Aus der Nach­rich­ten­höh­le

Herrn Dr. Gniff­ke, sei­nes Zei­chen 1. Chef­re­dak­teur bei »NDR/ARD Ak­tu­ell«, reicht’s! In ei­nem Blog­ein­trag pol­tert er aus sei­ner Nach­rich­ten­höh­le ge­gen die­je­ni­gen, die das Bild der mar­schie­ren­den Po­li­ti­ker in Pa­ris als In­sze­nie­rung apo­stro­phie­ren. Je­des Po­li­ti­ker­bild sei ei­ne In­sze­nie­rung, so Gniff­ke. Und im üb­ri­gen ver­wahrt er sich ge­gen je­ne, die die­se Nach­rich­ten­fäl­schung als sol­che be­nen­nen, wie zum Bei­spiel Ines Pohl.

Die Tak­tik ist nicht ganz neu, al­ler­dings die Rhe­to­rik. Die Dünn­häu­tig­keit bei Jour­na­li­sten scheint aus­ge­prägt zu sein; sie sind nicht ger­ne sel­ber Ge­gen­stand der Be­richt­erstat­tung, son­dern tei­len lie­ber aus. Ge­stern wur­de »Lü­gen­pres­se« zum »Un­wort des Jah­res« er­nannt, da glaub­te Gniff­ke sich viel­leicht un­be­sieg­bar. Bis jetzt ha­ben sich 295 Kom­men­ta­re zum Blog­ein­trag ein­ge­fun­den – durch­aus et­li­che dar­un­ter, die ihm zu­stim­men. Ei­ne Dis­kus­si­on ent­steht den­noch nicht, weil sich die Re­dak­ti­on – wie vor­her auch schon – zu­ver­läs­sig ver­wei­gert.

Gniff­kes Kern­the­se: Je­des Po­li­ti­ker­bild ist per se ei­ne In­sze­nie­rung – al­so braucht man sich auch nicht wun­dern, wenn die­ser Trau­er­marsch ei­ne sol­che ist. Der Un­ter­schied ist nur, dass die »nor­ma­len« Po­li­ti­ker­in­sze­nie­run­gen als sol­che sicht­bar und für den Zu­schau­er min­de­stens er­ahn­bar sind. Aus­schnit­te aus Pres­se­kon­fe­ren­zen, die fast schon ri­tua­li­sier­ten Op­po­si­ti­on-hat-auch-et­was-zu-sa­gen-State­ments (ma­xi­mal ein Satz; manch­mal nur ein hal­ber), die­se un­se­li­gen wie nichts­sa­gen­den Bil­der von »Gip­feln« oder Staats­be­su­chen – all die­se In­sze­nie­run­gen sind längst zum iko­no­gra­fi­schen Be­stand­teil von Nach­rich­ten­sen­dun­gen ge­wor­den. Man könn­te es ein biss­chen ru­sti­kal aus­drücken: Nie­mand glaubt mehr, dass es hier um die Ver­mitt­lung in der Sa­che geht – es sind Sprach­spie­le, die not­ge­drun­gen be­bil­dert wer­den (müs­sen); lei­der im­mer mehr be­wegt und mit O‑Tönen statt als Stand­bild und von ei­nem neu­tra­len Spre­cher vor­ge­le­sen. Wei­ter­le­sen

Wer­ner Bar­tens: Es reicht!

Werner Bartens: Es reicht!

Wer­ner Bar­tens: Es reicht!

Wer ei­ne be­lie­bi­ge Rat­ge­ber- oder Verbrau­chersendung im Fern­se­hen an­schaut kann es nicht ver­mei­den auf die ewig glei­chen, aber mit Em­pha­se vor­ge­brach­ten Er­näh­rungs- und Le­bens­mit­tel­tipps (nebst ent­spre­chen­den Koch­re­zep­ten) zu sto­ßen. Dem­nach sind wir (fast) al­le zu dick, es­sen und trin­ken zu viel und zu fet­tig bzw. voll­kom­men falsch und be­we­gen uns zu we­nig. Wenn wir wi­der Er­war­ten ein­mal al­les rich­tig ma­chen, droht den­noch im­mer wie­der neu der Ab­grund des Bö­sen. Die Nah­rungs­mit­tel­in­du­strie ist näm­lich ein Dä­mon, der uns bei­spiels­wei­se mit Zucker und Salz ab­hän­gig macht wie ein Pau­sen­hof­dea­ler, der Ju­gend­li­che zum Dro­gen­kon­sum ver­führt. Dass die Lebens­erwartung stän­dig steigt, wird ger­ne igno­riert. Wenn ra­tio­na­le Ar­gu­men­te ver­sa­gen, wird mo­ra­lisch ar­gu­men­tiert. Neu­lich wur­de in ei­nem WDR2-Ra­dio­bei­trag das kor­rek­te Hei­lig-Abend-Me­nü be­spro­chen. Auch der Hun­ger in der Welt soll sich mit der Stär­kung re­gio­na­ler Le­bens­mit­tel und be­son­ders scho­nen­dem Land­bau be­kämp­fen las­sen, was ein biss­chen an die gut­ge­mein­ten Rat­schlä­ge der Groß­mutter er­in­nert, die an die ar­men Kin­der­chen in Afri­ka er­in­ner­te, wenn man als Kind par­tout den Tel­ler nicht leer­essen moch­te.

Re­prä­sen­ta­tiv für die­se Form der Gou­ver­nan­ten­tums ist Yvonne Wil­licks vom WDR, die in ih­rer Sen­dung »Ser­vice­zeit« (ein eu­phe­mi­sti­scher Na­me, denn der ein­zi­ge Ser­vice be­steht dar­in, den Kon­su­men­ten ein schlech­tes Ge­wis­sen ob ih­res Le­bens­stils ein­zu­re­den) kei­ne Ge­le­gen­heit aus­lässt, den per se fau­len, über­ge­wich­ti­gen und – mein Gott! – fleisch­essenden Zu­schau­er auf den rech­ten Pfad zu lot­sen. Be­fragt wer­den die Be­haup­tun­gen über die ver­meint­lich rich­ti­ge Er­näh­rung längst nicht mehr (das ha­ben sie mit Re­li­gio­nen ge­mein, die sich auch nicht be­fra­gen) oder höch­stens noch in Mit­ter­nachtstalk­shows, wenn ei­ne Knall­char­ge wie Udo Poll­mer schlank­weg das Ge­gen­teil der gän­gi­gen Er­näh­rungs­dok­trin be­haup­ten darf. Be­son­ders er­hel­lend ist das auch nicht. Wei­ter­le­sen

Dis­kurs­ethik und De­mo­kra­tie

Ei­ni­ge Wort­mel­dun­gen, Be­ur­tei­lun­gen und Stel­lung­nah­men zu Pe­gi­da sind ein An­lass, um über die Grund­la­gen und die Wich­tig­keit des öf­fent­li­chen Dis­kur­ses1 als Mit­tel der Ver­hand­lung (über Po­li­tik) in De­mo­kra­tien nach­zu­den­ken; da­ne­ben gibt es ei­ne Rei­he bei­na­he täg­lich an­ge­wand­ter rhe­to­ri­scher Tricks, die die Me­tho­dik und die Kon­zep­ti­on des ra­tio­na­len Dis­kur­ses un­ter­lau­fen und ma­ni­pu­lie­ren: Man ist schein­bar Teil­neh­mer, setzt sich aber auf Grund von Schein­ar­gu­men­ten, un­sach­li­chen An­grif­fen, Täu­schun­gen, usw. durch. — Da die­ser dis­kur­si­ve Rah­men als Kern un­se­rer De­mo­kra­tien im­mer wie­der, nein, man muss sa­gen: lau­fend au­ßer Kraft ge­setzt wird, gilt es re­gel­mä­ßig auf ihn hin­zu­wei­sen und ihn ein­zu­for­dern, als Re­gel­werk, das letzt­lich al­len po­li­ti­schen Dis­kus­sio­nen und Ent­schei­dun­gen zu Grun­de liegt und für Trans­pa­renz und Nach­voll­zieh­bar­keit sorgt. Wei­ter­le­sen


  1. Der Begriff "Diskurs" bezeichnet hier zweierlei: Erstens, die einzelnen, öffentlichen Diskurse zu unterschiedlichen Thematiken und zweitens, diese als Gesamtheit der öffentlichen Auseinandersetzung (öffentlicher Diskurs); der Begriff "Diskussion" findet im Sinn konkreter, von Individuen geführten Gesprächen und Auseinandersetzungen, Anwendung.  

Im­ma­nu­el Kant: Kö­che oh­ne Zun­ge (Hrsg.: Jens Ku­len­kampff)

Immanuel Kant: Köche ohne Zunge (Hrsg.: Jens Kulenkampff)

Im­ma­nu­el Kant:
Kö­che oh­ne Zun­ge
(Hrsg.: Jens Ku­len­kampff)

»Kant ist kein Apho­ri­sti­ker ge­we­sen.« So be­ginnt Jens Ku­len­kampff sein Vor­wort zu dem Bänd­chen »Kö­che oh­ne Zun­ge«, wel­ches dann doch ir­gend­wie ein apho­ri­sti­sches Buch wer­den soll – und ge­wor­den ist. Ku­len­kampff be­schreibt de­tail­liert und in­struk­tiv das Vor­ge­hen, die be­hut­sa­me und oft ge­nug schwie­ri­ge Entkontex­tualisierung aus dem »Hand­schrift­li­chen Nach­lass« Kants, den Bän­den 14 bis 20 der Ge­samt­aus­ga­be. Je­des der ver­wen­de­ten Zi­ta­te wird aus­ge­wie­sen und phi­lo­lo­gisch be­legt. Man glaubt ei­ner­seits das schlech­te Ge­wis­sen des Her­aus­ge­bers förm­lich zu spü­ren, an­de­rer­seits je­doch auch das gro­ße Ver­gnü­gen, mög­lichst au­then­tisch lo­se Ge­dan­ken des Phi­lo­so­phie­ge­nies auf die­se po­pu­lä­re Art und Wei­se her­aus­zu­brin­gen.

Um es vor­weg zu sa­gen: Es ist wun­der­bar ge­lun­gen; scho­nend und rück­sichts­voll in Be­zug auf Kants Ge­dan­ken­ge­bäu­de, die durch ver­zerr­tes Zi­tie­ren nicht zu put­zi­gen Baum­häu­sern de­gra­diert wer­den. Da­mit ist die­ses Buch – dem Au­tor ent­spre­chend – eben trotz der kur­zen Form kei­ne leich­te Lek­tü­re. Wer glaubt, die knapp ein­hun­dert Sei­ten schnell kon­su­mie­ren zu kön­nen, irrt. Das Tem­po gibt wei­ter­hin Kant vor. Man­che No­ta­te be­schäf­ti­gen den Le­ser und las­sen ihn für lan­ge Zeit nicht mehr in Ru­he, so ver­wickelt sind sie. Es gibt dann ei­ne so­li­de 50:50 Chan­ce, dem Ge­dan­ken­gang Kants auf die Spur zu kom­men. Bei an­de­ren Aus­sprü­chen nickt man hin­ge­gen so­fort; ge­le­gent­lich zu früh. Wei­ter­le­sen

Der Fla­neur aus dem El­fen­bein­turm

Über den Dich­ter-Er­zäh­ler Xa­ver Bay­er

Treff­punkt: ei­ne Art Un­ort. Ein Ca­fé, ein­ge­rich­tet eher wie ein Wirts­haus, an ei­nem sams­tags un­ge­heu­er be­leb­ten Markt an der städ­ti­schen Pe­ri­phe­rie von Wien. Im halb­dunklen Raum des Ca­fés wäh­rend der zwei Stun­den kaum Gä­ste: an­de­re Welt, in der sich gut re­den – und schrei­ben läßt, denn Xa­ver Bay­ers Bü­cher ent­ste­hen hand­schrift­lich an Or­ten wie die­sem. Woh­nen tut er im Zen­trum, in ei­ner von der Groß­mutter übernommen­en Woh­nung mit ei­nem Miet­zins, der so nied­rig ist, daß ihn die Be­sit­zer has­sen, weil er im­mer noch nicht aus­ge­zo­gen ist. Mit die­sem Ge­dan­ken spielt er, weil er die hyper­kommerzialisierte In­nen­stadt zu­neh­mend un­er­träg­lich fin­det. Aber der Miet­zins ist heu­te auch an der Pe­ri­phe­rie zu hoch. Ei­ne lu­xu­riö­se und zu­gleich be­schei­de­ne Exi­stenz führt der Dich­ter, nicht as­ke­tisch, aber am Mi­ni­mum ent­lang. Das Wort »Lu­xus« ge­braucht Bay­er öf­ters, im­mer mit ent­schul­di­gen­der Ge­ste. Und als Dich­ter er­scheint er mir, seit ich ihn ken­ne, ob­wohl er in er­ster Li­nie ein Er­zäh­ler ist. Mor­gens nach dem Auf­ste­hen, er­zählt er, liest er ei­ne gan­ze Wei­le Ge­dich­te. So be­ginnt in der Re­gel sein Tag.

Xaver Bayer  ©  Leopold Federmair

Xa­ver Bay­er © Leo­pold Fe­der­mair

Schon als ich ihn das er­ste Mal traf, wirk­te er wie ei­ne Ge­stalt aus ei­ner an­de­ren Zeit. Ei­ner, der ein we­nig da­ne­ben­steht, räum­lich wie zeit­lich da­ne­ben, dies aber mit vol­lem Selbst­be­wußt­sein. Ei­ner, der durch die Zei­ten geht. Paul Jandl hat ihn vor mehr als ei­nem Jahr­zehnt, als Bay­er ein jun­ger New­co­mer war, der Ge­ne­ra­ti­on Golf zu­ge­ord­net und da­bei auch die Au­tos ge­meint, die in Bay­ers frü­hen Er­zäh­lun­gen, wo der Held mei­stens auf Ach­se ist wie in ei­nem Road-Mo­vie, fast em­ble­ma­tisch wir­ken. Ein ei­ge­nes Au­to, Flug­reisen, Com­pu­ter­spie­le – das sind für Bay­ers Hel­den Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten (wie für je­den mitt­ler­wei­le), es sind Rea­lia und Uten­si­li­en ei­ner Zeit, aber Bay­ers Li­te­ra­tur zeich­net sich ge­ra­de da­durch aus, daß sie all das, was ak­tu­ell ist und von Jour­na­li­sten ver­ehrt und be­re­det wird, be­gut­ach­ten und von sei­ner Ak­tua­li­tät be­frei­en. Auf der Su­che nach dem Leuch­ten, das oft ge­nug das Zu­fäl­li­ge und Flüch­ti­ge, ja, das Ver­ächt­li­che birgt. In Ge­sprächen über Li­te­ra­tur, frem­de wie ei­ge­ne, zielt Bay­er oft­mals auf das, was »Be­stand hat«, und schenkt dem, was kei­nen hat (was sich frei­lich erst im Lauf der Zeit er­weist), ein mü­des Lä­cheln. Das ist auch der Grund, war­um er Auf­trags­ar­bei­ten ab­lehnt; sie wür­den ihn in Denk- und Schreib­rich­tun­gen zwin­gen, die nicht aus ihm selbst kä­men. Ich glau­be nicht, daß es heu­te vie­le Au­toren gibt, die mit sol­cher Rein­heit dem Sinn ih­rer Exi­stenz nach­kom­men – ih­rer Be­ru­fung, um es alt­mo­disch aus­zu­drücken. Ei­nem Sinn, der sei­ne ei­ge­ne Frag­lich­keit in sich trägt, dem der Schrei­ben­de in vie­len Mo­men­ten aber auch ver­trau­en kann. Im neu­en Buch, Ge­heim­nis­vol­les Kni­stern aus dem Zau­ber­reich, rührt Bay­er an bei­de Sei­ten, ei­ne Pen­del­be­we­gung be­schrei­bend, ein sanf­tes, zu­wei­len un­merkliches Hin und Her zwi­schen Va­ni­tas und der Hoff­nung, man kön­ne dem Le­ben, auch die­sem hier, in die­ser und die­ser Ge­ne­ra­ti­on, zu­stim­men. Wei­ter­le­sen

Russ­land, die Ukrai­ne und Zbi­gniew Brze­zin­ski

Ge­le­gent­lich hilft es ja, sich dem Me­di­en­stream aus­zu­set­zen. So wur­de ich auf ei­ne Dis­kus­si­on auf­merk­sam, in der es wie­der ein­mal um die Ukrai­ne, Russ­land und den We­sten ging. Der Zu­schnitt der Sen­dung war auf Kra­wall ge­bür­stet, der auch schon früh ein­trat. Der bis­her nicht durch po­li­ti­sche Ana­ly­sen be­son­ders her­vor­ge­tre­te­ne Börsen­händler Dirk Mül­ler wur­de als »Putin­ver­ste­her« an­ge­kün­digt und auch flugs von Eric Frey vom öster­rei­chi­schen »Stan­dard« als sol­cher de­kla­riert. Die­ses Eti­kett ist nicht neu; es dient al­len Denk­fau­len da­zu, lä­sti­ge An­sich­ten mit ei­nem Fe­der­strich zu dis­kre­di­tie­ren. Die Ge­schwin­dig­keit, mit der die­ses At­tri­but aus dem rhe­to­ri­schen Waf­fen­ar­se­nal ge­zo­gen wird, ist enorm. Es er­in­nert von Fer­ne an die Ein­wän­de der Rechts­kon­ser­va­ti­ven und Ver­trie­be­nen in den 1970er Jah­ren, die mit ähn­li­chen Pa­ro­len die Po­li­tik des Aus­gleichs der so­zi­al­li­be­ra­len Re­gie­rung mit den Län­dern Ost­eu­ro­pas dif­fa­mier­ten. »Vaterlands­verräter« war noch das mil­de­ste At­tri­but. Le­dig­lich auf die For­mu­lie­rung »Bre­sch­new-Ver­ste­her« ist da­mals nie­mals ge­kom­men, was ge­wis­se Rück­schlüs­se auf das heu­ti­ge Er­re­gungs­pre­ka­ri­at der so­zia­len Me­di­en zu­lässt.

In der o. e. Dis­kus­si­on spiel­te ein Buch ei­ne Rol­le, des­sen Kennt­nis of­fen­sicht­lich al­len Teil­neh­mern nicht glei­cher­ma­ßen ge­läu­fig war. Es heißt im deut­schen Ti­tel »Die ein­zi­ge Welt­macht – Ame­ri­kas Stra­te­gie der Vor­herr­schaft« und ist von Zbi­gniew Brze­zin­ski ver­fasst, dem Si­cher­heits­be­ra­ter ei­ni­ger (de­mo­kra­tisch do­mi­nier­ter) US-Re­gie­run­gen (ob of­fi­zi­ell oder in­of­fi­zi­ell). Das Buch ist von 1997 und gilt of­fen­bar als Ge­heim­tipp. Bei Ama­zon ist das gün­stig­ste An­ge­bot ak­tu­ell bei rund 190 Eu­ro; für ein Ta­schen­buch ein stol­zer Preis. Die Links auf die ko­sten­lo­se Zur­ver­fü­gung­stel­lung set­ze ich jetzt nicht um mich nicht straf­bar zu ma­chen – aber mit ein biss­chen Su­chen kann sich je­der ei­ne wenn auch schlecht for­ma­tier­te Ver­si­on als pdf her­un­ter­la­den (ein fin­di­ger Kopf ver­kauf­te für kur­ze Zeit den pdf-Aus­druck bei Ama­zon für 30 Eu­ro).

Um es vor­weg zu sa­gen: Die­se Lek­tü­re lohnt trotz des Zeit­ab­stands. Man muss Zbi­gniew Brze­zinskis The­sen in die­sem Buch nicht tei­len. Für Brze­zin­ski ist Po­li­tik ein Schach­spiel (der eng­li­sche Ti­tel ist ent­spre­chend: »The Grand Ch­ess­board«), in dem es vor al­lem dar­um geht, stra­te­gi­sche Vor­tei­le für die USA zu er­rin­gen um Macht­an­sprü­che zu er­hal­ten oder aus­zu­bau­en. Ins Zen­trum sei­ner Be­trach­tun­gen steht »Eu­ra­si­en« – der Raum von Lis­sa­bon bis Wla­di­wo­stok. Wei­ter­le­sen

Staat und Re­li­gi­on

Den Her­aus­for­de­run­gen die »der Is­lam« in Form un­ter­schied­li­cher Grup­pie­run­gen und Rich­tun­gen für die eu­ro­päi­schen Ge­sell­schaf­ten dar­stellt, wird u.a. mit spe­zi­el­len Ge­set­zen (Ver­schleie­rungs­ver­bo­te, No­vel­lie­rung des öster­rei­chi­schen Is­lam­ge­set­zes) zu be­geg­nen ver­sucht. Zeit­gleich tre­ten durch die Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on, die sich is­la­mi­scher Staat nennt, ver­schüt­te­te oder un­zu­rei­chend be­ant­wor­te­te Fra­gen wie­der deut­lich her­vor: Je­ne nach der Tren­nung von Is­lam und Is­la­mis­mus, dem Ver­hält­nis zur und der Recht­fer­ti­gung von Ge­walt oder die Po­li­ti­sie­rung von Re­li­gi­on: Das Ver­hält­nis der mus­li­mi­schen Gemein­schaften zu den eu­ro­päi­schen Ge­sell­schaf­ten scheint un­ter Zeit­druck for­mu­liert wer­den zu müs­sen, ob­wohl die ent­spre­chen­den Dis­kus­sio­nen min­de­stens 15 Jah­re alt sind. Den bis­he­ri­gen Be­mü­hun­gen bei­der Sei­ten steht die Flucht zahl­rei­cher jun­ger Men­schen in die Ar­me die­ser Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on, ge­gen­über: Die eu­ro­päi­schen Ge­sell­schaf­ten schei­nen über we­nig Bin­dungs­kraft zu ver­fü­gen und das Le­ben in Eu­ro­pa für ei­nen Teil der Mus­li­me we­nig er­fül­lend zu sein.

Die­ser Es­say ist auch ei­ne Re­plik auf zwei Tex­te von Ni­ko Alm1; er spürt dem Ver­hält­nis von Staat und Re­li­gi­on nach und ver­sucht ei­ne ar­gu­men­ta­tiv-prag­ma­ti­sche Ant­wort, oh­ne zu­erst ein be­stehen­des Kon­zept her­an­zu­zie­hen: So soll ver­sucht wer­den, der gegen­wärtigen Si­tua­ti­on, mit mög­lichst we­nig Vor­ein­ge­nom­men­heit, Rech­nung zu tra­gen. Dies soll in den Kon­text der bis­he­ri­gen Pra­xis in Öster­reich ge­stellt und das Is­lam­ge­setz, des­sen Be­gut­ach­tungs­frist so­eben en­de­te, in prin­zi­pi­el­ler Hin­sicht dis­ku­tiert wer­den. — Da­vor wird der Be­griff Re­li­gi­on, sein Ver­hält­nis zur Po­li­tik, den Men­schen im All­ge­mei­nen und den west­li­chen Ge­sell­schaf­ten im Be­son­de­ren um­ris­sen. — Wenn von »dem Is­lam« oder »dem Chri­sten­tum« (und an­de­ren Re­li­gio­nen) ge­spro­chen wird, dann ist da­mit kei­ne ho­mo­ge­ne Tra­di­ti­on ge­meint, son­dern zahl­rei­che, die die ei­ne oder an­de­re Cha­rak­te­ri­stik tei­len. — Die fol­gen­den Be­trach­tun­gen sind an et­li­chen Stel­len auf die gro­ßen mo­no­the­isti­schen Re­li­gio­nen hin ver­engt. Wei­ter­le­sen


  1. Die Texte: Das Islamgesetz, der Entwurf zum Islamgesetz und diese Diskussion auf Twitter.  

Sa­bi­ne M. Gru­ber: Chor­pro­be

Sabine M. Gruber. Chorprobe

Sa­bi­ne M. Gru­ber. Chor­pro­be

In ih­rem Ro­man »Be­zie­hungs­rei­se« aus dem Jahr 2012 er­zähl­te Sa­bi­ne M. Gru­ber von So­phia und dem Ver­hält­nis zu ih­rem Ge­lieb­ten Mar­cus. So­phia, glück­lich ver­hei­ra­tet, aber »mehr­liebig« ori­en­tiert, ar­ran­gier­te ihr Drei­ecks­ver­hält­nis akri­bisch und ver­such­te mit Mar­cus mit al­len nur er­denk­li­chen Mit­teln in­klu­si­ve sorg­sam ge­plan­ten Rei­sen (die sie auch noch fast im­mer al­lei­ne be­zahl­te) zu be­tö­ren. Aber nach der kur­zen Er­obe­rungs­pha­se zu Be­ginn straf­te Mar­cus So­phi­as In­itia­ti­ven im­mer mehr mit Nicht­be­ach­tung und Gleich­gül­tig­keit und mach­te da­bei noch ih­re Ver­su­che, sich als Schrift­stel­le­rin zu eta­blie­ren, nie­der, ob­wohl er sel­ber als Re­zen­sent (er blät­ter­te nur die Bü­cher durch) nicht zu re­üs­sie­ren ver­moch­te. Gru­ber ent­warf ge­konnt die­sen vir­tu­el­len De­mü­ti­gungs­raum, in dem sich So­phia trot­zig ein­ge­rich­tet hat­te. Trotz die­ser per­fi­den und hoch­mü­ti­gen Gleich­gül­tig­keit, mit der Mar­cus die­se Be­zie­hung be­trieb, glaub­te So­phia bis zum Schluß an die Mög­lich­keit des Glücks in die­ser of­fe­nen Me­na­ge-à-trois glück­lich le­ben zu kön­nen. Erst als es zur Grenz­über­schrei­tung kam und Mar­cus phy­si­schen Ge­walt an­wand­te, be­en­de­te sie das Ver­hält­nis.

Ei­ne Glücks­su­che wie So­phia ver­folgt auch Cin­dy in Gru­bers neu­em Ro­man »Chor­pro­be«, wenn auch auf ei­nem an­de­ren Feld – dem der Kunst. Wei­ter­le­sen