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Der springende Punkt in Forresters Darstellung ist das Spärlichwerden der Arbeit und der Unwille der mit dem Thema befaßten Institutionen, Massenmedien und Politiker, diese Tatsache anzuerkennen und ihr Rechnung zu tragen. Lieber tut man so, als sei die Arbeitslosigkeit ein vorübergehendes Problem, das man mit herkömmlichen Methoden lösen könne. Unterdessen suchen die Leute verzweifelt nach Arbeit oder sehen sich genötigt, so zu tun, als suchten sie danach, oder sie erfinden auf ihrem angestammten Posten eigentlich unnötige Arbeitsaufgaben, so daß sich der Streß, obwohl er abgebaut werden könnte, noch erhöht. Doch es wird Forrester zufolge auch in Zukunft viel zu wenig Arbeit und immer weniger davon geben. Wenig Arbeit jedenfalls im herkömmlichen, auf die Zeiten der industriellen Revolution zurückgehenden Sinn. Auch wohlmeinende Politiker, denen das Schicksal der überflüssig Gewordenen ein Anliegen ist, halten an der Idee der Arbeit fest. Ursachen dieser Situation gibt es mehrere. Forrester nennt vor allem die Automatisierung, Roboterisierung und Digitalisierung – heute wären Künstliche Intelligenz, deep learning und Reproduktion intelligenter Maschinen hinzuzufügen –, deren gesellschaftliche Folgen man seit der Nachkriegszeit hätte vorhersehen können, hätte man die damals erschienenen Schriften des Kybernetikers Norbert Wiener ernstgenommen. Trotzdem beklagt Forrester das Verschwinden der Arbeit nicht grundsätzlich. Im Gegenteil, man könne und solle dies als Befreiung vom biblischen Joch – »im Schweiße deines Angesichts« etc. – begrüßen; als Chance, endlich eine freie Gesellschaft zu errichten.
Schon Marx und Engels hatten die Verkürzung des Arbeitstags als Voraussetzung für echte Demokratie genannt; erst dann hätten die Arbeiter genügend freie Zeit, sich um die Angelegenheiten der Polis zu kümmern. Denkt man Forresters Ausführungen weiter, liegt das Heil, wenn es denn eines gibt, nicht so sehr in Arbeitszeitverkürzungen, wie sie in einigen europäischen Ländern gegen Ende des 20. Jahrhunderts tatsächlich durchgeführt wurden (inzwischen hat sich die Tendenz freilich wieder umgekehrt), sondern im bedingungslosen Grundeinkommen für alle, das es den Menschen ermöglichen soll, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Es ist zweifellos eine Ironie der Geschichte, daß nicht jene Länder, die im 20. Jahrhundert den Kommunismus zu verwirklichen versuchten und ihn dabei desavouierten, dieser Lösung näherkamen, sondern der fortgeschrittene, technologisch hochentwickelte Kapitalismus. »Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.« Wer kreativ sein will, kann das gern tun, und wenn er Geld damit verdient, auch recht. Ein ausreichend dotiertes Grundeinkommen für alle würde die Vision von Marx und Engels in die Praxis umsetzen. Weiterlesen