Angst und ban­ge

Der Schock saß sicht­bar tief. Trä­nen flos­sen an die­sem 17. März 2005. Hei­de Si­mo­nis war zum vier­ten Mal in der Wahl zum schles­wig-hol­stei­ni­schen Mi­ni­ster­prä­si­den­ten ge­scheitert. Min­de­stens ei­ne Stim­me aus der fra­gi­len Ko­ali­ti­on SPD/Grüne/SSW hat­te ge­fehlt. Zum vier­ten Mal.

Was für ei­ne Em­pö­rungs­ma­schi­ne­rie da los­ge­tre­ten wur­de! Der da­ma­li­ge SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Hay be­zeich­ne­te den/die »Abweichler/in« öf­fent­lich als »Schwein«. Ei­ne Rü­ge oder Zu­recht­wei­sung für die­se Ent­glei­sung gab es na­tür­lich nicht.

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Von Ver­deut­schun­gen und sprach­li­chem Frem­den­hass

Hier äu­sser­te ich am Ran­de ei­ne Kri­tik an dem (wie ich fin­de gräss­li­chen) An­gli­zis­mus »Re­a­ding Room«, den die FAZ für ih­ren neu ge­schaf­fe­nes Bü­cher­fo­rum ver­wen­det. Nun, es in­ter­es­siert die FAZ na­tür­lich nicht, wenn sich un­ser­ei­ner von die­sem Be­griff ge­ra­de­zu an­ge­ekelt fühlt.


Nach Jo­na­than Lit­tel­ls »Die Wohl­ge­sinn­ten« und Mar­tins Walsers »Ein lie­ben­der Mann« wird nun Jut­ta Lim­bachs Buch »Hat Deutsch ei­ne Zu­kunft« (mit der em­pha­tisch über­schrie­be­nen Ein­füh­rung »Mehr Deutsch wa­gen«) vor­ge­stellt und die The­sen der Au­torin dis­ku­tiert. Fast lo­gisch, dass sich ir­gend­wann die Fra­ge stellt, war­um man den eng­li­schen Aus­druck »Re­a­ding Room« ver­wen­det und kein deut­sches Wort fin­den woll­te. Löb­lich, dass die FAZ dies nun seit dem 02. Mai mit Le­sern dis­ku­tiert – mit dem merk­wür­di­gen Un­ter­ti­tel in der Fra­ge­stel­lung: »Darf die­ses Fo­rum ‘Re­a­ding Room’ hei­ssen?«

Merk­wür­dig des­halb, weil es kaum um ein »dür­fen« geht – eher um ein »müs­sen«. Im­mer­hin, es darf dis­ku­tiert wer­den. Wie schon vor­her ist der Auf­wand be­trächt­lich, die Soft­ware sehr gut. Die Bei­trä­ge wer­den mo­de­riert – das ist bei der FAZ üb­lich. Bis zum 10. Mai will man Stim­men sam­meln.

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Eu­phe­mis­men in der Po­li­tik – (II.) Wett­be­werb

Wenn Po­li­ti­ker Wirt­schafts­be­grif­fe über­neh­men, soll­te man hell­hö­rig wer­den. Nicht sel­ten wer­den po­li­tisch-ge­sell­schaft­li­che Ent­wick­lun­gen öko­no­mi­siert. Da­bei kommt in der Re­gel nichts Gu­tes her­aus – we­der äs­the­tisch noch po­li­tisch.

Ex­em­pla­risch kann man das am Wort »Wett­be­werb« se­hen. Die­ser Be­griff ist in den letz­ten Jah­ren zum Fe­tisch ge­wor­den. Fast im­mer, wenn ei­ne Dif­fe­renz in po­li­ti­schen Ge­sprä­chen nicht weg­ver­han­delt wer­den kann, kom­men die Volks­ver­tre­ter auf die ne­bu­lö­se For­mu­lie­rung, dass jetzt eben der »Wett­be­werb« ent­schei­de.

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Wör­ter...

Manch­mal ver­mag ein Wort tat­säch­lich sehr viel zu sa­gen. Bei­spiels­wei­se über ei­ne Ge­sell­schaft und de­ren Sor­gen.

In Deutsch­land wur­de heu­te das »Wort des Jah­res 2007« von der »Ge­sell­schaft für deut­sche Spra­che« be­kannt­ge­ge­ben (er­mit­telt?): Kli­ma­ka­ta­stro­phe.

ich könn­te schwö­ren, ei­ni­ge Nach­rich­ten­quel­len hät­ten »Kli­ma­wan­del« ge­nannt, aber ich täu­sche mich ver­mut­lich. Die­ses Wort ist wohl zu neu­tral, zu we­nig ef­fekt­ha­sche­risch. Für Deutsch­land muss es im­mer auch ein biss­chen deut­li­cher sein. Da passt Kli­ma­ka­ta­stro­phe ge­nau. Es be­zeich­net nicht nur die au­gen­blick­li­che Stim­mung zu die­sem The­ma im me­dia­len Zir­kus, son­dern ist auch gleich­zei­tig wer­tend; kei­nen Wi­der­spruch dul­dend.

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Der Bös­mensch

Ei­gent­lich macht man das nicht: Über ein Buch schrei­ben, was man nicht ge­le­sen hat. Aber manch­mal reicht es auch, nur ei­nen Teil ge­le­sen zu ha­ben, um fest­zu­stel­len, dass das Le­ben viel zu kurz ist, sich wei­ter mit dem Ge­le­se­nen zu be­schäf­ti­gen.

So ging es mir mit Kai Diek­manns Äu­sse­run­gen aus sei­nem Buch »Der gro­ße Selbst­betrug«, wel­ches nun – in durch­aus ku­rio­ser Form – vor­ge­stellt wur­de. Mi­cha­el Nau­mann er­barm­te sich, be­gab sich in die Höh­le des Lö­wen (des Lö­wen?) und bür­ste­te den ge­gel­ten Au­tor ein biss­chen ge­gen den Strich. Das ist ver­mut­lich ganz schön han­sea­tisch ab­ge­lau­fen und viel­leicht wird es Nau­mann ge­lin­gen, bis zu den Wah­len zur Ham­bur­ger Bür­ger­schaft noch ein, zwei Mal in der »Bild«-Zeitung er­wähnt zu wer­den. Das ist doch was.

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Eu­phe­mis­men in der Po­li­tik – (I.) Pro­be­ab­stim­mung

Die Pro­be­ab­stim­mung ist in kei­nem Re­gel- oder gar Ge­set­zes­werk vor­ge­se­hen. Sie ist ein Brauch der po­li­ti­schen Par­tei­en. Vor gro­ssen und als wich­tig de­kla­rier­ten Ge­set­zes­vor­ha­ben wird in den / der Fraktion(en) vor der ei­gent­li­chen Ab­stim­mung im Par­la­ment ei­ne in­ter­ne Ab­stim­mung durch­ge­führt (not­falls meh­re­re; es wird so lan­ge »ge­probt«; bis das Er­geb­nis stimmt!). Die­ses Ver­fah­ren nennt man Pro­be­ab­stim­mung. Der frei ge­wähl­te, de ju­re nur sei­nem Ge­wis­sen ver­ant­wort­li­che Ab­ge­ord­ne­te wird auf Ein­heits­li­nie ge­trimmt.

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Jün­ge­rin­nen und Jün­ger

Beim Durch­se­hen al­ter Aus­ga­ben der ZEIT bin ich auf ei­nen in­ter­es­san­ten Ar­ti­kel von Su­san­ne Gasch­ke ge­sto­ssen (Stein des An­sto­sses vom 16. No­vem­ber 2006). Gasch­ke be­schäf­tigt sich mit Enid Bly­ton und dem Phä­no­men der Tra­di­ti­on der eng­li­schen Kin­der- und Ju­gend­li­te­ra­tur. Bly­ton war zu ih­rer Zeit um­strit­ten und galt als all­zu tri­vi­al – was der Po­pu­la­ri­tät kei­nen Ab­bruch tat. Gasch­ke be­rich­tet, dass in den sech­zi­ger und sieb­zi­ger Enid Bly­ton zu­sätz­lich Se­xis­mus und Ras­sis­mus vor­ge­wor­fen wur­de auch des­halb, weil in ih­ren Bü­chern im­mer­zu Mäd­chen die Haus­ar­beit ma­chen und ih­re Bö­se­wich­te stets zu si­ni­strem süd­län­di­schem Aus­se­hen nei­gen.

Zwar kon­sta­tiert Gasch­ke, dass die­se Ein­wän­de durch­aus nicht ganz von der Hand zu wei­sen sei­en – al­ler­dings ist es Fakt, dass sie auch star­ke Mäd­chen­fi­gu­ren ge­schaf­fen hat: Ge­or­gi­na, kurz: Ge­or­ge, aus den »Fünf Freun­den« et­wa, die ge­ra­de­zu als An­ti­typ zur tra­di­tio­nel­len Mäd­chen­rol­le an­ge­legt ist; oder Di­na aus der »Abenteuer«-Serie, die per­ma­nent ge­gen die Be­vor­mun­dung durch ih­ren Bru­der auf­be­gehrt.

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Har­ry G. Frank­furt: Bull­shit

Harry G. Frankfurt: Bullshit
Har­ry G. Frank­furt: Bull­shit

Auf­merk­sam ge­wor­den durch die­ses In­ter­view und ei­ne ent­spre­chen­de Wer­bung, die ver­sprach, dass die­ses Buch mein Le­ben ver­än­dern wird, griff ich zu.

Das Buch ist kurz; in vie­ler­lei Hin­sicht. Es hat 73 Sei­ten, das For­mat ist sehr hand­lich (10,5 cm x 15,5 cm); im­mer­hin har­ter Ein­band. Zwei­mal Stra­ssen­bahn ge­fah­ren – und man hat es durch.

Trotz­dem: Er­staun­lich, wie viel Red­un­danz in ei­nem so dün­nen Buch stecken kann. Da­bei gibt es noch nicht ein­mal ei­ne aus­ge­ar­bei­te­te Theo­rie über das Su­jet. Und der mit ei­ni­ger Won­ne im­mer wie­der zi­tier­te Be­griff des »Bull­shit« bleibt auch nach der Lek­tü­re ei­ne Phra­se – eben Bull­shit.

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