Jür­gen Klopp

Al­les mo­kiert sich wie­der mal über Jür­gen Klopp, den Trai­ner von Bo­rus­sia Dort­mund. Die hat­ten ge­stern ge­gen Re­al Ma­drid 3:0 ver­lo­ren. Der so­ge­nann­te »Bran­chen­dienst« Me­dia (ei­ne Art Por­tal für me­dia­le Quo­ten­nut­ten) kon­sta­tier­te den näch­sten Eklat, nach­dem sich Klopp vor ein paar Wo­chen mit Oli­ver Kahn an­ge­legt hat­te.

Wer den Dia­log ge­nau ver­folgt kann nur mit dem Kopf schüt­teln. Die Fra­ge des ZDF-Manns Jo­chen Brey­er war tat­säch­lich sel­ten däm­lich in dem er sug­ge­rier­te, Dort­mund brau­che doch erst gar nicht an­tre­ten. Was soll ein Trai­ner rund zwan­zig Mi­nu­ten nach ei­ner sol­chen Nie­der­la­ge ant­wor­ten?

Er­bärm­li­cher noch war das Schau­spiel, nach­dem Klopp ge­gan­gen war. Da lä­stern Brey­er und Kahn in al­ler Öf­fent­lich­keit wei­ter, su­chen fast rüh­rend nach Ent­schul­di­gun­gen für Klopps an­geb­li­chen Aus­ra­ster. Von den »bö­sen Me­di­en« höhnt Brey­er, der sich da­bei sicht­lich am län­ge­ren He­bel wähnt. Das ist gän­gi­ge Pra­xis: Kri­tik an ih­rer ei­ge­nen Be­richt­erstat­tung wen­den Sport­re­por­ter im­mer ge­gen den Kri­tik Üben­den. Sie wäh­nen sich da­bei als Sprach­rohr des Zu­schau­ers oder des Fans. In Wahr­heit sind sie auf der Su­che nach dem Fett­näpf­chen, dem Eklat, der ei­nen Aus­sa­ge, die ei­ne Dis­kre­panz zwi­schen Mann­schaft und Spie­ler X oder Ka­pi­tän Y do­ku­men­tiert. Kommt man ih­nen auf die Schli­che ar­gu­men­tie­ren sie mit der Pflicht zur Be­richt­erstat­tung.

Da kommt mir Chri­sti­an Streichs so­ge­nann­te Wut­re­de vom Au­gust 2013 in den Sinn. Er be­klag­te dar­in den Um­gang mit Fuß­ball­trai­nern in den Me­di­en am Bei­spiel von Bru­no Lab­ba­dia und de­ren Aus­strah­lung dar­auf auf die Ver­eins­spit­zen. Die Me­di­en skan­da­li­sie­ren dies na­tür­lich zur »Wut­re­de«, recht­fer­ti­gen sich mit ih­rer In­for­ma­ti­ons­pflicht. In Wahr­heit be­trei­ben sie Kam­pa­gnen, schü­ren Vor­be­hal­te, wei­den sich an den Nie­der­la­gen de­rer, die sie aus­er­se­hen ha­ben zur me­dia­len Hin­rich­tung. Be­stes Bei­spiel war En­de letz­ten Jah­res der Trai­ner von Schal­ke 04 Jens Kel­ler. Sel­ten, dass ein Ver­ein stand­haft bleibt; noch sel­te­ner, dass es bei Schal­ke klapp­te. Jetzt ist Kel­ler mit S04 ak­tu­ell Drit­ter der Ta­bel­le – und al­le schwär­men. Bis zur näch­sten »Se­rie« der Nie­der­la­gen. Die be­ginnt nach ei­nem ver­lo­ren Spiel und ei­nem Un­ent­schie­den da­nach.

ERGÄNZUNG: To­bi­as Rüt­her in der FAZ sieht die Schä­big­keit Brey­ers ähn­lich.

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  1. Du sprichst mir aus der See­le. Brey­er nervt, seit­dem er zum er­sten Mal im Auf­trag des Fuß­balls auf dem Schirm er­schie­nen war. Viel­leicht gibt’s da­für ja ei­ne Er­klä­rung, z.B. die hier:

  2. @Dilder Hop­fen­sack
    Na­ja, der Ar­ti­kel ist si­cher­lich sa­ti­risch ge­meint; »Weich­wurst« ist jetzt auch nicht be­son­ders sach­lich. Aber ich ver­ste­he die Lust, auch ein­mal zu­rück zu schla­gen. Da­bei ist Brey­er nur pro­to­ty­pisch für die Sport­be­richt­erstat­tung. Nach je­dem Spiel gibt es ei­ne »Pres­se­kon­fe­renz« (kei­ne Ah­nung, war­um); fünf Mi­nu­ten nach Ab­pfiff wer­den Spie­ler Ba­na­li­tä­ten ab­ge­fragt. Mo­de­ra­tio­nen wer­den mit lä­cher­li­chen Sta­ti­sti­ken auf­ge­mö­belt (et­wa wie lan­ge Spie­ler X nicht mehr mit dem lin­ken Fuß ein Tor ge­schos­sen hat). Al­les das könn­te ein Zwölf­jäh­ri­ger auch. Die ei­gent­li­chen Sport- bzw. Spiel­re­por­ter er­hal­ten auch nur die Da­ten von ei­nem Hel­fer; im Grun­de ge­nom­men sind sie über­flüs­sig wie ei­ne Lie­fe­rung Sand in die Sa­ha­ra zu schicken.

    Der Op­por­tu­nis­mus im Sport»journalismus« ist be­son­ders mar­kant aus­ge­prägt. So lobt man bei­spiels­wei­se ob der Er­fol­ge Pep Guar­dio­la und sei­ne »tak­ti­schen Ein­stel­lun­gen« am Spiel­feld­rand. So­bald sich ir­gend­wann ein­mal die Er­geb­nis­se nicht mehr so tri­um­phal ein­stel­len, wird man das dann ganz schnell ver­spot­ten.

  3. Ich hof­fe, dass sich Fuß­bal­ler und Trai­ner dem­nächst dem Mi­kro­fon ver­wei­gern: Die so­ge­nann­ten Sport­jour­na­li­sten sind deut­lich ab­hän­gi­ger vom Wohl­wol­len der wich­ti­gen Trai­ner und Spie­ler als um­ge­kehrt. Das soll­te man halt dann ein­fach mal be­nut­zen.

  4. Ist das so mit der Ab­hän­gig­keit? Gilt nicht auch hier: Bes­ser ei­ne ne­ga­ti­ve Pres­se als gar kei­ne? Und so man­cher 18jährige Jung-Fuß­ball­spie­ler fühlt sich doch ge­schmei­chelt, wenn er so ein Mi­kro­phon vor der Na­se ge­hal­ten be­kommt und er­kennt gar nicht die Fall­gru­ben, die der lie­be On­kel (es sind ja mei­stens Män­ner) da ge­baut hat. Hier was zum Me­di­en­wahn­sinn bei Fuß­ball­spie­len – sich da zu ver­wei­gern ist nicht ganz ein­fach.

    (Ich bin auch nicht si­cher, ob die­ser Brief der Öster­rei­chi­schen Na­tio­nal­mann­schaft nicht den ge­gen­tei­li­gen Ef­fekt hat; nicht so­fort, son­dern viel spä­ter.)

  5. Aber es sind ja nicht „die Sport­ler“ und „die Jour­na­li­sten“ (oder „die Po­li­ti­ker“ oder „die Mo­de­ra-To­ren“ … ), es ist das Fern­se­hen selbst und je­der, der dar­in spricht: Es ver­fal­len na­he­zu sämt­li­che dar­in Auf­tre­ten­den gleich die­sem gleich­ma­chen­den und in den Leer­lauf sei­ner Rou­ti­nen pres­sen­den Idio­tis­mus. Es ist die­se ho­heit­lich ge­wor­de­ne Un­ter­hal­tungs-In­stan­zen­haf­tig­keit, die nicht nur je­des Er­eig­nis son­dern eben auch je­des Spre­chen pro­fa­ni­siert. Und wie we­ni­ge nicht vor­ab-for­ma­tier­te gibt es denn noch? Auch nur in un­se­ren mit Er­satz-Welt-La­ber voll­ge­müll­ten Köp­fen?

    Für Fuß­ball in­ter­es­sie­re ich mich ja nicht, fand es aber et­wa im­mer skan­da­lös, wenn frü­her, als ich noch mal hin und wie­der zu­schau­te, gleich nach ei­nem Box­kampf – dem vor­letz­ten Er­satz al­so für ein biss­chen post­he­roi­schen Ar­chais­mus – schon der Dödel­depp von Re­por­ter im Ring sei­ne aber wirk­lich kom­plett über­flüs­si­gen La­ber­fra­gen stell­te zu dem, was doch je­der ge­ra­de ge­se­hen hat­te und in des­sen Nach­wir­ken er doch noch hät­te ste­hen sol­len. Jeg­li­che Il­lu­si­on ir­gend­ei­nes hit­zi­ge­ren Ge­sche­hens oder auch nur des Da­bei­ge­we­sens­eins wur­de so gleich wie­der ni­vel­liert von elen­den, zu­la­bern­den, red­un­dan­ten, je­de Un­mit­tel­bar­keit über­schrei­ben­den „In­for­ma­tio­nen“.

    Das Pa­ra­dox ist, als Zu­schau­er heu­te im­mer schnel­ler ab­schal­ten zu müs­sen, zu­min­dest stän­dig den Zei­ge­fin­ger über der Stumm­ta­ste schwe­ben zu las­sen.

    Das Wun­der ist, dass es nicht viel mehr Aus­fäl­le ge­gen die mehr oder min­der of­fe­ne Ge­walt die­ser Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten gibt.

    Denn der Feind, die­se Ver­dum­mung, ist das „Null-Me­di­um“ selbst. Es ist die­ses skan­da­lös von sich ein­ge­nom­me­ne, sich zu­neh­mend für die Selbst­ver­ständ­lich­keit set­zen­de … es ist das in sei­nem sich be­auf­tragt glau­ben­den Mitt­ler­tum, das sei­ne Dar­stel­ler zu spre­chen­den Köp­fen bzw. Sta­ti­sten zu­rich­tet. Und da­mit un­ter­höhlt und im­mer öf­ter dau­er­haft zer­stört, was doch ge­zeigt wer­den soll. Es lässt nicht nur die Bil­der nicht aus­re­den, es lässt auch die Ge­sche­hen gar nicht statt­fin­den. Es lässt die Ein­sich­ten nicht zu sich kom­men, und es lässt das Sein buch­stäb­lich im­mer we­ni­ger sein.

  6. @en-passant
    Was ist denn, wenn es ir­gend­wann das Fern­se­hen in die­ser Form nicht mehr gibt?

    (Ich glau­be ja noch an das Gu­te im Fern­se­hen; nicht un­be­dingt bei Fuß­ball-Re­por­ta­gen, aber doch noch als Auf­klä­rungs­me­di­um; als Mög­lich­keit da­zu. Ist es wirk­lich d a s M e d i u m sel­ber oder sind es nur de­ren Prot­ago­ni­sten, die so ver­dor­ben, so jäm­mer­lich sind? Ver­gleich­bar mit dem locke­ren Spruch, wenn es um gläu­bi­ge Ka­tho­li­ken geht, die sa­gen, sie glau­ben zwar an Gott, aber nicht an de­ren »Bo­den­per­so­nal«.)

    .-.-

    es lässt das Sein buch­stäb­lich im­mer we­ni­ger sein.
    Für die­sen Satz hat sich der Bei­trag ge­lohnt.

  7. Ab dem Ach­tel­fi­na­le wird hier in SA das ZDF für die Dau­er der CL-Über­tra­gung ab­ge­schal­tet und ich des­we­gen um den Ge­nuss des Klopp­schen Ab­gangs ge­bracht. Glück­li­cher­wei­se gibt es die il­le­ga­len Live­streams über’s In­ter­net und da hat man die un­schätz­ba­re Mög­lich­keit, sich ei­nen Sen­der frei zu wäh­len. Sky ha­be ich schnell­stens wie­der weg­ge­klickt, denn durch die un­er­träg­lich ar­ro­gan­te Kli­schee- und Phra­sen­dre­sche­rei ei­nes Mar­cel Reif ge­rät je­de Fuß­ball­über­tra­gung zur Tor­tur. Wie wohl­tu­end he­ben sich da­ge­gen die eng­lisch­spra­chi­gen Kom­men­ta­to­ren ab. Üb­li­cher­wei­se wird dort das Spiel von zwei Kom­men­ta­to­ren im Dia­log be­glei­tet, ru­hig und sach­lich, aber auch mit Witz und Iro­nie.
    Was die­se „In­ter­views“ nach Spiel­schluss an­geht, fra­ge ich mich schon seit Jah­ren, was die­se vor­her­seh­ba­ren, im­mer glei­chen Ant­wor­ten auf vor­her­seh­ba­re, im­mer glei­che Fra­gen ei­gent­lich sol­len. Zur Be­schrei­bung des Be­rufs­stan­des kann man Lud­wig Tho­ma ab­wan­deln: Er war Sport­jour­na­list und auch sonst von mä­ßi­gem Ver­stand!

  8. Das Grund­übel liegt schon in der man­geln­den Kom­pe­tenz die­ser sog. »Jour­na­li­sten« im Res­sort Sport. Kum­pa­nei, Ju­bel­jour­na­lis­mus, ver­schwim­men­de Gren­zen zwi­schen PR und Jour­na­lis­mus, nur noch bou­le­var­deske Be­richt­erstat­tung.
    Nicht um­sonst gibt es den Satz, dass Sport­jour­na­li­sten »vor al­lem Fans sind, die es über die Ban­de ge­schafft ha­ben«. Da­zu ge­hört zwei­fel­los auch die­se Witz­fi­gur Brey­er.
    In dem Zu­sam­men­hang bin ich ge­stern auf ein Buch auf­merk­sam ge­macht wor­den. Ti­tel: »Hof­be­richt­erstat­tung im Sy­stem Sport – ei­ne ex­per­ten­ge­stütz­te Ana­ly­se des Qua­li­täts­pro­blems im Sport­jour­na­lis­mus«. Da hat der Jour­na­list Si­mon Grün­ke die ei­ge­ne Spe­zi­es an­schei­nend tref­fend se­ziert.

  9. Ist es denn bei an­de­ren Jour­na­li­sten so an­ders?
    So­gar in Ar­ti­keln über (Pop-)Musik, in der ich mich et­was mehr als im Fuß­ball aus­ken­ne: Fast in je­dem Ar­ti­kel, der sich ein we­nig mit dem Mu­sik­ge­schäft be­schäf­tigt, fin­de ich Ah­nungs­lo­sig­keit, die sich z.B. da­durch äu­ßert, dass sie – im­mer noch – die sim­pel­sten Be­grif­fe vel­wech­sern: Künst­ler, In­ter­pre­ten, Kom­po­ni­sten, Pro­du­zen­ten, GEMA, GVL... und dann na­tür­lich zu selt­sa­men Er­geb­nis­sen kom­men.
    Und was wir in den letz­ten Wo­chen bei den »se­riö­sen« Me­di­en zur Ukrai­ne er­leb­ten; da wur­den die Schrei­ber plötz­lich al­le zum Fleisch­hau­er und Mat­thi­as Wal­den. Die Le­ser merkten’s und lie­ßen es sich nicht ge­fal­len; end­lich mal.

  10. @Klaus
    Gu­te Fra­ge. Na­tür­lich sind al­le Jour­na­li­sten mitt­ler­wei­le auf die Sen­sa­ti­on, den Hype, die Er­re­gung, den Eklat aus. Neu ist m. E. dass man das kaum noch ca­mou­fliert und man sich als In­stanz – für wen auch im­mer – ge­ra­de­zu auf­spielt. Die FAZ spricht ja vom »Tri­bu­nal«. Man den­ke auch an Kle­bers In­ter­view neu­lich mit dem Sie­mens-Chef. Dar­auf hat­te ja dann so­gar Schirr­ma­cher re­agiert, wo­bei die­se Em­pö­rung na­tür­lich auch ein biss­chen wohl­feil ist.

    Die mei­sten lei­den wohl in­zwi­schen an ve­ri­ta­blen Pro­fil­neu­ro­sen.

    Ich er­in­ne­re mich ger­ne an Kier­ke­gaards An­ek­do­te von dem Mann, der im Ki­no sitzt und lau­fend »Feu­er« ruft. Die Leu­te ver­las­sen zu­nächst im­mer den Saal, bis sie dann fest­stel­len, dass der Mann sie ver­äp­pelt. Wenn es dann wirk­lich brennt, blei­ben al­le sit­zen.

  11. @Doktor
    Wird lei­der nicht pas­sie­ren. Ich den­ke mal, das Groß der Trai­ner und Spie­ler wür­de sich die­sem ri­tua­li­sier­ten Stumpf­sinn mit Kuß­hand ver­wei­gern. Sie wis­sen schließ­lich nur zu gut, was für ei­ne ge­quirl­te ... (selbst ein schö­nes Wort ein­set­zen) sie da bei 90% die­ser Jour­na­li­sten­dar­stel­ler er­war­tet. ARD & ZDF ha­ben sich das al­les ganz ge­nau bis auf die Min­dest­an­zahl »zu stel­len dür­fen­der Fra­gen« (sic) in den je­wei­li­gen TV-Ve­trä­gen ga­ran­tie­ren las­sen. Da­für dür­fen dann noch mehr Fans, die es über den Zaun ge­schafft ha­ben, mit ins Sta­di­on.
    Die De­lin­quen­ten soll­ten ein­fach mal wie­der zu den gu­ten al­ten be­währ­ten Ja-gut-al­so-ich-sag-mal-Flos­keln zu­rück­keh­ren. Hat doch bis vor kur­zem auch ge­reicht.

  12. @Derwal: Ah, das mit den Fra­ge-Ant­wort-Ver­pflich­tun­gen ist ja in­ter­es­sant. Dann ha­ben Sie na­tür­lich recht: Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la durch Schwach­sinns-Flos­keln sind dann das Ge­bot. Oder stur PR-Flos­keln von sich ge­ben. Dar­in sind aber die Jungs vom FCB z. B. schon sehr gut.

  13. Ach so, Jour­na­li­sten sol­len al­so nur noch Fra­gen fra­gen, die den Ge­frag­ten auch ge­nehm sind, ja? Aber beim näch­sten Po­li­ti­ker-In­ter­view är­gert man sich dann wie­der, dass nicht kri­tisch nach­ge­fragt wur­de: Frau Mer­kel, jetzt mal ehr­lich, die En­er­gie­wen­de ist durch, oder?
    Da muss der Kl­op­po halt mal Ner­ven be­wei­sen, ob er die Fra­ge blöd fin­det oder nicht. Dass man da­nach ei­nen Eklat dar­aus ba­stelt, ist wie­der­um ei­ne völ­lig an­de­re Ge­schich­te und un­nö­tig auf­ge­bauscht. Aber dem Jour­na­li­sten Arschig­keit vor­zu­wer­fen, nur weil er die Wahr­heit sagt, ist doch arg wohl­feil.

  14. Mich ner­vend die­se In­ter­views vor­her, mit­ten­drin, nach­her usw. oh­ne­hin. Mir per­sön­lich ha­ben sie die Freu­de am Sport ver­dor­ben, der ja auch ei­nen Mo­ment hat von »Car­pe diem«. Das wird durch die­se stän­di­ge »Vor- und Nach­be­rei­tung« kom­plett per­ver­tiert. Und war­um muss man ei­nen Trai­ner nach ei­ner 0:3‑Niederlage über­haupt in­ter­view­en? Was bit­te soll der sa­gen?

  15. @kailuweit
    Ver­ste­he Ih­ren Ein­wand, aber ich »for­der­te« ja kei­ne ge­neh­men Fra­gen, son­dern nur wel­che, die nicht auf Pro­vo­ka­tio­nen so­zu­sa­gen hin­ge­ba­stelt wer­den. Man hät­te ja durch­aus auch tak­ti­sche Sa­chen be­spre­chen kön­nen (Klopp war ja vor ei­ni­gen Jah­ren das, was Kahn heu­te ist – nur mit mehr Ah­nung). Oder auf Ab­wehr­feh­ler hin­wei­sen kön­nen. Die sug­ge­sti­ve Fra­ge, dass jetzt al­les schon ver­lo­ren ist, ist al­lei­ne schon vom sport­li­chen her ein­fach nur blö­de.

    Im üb­ri­gen stim­me ich Ih­nen ja (fast) zu, dass das gar kein Eklat war, son­dern ein­fach nur ein Ge­nervt­sein von Klopp. Der schmiss das Mi­kro­phon hin und ging. Jour­na­li­sten sind dar­auf­hin ent­we­der be­lei­digt oder ma­chen ei­ne Sa­che draus.

    @Nicola
    Im oben ver­link­ten »Spie­gel online«-Artikel steht ja, wie fest­ge­legt das mit den In­ter­views ist. Jupp Der­wal schreibt das ja auch noch mal. Ehr­lich ge­sagt, wuss­te ich das in die­ser Kon­se­quenz gar nicht. Dass sich Trai­ner und Spie­ler prak­tisch zei­gen und be­reit­hal­ten müs­sen be­deu­tet al­ler­dings ja noch längst nicht, dass man es von sei­ten der Me­di­en her ein­for­dert. Aber da sind wir im »Spiel« schon längst drin. Im Grun­de ge­nom­men kann man das nur an­ar­chisch de­kon­stru­ie­ren: in Flos­keln ant­wor­ten die am En­de so be­lang­los und lä­cher­lich sind, dass die Sen­der frei­wil­lig drauf ver­zich­ten. Aber das wird nicht pas­sie­ren; ei­ner wird sich im­mer pro­vo­zie­ren las­sen.

    (Dan­ke für Ih­re Kor­rek­tur­mail.)

  16. Es wird Zeit, dass der Ler­chen­berg bei Mainz ei­nen neu­en Na­men be­kommt.
    Mein Vor­schlag wä­re: Krä­hen­berg.
    Viel­leicht fällt euch noch was ein.
    Dass die Sport­jour­na­li­sten beim ZDF in­tri­gan­te Sport­has­ser sind, ver­bin­det sie mit den Kul­tur- und Po­li­tik­ex­per­ten des Sen­ders, die eben­falls ihr Res­sort als To­des­zo­ne für In­tel­li­genz und In­ter­es­se ge­stal­ten.
    Ist es nicht an der Zeit, das Pro­blem ei­ner »schlech­ten Re­gie­rung« als zweit­ran­gig zu fas­sen?!
    Das Pro­blem ei­ner »schlech­ten Be­richt­erstat­tung« über Land und Leu­te hät­te den­sel­ben hi­sto­ri­schen Ein­satz ver­dient. Re­vo­lu­tio­nen ge­gen die un­mo­ra­lisch Mäch­ti­gen wer­den heu­te mit viel Glanz und Heu­che­lei ver­herr­licht. Das ist leicht, denn sie lie­gen in der Ver­gan­gen­heit. Ich wür­de mich über ei­ne Re­vo­lu­ti­on ge­gen die un­mo­ra­lisch Be­rich­ten­den freu­en. Ei­ne ech­te Re­vo­lu­ti­on, üb­ri­gens, falls man in Deutsch­land nach all den Miss­erfol­gen über­haupt noch weiß, was ei­ne Re­vo­lu­ti­on ist.
    Rich­tig, da fal­len Spä­ne!

  17. @Doktor D
    Vor ein paar Ta­gen lief ein »phoe­nix-Dia­log« mit Chri­sto­pher Clark. Es ging na­tür­lich fast aus­schließ­lich um sein »Schlafwandler«-Buch, al­so die Ge­schich­te des Er­sten Welt­kriegs. Ge­gen En­de kam her­aus, dass Clark spe­zi­ell in Eng­land (wie er sich aus­drück­te) das Un­be­ha­gen an sei­nen The­sen (bspw. das Deutsch­land 1914 nicht al­lei­ne die Kriegs­schuld hat und dass es Groß­bri­tan­ni­en nicht pri­mär um die De­mo­kra­tie und die Men­schen­rech­te in Eu­ro­pa ge­gan­gen sei) da­hin­ge­hend de­nun­ziert wird, dass man be­haup­tet, er ha­be bei sei­nen Vor­le­sun­gen wo­mög­lich ei­ne Pickel­hau­be auf. Er gilt als zu deutsch­freund­lich.

    Der Kom­plex der Bri­ten er­staunt mich. Kann es sein, dass da ei­ne Na­ti­on nicht ver­kraf­tet hat trotz zwei­er ge­won­ne­ner Krie­ge sein Im­pe­ri­um ver­lo­ren zu ha­ben? Nor­ma­ler­wei­se soll­te die­se Ge­ne­ra­ti­on doch längst aus­ge­stor­ben sein.

  18. Ich doch noch mal.
    @kailuweit. Da ha­ben wir doch schon das Pro­blem. Daß Sie solch rhe­to­ri­schen Schwach­sinn gei­ßeln ist ja schon mal okay. Dann soll­ten Sie doch aber auch kon­ze­die­ren, adß man so et­was nicht mit­ma­chen muß. Na­tür­lich ist der Mann in­tel­lek­tu­ell da­zu in der La­ge das vor­ge­ge­be­ne Schwach­sinns­ni­veau zwei Mi­nu­ten lang zu hal­ten, ... und grinst so­gar die gan­ze Zeit da­zu. Er will aber nicht, und ich kann es ihm nicht ver­den­ken.

    Aber es sprä­che doch nichts da­ge­gen, um die Si­mu­la­ti­on ei­nes geist­rei­che­ren Ge­sprä­che­res dar­zu­stel­len, den wer­ten Hernn Klopp mal zu fra­gen, wie man denn ge­gen so ei­nen star­ken Sturm (Ba­le, Ben­ze­ma, Ro­nal­do) agie­ren woll­te; war­um der letz­te Ball/Paß nicht lief, was man even­tu­ell im Rück­spiel än­dern könne/müsse, um viel­leicht doch wei­ter zu kom­men? Ich bin mir mir si­cher, je in­tel­li­gen­ter ei­ne Fra­ge ist, um so lie­ber wird Klopp sich Mü­he ge­ben, ver­nünf­tig zu ant­wor­ten. U. U. sagt er er auch mal nur: Ich weiß es (noch) nicht. Er wür­de si­cher ei­ne elo­quen­te Ant­wort, mit der al­le zu­frie­den wä­ren, fin­den, und es gä­be zum Ab­schied mit an­de­rer Stim­mung so­gar ei­nen Hand­schlag. (Brey­er war ein­fach zu doof, letzt­end­lich hat er so­gar ge­gen die teu­ren In­ter­es­sen der Ade­nau­er ge­han­delt, die es bis heu­te nicht schaf­fen, ih­ren po­li­tisch ein­ge­färb­ten na­tio­na­len Auf­trag zu ver­leug­nen. An­de­res The­ma, ich weiß, aber z. Zt. lei­der sehr ak­tu­ell).

    Nein, wenn ich aber nur hirn­los fra­ge, um zu pro­vo­zie­ren, weil ich das tough fin­de, dann ha­be ich bis zu ei­nem ge­wis­sen Punkt auch mas­si­ve Kri­tik ver­dient.

    Inhaltlich/grammatikalisch könn­te ver­mut­lich so­gar die im­mer schau­en­de ah­nungs­lo­se über 60jährige ZDF-Durch­schnitts­zu­schaue­rin, die sich an­son­sten die Zeit lie­ber mit »Sturm der der Lie­be, Tes­sa, Bi­an­ca, Ju­lia, Le­na, Weg zum Glück oder Leu­te Heu­te«
    ver­treibt, Ge­fal­len an die­sem schlecht gekämmt/rasierten Trää­nä fin­den. Nach dem Mot­to: Das ist ja gar nicht so ein Stink­stie­fel, wie die Bild und die Bun­te im­mer schrei­ben.

    BTW: Mann, was hat man den Mann so­gar mal ho­fiert in dem La­den. Da trief­te der Schleim nur so zu Kerners Zei­ten. Mit den Klopp’schen Fe­dern hat man sich einst in dem La­den ger­ne ge­schmückt

  19. @Jupp Der­wal
    Mit den Klopp’schen Fe­dern hat man sich einst in dem La­den ger­ne ge­schmückt.
    Nach­träg­lich weiss man jetzt, was man da­mals hat­te (an Klopp; nicht an Ker­ner). Die Kri­tik an Klopp kam ja mei­ner Er­in­ne­rung nach auch aus der Fan­sze­ne. So et­wa nach dem Mot­to: Der Trai­ner des ab­stiegs­be­droh­ten Mainz 05 will dem Bun­des­trai­ner zei­gen, »wo der Ham­mer hängt«.

  20. Das un­se­li­ge Schau­spiel be­ginnt be­reits mit Spiel­feld­rand­fra­gen­stel­ler Lars Ru­the­mann. Der steht di­rekt nach dem Spiel Nuri Sa­hin ge­gen­über, wel­cher sicht­lich um Fas­sung ringt und den Spa­gat zwi­schen sport­li­chem Ehr­geiz und rea­li­sti­scher Ein­schät­zung der La­ge ei­gent­lich ziem­lich gut mei­stert.

    Ru­the­manns kum­pel­haf­ter Ab­schluss­kom­men­tar an Sa­hin dann: »Muss der Le­wan­dow­s­ki halt mal fünf ma­chen.« Sa­hin geht dar­auf­hin ein­fach aus dem Bild, oh­ne die üb­li­che Ent­las­sung aus dem Ge­spräch ab­zu­war­ten. Ich weiß nicht, ob ich in der Si­tua­ti­on so viel Selbst­be­herr­schung ge­habt hät­te.

    In die­sem Duk­tus geht’s dann bei Brey­er naht­los wei­ter. Es ist ja nicht so, dass der BVB ein gu­tes Spiel ge­macht hät­te. Da hät­te man ei­ni­ges ana­ly­sie­ren, ein­ord­nen und in Fra­ge stel­len kön­nen. Der ein­zi­ge, der dar­an In­ter­es­se zeig­te und ei­ne be­ein­druckend ab­ge­klär­te und rea­li­sti­sche Ein­schät­zung zum Spiel und zu den ver­blei­ben­den Chan­cen auf ein Wei­ter­kom­men ab­lie­fert, ist aber Jür­gen Klopp.

    Brey­er hin­ge­gen be­schränkt sich dar­auf, Klopp ge­fühlt 17-mal nach Le­wan­dow­s­ki zu fra­gen oder – als Klopp wohl nicht die ge­wünsch­ten Ant­wor­ten gibt – über Klopps Kopf hin­weg dann mit Oli­ver Kahn noch mal über die­sen Le­wan­dow­s­ki zu re­den, der ja wo­mög­lich ein Tor ge­schos­sen hät­te, hät­te er am Spiel teil­ge­nom­men (oder auch nicht; letz­tes Jahr im Ber­nabeu traf er näm­lich auch nicht).

    Bei so viel Des­in­ter­es­se an mir als Ge­sprächs­part­ner und am Spiel der Mann­schaft, die eben auf dem Platz ge­stan­den hat, wä­re es mir per­sön­lich schon an die­ser Stel­le sehr schwer ge­fal­len, so ru­hig dort zu ste­hen, wie Jür­gen Klopp das tut.

    Und dann – erst DANN – nimmt Brey­er Klopp noch mal zur Sei­te und fragt, ob, hey, In­dia­ner­eh­ren­wort, die Sa­che denn nicht ei­gent­lich durch sei.

    Hal­ten wir fest:
    – Des­in­ter­es­se (am Spiel),
    – An­bie­de­rung (beim Sport­ler, beim Pu­bli­kum so­wie­so),
    – Zy­nis­mus (man geht da­von aus, dass die Zu­schau­er al­le sen­sa­ti­ons­gei­le, sab­bern­de Schwach­köp­fe sind und stellt ent­spre­chen­de Fra­gen) und
    – in­tel­lek­tu­el­le Un­red­lich­keit (in der Art und Wei­se, wie ver­sucht wird, die Kri­tik an der ei­ge­nen Lei­stung auf die da­von be­trof­fe­nen Sport­ler um­zu­len­ken; aber auch, in­dem man so tut, als wä­ren Stil­lo­sig­keit und Selbst­dar­stel­lung das glei­che wie kri­ti­sche Di­stanz und Streit­lust).

    Lei­der al­les nichts Neu­es, aber die Häu­fung, mit der sich ge­ra­de beim ZDF (Slomka/Gabriel, Lanz/Wagenknecht, der un­ter­ir­di­sche Heu­te-Jour­nal-Bei­trag zum Jah­res­tag von Win­nen­den, die Ge­sprächs­si­mu­la­to­rin beim Mit­tags­ma­ga­zin ge­stern, etc.) ver­meint­li­che Me­di­en­pro­fis in den letz­ten Mo­na­ten ei­nen Of­fen­ba­rungs­eid nach dem an­de­ren lei­sten, lässt nicht mehr den Schluss zu, dass es sich da­bei um be­dau­er­li­che, von­ein­an­der un­ab­hän­gi­ge Ein­zel­fäl­le han­delt.

    Beim ZDF ist vor und hin­ter der Ka­me­ra der Wurm drin, und es wird im­mer er­schüt­tern­der, zu­se­hen zu müs­sen, wie er sich durch die Kul­tur die­ses Sen­ders frisst.

  21. Viel­leicht als Fuß­no­te:

    Aus der Zeit als ich das sel­ber zwei‑, drei­mal ge­macht hat­te, ken­ne ich je­man­den, der mal re­gel­mä­ßig ZDF-Sport­teams als Ton­man be­glei­tet hat. (Es gibt zwar kei­ne aus­drück­li­che Still­hal­te­ver­ein­ba­rung, aber Na­men kann ich trotz­dem nicht nen­nen, weil ich sie ein­fach nicht mehr weiß.)

    Ich er­in­ne­re mich aber ganz gut an die Er­zäh­lun­gen dar­über: Wie nach dem weit­hin an­er­kann­ten, aber in der Sze­ne auch schon mal als Ner­ver emp­fun­de­nen Vor­bild Va­le­rien die ZDF-Sport-Re­dak­ti­on zu­neh­mend un­jour­na­li­sti­scher wur­de, und zwar, so ha­be ich das da­mals ver­stan­den, aus Kal­kül: Ei­ner­seits woll­te man ein­fach mehr ma­chen, mehr be­we­gen. Und au­ßer­dem fürch­te­te man die im­mer fre­cher wer­den­de und sich ja auch nicht an die Or­tho­do­xien hal­ten­de Kon­kur­renz von den Re­kla­me­sen­dern. Es ent­stand al­so so ein Trend, vom Be­richt­erstat­ter zum Mit-Spie­ler zu wer­den. Und au­ßer­dem, wenn man in­ter­na­tio­nal ar­bei­tet, Olym­pia und US-Open und die gan­ze Feie­rei abends im Ho­tel … will man wohl auch mal ein biss­chen ab­he­ben dür­fen.

    Mich in­ter­es­siert das al­les nicht ge­nug und des­halb ma­che ich mir jetzt nicht die Ar­beit, dem hin­ter­her zu re­cher­chie­ren – ich bin Gott sei dank kein Jour­na­list: Dau­ernd sol­chen Zwän­gen zu un­ter­lie­gen, wo es doch um über­schwap­pen­de Be­gei­ste­run­gen geht (die auch noch re­gel­mä­ßig zu Aus­schrei­tun­gen füh­ren und der­art ge­sell­schaft­li­che Grup­pen or­ga­ni­sie­ren und von da­her tat­säch­lich auch noch Re­le­vanz ha­ben … ), kann ei­nem bra­ven Re­por­ter wohl auch mal den Job ver­lei­den. Ich neh­me an, in ei­ner Welt der Scoops – oder der da­hin auf­ge­bausch­ten („24 Stun­den Vor­be­richt­erstat­tung!“) – juckt es die Jour­na­li­sten dann eben auch mal. So ha­be ich das da­mals je­den­falls ver­stan­den. Und man wird seit­dem wohl nicht be­schei­de­ner ge­wor­den sein. (Nur die Ak­teu­re an­schei­nend im­mer noch et­was un­be­darf­ter.)

    Als Bei­spiel: Es gab da­mals ei­nen bel­gi­schen Fuß­bal­ler, der ir­gend­wel­che weit­hin ge­hör­ten Aus­sa­gen ge­macht hat­te. Und mit­tels dem da­hin­ter ste­hen­den Skan­dal woll­ten die ZDF­ler jetzt auch mal die Sze­ne in Deutsch­land et­was an­spit­zen. Als man zu dem In­ter­view fuhr, hat­te man al­so schon ein Skript, wie man das in­sze­nie­ren woll­te (statt dass man nur brav „be­rich­te­te“). Die Zu­si­che­run­gen über die Ab­spra­chen mit dem Sport­ler je­den­falls wur­den be­wusst und vor­sätz­lich ge­bro­chen – der war ja dann auch erst mal weit weg und so­wie­so er­le­digt.

    Na ja, ist auch ir­gend­wie blöd, das nicht ge­nau­er zu be­nen­nen. Aber man den­ke an die be­kannt ge­wor­de­nen Skan­da­le / Pro­zes­se et­wa um den Ty­pen vom MDR (der, glau­be ich, von RTL kam und von dort viel „Un­kon­ven­tio­nel­les“ mit­ge­bracht hat­te; die Os­sis von der Men­ta­li­tät den „Pri­va­ten“ so­wie­so nä­her als dem ho­heit­li­chen ÖR). Oder man den­ke an den Sport­chef des HR: Be­richt­erstat­tung ge­gen Geld – die Um­keh­rung ei­gent­lich der Kau­sa­li­tä­ten. Oder an die ge­dop­ten Rad­fah­rer und die for­dern­den Wer­be­kun­den und die Kum­pe­lei­en al­ler mit­ein­an­der, man den­ke an die über Kon­ti­nen­te agie­ren­de Wett­ma­fia oder über­haupt an die Ita­lie­ner, wo gan­ze Mei­ster­schaf­ten eben auch schon mal un­ge­ra­de ent­schei­den wer­den, weil an­de­re Din­ge es er­zwin­gen oder der Eig­ner des Sport­clubs sich das lei­sten kann. Und dann den­ke man an die Spit­zen von Eis­ber­gen.

    Will sa­gen: Hin­ter den Ku­lis­sen läuft es oft ganz an­ders. Und zwi­schen der dem Zu­schau­er for­ma­tier­ten Ober­flä­che und dem Ei­gent­li­chen gibt es per se ei­nen Riss. Und manch­mal zeigt sich das auf un­vor­her­ge­se­he­ne Wei­se.

    Und dann wird mit ei­nem Er­sten, der Be­gei­ste­rung um die­se Sa­che Sport, mitt­ler­wei­le so viel Se­kun­dä­res be­wegt, un­vor­stell­ba­res Geld, im­mense Auf­merk­sam­keit, Scheichs und Wirt­schafts­sy­ste­me und Staats­ak­teu­re des Ka­li­bers Pu­tin mi­schen da mit ... dass man sol­che Din­ge wohl nicht ein­fach mehr „na­iv“ (im bes­se­ren Sin­ne) an­ge­hen kann. Sie sind längst im­mer auch ein Po­li­ti­kum, nicht mehr nur zur dau­er­haf­ten Ab­len­kung und Be­frie­dung der Mas­sen. Und in dem bit­ter-sü­ßen Cock­tail wol­len dann die Mo­ver und Shaker eben auch ein paar Zu­ta­ten von sich sel­ber wie­der­fin­den. Und auf die Dau­er bringt das ei­nen scha­len Ge­schmack …

  22. Na, die »In­ter­views« da­nach sind im ZDF noch die sprach­li­chen Hö­he­punk­te, wenn man be­denkt, dass der Sen­der sei­ne Spiel­re­por­ter- be­glei­ter- be­su­cher- Kom­men­tar­ver­su­cher wohl nie an se­riö­se Sport­sen­der ver­lie­ren wird. Da funk­tio­niert der Markt!

    »Spie­le­rin X... lässt sich ab­kip­pen.« Sams­tag, BRD- Ir­land, Tan­te Neu­mann, be­stimmt der Sprach­coach der Be­las & Co. Neu­mann! Ab­schlep­pen heißt das!

  23. al­so den »Sport« gucke ich mir eh nicht an und ei­gent­lich soll­te al­les was Pro­fi­sport ist – das ist ja nun mit al­len Wer­be­ver­trä­gen etc fast je­der Sport -
    nur noch im Be­zahl­fern­se­hen kom­men
    ich se­he den öf­fent­lich recht­li­chen Auf­trag nicht Pro­fi­mann­schaf­ten ge­gen viel Geld zu zei­gen wo ist der grund­be­darf den es zu decken gibt
    Öf­fent­lich recht­lich wä­re Kreis­klas­se etc. den die Spie­len noch der Eh­re und des Ver­eins we­gen und vor al­lem Öf­fent­lich-Recht­lich

  24. @herr.jedermann
    Viel­leicht soll­te man die­sen Me­di­en­zir­kus nicht mehr Ernst neh­men, son­dern nur als vir­tu­el­le Spie­le­rei? Ich war mehr als ver­stört, als die öf­fent­lich-recht­li­chen Me­di­en wei­ter­hin die Tour de France über­tru­gen und auch neue Ver­trä­ge ab­schlos­sen. Als sei Do­ping nicht exi­stent. War­um denn über­haupt sich dar­über noch ent­rü­sten?

    Oder, wie ein an­de­rer Kom­men­ta­tor hier schreibt: War­um nicht Kreis­klas­se im Fuß­ball über­tra­gen? Manch­mal er­tap­pe ich mich ja da­bei, wie ich auf ei­nem kom­mer­zi­el­len Sport­sen­der mit ei­nem ge­wis­sen Ver­gnü­gen Re­gio­nal­li­ga-Spie­le se­he. Die wer­den im­mer gar­niert mit In­ter­views, Hi­stör­chen aus der Ver­gan­gen­heit und so­ge­nann­ten »Ori­gi­na­len« (fast je­der der Ver­ei­ne dort hat ei­ne lan­ge, ruhm­rei­che Ge­schich­te, die ir­gend­wann in öko­no­mi­schen Plei­ten bra­chi­al zu En­de ging). Ein Bier da­zu und man ist in der Stamm­knei­pe Das Ni­veau ei­nes sol­chen Re­gio­nal­li­ga­spiels ist oft wirk­lich schwach, aber steckt hier nicht noch was »archaisch«-sportliches? Im Ge­gen­satz zum Pro­fi­fuß­ball, in dem ein 18jähriger Spie­ler nicht ein­mal mehr sei­ne Sport­ta­sche tra­gen muss – die wird ihm ab­ge­nom­men. Se­li­ge Par­al­lel­welt?!

  25. Ja, um Ent­rü­stung kann es wohl wirk­lich nicht mehr ge­hen, da sind wir ab­ge­här­tet. Trotz­dem kann man ja oft kaum glau­ben, was man er­fährt! (Et­wa das Zu­stan­de­kom­men der Fi­fa-Ent­schei­dun­gen. Ka­tar! Ha­ha! Ka­tarrh!)

    Aber mit der ein­mal so be­grüß­ten Vir­tua­li­tät, so das Ge­fühl nicht erst seit Snow­den, reicht es ei­gent­lich auch.

    Sie stört ei­nen eben doch im­mer noch, die­se Ah­nung über ei­ne Art Täu­schungs­zu­sam­men­hang, der mehr oder min­der sämt­li­che Zwei­fel über sich ab­sor­biert und in sich hin­ein ge­nom­men hat. Viel­leicht ist es ein we­nig wie im So­zia­lis­mus, wenn sie frü­her ih­re Er­fol­ge aus der Pro­duk­ti­on auf­zähl­ten und je­der wuss­te um den Selbst­be­trug und den Murks? Man­che kön­nen sich mit dem Un­ter­schied zwi­schen dem, was ver­kün­det wird und dem, was ih­re Er­fah­rung ih­nen wei­ter­hin sagt und sie lehrt, eben ein­fach nicht ab­fin­den. Und jetzt zeigt sich: „Der We­sten“ mit sei­nen „Wer­ten“ und sei­nem elen­di­gen Wet­ten-dass ist nur ein an­de­res Wahn-Sy­stem.

    Zur die­ser ge­müt­li­che Wei­se ei­ner Auf­merk­sam­keit für den klei­nen, den Re­gio­nal- oder Hei­mat-Ver­ein, kann ich nichts sa­gen, das ist mir fremd. An­schei­nend fehlt es mir über­haupt an Zu­ge­hö­rig­keit, an Frag­lo­sig­keit. Aber sind die nicht auch nur ka­schier­te Ter­ri­to­ri­a­li­sie­rung, al­so hin zu Ab­gren­zung und Geg­ner­schaft?

    (Wo­bei ich mich fra­ge, ob die­se „Fan-Kul­tur“ mit all-wö­chent­lich und öf­fent­lich ge­leb­ter Ge­walt­lust als ehr­li­che­re Sa­che nicht noch ein paar an­de­re Be­dürf­nis­se stillt: Weg mit den Fas­sa­den und Funk­tio­nä­ren und fei­sten Ein­red­nern für al­le mög­li­chen Din­ge ei­nes zu­neh­mend für sich ar­bei­ten­den Sy­stems, das vor al­lem Ge­schäf­ten, und zwar de­nen der an­de­ren dient. Als Aus­gleich ma­che ich mich lust­voll an­ders­wie frei.)

    Aber an die­se Dau­er­hirn­wä­sche der Un­ter­hal­tung – die ja tat­säch­lich im­pli­zit stän­dig Ideo­lo­gie ver­brei­tet -, kann ich mich nicht ge­wöh­nen. Ob­wohl ich gar nicht ein­schal­te. Wie­so ver­bit­tert es mich dann? Wenn es nicht das dif­fu­se Lei­den ist, als Ein­zel­ner aus ei­nem Kol­lek­ti­ven der Aus­ge­schlos­se­ne zu sein, sind es viel­leicht die Phan­tom­scher­zen der Gleich­gül­tig­keit?
    Der Aus­ge­schlos­se­ne bleibt der an­ders Ein­ge­schlos­se­ne und da­mit ver­dammt, mit­zu­lei­den, so oder so.

  26. Die »Ab­gren­zung« ist aber not­wen­di­ger denn ja, da der Kos­mo­po­li­tis­mus, den So­zio­lo­gen wie Ul­rich Beck mit Em­pha­se als neue Glo­ba­li­sie­rung an­bie­ten, nicht zieht. Die Iden­ti­fi­ka­ti­on mit ei­nem Ge­bil­de wie ei­ner Na­ti­on wur­de uns aus­ge­trie­ben. Okay. Aber statt­des­sen nun – was? Die vir­tu­el­le Welt? Die EU? Der In­di­vi­dua­lis­mus – den man sich so­lan­ge ge­fal­len lässt, bis man je­mand sucht, der ei­nem im Al­ter den Hin­tern ab­wi­schen soll.

    Der kom­mer­zi­el­le Fuss­ball hat aus zwei Grün­den ei­nen so über­ra­gen­den Er­folg: Er ver­schafft in­mit­ten der Un­über­sicht­lich­kei­ten we­nig­stens EINE Klar­heit. Nach 90 Mi­nu­ten ist klar, wie das Spiel aus­ge­gan­gen ist. Kein Zö­gern, kein Wenn, kein Aber. Und es schafft Ge­mein­schaft. Die Qua­dra­tur des Krei­ses da­bei: Man kann vor­her und nach­her sei­nen In­di­vi­dua­lis­mus le­ben. Nur die rd. zwei Stun­den im Sta­di­on oder vor dem Fern­se­her ge­hört man ir­gend­wo hin. Nicht wie im Dorf, dem man nicht ent­kom­men konn­te. Hier ist al­les zeit­lich be­fri­stet. Mon­tags dann wie­der im An­zug im Bü­ro.

    Selbst die Ge­walt­lust ist ka­na­li­siert (weit­ge­hend we­nig­stens). Krie­ge fin­den nicht mehr statt; wir ver­ste­hen Pu­tin bes­ser als den Trai­ner des geg­ne­ri­schen Ver­eins. Man kann das be­kla­gen als tri­vi­al, aber es ist auch ein Fort­schritt. Ich le­se ge­ra­de Mün­k­lers Buch über den »Gro­ßen Krieg«. Man hät­te es bes­ser »Gro­ße Sinn­lo­sig­keit« ge­nannt. Das bleibt uns we­nig­stens heu­te und jetzt er­spart. Das Po­li­zei­auf­kom­men, das dann ei­ni­ge Städ­te am Wo­chen­en­de bei Fuß­ball­spie­len kurz lahm­legt – was soll’s?

    Ver­dammt zum Mit­lei­den? Da blei­ben zwei Mög­lich­kei­ten: Die Flucht in den Zy­nis­mus. Oder das dicke Fell. Ich ha­be neu­lich ei­nen Be­richt über Pe­ter Scholl-La­tour ge­se­hen, den Aus­lands­kor­re­spon­den­ten. Er wur­de ja 90 Jah­re alt. Er sagt von sich sel­ber, dass er ein ra­tio­na­les We­sen hat (zwi­schen den Zei­len: we­nig Em­pha­se). Ich bil­de mir ein, dass das der bes­se­re Weg ist. Das Mit­lei­den an der Welt kön­nen an­de­re bes­ser als ich.

  27. Gut, wenn Ab­gren­zung grund­le­gend ist – und es scheint ja wohl so zu sein -, bräuch­te sie al­so kei­ne Grün­de. Um­so zwei­fel­haf­ter, sich die vor­ge­scho­be­nen an­zu­se­hen. Und wo­mög­lich lie­gen die Dis­kre­pan­zen dann in den Selbst-Ver­ständ­lich­kei­ten? Al­lein das Wort „Sport“ ist für mich mitt­ler­wei­le ein fal­sches, weil ein et­was an­de­res be­män­teln­der Eu­phe­mis­mus. Für ein un­durch­schau­ba­res, ten­den­zi­ell kor­rup­tes Hin­ter­zim­mer-Ge­schie­be von Bos­sen.

    Ich fra­ge mich, ob die­se pro­jek­tier­te neue eu­ro­päi­sche Fuß­ball­li­ga das Na­tio­na­le be­för­dern wird (al­le Deut­schen wer­den zu Bay­ern)? Oder ob es das Na­tio­na­le zu­gun­sten ei­ner der­art greif­ba­rer wer­den­den und al­so über­grei­fen­den Be­trach­tungs­wei­se ver­än­dert. Die wahr­schein­lich­ste Ant­wort: Es bringt le­dig­lich noch mehr Spek­ta­kel, noch mehr zu be­we­gen­des Geld und von al­len zu be­zah­len­de Rech­te­po­ker, noch mehr Hy­ste­rie und Hoo­lo­ganis­mus und so wei­ter in das (eh schon in­ter­na­tio­na­le) Ge­schäft.

    Oder liegt das Un­be­ha­gen am The­ma der Na­ti­on in dem in die Ver­län­ge­rung, al­so die nach­fol­gen­den Ge­ne­ra­tio­nen ge­schick­ten Bruch des „Ge­fühls“, dem heu­te teils so plump wie­der re­stau­rier­ten? Aber so­gar so je­mand wie ich kann an die­sem un­se­ren Lan­de, so­gar am Iden­ti­tär-Deut­schen doch vie­les gut fin­den. (Und das ist dann et­was, das ich bei al­ler Sym­pa­thie für die Ver­än­de­rung durch die Zu­wan­de­rer bei de­nen oft gar nicht gut fin­de: Sie sol­len nicht zwangs­läu­fig an­de­re wer­den – oder so­gar so wie ich -, aber in ei­nem kom­plett an­de­ren Kul­tur­kreis le­ben und sich dann sei­ner­seits ab­schot­ten und im ei­ge­nen Na­tio­na­len „nicht be­we­gen“ geht auch nicht.)

    Ich ver­mu­te, was mich stört, ist, dass „Sport“ so ei­ne Er­satz­sa­che ge­wor­den ist, über de­ren Cha­rak­ter eben lau­fend hin­weg­ge­se­hen wird, ein Ve­hi­kel für al­les mög­li­che an­de­re. (Denn das ist wohl ei­ne mensch­heits­weit gül­ti­ge For­mel: Ge­win­ne pri­va­ti­sie­ren, Kol­la­te­ral­schä­den so­zia­li­sie­ren.)

    Das mit der zeit­wei­sen Ge­mein­schaft in der Be­gei­ste­rung für ei­ne Sa­che leuch­tet mir ein. Aber sie er­scheint mir für ei­nen be­wuss­ten Men­schen dann doch wie­der bil­lig – da­zu ja tat­säch­lich (und in mehr als ei­nem Sin­ne) er­kauft.

    Was das Wo­chen­end-Dampf­ab­las­sen an­geht, mag das ge­samt-psy­cho­hy­gie­nisch von Nut­zen sein, aber es hat wie­der­um an­de­re Fol­gen für die Ein­übung und das Hin­neh­men von Ge­walt­ver­hal­ten in der Ge­sell­schaft. An­geb­lich kommt ja so­gar der zu­neh­men­de Wi­der­stand ge­gen die Staats­ge­walt ten­den­zi­ell da her: Weil man sich in der Rot­te was trau­en kann und tat­säch­lich oft ge­nug da­von kommt, sind die zur Ab­gren­zung her­an­ge­zo­ge­nen Geg­ner dann die, die schüt­zen und hel­fen sol­len, die Po­li­zi­sten.

    Ob­wohl es um das Ir­ra­tio­na­le dann vor­sätz­lich ja geht, ist mir das dann zu viel Wi­der­sinn, der „de­mo­kra­tisch“ igno­rier­te Staat, dem man dann kör­per­lich be­geg­net. Wie­der ei­ne Er­satz­sa­che al­so. Und wie weit ist das weg von dem West­ler, der aus hu­ma­ni­tä­ren Grün­den oder als Fo­to­gra­fin in ei­nem Kack-Land bleibt und dort sein Le­ben ver­liert, weil je­mand sich den We­sten – der sich doch, au­ßer in sei­nen dum­men Mil­li­ar­den, als ohn­mäch­tig oder des­in­ter­es­siert ent­puppt – als Feind her­nimmt?

    Es heißt, die Po­len spie­len gern die „deut­sche Kar­te“, und auch Or­ban und Er­do­gan und sol­che Ty­pen se­hen ja im­mer die Be­dro­hun­gen / Ver­schwö­run­gen aus dem Aus­land. (Wie frü­her bei uns die CDU.) Auch dort al­so das Na­tio­na­le das Dum­me ei­gent­lich, das utila­ri­stisch zu Be­schwö­ren­de, das ten­den­zi­ell Fal­sche.

    Aber viel­leicht braucht es ja doch, da­mit der nor­ma­le in­tak­te Mensch sich kom­plett füh­len kann, auch die Nä­he zum Tot­schlag und zum He­xen­kes­sel? Es liegt al­so wo­mög­lich an mir (wie al­les Bö­se, das der, der es ent­deckt, in ihm sel­ber liegt). Aber wenn ich sams­täg­li­che Fuß­ball­hor­den se­he, ge­he ich flüch­ten oder den­ke gleich an „Sport­pa­last“.

    Oder muss (wie das Hei­mi­sche das Un­heim­li­che ein­schließt) das Na­tio­na­le, das Zu­ge­hö­rig­keit schenkt, im­mer auch zu­gleich Trau­ma sein? Oh­ne Mit-Lei­den wä­re man auch hier von al­lem ab­ge­kop­pelt, und Zy­nis­mus ist, glau­be ich, nun wirk­lich kei­ne Lö­sung. Ich mei­ne so­gar, sie wen­det sich ge­gen ei­nen zu­rück.

  28. Weil’s so schön paßt
    Aus ei­nem Kom­men­tar Diet­rich Le­ders von heu­te zu die­ser Form der Sport­be­richt­erstat­tung: Das ZDF im De­sa­ster-Mo­dus http://tinyurl.com/catcys

    »Stein­bre­cher ist der Pro­to­typ der ver­lo­re­nen Jah­re des öf­fent­lich-recht­li­chen Fern­se­hens, in de­nen man nur auf­stieg, wenn man sich an­paß­te, mä­ßig kri­ti­sche Fra­gen stell­te und be­son­ders ger­ne „Be­trof­fen­heit“ zeig­te«.

    Falls LSR-Pro­blem, ein­fach lö­schen

  29. @herr.jedermann
    Mit dem Den­ken an Goeb­bels rund 70 Jah­re da­nach kommt man aber nicht mehr wei­ter. Das ist doch auch nur so ein über Jahr­zehn­te ge­züch­te­ter Selbst­hass, mit dem man nur noch sel­ten ir­gend­wo punk­ten kann. Über­spitzt ge­sagt: Auch so ei­ne Art Na­tio­na­lis­mus – nur von der an­de­ren Sei­te. Ein schö­ner Re­duk­tio­nis­mus, der die Welt ein­fach hält. Man sieht es an den so­ge­nann­ten In­tel­lek­tu­el­len, die ih­re Hit­ler-Ver­glei­che im­mer noch pur­zeln las­sen wie die Pins beim Bow­ling. Wenn sie we­nig­stens mal Mao, Sta­lin oder Pol Pot neh­men wür­den. Nein, Hit­ler muss es sein. Wenn nichts mehr geht – das funk­tio­niert im­mer noch. Die Bri­ten ma­chen sich in ih­rer Art ja lu­stig dar­über; die Deut­schen sind dumm ge­nug, im­mer neu über das Stöck­chen zu sprin­gen.

    Apro­pos Re­duk­tio­nis­mus: Das ist das Me­tier des Sports – das ein­fa­che Her­un­ter­bre­chen auf ein pro­fa­nes Er­geb­nis. Na­tür­lich ist »Sport« nur noch ein Eti­kett, was man bes­ser mit »Zir­kus« er­set­zen könn­te. Und ja, ge­schenkt: Al­les ist kor­rupt. Nur un­se­re lie­ben In­tel­lek­tu­el­len (s. o.) nicht. Im­mer Hü­ter des Wah­ren. Man le­se 2000 Sei­ten Rad­datz und ist klü­ger.

    Wer braucht kein »Er­satz­ding«? Wer ist sich selbst ge­nug? Lebt in den Tag hin­ein? Wenn man et­was be­kla­gen muss, dann, dass die »Er­satz­din­ger« so ein­fach und so man­nig­fal­tig ge­wor­den sind. (Er­in­nert mich an Rent­ner, die plötz­lich nicht mehr wis­sen, was sie tun sol­len; sie hat­ten au­ßer ih­rer Ar­beit [und Fa­mi­lie] kein »Er­satz­ding«.)

    Ha­rald Schmidt hat neu­lich in ei­nem Ge­spräch auf die Fra­ge nach sei­nem Wohl­be­fin­den sinn­ge­mäss ge­ant­wor­tet: Kein Ge­hirn­tu­mor zeigt sich ihm und auf den Stra­ßen wird nicht ge­schos­sen – kommt ihm durch­aus wie ein Pa­ra­dies vor. Aber viel­leicht ist es so wie im al­ten Noote­boom-Ti­tel: »Das Pa­ra­dies ist ne­ben­an«.

  30. @Gregor Keu­sch­nig
    Aber das ist ja das Pro­blem: Nix ist ver­jährt! Es nervt und nervt … und es auf ir­gend­ein er­leich­tern­des Nicht­wis­sen ab­zu­wäl­zen (oder gar auf das der Nach­wach­sen­den, die in den Schu­len kaum mehr et­was da­von hö­ren), ist auch falsch. Gor­bat­schow konn­te sich kei­ner vor­stel­len – und Pu­tin jetzt auch nicht. Und Sta­lin gilt bei den Rus­sen ja auch als doch ir­gend­wie Okay. Und Mar­kus Wolf und Mar­kus Lanz ma­chen zu­sam­men ’ne Koch­show. War nicht al­les schlecht im ZDF. „Kein Krieg in Eu­ro­pa!“ Und die paar ver­irr­ten glatz­köp­fi­gen Her­ren­men­schen auf na­tio­na­ler Tö­tungs­mis­si­on, klä­ren wir dann ne­ben­bei.

    Es wie mit den vor Jah­ren mal ei­ne Zeit lang über­hand neh­men­den War­nun­gen vor AIDS: Ir­gend­wann wünsch­te man den Dau­er­war­nern sel­ber ih­ren Mist an den Hals, weil man glaub­te, es ka­piert zu ha­ben. Und bei der näch­sten Ver­su­chung kam es doch zum Han­deln wie­der bes­se­res Wis­sen. Die Selbst­ver­ken­nung der sich Wei­ter- und Klü­ger­glau­ben­den ist al­le­mal prä­sent.

    Das Trau­ri­ge ist doch, dass man auch der Ge­schichts­ver­ges­sen­heit nicht mehr ent­kommt: Längst gibt es un­zäh­li­ge Ver­sio­nen! (Oder man schreibt wie Pu­tin die Ge­schichts­bü­cher eben gleich selbst.) Und weil sich al­les so leicht wie­der­holt, scheint die Ge­gen­wart ste­hen ge­blie­ben und gibt gleich sel­ber zum gro­ßen Teil die Far­ce. Und die na­tio­na­le Be­sof­fen­heit auch hier­zu­lan­de wie­der un­schul­dig. An­son­sten gilt: „Al­ler Fa­schis­mus geht vom Vol­ke aus“.

    Je­den­falls: Das Volk will Ge­walt. (So Ha­rold Brod­key, im „Ta­ge­buch mei­nes To­des“, in ei­ner bei­läu­fi­gen Be­mer­kung zum ame­ri­ka­ni­schen Sport.)

    Und das Wo­chen­end-Sta­di­on IST der Sport­pa­last – es ist (Ul­tras! Feu­er­werk! WIR sind der Ver­ein!) ten­den­zi­ell frei­er, als Er­satz-Frei­heit er­mäch­tig­ter, zu sei­ner Er­satz-Er­mäch­ti­gung ein biss­chen un­re­gle­men­tier­ter Raum. Und er will grö­ßer wer­den. Und so sehr ich mich sel­ber da­nach seh­ne, so sehr sich si­cher je­der­mann in ei­ner der­ar­tig ver­stell­ten Welt wie un­se­rer da­nach sehnt, auch mal nach dem To­tal­aus­ra­sten, ist es als Mas­se und Macht ein ge­fähr­li­ches Spiel. Es ist der Teil der an­geb­li­chen Zi­vi­li­siert­heit, der un­ge­bro­chen ins Ar­chai­sche drängt, weil es dort sel­ber Vi­ta­li­tät (und da­mit na­tür­lich auch das Über­kom­men des Al­ten) ver­heißt.

    Aber klar, stimmt: Das Al­te geht nicht weg, es kriegt in Deutsch­land ’ne schö­ne Ren­te. Und „In­tel­lek­tu­el­le“ (in An­füh­rungs­zei­chen) kom­men auch kaum ei­ner Sa­che bei. Aber Ge­lang­weilt­sein auch nicht. Und auch das ist na­tür­lich ei­ne Ge­fahr: Dass man letzt­lich mit all dem Ge­warnt­sein und den Alar­mis­men nicht wei­ter kommt. Nur, wie­so es hier be­kla­gen und dort gut sein las­sen? So ei­nen pri­vi­le­gier­ten Fern­seh-Clown wie Schmidt als Zeu­ge für ein Pa­ra­dies, egal ob ver­lo­ren oder ge­fun­den, hal­te ich für nicht zu­stän­dig. Und sich mit der schlei­chen­den Kor­rupt­heit all­seits ab­fin­den – sie­he die neue SPON-Auf­klä­rung: Deutsch­land, das Land der Ma­fia („Was? Auch mein Lieb­lings­ita­lie­ner?“) – geht auch nicht.

    Mir kommt ja im­mer öf­ter der Schirm sel­ber schon kor­rupt vor, der mir die Wirk­lich­keit in im­mer hö­he­rer Aus­lö­sung von Pi­xeln und Par­ti­al-Er­kennt­nis­sen mas­kiert. Und wür­de der ge­zeig­te Schnee von ge­stern auch wie­der der Schnee von mor­gen, wür­de es mich nicht wun­dern. Je­den­falls nicht sehr.

  31. Die Ge­schichts­ver­ges­sen­heit ist doch ein My­thos; sie zeigt sich im üb­ri­gen auch nicht dar­an, dass die Kids viel­leicht heu­te nicht mehr wis­sen wer Goeb­bels war. Son­dern höch­stens da­hin­ge­hend, wie Russ­land auch heu­te noch ein Feind­bild der be­sten Sor­te ab­gibt. Hier ist das Kon­ti­nu­um – von 1941 über 1961 bis heu­te. Man den­ke dar­an, wie die Gorb­i­ma­nia in den Me­di­en zwi­schen 1989 und et­wa 1993 als su­spekt wahr­ge­nom­men wur­de. Da­nach be­trat Jel­zin die Büh­ne; ein tor­kelnd-trun­ke­ner Bär, der ver­mut­lich ein grö­sse­res Si­cher­heits­ri­si­ko für den Welt­frie­den ab­gab als heu­te Pu­tin.

    Die Gleich­set­zung der Sta­di­on­mas­sen in ei­nem Fuss­ball­spiel mit der NS-Be­we­gung – das ist für mich Ge­schichts­ver­ges­sen­heit. (Es soll ja Län­der ge­ben, in de­nen Men­schen­an­samm­lun­gen ab ei­ner ge­wis­sen Zahl nicht ge­stat­tet sind.) Das ist das, was ich mein­te. Erst spä­ter der Be­zug auf Ca­net­ti – da­vor auf die Na­zis. Drun­ter machen’s wir nicht mehr. War­um ei­gent­lich? (Ab­ge­se­hen da­von, dass nie­mand Ca­net­ti kennt; der stand im Ge­samt­schul-Ab­itur nir­gend­wo.) Ist die­se An­ti­zi­pa­ti­on der mög­li­chen Schuld so at­trak­tiv? Ver­mut­lich; sie ent­la­stet auch vor krea­ti­ven Auf­ga­ben. Kohls Scheck­buch­di­plo­ma­tie war nicht ei­nen Deut bes­ser als das heu­ti­ge Ru­fen nach »mehr Ver­ant­wor­tung« für Deutsch­land. Da­bei könn­te die ein­ge­for­der­te Ver­ant­wor­tung doch kon­struk­tiv sein – sie muss eben nicht mi­li­tä­risch sein oder sich nach den Ame­ri­ka­nern rich­ten.

    Aus der »Gna­de der spä­ten Ge­burt«, die Kohl so ko­kett for­mu­lier­te (wie­der Kohl) , er­wächst viel­leicht ein »Ma­kel der spä­ten Ge­burt«? Weil wir nicht da­bei wa­ren, ar­bei­ten wir uns so ger­ne ab? Man­che ge­fal­len sich viel­leicht im Ab­ar­bei­ten der ver­meint­li­chen Schuld ih­rer Groß­el­tern (sel­te­ner: El­tern). Eh­ren­haft, kei­ne Fra­ge. Aber Mis­sio­na­re sind mir per se im­mer su­spekt; selbst die Mis­sio­na­re des Gu­ten. (Viel­leicht da­her die gan­ze Auf­re­gung bspw. um »kor­rek­te Spra­che«?)

    Schmidt ist für mich zu­stän­di­ger als die Spie­gel-On­line-Schrei­b­äff­chen, die ver­zwei­felt vor ih­rem blin­ken­den Cur­sor sit­zen und ein­fach nicht wis­sen, was sie als näch­stes und, vor al­lem, als über­näch­stes ab­son­dern sol­len. Al­so wird der Er­re­gung wie­der das Wort ge­re­det, so bleibt man im fort­lau­fen­den Mo­dus der Em­pört­heit. Aber Dau­er­em­pö­rung zer­stört, wie man hier le­sen kann, auf Dau­er die De­mo­kra­tie. So­fern man die­se über­haupt will. Man kann sie na­tür­lich als pri­mär fa­schi­sto­id um­deu­ten (auch hier: es sind so­fort »Fa­schi­sten«). Wir man in den 70ern den Fahr­kar­ten­kon­trol­leur »Fa­schist« nann­te. Dann ist wirk­lich al­les egal. Und man kann end­lich Fuß­ball gucken.

  32. Wie­so jetzt My­thos? Und das sagt je­mand, der dau­ernd so vor­bild­lich sei­ne Ge­gen­stän­de in de­ren ent­spre­chen­den Kon­tex­te stellt, weil er um die Ver­ges­sen­hei­ten dar­um weiß? Aber klar, mit dem Vor­wurf „My­thos“ lässt sich na­tür­lich al­les er­le­di­gen. Und ich re­de hier ja nun kei­ner me­dia­len, oder so­gar wo­mög­lich noch ÖR-Be­leh­rung das Wort. Aber al­lein schon we­gen der ra­sant ver­fal­len Halb­werts­zeit der Er­eig­nis­se – was na­tür­lich auch mit dem be­schleu­nig­ten Nach­rich­ten-Event-For­mat-Kon­sum zu tun hat – wür­de ein im wei­te­sten – und na­tür­lich gern auch un­auf­dring­li­chen – Sin­ne ge­schicht­li­ches Be­wusst­sein als hilf­reich er­schei­nen las­sen.

    Über die Ge­wich­tung ei­nes töl­peln­den Jel­zin ge­gen ei­nen stra­te­gisch wo­mög­lich ge­ra­de dem eu­ro­päi­schen Hau­fen über­le­ge­nen Pu­tin lohnt nicht zu re­den, wenn ei­ner da­von nicht mehr lebt. Von wem al­ler­dings tat­säch­lich Ge­walt und die Re­instal­lie­rung von na­tio­na­len Groß­macht­an­sprü­chen aus­ge­hen halt ich auch für of­fen­kun­dig. Groß-Russ­land!

    Ich kann den Na­zi-Scheiß ja ei­gent­lich auch nicht mehr hö­ren, aber in Be­zug auf die Hor­den­mas­se kom­men da­her nun mal nicht nur hier­zu­lan­de die Re­fe­ren­zen. Aber, um es mal an­ders­wie run­ter­zu­bre­chen: Der Mensch ist ganz da, wo er spielt (Schil­ler) … und im Spiel gibt es aber an­schei­nend auch ein Be­dürf­nis nach der Hor­den­mas­se – und da ist das Na­tio­na­le dann sei­ne na­he­lie­gend­ste, selbst-ver­ständ­lich­ste Le­gi­ti­ma­ti­on. Und das Spiel ist „Kampf“ – steht in je­dem zwei­ten Satz von Spiel­be­rich­ten. Dort­mund hat tap­fer ge­kämpft. Kampf ist we­sent­lich!

    (Sie kön­nen mich da klein­lich nen­nen, aber ich hö­re das noch im dem Un­wort Welt-Mei­ster! Das, was zur WM in Bern da­mals an­geb­lich so un­schul­dig war, die­se Na­tio­nal-Be­sof­fen­heit, lässt mich zu­sam­men­fah­ren und ich muss so­fort ab­schal­ten, wenn ich die­se im­mer wie­der gern ein­ge­spiel­te Re­por­terstim­me hö­re: Wohl ein per­sön­li­ches Trau­ma – um­so pa­ra­do­xer, da ich nie ir­gend­wo da­bei ge­we­sen bin. An­son­sten traue ich mei­ner Wahr­neh­mung: Wenn ich mich durch ei­nen Bahn­hof mit da durch zie­hen­der Gröhl-In­fan­til­le­rie be­we­ge, die sich als mar­tia­li­sche Her­ren­mas­se nicht nur über den Geg­ner­ver­ein dünkt und sich nö­ti­gend ih­re Frei­heit nimmt, kommt mir nicht nur ein Ver­dacht son­dern gleich­falls ar­chai­sche Re­fle­xe. Wo­mög­lich sind dies es, die mir Angst ma­chen?)

    Und ja, es gibt die­sen nicht tot­zu­krie­gen­den Fa­schis­mus­ver­dacht als hohl ge­wor­de­nes Re­fe­renz­spiel zu al­lem und je­dem, um sei­nen un­ge­nü­gen­den Ge­gen­stand ar­gu­men­ta­tiv und „na­tio­nal“ auf­zu­wer­ten. Und es gibt das Be­dürf­nis nach der un­mit­tel­ba­ren, der kör­per­li­chen Selbst­er­hö­hung durch die um­fas­sen­de­re Ein­heit, als Par­ti­zi­pa­ti­on am Rausch, dar­in En­er­gien – Tri­um­phlü­ste, Er­mäch­ti­gung über den Un­ter­le­ge­nen, der Wil­len zu do­mi­nie­ren – über Grup­pen­wett­be­werb um- und ver­lei­tet wird. Nicht um­sonst tref­fen sich die Ver­blen­de­ten wie die Selbst- und Sie­ges­ge­wis­se­sten beim Fuß­ball. Ver­lie­ren ist nicht vor­ge­se­hen.

    (Und was die kon­kret hi­sto­ri­schen Re­fe­ren­zen an­be­langt den­ke man, um den Hit­ler mal auf die Er­satz­bank zu schicken, dann eben an die ita­lie­ni­schen Gruß- und Ge­sten­spie­le, den he­roi­schen Mus­so­li­ni-Ver­weis, wo das Land sonst schon am Arsch ist. Usw. Er­satz. Aber auch der Do­na­dieu-Gruß ge­hört in die­se Ki­ste. Ge­heul und Ge­mein­schaft, Fan­fa­ren und Hym­nen, Ter­ri­to­ri­al­ver­hal­ten pur, ge­reck­te Hän­de und Po­ka­le – die sym­bo­li­sche als die auch er­leb­ba­re Welt. Und hin­ter­her liegt man sich ruhm­be­sof­fen in den Ar­men.)

    Der Fa­schis­mus-Satz („geht vom Vol­ke aus“) ist, so weit ich weiß, von Brecht und ich hal­te ihn für ei­ne wirk­li­che Er­kennt­nis – ge­ra­de von so je­man­dem, der die Wech­sel­fäl­le und das Schei­tern ir­gend­wel­cher po­li­ti­scher Hoff­nun­gen „vom Vol­ke her“ am ei­ge­nen Leib er­lebt hat UND ein biss­chen den­ken konn­te und sich über das, was vom Vol­ke aus­geht we­nig Il­lu­sio­nen mach­te. Er ging sel­ber zu Stamm­ti­schen und wird da schon was wis­sen. (Und so viel Dia­lek­tik im Be­zug zu den Mas­sen muss er­laubt sein.)

    Und was ist denn mit den di­ver­sen „Fan-Kul­tu­ren“ hier­zu­lan­de? Was ist mit den sich ver­ab­re­den­den Tot­schla­ge-Hor­den und der ge­mein­sa­men „Bul­len-Het­zen“? Aus­wüch­se? Darf man mit so ei­ner schö­nen Ne­ben­sa­che nicht ver­mi­schen? Die Er­eig­nis­se ge­hö­ren nicht zu dem Um­feld, in dem sie pas­sie­ren?

    Sport ist wie die En­er­gie­wen­de, ei­ne Art Prin­zip: Gar nix is fair. Die Ver­ei­ne und Li­gen und Groß­ver­bän­de – sämt­lich or­ga­ni­siert als Ka­pi­tal­ge­winn­ge­mein­schaf­ten – sind die Groß­ver­brau­cher und müs­sen ge­schont wer­den (in Spa­ni­en ist das buch­stäb­lich so: Al­le dar­ben, aber die Re­als und die Spie­ler-Mil­lio­nä­re ge­nie­ßen Steu­er­vor­tei­le – und war nicht jetzt auch die Fa­mi­lie des Kö­nigs ge­ra­de vor Ge­richt we­gen Kor­rup­ti­on?). Die Ge­spon­ser­ten und Hof­be­richt­erstat­tung-Ge­pam­per­ten müs­sen ge­schont wer­den, „weil sie im Wett­be­werb ste­hen“ (der al­so da schon wenn nicht ma­ni­pu­liert zu­min­dest ver­zerrt ist). Al­so wer­den Schlach­ten und Bum­meln, wer­den Ge­walt und Kor­rupt­heit, wer­den Steu­er­pro­zes­se und Fern­seh­rech­te und die Ko­sten für Po­li­zei und Bon­zen­be­wir­tun­gen und Be­stechun­gen und so wei­ter in win­zi­ge Be­trä­ge auf al­len an­de­ren um­ge­legt: der deut­sche „Bei­trags­ser­vice“ – er ist ein po­li­ti­scher! Da liegt das Pa­ra­dies von Ih­rem Ge­währs­mann Schmidt: in der of­fen zy­ni­schen, der hin­ge­nom­me­nen Un­gleich­heit, im Steu­er­pa­ra­dies. Zah­len tun im­mer auch die, die es nicht be­stellt ha­ben, die nicht kucken und auch nicht tri­um­phie­ren wol­len. Haupt­sa­che die Mehr­heit kann es tun. In Ru­he.

    (Sor­ry, für ein letz­tes Mal so ei­nen lan­gen Ser­mon. Für mich ist es da­für jetzt auch durch.)