­si­ko ein. Die »Waf­fen­gleich­heit« zwi­schen »rich­ti­gem« Kom­men­ta­tor und Troll ver­schiebt sich zu Gun­sten des Trolls. Sei­ne Ge­sichts­lo­sig­keit kann er in ein Kampf­werk­zeug um­wan­deln (auch wenn es »nur« ei­ne rhe­to­ri­sche Waf­fe ist). Herbst be­vor­zugt so die Trol­le zu Un­gun­sten der an­de­ren Kom­men­ta­to­ren. Mit ih­nen geht er scharf ins Ge­richt – mit den Trol­len ver­fährt er zu­wei­len sanft und mit ei­ner fast me­lan­cho­li­schen Für­sor­ge.

Herbst er­scheint in sei­nem Pro­jekt wie ein post­mo­der­ner Peer Gynt, je­ne Fi­gur Hen­rik Ib­sens, der ja be­kannt­lich auch durch Trol­le und Dä­mo­nen wenn nicht be­stimmt, so ge­lei­tet wur­de. Die Ver­mu­tung, et­li­che der Trol­lerei­en wür­den von Herbst und/oder sei­nen Freun­den selbst in­sze­niert, wehrt er stets ve­he­ment ab. Zwar ge­hört das Mas­ken­spiel zum äs­the­ti­schen Prin­zip sei­ner Sei­te (hier­in grenzt er sich von Rai­nald Goetz ab). Aber, so be­tont Herbst: »Wenn ich an­de­re Pseud­ony­me in Der Dschun­gel spre­chen las­se, dann sind es ei­ni­ge mei­ner Ro­man­fi­gu­ren – und als sol­che sind Sie wie­der­um kennt­lich, we­nig­stens dann, wenn je­mand Die Dschun­gel oft mit­liest, was ich des­halb emp­feh­le, und so­wie­so je­dem, der mei­ne Bü­cher kennt. Zu­dem at­tackie­ren mei­ne Fi­gu­ren nicht, schon gar nicht per­sön­lich.« (Ne­ben­bei: Es ist nicht ganz klar, war­um Herbst manch­mal den Ter­mi­nus »Der Dschun­gel« ver­wen­det, wenn doch sein Pro­jekt »Die Dschun­gel« heißt. Es kann nicht sein, dass je­mand der so prä­zi­se ar­bei­tet wie Herbst, hier Lap­sus pro­du­ziert.)

Mög­lich­keits­poe­tik und Po­se

Da­bei stößt sei­ne Kon­zep­ti­on ge­le­gent­lich an Gren­zen, wie in ei­nem Fall zu er­ken­nen ist, als er ei­nen Kom­men­tar, der ihm »Kin­des­miss­brauch« vor­ge­wor­fen hat­te, straf­recht­lich ver­fol­gen las­sen will, wenn sich der Kom­men­ta­tor nicht ent­schul­di­ge. Herbst über­sieht in die­ser Em­pö­rung – die mensch­lich na­tür­lich sehr ver­ständ­lich ist – dass auch die­se Un­ver­schämt­heit bei stren­ger Aus­le­gung des Kon­zepts zu er­dul­den wä­re. Oder rück­standslos (und vor al­lem: oh­ne Auf­se­hen) zu be­sei­ti­gen ge­we­sen wä­re – durch ihn, Herbst. Am­bi­va­lent ist es oh­ne­hin, wenn er sei­nen min­der­jäh­ri­gen Sohn (nicht nur als er­zähl­te Fi­gur, son­dern mit­tels Bild) zum Prot­ago­ni­sten in sei­nem Ro­man macht. Men­schen mit we­nig Dif­fe­ren­zie­rungs­ver­mö­gen, die die­sen Blog nicht re­gel­mä­ßig le­sen bzw. das Kon­zept nicht ken­nen, wer­den so zu vor­schnel­len Ur­tei­len ver­lei­tet. Herbst Ein­wurf, die Leu­te könn­ten, wenn sie sei­ne Bü­cher le­sen wür­den, die Un­ge­heu­er­lich­keit des Vor­wurfs fest­stel­len, ist na­tür­lich rea­li­täts­fremd. Skan­da­le ent­ste­hen ge­ra­de da­durch, dass die Mas­se über den Sach­ver­halt höchst bruch­stück­haft und ten­den­zi­ös in­for­miert wird. Die Auf­klä­rung er­folgt – wenn über­haupt – erst Jah­re spä­ter; das Stig­ma des (zu Un­recht) Be­schul­dig­ten bleibt.

Un­be­ant­wor­tet bleibt die Fra­ge, wie lan­ge Le­ser sich für ein sol­ches letzt­lich undurch­schaubares Ge­misch aus Fik­ti­on und Rea­li­tät in­ter­es­sie­ren. Denn ge­ra­de in der (letzt­lich nur si­mu­lier­ten) Au­ra der Wirk­lich­keit mag zu­nächst ein ge­wis­ser Reiz lie­gen: Der Dich­ter zum An­fas­sen, so­zu­sa­gen. Wenn sich dann je­doch im­mer mehr her­aus­stellt, dass auch hier fik­tio­na­le Ele­men­te, al­so Er­fun­de­nes und Weg­ge­las­se­nes ei­nen gro­ßen Ein­fluss aus­üben, könn­te das In­ter­es­se an dem 24-Stun­den-Buch nach­las­sen. Zu­mal ein wei­te­rer Mehr­wert – die zu­wei­len sehr an­spruchs­vol­len und in­ter­es­san­ten äs­the­ti­schen und po­li­ti­schen De­bat­ten – durch Trol­le (sie­he oben) ver­dor­ben wird. Hin­zu kommt, dass es Ta­ge und Wo­chen gibt, in de­nen der Blog ge­ra­de­zu aus den An­geln zu ber­sten scheint und die Fre­quenz der Bei­trä­ge enor­me Aus­ma­ße an­nimmt. Wer kann das in An­be­tracht von be­grenz­ten Zeit­res­sour­cen dau­er­haft und in ge­bo­te­ner Strin­genz (Bin­nen­ver­lin­kun­gen!) ver­fol­gen?

An­de­rer­seits: Wie steht es mit den Ta­ge­bü­chern in Buch­form an­de­rer, be­rühm­ter Schrift­stel­ler, die un­ter Um­stän­den schon bei Er­stel­lung wis­sen konn­ten, dass sie (wenn auch erst nach ih­rem Tod) ver­öf­fent­licht wer­den? Oder je­ne Pop­li­te­ra­ten, die in sehr kur­zer Zeit ih­re ta­ge­buch­ar­ti­gen Welt­be­trach­tun­gen ver­öf­fent­li­chen. Spie­len da nicht auch die Ein­wän­de ei­ne Rol­le, die man Herbsts Pro­jekt ent­ge­gen brin­gen könn­te? Und wie steht es dort mit der Fik­tio­na­li­sie­rung, dem Po­sie­ren und der Be­lie­big­keit?

Den in die­sem Zu­sam­men­hang dro­hen­den Ein­wurf der »Be­lie­big­keit« ver­wirft Herbst in Be­zug auf sein Pro­jekt. Schon sehr früh heißt es: Das Li­te­ra­ri­sche Web­log öff­net die Ent­ste­hung ei­nes Kunst­werks auch au­ßer­psy­chi­schen, »ander»psychischen, al­so so­gar phy­sio­lo­gisch frem­den Wirk­fak­to­ren; die Un­wäg­bar­kei­ten wer­den grö­ßer. Es wird so­zu­sa­gen auch zur Sei­te ge­baut. Der Vor­wurf der Be­lie­big­keit trifft des­halb nicht; er un­ter­stellt näm­lich, es ant­wor­te al­les aus Will­kür und Zu­fall auf al­les. Das ist we­der der Fall, noch könn­te er es sein, weil nur die­je­ni­gen ei­ne Fra­ge ver­ste­hen, die auch ih­re Spra­che be­herr­schen (die ent­spre­chen­de Pas­sa­ge, leicht ver­än­dert, im Blog hier). Herbst for­mu­liert ei­ne Mög­lich­keits­poe­tik, die im Le­ser ent­steht und von ihm ent­spre­chend re­zi­piert wird: Das struk­tu­rell, aber nicht prin­zi­pi­ell Neue ist für den Le­ser da­bei, daß er, so­fern er mit­spie­len will, so­wohl sei­ne Fähr­ten aus­wäh­len muß als selbst Teil des Tex­tes wird. In ei­nem spä­ter ent­stan­de­nen Text, der nicht der Theo­rie-Ru­brik zu­ge­ord­net wur­de, er­klärt er: »Wer den­ken kann, daß je­de Mög­lich­keit sei, weist den Vor­wurf der Be­lie­big­keit ab. Be­lie­big ist viel­mehr das Er­zähl­pro­dukt ei­nes so­ge­nannt rea­li­sti­schen Er­zäh­lens, das mit sei­nem The­ma und der schein­na­tu­ra­li­sti­schen Struk­tur sei­ner Chro­no­lo­gie al­les fol­gen­de s e t z t, des­sen A u t o r al­so es setzt. Die Mög­lich­kei­ten­poe­tik streicht des­sen (be­stimmt) In­ten­tio­nen durch und folgt al­lein den mög­li­chen We­gen, die ei­ne Er­zäh­lung neh­men kann, folgt mög­lichst a l l e n. Da­bei ist es wich­tig, sich klar­zu­ma­chen: Wer bei ei­nem Au­to­un­fall ein Bein ver­liert, der h a t es ver­lo­ren, es ist kei­ne Il­lu­si­on, es ist nicht nur ein Text. Welt ist n i c h t nur In­ter­pre­ta­ti­on.«

Ich bin nicht si­cher, ob Herbst die Dif­fe­renz zwi­schen Rea­lis­mus und Mög­lich­keits­poe­tik über die gan­ze Strecke im­mer durch­hält. Über ge­wis­se In­kon­se­quen­zen war schon die Re­de. Und es ist auch nicht klar, in­wie­weit Herbst sich in die­ser Ver­öf­fent­li­chungs­form ein biss­chen in die Po­se des Be­triebs­re­bel­len ver­beißt. Wer bei­spiels­wei­se sei­ne Ein­tra­gun­gen über die Be­su­che bei Buch­mes­sen liest, be­merkt durch­aus ei­ne ge­wis­se Hass­lie­be die­sem Be­trieb ge­gen­über dem er mit der we­nig schmei­chel­haf­ten For­mu­lie­rung »Die Kor­rum­pel« ei­ne ei­ge­ne Ru­brik wid­met.

Herbsts stark ar­ti­ku­lier­te Feind­se­lig­keit die­sem Li­te­ra­tur­be­trieb ge­gen­über (er spricht von »Be­stech­lich­keit«, »Dumm­heit« und »Ar­ro­ganz«) speist sich nicht nur aber auch aus dem (so­ge­nann­ten) Skan­dal um sein Buch »Mee­re«. Das Buch wur­de 2003 ver­bo­ten, da an­geb­lich Per­sön­lich­keits­rech­te ei­ner Fi­gur ver­letzt wor­den wa­ren; es kam zum Pro­zeß. 2007 wur­de ei­ne leicht ge­än­der­te Ver­si­on des Bu­ches neu pu­bli­ziert. Die Fol­gen die­ses Ver­fah­rens be­la­sten Herbst au­gen­schein­lich heu­te noch. Der Vor­gang kann als In­itia­ti­on für die neue Form der Ver­öf­fent­li­chung via Blog gel­ten.

Ver­nach­läs­si­gung der In­fra­struk­tur

Aber wie geht es wei­ter? Herbst be­merkt aus­drück­lich, dass auch das Buch nur vor­läu­fig sei und fort­ge­setzt wer­de. Ben­ja­min Stein hat in sei­ner Be­spre­chung die Pro­ble­men mit Herbsts De­kon­struk­ti­on der Zeit­ach­se an­ge­spro­chen und die Fra­gen auf­ge­wor­fen, ob (1.) ein Blog und dann (2.) bei die­sem Ho­ster (two­day) an­ge­mes­sen sei. Steins Ein­wand, der zeit­li­che Rah­men wür­de durch den Nach­rich­ten­ag­gre­ga­tor RSS-Feed so­zu­sa­gen wie­der her­ge­stellt, ist nicht von der Hand zu wei­sen. Aber auch mit dem Ho­ster hat sich Herbst in ei­ne Sack­gas­se ma­nö­vriert. Die Soft­ware wird seit Jah­ren nicht mehr ak­tua­li­siert; le­dig­lich der Sta­tus quo soll er­hal­ten blei­ben. Das Back­links-Ver­fah­ren funk­tio­niert bei two­day schon seit fast zwei Jah­ren nicht mehr. Die An­fäl­lig­kei­ten ge­gen­über Spam-At­tacken ist groß; Aus­fäl­le gab es ge­nug. Ein Um­zug auf ei­ne Word­Press-Soft­ware oder ein Wi­ki dürf­te auf­grund der rie­si­gen Da­ten­men­ge fast un­mög­lich zu be­werk­stel­li­gen sein. Der Um­zug mei­nes Blogs (rd. 350 Bei­trä­ge und 5.000 Kom­men­ta­re) ging schon tech­nisch nicht oh­ne Pro­ble­me, wo­bei vor al­lem der Da­ten­trans­fer der Kom­men­ta­re höchst schwie­rig zu be­werk­stel­li­gen war. Rund 300 Kom­men­ta­re wa­ren ver­schwun­den; et­li­che hun­dert, die zu ei­ner Uhr­zeit zwi­schen 00.00 und 01.00 Uhr ab­ge­ge­ben wur­den, hat die Word­Press-Soft­ware mit dem Da­tum 1. Ja­nu­ar 1970 ver­se­hen und muss­ten von Hand ge­än­dert wer­den. Zu­dem ging die Über­schrif­ten­zei­le der Kom­men­ta­re ver­lo­ren. Die zahl­rei­chen Bin­nen­ver­lin­kun­gen (es dürf­ten bei Herbst meh­re­re tau­send sein), müss­ten auch hän­disch nach­be­ar­bei­tet wer­den. Die ak­tu­el­le Soft­ware von two­day er­laubt kei­ne Ein­grif­fe in Kom­men­ta­re (au­ßer die ei­ge­nen). Kom­men­tar­ver­schie­bun­gen muss Herbst un­ter sei­nem Na­men vor­neh­men. Wenn ein Kom­men­ta­tor sei­nen Kom­men­tar löscht (er kann das als bei two­day ange­meldeter User), ge­hen auch al­le an­de­ren Kom­men­ta­re ver­lo­ren, die un­ter die­sem Strang ab­ge­ge­ben wur­den (es gibt aber nur zwei Ebe­nen). Der ein­ge­bau­te Bei­trags­zäh­ler ist we­nig aus­sa­ge­fä­hig, da auch die Klicks über die Kom­men­ta­re ge­zählt wer­den; ein Text mit vie­len Kom­men­ta­ren hat dem­nach ei­nen ex­trem ho­hen Zäh­ler­stand, ob­wohl viel­leicht nur re­la­tiv we­ni­ge Per­so­nen den Text zwecks Kom­men­ta­ren auf­ru­fen.

Die­ser Ex­kurs mag ver­deut­li­chen, wie pro­ble­ma­tisch ein sol­ches Pro­jekt ist, wenn sich die ent­spre­chen­de In­fra­struk­tur im­mer noch ra­sant ver­än­dert (ein We­sens­merk­mal von neu­en Ent­wick­lun­gen). Ei­ne Soft­ware galt vor drei, vier Jah­ren noch als sehr gut und zu­kunfts­wei­send – in­zwi­schen droht sie, über­holt zu wer­den und ih­re Kon­ver­tier­bar­keit in an­de­re For­ma­te ist wenn nicht ge­fähr­det, so doch sehr auf­wen­dig. Herbsts Theo­rie be­schäf­tigt sich mit die­sen Aspek­ten kaum. Was an­de­re Blog­ger bis zum Ex­zess be­trei­ben – die Be­ob­ach­tung neu­er und neue­ster Soft- und Hard­ware – ver­nach­läs­sigt die Schrift zu Gun­sten der li­te­ra­ri­schen Theo­rien. Aber viel­leicht ist das Ko­ket­tie­ren mit dem »klei­nen« in die­sem Zu­sam­men­hang zu ver­ste­hen.

Al­ban Ni­ko­lai Herbsts »Klei­ne Theo­rie des Li­te­ra­ri­schen Blog­gens« ist ein er­gie­bi­ges Buch. Und das nicht nur für den am­bi­tio­nier­ten li­te­ra­ri­schen Blog­ger. Herbsts Ge­dan­ken zu Links (den ver­steck­ten und of­fe­nen; lei­der we­ni­ger zu den im Lau­fe der Zeit to­ten Links), die Ana­ly­sen zur Re­zep­ti­on von Blog-Tex­ten, die In­ter­ak­tio­nen zwi­schen Pri­va­tem und Öf­fent­lich­keit, die mög­li­che Un­ter­wan­de­rung von fe­sten (Markt-)Struk­turen und die Chan­cen für ei­nen Schrift­stel­ler am Be­trieb vor­bei auch öko­no­misch zu re­üs­sie­ren, die Pro­ble­ma­tik bei der Spei­che­rung di­ver­ser Blogs durch Li­te­ra­tur­ar­chi­ve – Bei­spie­le für die The­men­viel­falt die­ses Bu­ches und al­les für je­den Blog­ger mit Ge­winn zu le­sen. Auch wenn man Herbst mit sei­nen Schlüs­sen nicht im­mer fol­gen kann (viel­leicht dann um­so mehr). Die Über­ar­bei­tung der Blog­tex­te ist ein zu­sätz­li­cher An­reiz, die­ses Buch zu le­sen. Man sieht da­nach vie­les kla­rer und man­ches an­ders.


Die kur­siv ge­setz­ten Pas­sa­gen sind Zi­ta­te aus dem be­spro­che­nen Buch. Zi­ta­te aus Herbsts Blog sind in An­füh­rungs­zei­chen ge­setzt.

29 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich ha­be mich das auch schon mal ge­fragt, war­um es bei Herbst manch­mal »Der Dschun­gel« heißt. Bin zu dem Schluss ge­kom­men, dass es sich bei der Grund­form »Die Dschun­gel« nicht um ei­nen No­mi­na­tiv Plu­ral mas­ku­li­num, son­dern viel­mehr um ei­nen No­mi­na­tiv Sin­gu­lar fe­mi­ni­num han­delt, des­sen Ge­ni­tiv und Da­tiv Sin­gu­lar, so­wie Ge­ni­tiv Plu­ral dann lo­gi­scher­wei­se »Der Dschun­gel« lau­ten muss. Die kon­se­quen­te Groß­schrei­bung des Ar­ti­kels, auch mit­ten im Satz, er­schwert wohl ein in­tui­ti­ves Ver­ständ­nis die­ses Sach­ver­halts.

  2. Pingback: Kleine Theorie des Literarischen Bloggens

  3. Das ist ei­ne sehr gründ­li­che und fai­re Aus­ein­an­der­set­zung mit Herbst »Klei­ner Theo­rie des li­te­ra­ri­schen Blog­gens«, die ich mit viel Ge­winn ge­le­sen ha­be. Ich tei­le nicht al­le Ur­tei­le (Ins­be­son­de­re fin­de ich die Durch­drin­gung von Rea­li­tät und Fik­ti­on nicht pro­ble­ma­tisch son­dern reiz­voll, zu­mal sie bei Al­ban Ni­ko­lai Herbst längst vor dem Pro­jekt »Die Dschun­gel« Teil des künst­le­ri­schen Pro­gramms war.) Scha­de, dass die Aus­ein­an­der­set­zung über das (Un-)Wesen der Trol­le und de­ren Funk­ti­on zwi­schen Ih­nen und Herbst so per­sön­li­che Zü­ge an­nimmt, was ich ganz un­nö­tig fin­de. Hart­mut Abend­schein hat zur Funk­ti­on der Tol­le in sei­nem Blog viel Le­sens­wer­tes ge­schrie­ben, das die­se – im Grun­de span­nen­de – De­bat­te auf ein an­de­res Ab­strak­ti­ons­ni­veau he­ben könn­te. ( ) . Ich glau­be, dass die Ein­wän­de, die Sie und Ben­ja­min Stein ge­gen die teil­wei­se Igno­ranz ge­gen­über der Software/dem Ho­ster und deren/dessen Be­schrän­kun­gen vor­brin­gen, be­rech­tigt sind. Gleich­zei­tig ver­ste­he ich aber, dass ei­ner, dem es um das li­te­ra­ri­sche Pro­jekt zu tun ist, nur be­grenzt Zeit in die tech­ni­sche Sei­te stecken kann. Ich selbst bin an ei­nem – an­ge­dach­ten – Um­zug mei­ner Sei­te zu word­press – zu­nächst – ge­schei­tert, weil ich die Zeit da­zu nicht fin­de. Vie­le Grü­ße M.B./J.S.P.

  4. Den Aspekt der Ver­trollung ha­be ich selbst nie so rich­tig ver­stan­den, wo­mög­lich weil ich selbst Troll bin und über­all im­mer noch mal et­was hin­zu­fü­gen muss? Ein biss­chen Troll muss doch in je­dem von uns stecken, an­dern­falls wä­re ja nicht je­der Text ei­ne Her­aus­for­de­rung und wir wür­den eher das Buch be­vor­zu­gen. Das pas­si­ve Le­sen wan­delt sich in Ak­ti­vi­tät und es ist in­ter­es­sant, mit die­sem Bei­trag den Über­gang von ei­ner bü­che­risch ver­fass­ten Li­te­ra­tur in ei­ne In­ter­net-Text­samm­lung zu ver­fol­gen. Ob da­mit al­ler­dings noch der Be­ruf des gro­ßen Li­te­ra­ten be­stehen bleibt, fragt sich. Der Kon­kur­renz­druck ist enorm und die Blog­ger mit ih­ren Mar­ke­ting­stra­te­gien set­zen sich durch. Ein biss­chen Dschun­gel ist al­so bei al­ler SEO-Op­ti­mie­rung wün­schens­wert. So ha­be ich auch in den Dschun­gel hin­ein­ge­lugt, muss al­ler­dings sa­gen, dass ich mich in den Wei­ten des Net­zes schnell wie­der bei an­de­ren In­for­ma­tio­nen ver­lo­ren ha­be.

    Dan­ke je­doch für den Hin­weis, ich ha­be die­sen Blog jetzt schon et­was län­ger abon­niert und bin im­mer froh über aus­führ­li­che Be­rich­te :)

  5. @Melusine Bar­by (aka J.S.Piveckova)

    Je­de Li­te­ra­tur ist letzt­lich ei­ne Ver­quickung zwi­schen Fik­tio­na­lem und Rea­lem, zwi­schen Protagonist(en) und Au­tor. Es ist zu­nächst ein­mal nicht be­son­ders wich­tig für den Le­ser, die­se Li­ni­en bei der Lek­tü­re zu zie­hen oder zu be­ob­ach­ten. Erst in der (li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­li­chen) Be­schäf­ti­gung mit dem Œu­vre wird es un­ter Um­stän­den in­ter­es­sant, (auto)biografisches her­aus­zu­ar­bei­ten und der Fik­ti­on ge­gen­über zu stel­len. Ein Web­log wie Die Dschun­gel spielt nun da­mit, dort wür­de man dem Schrift­stel­ler über die Schul­ter bzw. auf die Fe­der se­hen kön­nen. Das hängst auch da­mit zu­sam­men, dass Blogs im all­ge­mei­nen als Büh­nen für die ei­ge­ne Dar­stel­lung gel­ten und – Ach­tung, Mo­de­wort! – au­then­tisch sei­en. In ge­wis­sem Ma­ße spielt Herbst mit die­ser Au­ra der Au­then­ti­zi­tät. Men­schen, die mit Li­te­ra­tur nicht oder nur un­zu­rei­chend ver­traut sind, wer­den die Ein­tra­gun­gen für ba­re Mün­ze hal­ten. Dar­an dürf­te auch die Tat­sa­che, dass Herbst im­mer auf die­ses »Mas­ken­spiel« hin­ge­wie­sen hat, we­nig än­dern.

    Ich ver­tre­te nun die An­sicht, dass es für die äs­the­ti­sche Qua­li­tät kei­ne bzw. nur ei­ne ge­rin­ge Be­deu­tung hat zu wis­sen, was fik­tio­nal und was re­al ist. Der Drang nach Au­then­ti­zi­tät ist üb­ri­gens kein aus­schließ­li­ches Phä­no­men der Mas­se. Ge­ra­de die Li­te­ra­tur­kri­tik ver­wen­den es als Fei­gen­blatt für ih­re Un­fä­hig­keit bzw. ih­ren Un­wil­len, äs­the­ti­sche Ur­tei­le zu tref­fen und zu be­grün­den. Statt­des­sen klap­pern sie Bü­cher auf au­to­bio­gra­fi­sche Da­ten und Er­eig­nis­se des Au­tors ab und ver­fas­sen ei­ne Art Über­ein­stim­mungs­be­richt. Et­was lang­wei­li­ge­res gibt es ei­gent­lich kaum. Aber die Kri­tik passt sich hier Kre­thi und Ple­thi und ih­ren na­iv-dümm­li­chen Rea­li­täts­glau­ben an.

    Es ist nun fast un­ver­meid­bar, dass in ei­nem 24-Stun­den-Ro­man die Gren­zen zwi­schen Fik­ti­on und Rea­li­tät lau­fend un­ter­spült wer­den. Sie wer­den viel­leicht, weil Sie Herbst per­sön­lich ken­nen, ei­ni­ges bes­ser ein­schät­zen kön­nen und da­bei ist es dann mög­lich, schär­fe­re Ab­gren­zun­gen zu tref­fen. So­lan­ge aber das Werk im Fluss ist, ist ei­ne sol­che Aus­ein­an­der­set­zung für den Le­ser fast un­mög­lich. Er ist ge­hal­ten, sich an den Rea­li­tä­ten zu ori­en­tie­ren, die er als sol­che zwei­fels­frei iden­ti­fi­zie­ren kann: Herbsts Ru­ge-Kri­tik bei­spiels­wei­se (die ich für ex­zel­lent hal­te) ist re­al. Das ein oder an­de­re Hör­spiel ist re­al. Die Bü­cher, die er ge­schrie­ben hat, sind re­al. (Selbst hier könn­te der Ein­wand kom­men, dies ha­be je­mand an­de­res ge­schrie­ben, der sich ANH nennt – das will ich mal aus­schlie­ßen.) An­de­re Er­eig­nis­se, wie der Be­such ei­nes Ge­richts­voll­zie­hers oder auch ein­fach nur die Schil­de­rung ei­nes Abends an der Bar sind für den Le­ser nicht als rea­le Er­eig­nis­se zu iden­ti­fi­zie­ren. Viel­leicht gab es den Bar­be­such wirk­lich, aber Herbst hat die Ge­sprä­che er­fun­den. Viel­leicht gab es aber auch nur die Ge­sprä­che – al­ler­dings in ei­nem Ca­fé am Nach­mit­tag.

    Für die Mas­se der eta­blier­ten Kri­tik ist es ähn­lich wie für den »nor­ma­len« Ge­le­gen­heits­le­ser: Er ist mit die­ser Form schnell über­for­dert. Die Dschun­gel er­mög­licht es nicht (oder kaum), ein Ur­teil nach den in­zwi­schen üb­li­chen Kri­te­ri­en ab­zu­ge­ben. Hier­aus rührt mei­nes Er­ach­tens ein Teil der Ag­gres­si­on, die Herbst von den Trol­len ent­ge­gen­schlägt, und die er – aus un­er­find­li­chen Grün­den – zur In­spi­ra­ti­on her­an­zieht.

    Viel­leicht ist mei­ne Sicht klar ge­wor­den: Es ist für die äs­the­ti­sche Wer­tung letzt­lich un­er­heb­lich, ob das, was Herbst schreibt, tat­säch­lich exi­stent ist (bzw. war) oder nicht. Zum ei­nen ist der »rich­ti­ge« Le­ser kein Voy­eur. Zum an­de­ren kann er ei­ne Ent­schei­dung über den »Wahr­heits­ge­halt« gar nicht tref­fen. In­so­fern ist aber die Aus­sa­ge, dass Herbst Fik­tio­na­les mit Rea­lem ver­mischt, per se auch nicht be­son­ders »reiz­voll«. Pro­ble­ma­tisch ist sie für mich nur, weil sie sug­ge­riert, es wä­re für den Le­ser ei­ne Er­wei­te­rung des Ho­ri­zonts. Ich muss aber ei­gent­lich nur ein­mal ge­le­sen ha­ben, dass die­se Mi­schung exi­stiert (das Ver­hält­nis va­ri­iert und bleibt un­be­kannt). Da­nach le­se ich das Ge­schrie­be­ne au­to­ma­tisch zu­min­dest mit der je­wei­li­gen Mög­lich­keit des Fik­tio­na­len. Hier­in liegt even­tu­ell ein Reiz. Aber nur dann, wenn man ver­su­chen wür­de, die­sen fik­tio­na­len An­teil her­aus­zu­fin­den. Wür­de man dies tun, wä­re man so­fort wie­der der Fal­le – sie­he oben.

  6. Ich stim­me mit Ih­nen über­ein, dass je­de Li­te­ra­tur mit dem Ver­hält­nis zwi­schen Rea­li­tät und Fik­ti­on spielt. Al­ler­dings ha­be ich selbst we­ni­ger fi­xe Vor­stel­lun­gen da­von, was »Rea­li­tät« bzw. »Fik­ti­on« sei. Da­her den­ke ich auch, dass der Be­griff »Mas­ken­spiel« hier nicht recht passt, denn er setzt vor­aus, dass un­ter der Mas­ke das »Ech­te« steck­te. Herbsts Tex­te sind in­des­sen auch schon vor sei­nem »Er­schei­nen im In­ter­net« als »post­mo­dern« be­zeich­net wor­den. Eti­ket­ten sind im­mer pro­ble­ma­tisch. Doch es ist si­cher rich­tig, dass Iden­ti­tät bei Herbst stets als kon­stru­ier­te er­scheint. Hier­bei be­steht grund­sätz­lich kein Un­ter­schied zwi­schen »Rea­li­tät« und »Fik­ti­on«. Auch un­se­re »rea­le« Iden­ti­tät (bes­ser: un­se­re Iden­ti­tä­ten) ist ei­ne kon­stru­ier­te. Es ist da­her in der Tat die Fra­ge da­nach, was »re­al« bzw. »fik­tiv« sei, äs­the­tisch völ­lig be­lang­los. Wenn Leser:innen sich dies tat­säch­lich fra­gen, so le­sen sie die Tex­te in »Die Dschun­gel« eben nicht als Li­te­ra­tur. Da­zu kann sie auch kei­ner zwin­gen. Der Au­tor kann aber dar­auf be­har­ren, dass sie als sol­che – und nichts an­de­res – von ihm ge­dacht sind (und er sich folg­lich, da er kein Päd­ago­ge ist, um an­de­re Les­ar­ten nicht küm­mern braucht).
    Schon der klas­si­sche Brief­ro­man be­haup­tet von ei­nem fik­ti­ven Her­aus­ge­ber, er sei re­al. Und an­onym ver­öf­fent­li­chen­de Au­torin­nen be­haup­te­ten fik­ti­ve Fi­gu­ren zu sein. Das ist nichts Neu­es. Das Netz er­öff­net nun die Mög­lich­keit, dass die »Fik­tio­nä­re« mit­ein­an­der un­mit­tel­bar ins Ge­spräch kom­men. Wun­der­bar, fin­de ich. Es wird die Li­te­ra­tur sich viel­leicht durch das Netz so än­dern, wie sie es durch den Buch­druck tat (oh­ne den der »Ro­man« bei­spiels­wei­se un­denk­bar wä­re).

  7. @J.S. Pivecka aka Me­lu­si­ne Bar­by
    Ih­ren En­thu­si­as­mus über die Ver­än­de­rung von Li­te­ra­tur durch das Netz ver­mag ich nicht zu tei­len. Herbsts Blog zeigt ja ge­ra­de die Be­grenzt­heit die­ser Ent­wick­lung – eben durch die Trol­le, aber nicht nur des­we­gen.

    Wenn Sie sich die Mü­he ma­chen, die Kom­men­ta­to­ren (und auch Trol­le) über die Jah­re zu ver­fol­gen, wer­den Sie fest­stel­len, dass es nur ei­nen re­la­tiv Kreis von Per­so­nen gibt, die dort in ei­ner ge­wis­sen Fre­quenz kom­men­tie­ren. An­son­sten herrscht ein Kom­men und Ge­hen (et­was, was ich üb­ri­gens auch in mei­nem Blog fest­stel­le – das ist kein Vor­wurf). Se­hen wir ein­mal da­von ab, dass ei­ni­ge ih­re Pseud­ony­me ver­än­dern oder gar meh­re­re ha­ben. Le­ser sind sprung­haft; sie wer­den dem Neu­en re­la­tiv schnell über­drüs­sig. Ich se­he es bei mir: Die Mög­lich­keit, mit den Fik­tio­nä­ren »un­mit­tel­bar ins Ge­spräch« zu kom­men, übt auf mich ziem­lich schnell nur noch ei­nen sehr ge­rin­gen Reiz aus – et­wa ver­gleich­bar da­mit, wenn Zu­schau­er ei­nes Thea­ter­stückes plötz­lich mit den Prot­ago­ni­sten auf der Büh­ne in­ter­agie­ren sol­len.

    Zum ei­nen exi­stiert ei­ne ge­wis­se Her­me­tik (der zwei­te Grund für et­li­che die­ser Trol­lerei­en ne­ben dem be­reits an­ge­spro­che­nen Neid). Zum an­de­ren wer­den die red­un­dan­ten For­men, mit de­nen All­täg­lich­keit ge­zeigt (oder auch nur si­mu­liert wird), schnell er­mü­dend.

    Viel­leicht ist es aber so, wie Sie es mit Ih­rer Schluß­be­mer­kung an­deu­ten: Der Ro­man war bis zum 19. Jahr­hun­dert auch kein Mas­sen­me­di­um, son­dern vor­her aus­schließ­lich be­stimm­ten Krei­sen vor­be­hal­ten. Das auf­kom­men­de Ver­lags­we­sen hat erst da­zu ge­führt, dass Bü­cher preis­wert her­ge­stellt wer­den konn­ten (frei­lich um den Preis ei­ner ge­wis­sen Tri­via­li­sie­rung des Gen­res). Was das In­ter­net an­geht, se­hen wir des­sen Kraft vor al­lem in re­pres­si­ven Ge­sell­schaf­ten. Wes­halb all die von mir an­ge­spro­che­nen Pa­ra­dies-Pro­gno­sen di­ver­ser In­ter­net­gu­rus ver­puff­ten.

  8. Die Tri­via­li­sie­rung des Gen­res ver­mag ich nicht zu se­hen, im Ge­gen­teil hat der Ro­man zu sei­ner spe­zi­el­len Fä­hig­keit über­haupt erst mit der, sa­gen wir, De­mo­kra­ti­sie­rung des Ver­lags­we­sens ge­fun­den, und die größ­ten Ro­ma­ne sind zur vor­letz­ten Jahr­hun­dert­wen­de und da­nach er­schie­nen: da erst fin­gen sie an, sich vom Rea­lis­mus des »ein­fa­chen« Er­zäh­lens zu lö­sen – bis zu den Grö­ßen in Ada or Ador, Ulysses, Gravity’s Rain­bow und an­de­ren. In dem Mo­ment, in dem dem Ro­man ein ge­sell­schaft­lich be­stimm­ter Auf­trag ver­lo­ren­ging, wur­de er au­to­nom. So hat die Zu­kunft des In­ter­nets und der Kün­ste in ihm si­cher­lich we­nig mit den Glücks­vi­sio­nen der Gu­rus zu tun, aber sehr wohl und sehr viel mit ei­ner Ent­wick­lung in den For­men.
    Dies das ei­ne.
    Das an­de­re:
    Daß in Der Dschun­gel die Red­un­danz der All­täg­lich­keit schnell er­mü­dend wir­ke, dem wi­der­spre­chen mei­ne Sta­ti­sti­ken. All­täg­li­ches wird in Der Dschun­gel aus­schließ­lich im »» Ar­beits­jour­nal, so­wie, von an­de­ren Bei­trä­gern, im »» Ta­ge­buch er­zählt. Ge­nau das Ar­beits­jour­nal ist es aber, auf was die mei­sten Le­ser abon­niert sind, ge­nau die­ses Ka­pi­tel Der Dschun­gel zieht 1/3 al­ler täg­li­chen Erst­zu­grif­fe auf sich, in­des et­wa Goog­le fast im­mer nur über die Haupt­si­te her­ein­kommt. Ich kann sehr gut ver­fol­gen, wie dann im Ar­beits­jour­nal ge­leg­ten Links ge­folgt wird, so daß die Le­ser, wenn ich es ent­spre­chend an­le­ge, schließ­lich auf die Haupt­si­te oder in die an­de­ren Ka­pi­tel ge­führt wer­den, un­ab­hän­gig da­von, ob die dar­in ste­hen­den Bei­trä­ge auf der Haupt­si­te er­schei­nen oder je­mals dar­auf er­schie­nen sind. Was ich da­mit sa­gen möch­te, das ist, daß auch das Li­te­ra­ri­sche Web­log ei­ne dramat(urg)ische Le­ser­füh­rung kennt, ganz ähn­lich dem, wie man das auch für ei­nen Ro­man kon­stru­iert.
    Als ich ei­ni­ge Zeit lang wirk­lich täg­lich sehr früh­mor­gens das Ar­beits­jour­nal ge­führt hat­te und dann die Re­gel­mä­ßig­keit un­ter­brach, gin­gen nicht we­ni­ge An­fra­gen in mei­nem of­fi­zi­el­len, von Da­ni­ello ver­wal­te­ten Email-Ac­count ein, ob ich ge­sund sei, ob et­was ge­sche­hen sei usw. – von Le­sern, die ich gar nicht kann­te, je­den­falls kann­te ich die Ab­sen­der­na­men nicht. Ganz of­fen­bar führt solch ein mit – ob rea­len oder fik­ti­ven – All­tags­be­geb­nis­sen ge­spei­stes Jour­nal zu ei­ner star­ken Form der Le­ser­bin­dung.

    [Klei­ne Theo­rie des Li­te­ra­ri­schen Blog­gens, 134.
    Lit­blog 133 a]
  9. und scheu­klap­pi­ge Theo­rien for­dern Wi­der­spruch her­aus, wel­cher vom Herrn Rib­ben­herbst dann blitz­schnell als »Trol­lerei« ge­löscht wird. Als Auf­re­ger wird dann noch lan­ge über »die Trol­le« an sich schwa­dro­niert.

  10. Stellt Herbst mit sei­ner Dschun­gel An­ders­welt nicht die Fra­ge nach der Be­zie­hung von Le­ben und Kunst (für das Selbst­ver­ständ­nis ei­nes Künst­lers si­cher­lich be­deu­tend)? Ein al­tes The­ma, durch­aus von äs­the­ti­scher Re­le­vanz – und be­ant­wor­tet Herbst sie nicht da­hin­ge­hend, das Kunst und Le­ben eins sind (ei­ne Ant­wort, die na­tür­lich schon an­de­re ge­ge­ben ha­ben, aber die Art, das »Wie« ist mög­li­cher Wei­se neu)?

    Wer kann das in An­be­tracht von be­grenz­ten Zeit­res­sour­cen dau­er­haft und in ge­bo­te­ner Strin­genz (Bin­nen­ver­lin­kun­gen!) ver­fol­gen?

    Ist das nicht Teil des Kon­zepts, das Nicht-mehr-ver­fol­gen-kön­nen?

    Ei­ne Fra­ge, die ich ge­ra­de nicht be­ant­wor­ten kann, die sich aber auf­drängt: Der Le­ser kon­sti­tu­iert sei­ne Le­se­er­fah­rung im­mer schon mit – was wä­re al­so tat­säch­lich neu? Nur ei­ne quan­ti­ta­ti­ve Di­men­si­on?

    »Wer den­ken kann, daß je­de Mög­lich­keit sei, weist den Vor­wurf der Be­lie­big­keit ab. Be­lie­big ist viel­mehr das Er­zähl­pro­dukt ei­nes so­ge­nannt rea­li­sti­schen Er­zäh­lens, das mit sei­nem The­ma und der schein­na­tu­ra­li­sti­schen Struk­tur sei­ner Chro­no­lo­gie al­les fol­gen­de s e t z t, des­sen A u t o r al­so es setzt. Die Mög­lich­kei­ten­poe­tik streicht des­sen (be­stimmt) In­ten­tio­nen durch und folgt al­lein den mög­li­chen We­gen, die ei­ne Er­zäh­lung neh­men kann, folgt mög­lichst a l l e n. [...]«

    Was na­tür­lich nur gilt, wenn man nicht ent­schei­den kann, will oder an­nimmt es sei nicht mög­lich, ei­ne Set­zung zu tref­fen – man kann das durch­aus auch um­ge­kehrt se­hen.

    Ei­ne (wie­der ein­mal) sehr er­gie­bi­ge, auf­wän­di­ge und in­ter­es­san­te Be­spre­chung!

  11. Wi­der­spruch, der ar­gu­men­tiert, ist von mir noch nie­mals ge­löscht wor­den, nur sol­cher, der hämt; und selbst da­von ha­be ich zahl­lo­se ste­hen­las­sen. Wenn man dem Link folgt, den Sie zu Ih­rem Na­men an­ge­ge­ben ha­ben, und wenn man Ih­ren Um­gang mit mei­nem Na­men liest (Rib­ben­herbst), wird um­ge­hend klar, daß Sie auch gar nicht be­reit sind zu ar­gu­men­tie­ren. Selbst das aber ist in Ge­ren­zen to­le­ra­bel, weil nicht je­der Mensch die Fä­hig­keit mit­be­kom­men hat, ar­gu­men­ta­tiv zu dis­ku­tie­ren; auch der Aus­druck un­ge­fäh­ren Un­be­ha­gens kann sein Recht ha­ben. Das hört al­ler­dings bei der Be­lei­di­gung an­de­rer ent­schie­den auf.

    Mit dem Au­tor die­ser Site hier bin ich üb­ri­gens hef­tig an­ein­an­der­ge­ra­ten, weil mir ge­ra­de vor­ge­wor­fen wur­de, daß ich jah­re­lang n i c h t lösch­te, wo es nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung längst ge­ra­ten war.

    [Von A. N. Herbst per Mail um 20.06 Uhr über­mit­telt, da Kom­men­tar­ver­su­che sei­ner­seits tech­nisch schei­ter­ten. G. K.]

  12. @Peter Hartz
    Ih­re Ein­las­sung ist von we­nig Sach­kennt­nis, da­für um so mehr Res­sen­ti­ment ge­prägt. Es geht mir, wie Herbst aus­führt, nicht dar­um, dass er Troll-Kom­men­ta­re zu viel bzw. zu schnell löscht, son­dern eben ge­ra­de dar­um, dass er dar­auf noch ein­geht. Wie er es bei­spiels­wei­se mit Ih­rem Kom­men­tar ge­macht hat, den ich ei­gent­lich auf­grund des un­zu­läs­si­gen Wort­spiels mit sei­nem Na­men ge­löscht hät­te.

    Wenn Sie et­was Sub­stan­zi­el­les zu sa­gen ha­ben – ger­ne. An­son­sten: Schwei­gen.

  13. @metepsilonema
    Ei­ne Fra­ge, die ich ge­ra­de nicht be­ant­wor­ten kann, die sich aber auf­drängt: Der Le­ser kon­sti­tu­iert sei­ne Le­se­er­fah­rung im­mer schon mit – was wä­re al­so tat­säch­lich neu? Nur ei­ne quan­ti­ta­ti­ve Di­men­si­on?
    Neu ist, dass es prak­tisch durch die Bin­nen­ver­lin­kun­gen (aber nicht nur durch die­se) ei­ne Art von drit­ter Di­men­si­on gibt. Das ha­be ich bei der Lek­tü­re des Bu­ches be­merkt – ich such­te die Links, die hin­ter den Wor­ten lie­gen oder lie­gen könn­ten. Aber es gab sie na­tür­lich nicht. Hier hat die Le­se­er­fah­rung des Blogs das Le­sen des Bu­ches so­zu­sa­gen schon über­la­gert.

    Der neue Le­ser kann zu­nächst gar nicht an­ders, als dar­an zu den­ken, dass der Er­zäh­ler des Ar­beits­jour­nals iden­tisch mit Herbst ist (zu­mal es ja auch er­wähnt wird). Er bringt nun sei­ne Er­fah­run­gen mit der Lek­tü­re ähn­li­cher Pro­sa ein – und stellt sie dem so­zu­sa­gen ge­gen­über. Auch wenn er ge­übt ist, wird er im­mer zu­nächst ein biss­chen Voy­eur sein (wol­len). Es bleibt aber völ­lig un­ab­hän­gig da­von die Fra­ge, was dar­an wich­tig ist, ob das Früh­stücks­ei am XX.YY.1950 bei Tho­mas Mann zu weich war oder wie­viel Lat­te mac­chia­to Herbst 61 Jah­re spä­ter ge­trun­ken hat.

  14. @Herbst #7
    Zu Goe­thes Zei­ten wur­de die Thea­ter­stücke von Kot­ze­bue ge­le­sen und auf­ge­führt – nicht die von Goe­the. Da galt der »Ro­man« in wei­ten Krei­sen noch als un­schick­lich und/oder vo­lu­mi­nös. Dann hat­te er er­bau­lich zu sein. und na­tür­lich gab es im­mer wel­che, die sich die­sen Set­zun­gen wi­der­setzt ha­ben – in der Re­gel sind das die­je­ni­gen, wie wir heu­te Klas­si­ker nen­nen. En­de des 19./Anfang des 20. Jahr­hun­derts wur­den dann die (spä­ter) gro­ßen Ver­la­ge ge­grün­det; bspw. S. Fi­scher. Schon früh wur­den die an­spruchs­vol­len Pro­gram­me mit Mas­sen­ge­schmack gar­niert; die Ver­kaufs­er­fol­ge ei­nes Tho­mas Mann blie­ben eher die Aus­nah­me. Die Quer­sub­ven­tio­nie­rung war früh er­fun­den.

    Zu Ih­rem Blog: Ich glau­be Ih­nen ger­ne, dass die Zu­griffs­zah­len stei­gen bzw. stark über das Ar­beits­jour­nal ei­ne ge­wis­se Ge­wohn­heit er­zeu­gen. Das ist aber nur ein Teil Ih­res Pro­jekts und zu­meist re­la­tiv schnell zu le­sen. Auf Face­book gibt es Men­schen, die ih­ren Ta­ges­rhyth­mus im­mer wie­der po­sten und so­gar abends ein Fo­to Ih­res Es­sens ins Netz stel­len. Sie ha­ben auch fast im­mer ih­re »Ge­fällt mir«-Klicks; sehr häu­fig von wech­seln­den Per­so­nen. Ich ste­he (bzw. stand) er­staunt vor ei­nem sol­chen Phä­no­men.

    Ich will Ih­nen Ih­ren Er­folg nicht strei­tig ma­chen. In­so­fern ha­be ich ver­mut­lich zu stark von mir auf an­de­re ge­schlos­sen.

  15. Die Ein­las­sung Pe­ter Hartz’ ist von gar kei­ner Sach­kennt­nis ge­tra­gen, das ist schlich­ter Un­sinn.

    Ich möch­te Ih­nen ge­gen­über mei­ne Ent­täu­schung dar­über aus­drücken, wer­ter Herr Keu­sch­nig, dass Sie se­riö­ses und, den Um­stän­den ge­schul­det, ent­spre­chend ge­hal­te­nes In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot mit un­wir­scher Hand­be­we­gung vom Tisch feg­ten und ihm dar­über hin­aus mit ab­wer­ten­der Zun­ge ei­ne Ver­kind­li­chung an­zu­pin­seln ver­such­ten.

    Im Ge­gen­satz da­zu le­se ich hier, wie hand­zahm Sie zu un­sub­stan­ti­ier­tem Vor­wurf und Be­lei­di­gung ge­gen­über Drit­ten Stel­lung neh­men (»An­son­sten: Schwei­gen«)

    Ich er­war­te von Ih­nen ei­nen ernst­zu­neh­men­den Aus­druck der Kor­rek­tur Ih­res un­längst an­dern­orts for­mu­lier­ten und gänz­lich un­halt­ba­ren emo­tio­na­len Ur­teils mir ge­gen­über.

    Ab­schlie­ßend noch ei­ne An­re­gung zur Ge­stal­tung Ih­rer Web­site, die ich, ne­ben­bei be­merkt, als vor­züg­lich ge­lun­gen wahr­neh­me: ei­ne »Vor­schau« auf ei­nen ab­zu­sen­den­den Kom­men­tar wä­re ein kei­nes­wegs als über­flüs­sig an­zu­se­hen­des Merk­mal der Be­nut­zer­freund­lich­keit.

  16. @Kienspan
    Sor­ry, Herr Kien­span, was Sie »er­war­ten« ist Ihr An­lie­gen. Nicht mei­nes. Ich ha­be mehr­fach ar­ti­ku­liert, dass ich An­ge­bo­te wie ‘wenn Sie mehr wis­sen wol­len, kön­nen Sie mich per E‑Mail kon­tak­tie­ren’ nicht be­son­ders schät­ze – be­son­ders wenn sie in der Öf­fent­lich­keit aus­ge­spro­chen wer­den. Noch deut­li­cher: Ihr »In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot« hat mich nicht in­ter­es­siert. Weil ich – ich sa­ge es zum drit­ten Mal – mög­lichst nicht in die Sze­ne in­vol­viert sein möch­te. Was ist dar­an so schlimm? In­wie­fern Sie hier­aus ein Ur­teil ge­gen­über Ih­re Per­son ab­lei­ten, ist auch nicht mein Pro­blem.

    Wie ich hier mit Leu­ten ver­fah­re, möch­ten Sie bit­te auch mir über­las­sen. Ich hät­te den Bei­trag ver­mut­lich ge­löscht, wenn Herr Herbst nicht dar­auf ge­ant­wor­tet hät­te. Das hat­te ich aber auch ge­schrie­ben. Im üb­ri­gen soll die be­ste Re­ak­ti­on auf Trol­le die der Igno­ranz sein.

  17. @Keuschnig
    Ich lei­te aus Ih­rer Ant­wort auf mei­ne Auf­for­de­rung die Le­gi­ti­ma­ti­on ab, den Man­gel an Sa­tis­fak­ti­ons­fä­hig­keit Ih­rer Ein­las­sung an­dern­orts auf Sie per­sön­lich zu über­tra­gen.
    Gu­ten Tag.

  18. @Gregor
    Man kann et­was Ver­gleich­ba­res auch auf dem Pa­pier bzw. in Buch­form er­rei­chen und Text­tei­le, Ab­schnit­te, Ka­pi­tel, so an­ord­nen, dass der Le­ser sich sei­nen Pfad sel­ber su­chen muss. Na­tür­lich ist das nicht das­sel­be wie Ver­lin­kun­gen im Netz oder auf ei­nem Blog (ei­ner­seits er­schwert ein Link die Ver­or­tung [es bleibt ei­ne Art Un­schär­fe, man blät­tert nicht], an­de­rer­seits kann man das Spiel viel wei­ter trei­ben) – aber ist das ein prin­zi­pi­el­ler Un­ter­schied?

    Dass Fik­ti­on und Rea­li­tät sich im Netz bes­ser ver­schmel­zen las­sen, klar, es ste­hen ver­schie­de­ne Me­di­en zur Ver­fü­gung, »un­be­grenz­ter« Raum, ei­ne be­stän­di­ge Wei­ter­füh­rung ist mög­lich und ei­ne Span­nung zwi­schen Fer­ne (Un­er­reich­bar­keit) und Nä­he.

  19. @Keuschnig
    Ich er­su­che Sie höf­lichst, mei­ne An­mer­kun­gen zu lö­schen.
    Sie wur­den ge­gen­stands­los.

  20. Aus den sprach­li­chen Schnör­ke­lei­en des Kien­span ist der Wunsch nach ei­ner Kom­men­tar­vor­schau her­aus­zu­le­sen. Der­lei ist frei­lich nicht oh­ne Tücken und nicht zwangs­läu­fig ei­ne Ver­bes­se­rung der Be­nut­zer­freund­lich­keit. Zu­dem zeigt die em­pi­ri­sche Er­fah­rung, daß so­gar er­wei­ter­te Ein­griffs­mög­lich­kei­ten (wie die nach­träg­li­che Edi­tier­bar­keit ab­ge­ge­be­ner Kom­men­ta­re für ei­nen ein­stell­ba­ren Zeit­raum) fak­tisch kaum wahr­ge­nom­men wer­den: Wer auf Ge­die­gen­heit in Spra­che und Aus­druck Wert legt, kriegt ei­nen feh­ler­frei­en Kom­men­tar auch so hin, wer schmerz­be­frei­ter­wei­se so drauf­lo­s­tippt, wie ihm die Fin­ger ge­wach­sen sind, nimmt spä­ter oh­ne­hin kei­ne Kor­rek­tu­ren mehr vor...

    Des­sen un­ge­ach­tet mö­ge sich der Haus­herr den Vor­schlag über­le­gen, ein ent­spre­chen­des Plug­in test­hal­ber ein­zu­bau­en wä­re ja kei­ne gro­ße Sa­che und bremst die Per­for­mance nicht über­mä­ßig aus!

  21. @Gregor Keu­sch­nig:

    Ich ha­be Dir hier mal schnell ein schnör­kel­lo­ses Plug­in zur Kom­men­tar-Vor­schau in­stal­liert, wel­ches un­ter dem »Kom­men­tar abschicken«-Knopf schon wäh­rend des Tip­pens ei­ne dy­na­misch ge­ne­rier­te Vor­schau lie­fert. Funk­tio­niert ta­del­los, es bleibt in­des frag­lich, ob auch je­der Kom­men­ta­tor sieht, was da un­ter­halb des Text­ein­ga­be­fen­sters ab­geht. Im­mer­hin, man sieht das Kon­zept jetzt in Funk­ti­on und muß nicht groß her­um­theo­re­ti­sie­ren: Ich bit­te um Eva­lua­ti­on und an­schließende Ent­schei­dung!

  22. @Ralph Sten­zel
    Ich möch­te wi­der­spre­chen: Ich ha­be über Jah­re hin­weg sehr gut Er­fah­run­gen mit der Mög­lich­keit ei­ner Kom­men­tar­vor­schau ge­macht und sie im­mer ge­nutzt, ge­ra­de weil mir Feh­ler­frei­heit und sprach­li­cher Aus­druck wich­tig sind – man sieht dann so­zu­sa­gen wie der Kom­men­tar aus­sieht, wenn er ab­ge­schickt wur­de, er kann aber noch kor­ri­giert wer­den (ich ken­ne die Vor­schau al­so nur nicht-dy­na­misch).

    So wie es jetzt aus­sieht, ist es auch sehr prak­ti­ka­bel, ev. wä­re es aber noch bes­ser der Kom­men­tar er­schie­ne ober­halb des Tipp­fen­sters (?).

    [Ich be­mer­ke ge­ra­de, dass in der Vor­schau Leer­zei­len ver­schluckt wer­den.]

  23. Der Chef moch­te schon frü­her kei­ne Vor­schau ha­ben, mit mei­ner vor­hin­ni­gen Rum­schrau­berei han­del­te ich oh­ne sein Wis­sen und oh­ne sei­nen Auf­trag. Wenn er nun ver­fügt, daß die Sa­che wie­der raus­kommt, dann ist das The­ma durch.

    In die Dis­kus­si­on der Vor­schau-Pla­zie­rung stei­ge ich nicht ein, aus dem von mir da­zu be­reits ver­link­ten Bei­trag wird klar, daß al­le Dar­stel­lungs-Op­tio­nen ih­re spe­zi­fi­schen Vor- und Nach­tei­le ha­ben.

    Die Leer­zei­len-Ver­schlucke­rei in der jetzt im­ple­men­tier­ten Vor­schau hat­te ich auch schon be­merkt, die wirkt sich aber nicht auf das fi­na­le Er­geb­nis aus. Scheint am ver­wen­de­ten Lay­out (»The­me«) zu lie­gen, in mei­nem Bür­ger-Blog wer­den die Leer­zei­len in der Vor­schau je­den­falls nicht un­ter­drückt (glei­ches Plug­in)!

    Vor­läu­fi­ges Fa­zit: Es bleibt ent­we­der beim jet­zi­gen Er­schei­nungs­bild oder die Vor­schau fliegt gänz­lich wie­der raus, der Haus­herr wird es ver­kün­den und ich es rich­ten...

  24. Noch zu dem Ar­ti­kel aus der Süd­deut­schen: Ich ha­be bis­lang nicht dar­an ge­dacht Trol­le in ei­ner be­stimm­ten po­li­ti­schen Ecke zu ver­or­ten, noch als (bei­na­he) dem Ar­gu­ment ver­bun­den an­zu­se­hen (zu­min­dest le­gen das ei­ni­ge Be­mer­kun­gen des Au­tors na­he). Ein Troll war für mich im­mer je­mand der ei­ne Dis­kus­si­on be­wusst sa­bo­tiert, der an­greift und ver­let­zen will und oft nur schein­bar sei­ne Po­si­ti­on ver­tritt. Dass sie aus­dau­ernd sind, macht sie erst är­ger­lich und gut, ein­sam mö­gen sie sein, je­den­falls fragt man sich manch­mal war­um sie sich ei­gent­lich da­mit auf­hal­ten. An­schei­nend be­rei­tet ih­nen der Scha­den, den sie an­rich­ten Freu­de und Er­leich­te­rung.

  25. Ob­wohl die Dis­kus­si­on »off-to­pic« scheint, ist sie es nur zum Teil. Ralph und ich hat­ten die Vor­schau-Mög­lich­keit zu Be­ginn schon ein­mal dis­ku­tiert. Ich war eher da­für das Kom­men­tar­fen­ster zu ver­grö­ßern (über die ge­stri­chel­te Li­nie), was ich aber sel­ber so gut wie gar nicht prak­ti­zie­re (ein­mal ist mir da­nach al­les zu­sam­men­ge­bro­chen). Bei two­day gibt es ja so ei­ne Mög­lich­keit über­haupt nicht. Na­ja.

    Neu­lich ha­be ich bei Ben­ja­min Stein kom­men­tiert. Er bie­tet die Mög­lich­keit, sei­nen Kom­men­tar 45 Mi­nu­ten lang zu kor­ri­gie­ren, zu er­gän­zen bzw. theo­re­tisch auch zu kür­zen. Wenn ge­ne­rell we­nig kom­men­tiert wird, ist das hilf­reich. An­son­sten ist viel­leicht schon ei­ne Ant­wort ei­nes an­de­res for­mu­liert wenn je­mand an sei­nem Kom­men­tar feilt. Ich will da­mit sa­gen: Wem will man es am En­de recht ma­chen?

    Mich stört bei­spiels­wei­se, dass das Kom­men­tar­fen­ster sug­ge­riert, ich kön­ne es sel­ber be­ar­bei­ten und nicht ex­pli­zit als Kom­men­tar­fen­ster aus­ge­wie­sen ist. Die Num­mer ist mit #1 an­ge­ge­ben. Die Link­set­zung oben zu »Turm­seg­ler« wird zwar an­ge­zeigt – als Link er­scheint aber zu­nächst die URL des Bei­tra­ges die­ses Blogs – dann erst »turmsegler.net«. man löst ein Pro­blem, schafft aber zwei, drei an­de­re.

    Den­noch: Ich las­se es zu­nächst ein­mal ste­hen.

  26. @metepsilonema
    Ich be­ken­ne mich un­kun­dig, was po­li­tisch mo­ti­vier­te Trol­le an­geht, da ich die­se Web­sei­ten ent­we­der nicht be­su­che oder die­je­ni­gen, die ich be­su­che, mo­de­riert wer­den (FAZ) oder zen­siert (Die Zeit). Ich bin auch nicht so si­cher, ob der Au­tor des Ar­ti­kels in der SZ nicht den Be­griff des Trolls all­zu groß­zü­gig ver­wen­det. Er sub­su­miert den »Fla­me-War«, der zu­min­dest ru­di­men­tär bei der Sa­che bleibt gleich mit un­ter Trol­lerei. Herbst ver­wen­det – mei­nes Er­ach­tens zu­tref­fend – häu­fi­ger den Be­griff des »Stal­kings«.

  27. @metepsilonema – Er­gän­zung
    Hier gibt es ei­ne Art Stu­die, in der 10.000 Kom­men­ta­re aus dem Spie­gel-On­line-Fo­rum zur Zeit des Fu­ku­shi­ma-Re­ak­tor­un­falls im März un­ter­sucht wur­den (pdf). Bei al­len m. E. pro­ble­ma­ti­schen Fest­stel­lun­gen (bei­spiels­wei­se ist nicht ge­nau­er un­ter­sucht, wenn Kom­men­ta­re in »Misch­form« auf­tre­ten, d. h. be­lei­di­gend und iro­nisch fak­ten­be­zo­gen) ist es den­noch in­ter­es­sant zu le­sen.

  28. Dan­ke für den Link. Wenn ich et­was Zeit fin­de, se­he ich es mir an.

    Ich den­ke, für die Fest­stel­lung, dass je­mand trollt, ist die po­li­ti­sche Ge­sin­nung nicht von Nö­ten (die Trol­lerei kann po­li­tisch mo­ti­viert sein, muss es aber nicht).