El­ler­stra­ße, Düs­sel­dorf

Der sich im Wind wie­gen­de Gras­halm, dunk­les, kräf­ti­ges Grün,
da­ne­ben der gel­be Lö­wen­zahn, klim­pern­de Au­to­schlüs­sel.

In den Be­ton­rit­zen des Kopf­stein­pfla­sters schla­fen­de
Zi­ga­ret­ten­stum­mel; klei­ne Mu­mi­en, dun­kel­gelb zwi­schen grau; wü­sten­ok­ka;
ein Ka­mel lugt von ei­ner weg­ge­wor­fe­nen Zi­ga­ret­ten­packung her­vor.

Der auch hier schwer tra­gen­de Bau­ar­bei­ter, der Mann mit Zan­ge und
blau­er Ho­se und da­zwi­schen im­mer wie­der Kin­der an den Hän­den von
Müt­tern, die Kin­der­wa­gen schie­ben.

Von über­all her­ab­hän­gen­de Ta­schen mit Lauch; Pe­ter­si­lie und Gur­ken.
Die Do­mi­nanz der Far­be Grün bei den in den Pla­stik­tü­ten
trans­por­tier­ten Wa­ren.

Der vor ei­nem Klin­gel­schild ste­hen­de Mann mit ei­ner schwar­zen
Trai­nings­ta­sche in der rech­ten Hand. Sein den Na­mens­dschun­gel
durch­käm­men­der Blick; end­lich das er­lö­sen­de Sur­ren, das Auf­drücken
der Tür, ich ha­be et­was für dich und das will ich dir ge­ben.

Das mit ei­ner Ab­deckung ver­se­he­ne Mo­tor­rad, grau; oh schlaft ihr
Mo­to­ren, schlaft ein. Der dar­aus her­vor­schau­en­de Spie­gel, als Au­ge,
als Hin­weis: Mich wird es im­mer ge­ben und: Ich se­he dich.

Das Er­tö­nen des Ge­räu­sches ei­ner Rat­sche, »oh, oh, da musst du
vor­sich­tig sein. Die sind fest. Da kannst du nicht run­ter­fal­len«.

Ein Hund bellt, et­was fiept, sich zu­zie­hen­de Din­ge, Roh­re,
Was­ser­lei­tun­gen; im­mer noch Ju­stie­rungs­ge­räu­sche.

Der Pa­ket­bo­te und sein Pa­ketturm; ein Ba­lan­ce­akt, ei­ne ar­ti­sti­sche
Dar­bie­tung. Die auch ihn er­lö­sen­den Surr­ge­räu­sche des Tür­öff­ners,
der Wi­der­hall des Sir­rens sei­nes Pa­ket­scan­ners im Ein­gangs­flur, sein
schnel­ler Schritt beim Ab­gang.

Ein Stuhl, ein Tisch, ein Ra­be, ein klar ge­stal­te­ter Bal­kon; dar­un­ter auf
dem Bür­ger­steig ein Jun­ge mit sei­nem Va­ter, aus des­sen Ta­sche die
Ge­räu­sche ei­nes Schafs kom­men; »Ich glau­be, wir ha­ben hier ein
Schaf«.

Die Va­ria­tio­nen der Men­schen beim Ge­hen, ein Schlei­chen, ein
Schlei­fen, ein stöh­nen­des Ge­hen, ein Tap­sen, ein Trip­peln;
Vo­gel­ge­zwit­scher, das sich jetzt in die Ge­räu­sche der Rat­sche mischt.

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Die Schu­he von Eta­ji­ma

Die In­sel Eta­ji­ma hat ei­ne be­trächt­li­che Aus­deh­nung (wenn ich nicht ir­re, ist es die größ­te In­sel der In­lands­see), ist aber selt­sam zer­ris­sen, so als be­stün­de sie aus meh­re­ren über­ein­an­der­ge­wor­fe­nen Halb­in­seln und Land­zun­gen, die nach al­len Rich­tun­gen ans Meer lecken. Ab­ge­se­hen da­von, daß man beim Wan­dern oder Rad­fah­ren gern mal die Ori­en­tie­rung ver­liert, stellt sich die Fra­ge der An­rei­se. Soll ich, aus dem Osten kom­mend, mit der Stra­ßen­bahn zum Ha­fen von Hi­ro­shi­ma fah­ren und dort ei­ne Fäh­re neh­men? Oder nach Ku­re fah­ren, was mit öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln um­ständ­lich ist, und dort ei­nen Bus neh­men oder gar ein Ta­xi, um an die süd­west­li­che Flan­ke der In­sel zu ge­lan­gen? Von die­ser Sei­te kann man auf Rä­dern, über Brücken, von In­sel zu In­sel, nach Eta­ji­ma rei­sen (die Schiffs­li­ni­en dort wur­den vor lan­ger Zeit ein­ge­stellt).

Nun, es ist klar, ich be­ge­be mich für mein Le­ben gern auf klei­ne, mit­un­ter auch grö­ße­re Schiffs­rei­sen, und zum Glück geht von Uji­na, dem Ha­fen von Hi­ro­shi­ma, ein Boot nach Ko­you, von wo man zu Fuß zur Ma­ri­ne­schu­le ge­hen kann. Auf der Fahrt las­se ich mich von den Wel­len schau­keln und wie­gen wie ein Gau­cho auf dem Pfer­de­rücken in der fla­chen Pam­pa. Das sind so mei­ne Il­lu­sio­nen und Freu­den, freu­di­gen Il­lu­sio­nen, die mich in die Welt Mon­tai­gnes zu­rück- oder vor­wärts­füh­ren, zu­rück und vor­wärts, wo man die­sem Rock’n‘Roll noch ein rech­tes Lob­lied sin­gen konn­te.

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Die Kunst des Auf­ge­bens V

(← IV)

Noch ein Nach­spiel

Es war im­mer noch früh, und so be­schloß ich, in Mit­a­ki aus­zu­stei­gen. Seit lan­gem will ich mir die­sen, wie ich oft sa­gen hör­te, spi­ri­tu­el­len Ort an­se­hen. Ich war schon ein­mal hier ge­we­sen, oder doch in der Nä­he, mit mei­ner Toch­ter, als sie klein war. Der Na­me Mit­a­ki be­deu­tet »drei Was­ser­fäl­le«. Schon da­mals hat­te ich mir ge­sagt, ich möch­te doch zu gern wis­sen, ob es sich um ei­nen drei­tei­li­gen Was­ser­fall han­delt oder wirk­lich um drei von­ein­an­der ge­trenn­te, ver­schie­de­ne. Der Auf­stieg bis zur hei­li­gen Zo­ne ist et­was müh­sam, nicht so sehr we­gen der Steil­heit des Ge­län­des als we­gen des Asphalts und den sich gar so hin­zie­hen­den Kur­ven. Die Be­su­cher kom­men im Au­to hier­her, ei­ni­ge we­ni­ge auch im Li­ni­en­bus. Es gibt da wie­der ein­mal ei­ne Ga­be­lung, links geht es zum Wald­spiel­platz und zum Na­tur­mu­se­um für Kin­der, rechts zum Tem­pe lare­al. Yo­ko­hat­te sich na­tur­ge­mäß für das Spiel ent­schie­den, ge­gen bud­dhi­sti­sche Be­schau­lich­keit, und sie war so oft die lan­ge, dem Ge­län­de sich an­schmie­gen­de blaue Rut­sche hin­un­ter­ge­glit­ten und hat­te sämt­li­che Ge­schick­lich­keits­par­cours, Klet­ter­wän­de und Hän­ge­brücken aus­pro­biert, bis sie völ­lig er­schöpft und es Zeit zur Heim­rei­se war.

Bild 1 – Kunst des Aufgebens V – © Leopold Federmair
Bild 1 – Kunst des Auf­ge­bens V – © Leo­pold Fe­der­mair

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Die Kunst des Auf­ge­bens IV

(← III)

Nach­spiel

Da ich mit Dai­ko­ku nun ein­mal ver­traut, wenn nicht so­gar ver­trau­lich ge­wor­den war, konn­te ich nicht um­hin, den Schrein auf­zu­su­chen, der sei­nen Na­men trug. Er war mir auf der Land­kar­te auf­ge­fal­len, lag noch in un­se­rer Re­gi­on, aber ziem­lich weit weg von mei­ner nä­he­ren Um­ge­bung. Ich konn­te ihn nur mit der Ei­sen­bahn er­rei­chen, stieg am Haupt­bahn­hof von Hi­ro­shi­ma in ei­nen Wag­gon der mir recht ver­trau­ten Ka­be-Li­nie um.

Bild 1 – Kunst des Aufgebens IV – © Leopold Federmair
Bild 1 – Kunst des Auf­ge­bens IV – © Leo­pold Fe­der­mair

Der Ort selbst hieß Bai­rin, al­so Pflau­men­hain; noch ein Grund für mich, hin­zu­fah­ren. Ich stieg an ei­nem wah­ren Pro­vinz­bahn­hof aus, kaum mehr als ei­ne Hal­te­stel­le, mit We­gerl ne­ben dem ein­zi­gen Ge­leis, das der Bahn­steig für ein paar Me­ter in zwei ga­bel­te. Da­bei wur­de der Raum jen­seits des Ge­lei­ses, stadt­sei­tig, von ei­nem weit­läu­fi­gen Ein­kaufs­zen­trum mit den üb­li­chen fen­ster­lo­sen Kä­sten und Ku­ben ein­ge­nom­men, wäh­rend ge­gen­über die be­wal­de­ten Ber­ge als­bald steil an­stie­gen. Auf der Kar­te hat­te ich er­kannt, daß ich ein Stück­weit ge­gen die Fahrt­rich­tung zu ge­hen hat­te, und war über­rascht, als der Schrein, bes­ser: das Schrein­chen schon nach we­ni­gen Schrit­ten vor mir auf­tauch­te. Be­drängt von ei­nem Ein­fa­mi­li­en­haus, zwei da­vor ge­park­ten Au­tos und lau­ter Ra­dio­mu­sik, schien es sich dünn zu ma­chen wie je­mand, der den Bauch ein­zieht – ein Ein­druck, den die vie­len klei­nen, an Obe­lis­ken er­in­nern­den Schrift­säul­chen, die ihn um­frie­de­ten, noch ver­stärk­te. Ich ging ein‑, zwei­mal um ihn her­um. Von Dai­ko­ku kei­ne Spur, über­haupt kei­ne ein­zi­ge Sta­tue, nur die üb­li­che Lee­re im Ta­ber­na­kel. Der Kra­nich im Gie­bel­feld, die Flü­gel über Wel­len oder Wol­ken aus­ge­brei­tet, war die ein­zi­ge Ver­bin­dung zu mei­ner Be­geg­nung mit der lu­sti­gen Gott­heit in Ogu­ra. Im­mer­hin!

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Die Kunst des Auf­ge­bens III

(← II)

Wie­der am bi­vio, war­um nicht doch die an­de­re Mög­lich­keit wäh­len? Ent­schei­dung re­vi­die­ren? Bei­des tun! Es ging steil berg­auf, zu­letzt war die Stra­ße ge­schot­tert, wohl hat­te man sie ver­brei­tert, da­mit Bag­ger an den Schrein her­an­kä­men, die ich dort im ab­ge­holz­ten Ge­län­de ta­ten­los her­um­ste­hen sah. Ei­ne Ta­fel be­zeich­ne­te dem Be­su­cher den Ort, das Grün­dungs­da­tum 1204, da­zu das Göt­ter­lied von Mi­na­mo­to no Yor­i­ma­sa, ei­nem dich­ten­den Krie­ger, der es im Jahr­hun­dert vor dem drei­zehn­ten (nach christ­li­cher Zeit­rech­nung) ver­faßt hat­te. Das klei­ne Bau­werk war zwei­fel­los viel­mal er­neu­ert wor­den, si­cher auch manch­mal be­schä­digt, un­ter­spült, von ei­nem stür­zen­den Baum ge­trof­fen, neu er­rich­tet, wie es hier­zu­lan­de so oder so der Brauch ist. Bei den letz­ten Un­wet­tern hat­te sich das Erd­reich links und rechts vom Ogu­ra-Schrein ge­löst, zwei La­wi­nen wa­ren an ihm vor­bei­gerauscht, er selbst hat die Ka­ta­stro­phe über­stan­den.

Bild 1 – Kunst des Auf­ge­bens III – © Leo­pold Fe­der­mair

Ha­be jetzt wirk­lich den Rand des Ran­des der Welt er­reicht: das war mein Flü­ster­ge­dan­ke, als ich die letz­te Stu­fe der Stein­trep­pe hin­ter mir hat­te und auf dem Pla­teau stand. Wenn die Er­de an­nä­hernd ei­ne Ku­gel ist, gibt es kei­nen Rand, es gibt nur Mit­ten. Der Ogu­ra-Schrein be­fand sich in der Mit­te der Mit­te. Bei­des galt, Rand und Mit­te. Und die Be­we­gung konn­te im­mer noch wei­ter­ge­hen. Ob­wohl sich in Bäl­de, dach­te ich, ei­ne Pau­se emp­fiehlt. Ein (vor­läu­fi­ges) En­de von Rand und Mit­te.

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Die Kunst des Auf­ge­bens II

(← I)

Den Ogu­ra-Schrein woll­te ich noch nicht auf­ge­ben. Es gab, laut Kar­te, die ich dies­mal wohl­weis­lich ein­steck­te, noch ei­nen an­de­ren Zu­brin­ger zu die­ser schnur­ge­ra­den, am En­de nur noch strich­lier­ten Stra­ße. Ich fuhr al­so los, lern­te wie­der ein paar Ort­schaf­ten ken­nen, kam an ei­nem ur­alten mäch­ti­gen Block­haus vor­bei, das vor vie­len Jah­ren als Ge­mischt­wa­ren­la­den ge­dient ha­ben muß­te, und sah we­nig spä­ter die lang­ge­zo­ge­nen fla­chen Ge­bäu­de aus dem­sel­ben dunk­len Holz, das Ge­län­de um­ge­ben von Sta­chel­draht, hin­ter dem Haupt­tor ein Sol­dat. Wie sel­ten be­geg­ne ich hier Sol­da­ten, fast er­freut es mein pa­zi­fi­sti­sches Herz. Nun, das ja­pa­ni­sche Mi­li­tär ist fried­lie­bend, es dient ge­mäß der Ver­fas­sung von 1947 nur der Selbst­ver­tei­di­gung. Die Ka­ser­ne hat­te den letz­ten Krieg heil über­stan­den, drei­ßig Ki­lo­me­ter ent­fernt war ei­ne Atom­bom­be ex­plo­diert, ob die Krie­ger es da­mals, am 6. Au­gust, über­haupt mit­be­ka­men?

Bild 1 – Kunst des Auf­ge­bens II – © Leo­pold Fe­der­mair

Vom Ogu­ra-Schrein je­doch kei­ne Spur. Ich fuhr ei­nen Ki­lo­me­ter weit zu­rück, nahm aufs Ge­ra­te­wohl ei­nen Reis­feld­weg, tam­bo­mic­hi, kam an ei­ner Volks­schu­le vor­bei und dann wirk­lich auf die er­sehn­te schnur­ge­ra­de, recht brei­te, nach zwei, drei Ki­lo­me­tern nicht mehr asphal­tier­te, durch Kie­fern­wäl­der schnei­den­de Stra­ße, die zwei­fel­los von den Sol­da­ten ge­baut wor­den war. Wei­ter drü­ben, in süd­west­li­cher Rich­tung, hat­te ich letz­tes Jahr ein ähn­li­ches Ge­biet durch­quert. Da­mals war ich ei­nem ein­sa­men Golf­spie­ler be­geg­net, jetzt war es ein Mo­to­cross­fah­rer, den ich ei­ne Zeit­lang vor mir her­rat­tern sah und bald nur noch hör­te, wie er sich auf Sei­ten­stra­ßen ent­fern­te, wie­der nä­her­kam, end­lich doch ent­fern­te. Der Bo­den war leh­mig, zu­erst gelb, dann braun, schließ­lich rot, und ich dach­te wie­der ein­mal an das Land der Gua­raní, an die ro­te Er­de und die – bis hin zur Haupt­stadt und dem An­we­sen von Dok­tor Fran­cia, dem Dik­ta­tor (dem Au­gu­sto Roa Ba­stos ein na­tur­ge­mäß am­bi­va­len­tes Denk­mal ge­setzt hat) – recht be­schei­de­nen, zu­rück­hal­ten­den Sied­lun­gen (auch die Haupt­stadt ein Dorf), die ich wohl nie mehr wie­der­se­hen wer­de.

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Die Kunst des Auf­ge­bens I

Auf der Land­kar­te war mir ein Shin­to-Schrein auf­ge­fal­len, er soll­te sich am En­de ei­ner lan­gen, schnur­ge­ra­de west­wärts füh­ren­den Stra­ße be­fin­den, das letz­te Stück auf der Kar­te nur noch strich­liert, was im­mer das hei­ßen moch­te. Ein Fuß­weg, ein Pfad? Ein We­gerl?

In alt­ver­trau­ter Ar­ro­ganz ver­gaß ich, die Kar­te mit­zu­neh­men, und freu­te mich auch noch dar­über. Er­stens glaub­te ich mir den Weg ge­nau ein­ge­prägt zu ha­ben, zwei­tens will ich mich schon ein Le­ben lang in der Kunst des Ver­ir­rens üben. Nach mei­ner Ein­schät­zung und Er­in­ne­rung muß­te der Fahr­weg von der Ufer­stra­ße ei­nes mir gut be­kann­ten Stau­sees ab­ge­hen, un­weit von dem Spiel­platz, den ich mit mei­ner Toch­ter manch­mal auf­such­te, als sie noch klein war und wei­ter drü­ben am Turn­un­ter­richt ei­ner be­tag­ten ehe­ma­li­gen Spit­zen­sport­le­rin teil­nahm. Vor ei­nem Kul­tur­zen­trum war ei­ne In­for­ma­ti­ons­ta­fel, die Wan­der­we­ge vor­schlug: 1,2 Ki­lo­me­ter lang der ei­ne, 2,2 der an­de­re, lä­cher­li­che Strecken für ei­nen er­fah­re­nen Pil­ger wie mich, au­ßer­dem kann­te ich die Ge­gend jen­seits von den Seen wie mei­ne We­sten­ta­sche. Die an­de­re Sei­te, wo die Berg­hän­ge steil an­stie­gen, kann­te ich kaum.

Bild 1 – Kunst des Auf­ge­bens I – © Leo­pold Fe­der­mair

Auf der ab­zwei­gen­den Stra­ße stieß ich nach kur­zem auf ei­ne Ab­sper­rung, dort ließ ich mein Fahr­rad ste­hen. Gel­bes, manns­ho­hes Schilf­gras er­ober­te von den Rän­dern her die Fahr­bahn; Fahr­zeu­ge ka­men hier sehr sel­ten durch. Nach ei­ner Wei­le fiel mir ein Schild in die Au­gen, das die Strecke als Par­cours für Wald­läu­fer aus­wies. We­nig spä­ter kam mir ein Mann ent­ge­gen, oh­ne Sport­klei­dung, auch kein Wan­de­rer, kei­ner wie ich. Wahr­schein­lich hat­te er bei den Was­ser­re­ser­voirs zu tun ge­habt, die wei­ter oben im Wald ver­bor­gen wa­ren; gro­ße, zy­lin­der­för­mi­ge Be­häl­ter die der Ver­sor­gung der gan­zen Ort­schaft hier dien­ten. In der Kur­ve, die an dem Are­al vor­bei­führ­te, spür­te ich es schon: Hier war et­was pas­siert, der Berg – nicht zer­bro­chen, aber si­cher be­schä­digt. Baum­stäm­me la­gen her­um, sie wa­ren zu­sam­men mit Fels­brocken das Tal her­un­ter­ge­kom­men, wo nur noch ein schma­ler, stei­ler Weg berg­an führ­te, wenn es denn ein Weg war; wahr­schein­lich nicht, nur ein Ab­weg; nach ei­ner Wei­le dreh­te ich um. Als die Was­ser­zy­lin­der un­ter mir auf­tauch­ten, be­merk­te ich, daß die Stra­ße in die an­de­re Rich­tung zeig­te. Ich stieg über Baum­stäm­me, trat nä­her und sah jetzt auch schon die Schlucht, die die Was­ser­mas­sen ge­ris­sen hat­ten, sah die dün­ne schwärz­li­che Asphalt­decke, dar­un­ter hell­brau­ne Er­de. Die La­wi­ne war in der weit­ge­zo­ge­nen Kur­ve ab­ge­gan­gen, die die Stra­ße einst hier be­schrie­ben hat­te, in­dem sie sich an das Ge­län­de an­ge­schmiegt hat­te; jetzt war sie un­pas­sier­bar, die an­de­re Sei­te drei­ßig, vier­zig Me­ter ent­fernt.

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Weih­nach­ten mit Wolf­gang Welt

Mehr Ma­jo­ran Weih­nach­ten vor fünf­zig Jah­ren Von Wolf­gang Welt Die Ze­che Bruch­stra­ße wür­de im näch­sten Jahr still­ge­legt, und es war das letz­te Weih­nach­ten da­vor. Das Lohn­bü­ro der Ze­che, in der der Va­ter be­schäf­tigt war, ar­bei­te­te bis nach­mit­tags, und als der Va­ter um vier Uhr noch nicht zu Hau­se war, ahn­te die Mut­ter, der Pa­pa ist ...

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