Wer bie­tet mehr?

NPD-Ver­­­bot ja oder nein? Schnell­schuß­po­li­ti­ker be­für­wor­ten ein ent­spre­chen­des Ver­fah­ren, ob­wohl sich an den Kri­te­ri­en, die 2003 zur Nicht­zu­las­sung beim Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt führ­ten, nichts ge­än­dert hat. Dis­ku­tiert wird es den­noch, weil es Ent­la­stung für die po­li­ti­schen und straf­recht­li­chen Ver­säum­nis­se der letz­ten Jah­re ver­spricht – als könn­te mit dem Ver­bot auch nur ein Neo­na­zi be­kehrt wer­den. Die Fra­ge ...

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Al­ban Ni­ko­lai Herbst: Klei­ne Theo­rie des Li­te­ra­ri­schen Blog­gens

Wäh­rend di­ver­se In­ter­net­ak­ti­vi­sten mit ih­ren schein­gewichtigen Pro­phe­zei­un­gen ent­we­der das Netz­paradies oder den Vor­hof der Höl­le aus­ge­ru­fen ha­ben und so­ge­nann­te »Al­pha-Blog­ger«, die schon län­ger zu­meist un­in­spi­riert ih­re Ich-AGs in Wer­be­spots, Talk­shows oder On­line­ko­lum­nen pfle­gen und da­bei nur ei­nen reiz- und in­halts­lo­sen Raum der Selbst­re­fe­ren­tia­li­tät fül­len (trau­riger Hö­he­punkt war das lä­cher­li­che In­ter­net-Ma­ni­­fest von 2009), schreibt Al­ban Ni­ko­lai Herbst seit sie­ben Jah­ren ei­nen Web­log, der, wür­de man ihn aus­drucken wol­len, in­zwi­schen Ar­no-Schmidt-Aus­ma­ße an­neh­men wür­de. Herbst, der Schrift­steller, be­treibt (s)einen Li­te­ra­ri­schen Web­log. Zu le­sen ist das vir­tu­el­le Kon­vo­lut seit 2004 un­ter dem wuch­ti­gen Ti­tel Die Dschun­gel. An­ders­welt.; die Web­adres­se weist in­des auf sei­nen Ur­heber hin (der längst nicht mehr der al­lei­ni­ge Au­tor ist). Auch wenn die zum Teil äu­ßerst theo­re­ti­sche, ja di­stan­zier­te Be­trach­tung an­de­res ver­mu­ten las­sen könn­te: Herbst ist tief in sein Ge­we­be ver­sun­ken, mit ihm und in ihm fast phy­sisch in­fil­triert. Da­bei ist auch die­ser Blog von nar­ziss­ti­schen Selbst­dar­stel­lun­gen nicht frei, aber im Ge­gen­satz zu den mei­sten ideo­lo­gisch ver­bohr­ten Netz­theo­re­ti­kern mit ih­ren ehr­pus­se­li­gen Allein­vertretungsansprüchen sind sei­ne Re­fle­xio­nen nicht nur les­bar, son­dern wer­den in der täg­li­chen Pra­xis ver­sucht. Der Le­ser kann die Ent­wick­lung des Den­kens zum und über den Li­te­ra­ri­schen Web­log über die Jah­re hin­weg nicht nur nach­le­sen, son­dern auch im Me­di­um sel­ber er­fah­ren. Dies in­klu­si­ve der fast zwangs­läu­fig ent­ste­hen­den Irr­tü­mer und not­we­ni­gen Kor­rek­tu­ren. Die »Klei­ne Theo­rie des Li­te­ra­ri­schen Blog­gens« ist in­zwi­schen on­line auf 131 Tex­te an­ge­wach­sen (Stand: 21. Ok­to­ber 2011). In der »edi­ti­on ta­ber­na kri­ti­ka« ist nun ei­ne Pa­per­back-Aus­ga­be mit 133 Tex­ten auf rd. 130 Sei­ten er­schie­nen.

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Nur zwei Cent

»Ja, ich bin Jour­na­li­stin. Und, ja: Ich ha­be ei­ne ei­ge­ne po­li­ti­sche Mei­nung« schreibt ERL­kö­ni­gin als Auf­ma­cher zu ih­rem Ar­ti­kel mit dem pa­the­ti­schen Ti­tel »Das Recht auf Mei­nung«. Pa­the­tisch des­halb, weil da­mit un­ter­schwel­lig sug­ge­riert wird, dass es ir­gend­je­mand gibt, der die­ses Recht in Ab­re­de stellt. (So im­mu­ni­siert man sich ge­gen Kri­tik.) Schnell wird man bei ERL­kö­ni­gin fün­dig: »An die Mär des ewig neu­tra­len Be­ob­ach­ters glau­be ich nicht.« Und em­pha­tisch fährt sie fort: »Sol­che Jour­na­li­sten brau­che ich per­sön­lich auch nicht. Als Le­ser – und das bin ich eben­falls täg­lich – will ich wis­sen, wie Men­schen, die in der Sa­che um ei­ni­ges nä­her dran sind als ich, The­men ein­ord­nen.«

Zu­nächst ein­mal stellt sich die Fra­ge, wer Jour­na­li­sten ein »Recht auf Mei­nung« be­strei­tet? Na­tür­lich sind Jour­na­li­sten kei­ne Mei­nungs­e­u­nu­chen. Aber was be­deu­tet dies für die all­täg­li­che Be­richt­erstat­tung? Geht es viel­leicht nicht eher dar­um, dass Mei­nungs­jour­na­lis­mus von der rein sach­li­chen »Nach­richt« (dem Nach­ge­reich­ten) zu tren­nen ist, um nicht – auch so ei­ne mo­di­sche For­mu­lie­rungs­flos­kel – den Le­ser zu be­vor­mun­den oder zu­min­dest (sanft oder per­fi­de?) zu ma­ni­pu­lie­ren?

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»Das hat dir der Teu­fel ge­sagt«

I. Rum­pel­stilz­chen

Man mag sich die Ver­zweif­lung der Mül­lers­toch­ter vor­stel­len: Da ist sie von ih­rem geld­gei­len Va­ter zwecks Ver­hei­ra­tung zum Kö­nig ge­schickt wor­den. Sie kön­ne, so der Va­ter, Stroh zu Gold spin­nen – ei­ne Ei­gen­schaft, die über even­tu­el­le op­ti­sche und/oder cha­rak­ter­li­che De­fi­zi­te da­mals wie heu­te groß­zü­gig hin­weg­se­hen lässt. So nimmt denn der Kö­nig die Aus­sa­ge für ba­re Mün­ze, sperrt die Mül­lers­toch­ter über Nacht in ein Zim­mer und ver­gat­tert sie, das Ver­spre­chen ein­zu­hal­ten. An­dern­falls dro­he ihr der Tod.

In ih­rer Ver­zweif­lung zeigt sich ein klei­nes Männ­chen, wel­ches Ret­tung ver­spricht und am näch­sten Mor­gen ist das Stroh zu Gold ge­spon­nen. Noch zwei­mal wie­der­holt sich dies – der Kö­nig woll­te si­cher­heits­hal­ber ein One-Hit-Won­der ver­mei­den. Wa­ren die Be­loh­nun­gen, die das Männ­lein be­kam, an­fangs in An­be­tracht des zu Gold ge­spon­ne­nen Stroh selt­sam be­schei­de­ne Ga­ben (ein Hals­band und ein Ring), so for­der­te das Männ­chen in der drit­ten und ent­schei­den­den Nacht das er­ste Kind, wel­ches nach der Hoch­zeit zwi­schen ihr und Kö­nig ge­bo­ren wird. In ih­rer Not wil­ligt sie ein. Es kommt zur Hoch­zeit und zum Kind. Ein Jahr da­nach er­hält die Frau Be­such von dem Männ­chen, der sei­nen Lohn ein­for­dert. Sie ver­sucht, ihn mit al­len mög­li­chen Reich­tü­mern ab­zu­fin­den. Aber dies reizt ihn nicht – schließ­lich ver­fügt er ja über Fä­hig­kei­ten, mit de­nen er sich sel­ber die­se Reich­tü­mer schaf­fen könn­te. Er be­harrt auf sei­ner For­de­rung, gibt ihr je­doch ei­ne ver­meint­li­che Chan­ce: Wenn sie bin­nen drei Ta­ge sei­nen Na­men er­ra­te, ver­zich­tet er auf sei­ne For­de­rung.

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Bit­te ins Fett­näpf­chen tre­ten

Der deut­sche Fern­seh­kon­su­ment ge­nie­ße noch die­sen Som­mer. Denn ab Herbst star­tet die ARD mit ei­ner Talk­show-Of­fen­si­ve fast bi­bli­schen Aus­ma­ßes: Jauch, Beck­mann, Plas­berg, Will, Maisch­ber­ger – im Vor­abend­pro­gramm ab 2012 Gott­schalk. Kei­ne Ah­nung, ob die Phoe­nix-Run­de – das klei­ne Re­fu­gi­um für die ge­pfleg­te Dis­pu­ta­ti­on am Abend – noch bleibt. Das ZDF wird frü­her oder spä­ter nach­zie­hen müs­sen. Frau Ill­ner an ei­nem Tag reicht wohl für das Gleich­ge­wicht des wö­chent­li­chen Schreckens nicht aus. Man fragt sich, wie die po­ten­ti­el­len Ge­sprächs-Kom­bat­tan­ten dies durch­ste­hen. Ver­ein­zelt gab es schon jetzt gro­ße Be­la­stun­gen. Ein Herr Chat­zi­markakis wur­de für gleich zwei Ka­ta­stro­phen zum Ex­per­ten er­nannt: Grie­chen­land und FDP. Un­ver­ges­sen der Tag des Auf­tritts in der »Münch­ner Run­de« und ei­ne Stun­de spä­ter bei Phoe­nix. Und kürz­lich trat er dann noch als Mo­ral­apo­stel in ei­ge­ner Sa­che auf (Stich­wort: Fal­scher Dok­tor).

Als im Pri­vat­sen­der RTL wei­land mit dem »Hei­ßen Stuhl« Pro­vo­ka­teu­re bzw. je­ne, die als sol­che emp­fun­den wur­den, in­qui­si­to­ri­schen Ver­hö­ren un­ter­zo­gen wur­den, droh­te bei den da­ma­li­gen Me­di­en­wäch­tern der Un­ter­gang der Kul­tur. Zwan­zig Jah­re spä­ter ha­ben Pro­grammdirektoren ih­re be­sten Sen­de­zei­ten zur rhe­to­ri­schen Schmier­sei­fen-Olym­pia­de à la »Spiel oh­ne Gren­zen« zur Ver­fü­gung ge­stellt. In­zwi­schen wer­den selbst die Sommer­interviews der Spit­zen­po­li­ti­ker wie hei­li­ge Tex­te ana­ly­siert und ge­deu­tet. Da ist es so­gar ei­ne Nach­richt, dass das Sak­ko der Kanz­le­rin farb­lich nicht zum Fra­ge­ses­sel pass­te.

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Herr Loh­se kauft jetzt ein

Hein­rich Loh­se ist es ge­wohnt, dass sein Na­me Re­spekt und ei­nen ge­wis­sen Schau­der aus­löst. Er ist schließ­lich Ein­kaufs­di­rek­tor. Als er dann plötz­lich pen­sio­niert wird, weil sei­ne Ein­kaufs­me­tho­den nicht mehr er­wünscht sind (aus Grün­den der Preis­er­spar­nis hat­te für die näch­sten Jahr­zehn­te Ko­pier­pa­pier ein­ge­kauft), kratzt dies nur ganz kurz an sei­nem Ego. Er bie­tet sich an, sei­ner Frau »im Haus­halt« zu hel­fen und geht ein­kau­fen. Er be­tritt das Ge­schäft – und han­delt, wie er es seit Jahr­zehn­ten kennt. Er stellt sich vor: »Mein Na­me ist Loh­se – ich kau­fe hier ein.« – Und nie­mand nimmt No­tiz da­von.

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Ver­är­ge­rung als Straf­tat

Aus­ge­rech­net die FDP, die »den Frei­heits­be­griff in ih­rem Na­men« tra­ge, ha­be, wie man in le­sen kann, die Jour­na­li­sten auf dem Ro­stocker Par­tei­tag am Wo­chen­en­de »ver­är­gert«. Was ist Staats­tra­gen­des oder viel­leicht so­gar Grund­ge­setz­wid­ri­ges ge­sche­hen, dass Son­ja Pohl­mann vom Ta­ges­spie­gel der­art er­regt? Hat­te man sie aus­ge­sperrt? Ih­nen die Lap­tops ab­ge­nom­men? War gar das Ca­te­ring schlecht?

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