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Ein erster Zweifel beschlich mich während der Lektüre an einer Stelle, wo es die Autorin für ausgemacht nimmt, daß neue Technologien Arbeitsplätze vernichten. Könnte es nicht sein, daß sie althergebrachte, oft schwere oder langweilige, geisttötende Tätigkeiten überflüssig machen oder Maschinen überantworten, während sie unter Umständen andere, neue, angenehmere Arbeitsmöglichkeiten schaffen? Manche Arbeitssoziologen kommen zu diesem Schluß, doch ob die neuen Möglichkeiten für die gesamte Gesellschaft ausreichend sein werden, darüber gehen die Meinungen auseinander (»Maschinen schaffen mehr Jobs als sie vernichten«, titelte die Süddeutsche Zeitung unlängst). Gewiß, ein altes, nie zur vollen Zufriedenheit eingelöstes Versprechen; immerhin gibt es zahlreiche Beispiele dafür, daß es verwirklicht werden kann, denn schließlich stellen Supervision und Entwicklung von Maschinen eine neue Art von Arbeit dar, die vorerst nur von Menschen geleistet werden kann.
Nach langen, gewundenen Wegen, auf denen Forrester das Verschwinden der Arbeit und des Arbeiters beklagt und geißelt, aber auch begrüßt und ein Umdenken fordert, eine politische Ethik, deren Fundament eben kein Arbeitsethos wäre, sondern… (sobald sie zur Frage nach Alternativen kommt, wird ihr Diskurs dünn), stößt sie einmal auch auf die Figur des Konsumenten. Der Kunde ist König; die scheinbar überflüssig gewordenen Menschen haben doch noch eine Rolle zu spielen. »Konsumieren, unser letzter Ausweg« – eine ironische Floskel, notre dernier recours, mit der Forrester rasch zur Hand ist, ohne zu bedenken, daß der steigende Konsum eben auch neue Arbeitsplätze schaffen könnte. Sie stellt sogar die Frage, wie Verarmung und Konsumismus denn zusammenpassen, geht ihr aber nicht weiter nach. Der Konsument verschwindet alsbald wieder aus dem Buch; sein Auftritt war kurz gewesen (während er in der Wirklichkeit der reichen Länder und sogar von etwas weniger reichen wie zum Beispiel Mexiko ziemlich dauerhaft und alltäglich ist). Die sich bereits über Jahrzehnte hinziehende, nie gelöste Frage, ob es besser sei, den Gürtel enger zu schnallen und die Wirtschaft zu sanieren oder die Einkommen zu erhöhen, um den Konsum anzukurbeln und so die Produktion zu stärken und am Ende neue Arbeitsplätze zu schaffen, kommt bei Forrester gar nicht vor. Die immer erneuten Antwortversuche der Politiker und Ökonomen gleichen dem Spiel einer Waage, das ein endloses Austarieren, eine nie ganz erfolgreiche Suche nach dem Gleichgewicht darstellt. Ein einziger Blick in die realen Einkaufszentren und die Kundenforen des Internets sagt uns, daß ein erheblicher Teil der Leute immer noch über ziemlich viel Geld verfügt und diese virtuellen oder reellen Plätze als Ersatz für die im globalen Westen leer gewordenen oder ganz verschwundenen Kultstätten fungieren. Damit könnte man ja auch zufrieden sein, oder? Jeder strebt nach seinem eigenen Glück, wie es das vernunftgemäße Grundgesetz fordert.