Fra­gen an Frau Pohl

Ines Pohl, Chef­re­dak­teu­rin der taz, be­tont in ei­nem In­ter­view um die An­zei­ge der »Bild«-Zeitung in der taz, dass die­se – »wie in je­dem or­dent­li­chen Zei­tungs­haus« – Re­dak­ti­on und An­zei­gen­ge­schäft ge­trennt ha­be. Pohl wei­ter: »Die Re­dak­ti­on ver­fügt gar nicht über die Ho­heit, zu ent­schei­den, ob ei­ne An­zei­ge er­scheint oder nicht, wenn die An­zei­ge – das ist im Re­dak­ti­ons­sta­tut der taz fest­ge­schrie­ben – nicht ras­si­stisch, se­xi­stisch oder kriegs­ver­herr­li­chend ist.«

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Un­vor­stell­bar

A.d.L.e.R: Aus dem Le­ben ei­ner Rik­scha­fah­re­rin – Nr. 10

Es ist un­vor­stell­bar, wie an­stren­gend es ist! Al­lein das Ge­wicht, und das ist noch lan­ge nicht al­les: die Rik­scha (je nach Mo­dell: 60 bis 140 Ki­lo), Werk­zeug, Stand­luft­pum­pe, Pro­vi­ant (durch­schnitt­li­che Ta­ges­ra­ti­on: zwei Ki­lo Nu­deln mit So­ße, ein Ki­lo Nüs­se, ein hal­bes Ki­lo Scho­ko­la­de, fünf Li­ter Was­ser oder an­de­re Ge­trän­ke), Decken, Kund­schaft (sta­ti­stisch: zwei Er­wach­se­ne = 160 Ki­lo), Tü­ten und Kar­tons (vom Ein­kau­fen), Kin­der zwi­schen 0 und 18 Jah­ren (aufm Schoß), klei­ne­re, mitt­le­re, gro­ße prall­voll­ge­pack­te Rei­se­kof­fer, Hun­de, Kin­der­wa­gen, Roll­stüh­le, Lap­tops, Ak­ten­ta­schen, Sta­ti­ve, Film­ka­me­ras. Da ist man schnell bei drei bis vier­hun­dert Ki­lo, wo man nicht auf ei­ne hal­be Ton­ne kommt. Da­zu der schlech­te Zu­stand der Ber­li­ner Stra­ßen.

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Die Fin­ster­mann­rie­ge

Horst See­ho­fer hat es nun aus­ge­spro­chen. Da ist sie: die Gut­ten­berg-Dolch­stoß-Le­gen­de. Herr Lam­mert und Frau Scha­van sol­len, so der rüh­ri­ge CSU-Vor­sit­zen­de See­ho­fer, dem Frei­her­ren in den Rücken ge­fal­len sein. Da ist es wie­der: Die­ses Zau­ber­wort der Po­li­tik – die Ge­schlos­sen­heit. »Die Rei­hen fest ge­schlos­sen« – nicht nur ei­ne deut­sche Tu­gend, aber hier im­mer be­son­ders ger­ne her­vor­ge­kramt, wenn die Kraft des Ar­gu­ments auf dem Al­tar des Op­por­tu­nis­mus ge­op­fert wer­den soll. Pi­kant ist, dass aus­ge­rech­net See­ho­fer, der mit sei­nen un­dif­fe­ren­zier­ten und pla­ka­ti­ven Ein­wür­fen die schwarz-gel­be Ko­ali­ti­on im­mer wie­der un­ge­fragt pe­ne­triert, Mi­ni­ster und Ab­ge­ord­ne­te zu Ab­nickern de­gra­die­ren möch­te.

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Bri­git­te Schwens-Har­rant: Li­te­ra­tur­kri­tik – Ei­ne Su­che

Brigitte Schwens-Harrant: Literaturkritik - Eine Suche
Bri­git­te Schwens-Har­rant: Li­te­ra­tur­kri­tik – Ei­ne Su­che

»Li­te­ra­tur­kri­tik – Ei­ne Su­che« ist mehr als nur ei­ne Mo­ment­auf­nah­me aus dem »Be­trieb«, der sich zu­meist in Jam­me­rei und mehr oder min­der of­fe­ner Pu­bli­kums­be­schimp­fung übt, wenn es um ihr Me­tier geht. Bri­git­te Schwens-Har­rant, selbst Li­te­ra­tur­kri­ti­ke­rin, lie­fert nicht nur ei­ne pro­fun­de, wun­der­bar un­auf­ge­reg­te Be­schrei­bung des Ist-Zu­stan­des, son­dern ent­wickelt im wei­te­ren Ver­lauf nichts Ge­rin­ge­res als ei­ne Zu­kunfts­per­spek­ti­ve für ih­re Zunft. Dies al­les in la­ko­ni­scher und prä­zi­ser Spra­che, oh­ne in das ab­schrecken­de, letzt­lich nur selbst­be­weih­räu­chern­de Ger­ma­ni­sten­sprech zu ver­fal­len, wel­ches sie be­rech­tig­ter­wei­se bei an­de­ren mo­niert.

Es gibt schö­ne Ge­las­sen­heits­mo­men­te der Au­torin, et­wa wenn sie die all­ge­mei­ne Ver­un­si­che­rung in der Bran­che mit dem Satz Ach­sel­zucken macht mun­ter kom­men­tiert. Schwens-Har­rant zeigt zwar Ver­ständ­nis für die schwie­ri­ge Si­tua­ti­on der Kri­ti­ker (nied­ri­ge Ho­no­ra­re, Spar­zwän­ge in den Zei­tun­gen, »Ge­set­ze« des Be­triebs) sieht aber kei­nen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Im Ge­gen­teil: Wäh­rend die Mit­glie­der des Li­te­ra­tur­be­trie­bes da­mit be­schäf­tigt sind, zu strei­ten, zu jam­mern oder ein­an­der an die Be­deu­tung oder Be­deu­tungs­lo­sig­keit ih­res Tuns zu er­in­nern, sind die Le­ser da­bei, sich via In­ter­net Öf­fent­lich­keit zu schaf­fen und auf ei­ge­ne Faust Li­te­ra­tur­ver­mitt­lung zu be­trei­ben. Die Fra­ge, was der Li­te­ra­tur ei­gent­lich bes­se­res pas­sie­ren kann, als auf die­se Wei­se Auf­merk­sam­keit zu be­kom­men, ist eben nicht iro­nisch ge­meint.

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Ein schänd­li­ches Ver­sa­gen

Zwei Aus­sa­gen des Ver­tei­di­gungs­mi­ni­sters zu Gut­ten­berg am Mon­tag auf der in­zwi­schen fast be­rühm­ten Wahl­kampf­ver­an­stal­tung der CDU zum Kom­mu­nal­wahl­kampf (!) in Hes­sen sind be­mer­kens­wert: Zum ei­nen er­klärt er sei­nen dau­er­haf­ten Ver­zicht, den Dok­tor­ti­tel zu füh­ren. Und zum an­de­ren »ge­stand« er ei­nen »Blöd­sinn« ge­schrie­ben zu ha­ben.

Der »Blöd­sinn« wur­de von der Uni­ver­si­tät in Bay­reuth mit »sum­ma cum lau­de« be­wer­tet. Da­mit gibt er der Uni­ver­si­tät und sei­nem Dok­tor­va­ter noch nach­träg­lich ei­nen Tritt. Und auch die zahl­rei­chen pla­gi­ier­ten Au­toren wer­den in­di­rekt be­lei­digt, denn all­zu viel Ei­gen­an­teil soll die Dok­tor­ar­beit ja nicht auf­wei­sen.

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Feind und Jä­ger

A.d.L.e.R: Aus dem Le­ben ei­ner Rik­scha­fah­re­rin – Nr. 9

Oh­ne Über­trei­bung kann man sa­gen, dass die Münch­ner Po­li­zei auf dem Ok­to­ber­fest 2005 nichts we­ni­ger war, als un­ser Feind und Jä­ger. Skru­pel­los und heim­tückisch tauch­ten sie im­mer da auf, wo wir sie gar nicht brau­chen konn­ten. Zum Bei­spiel hat­ten sie Hal­te­ver­bots­schil­der am Haupt­ein­gang in der für Au­tos oh­ne­hin ge­sperr­ten Stra­ße auf­ge­stellt. Die­se Hal­te­ver­bots­zo­ne war an die­sem Aus­gang der ein­zi­ge Be­reich und ganz ge­nau da, wo wir nach­ge­fragt wur­den. Am An­fang gab es noch Ver­war­nun­gen und wi­der­sprüch­li­che Aus­sa­gen. Nein, wir dürf­ten nicht, ja­wohl, es sei er­laubt, da wir als Fahr­rä­der zu­ge­las­sen sei­en, hier gel­te die StVO, nein, kei­nes­falls, die Schil­der gäl­ten ge­ra­de uns. Über­haupt hat­ten die Ein­satz­be­am­ten in die­sem Jahr so et­was Ge­hetz­tes an sich. Dann wur­den Straf­zet­tel ver­teilt, und wenn man die an Ort und Stel­le in bar be­zahl­te, wars bil­li­ger.

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Wie man po­li­ti­sche Grund­sät­ze und Mög­lich­kei­ten der Gunst des Au­gen­blicks op­fert

Am 12. Fe­bru­ar 1934 wi­der­set­zen sich in Linz An­ge­hö­ri­ge des ver­bo­te­nen re­pu­bli­ka­ni­schen Schutz­bunds ih­rer Ent­waff­nung: Der öster­rei­chi­sche Bür­ger­krieg be­ginnt. Ein Ge­ne­ral­streik bleibt aus, Po­li­zei, Bun­des­heer und Heim­wehr ver­hal­ten sich ge­gen­über dem au­stro­fa­schi­sti­schen Stän­de­staat loy­al und so­li­da­ri­sie­ren sich nicht mit den Auf­stän­di­schen – am 14. Fe­bru­ar bricht der Wi­der­stand zu­sam­men. Es star­ben meh­re­re hun­dert Men­schen, Zi­vi­li­sten und An­ge­hö­ri­ge der Exe­ku­ti­ve – Ge­mein­de­bau­ten wur­den durch Ar­til­le­rie des Bun­des­hee­res be­schos­sen*. Nach den Er­eig­nis­sen wird die So­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Ar­bei­ter­par­tei ver­bo­ten.

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Eu­phe­mis­men in der Po­li­tik – (III.) Sta­bi­li­tät

Die west­li­chen De­mo­kra­tien und das Re­gime Mu­ba­rak ha­ben ei­nes ge­mein­sam: Bei­de ha­ben Angst vor dem ägyp­ti­schen Volk. Die Be­kennt­nis­se in den Sonn­tags­re­den zu De­mo­kra­tie, Frei­heit und Men­schen­rech­ten ver­puf­fen, wenn die Re­al­po­li­tik über­mäch­tig und »Sta­bi­li­tät« zum al­lein­ent­schei­den­den po­li­ti­schen Kri­te­ri­um wird. Die sor­gen­vol­len Mie­nen bei der deutsch-is­rae­li­schen Ka­bi­nett­sit­zung ge­stern spre­chen Bän­de. Die USA und Is­ra­el wol­len das Sy­stem Mu­ba­rak er­hal­ten. Viel­leicht ha­ben sie ihm ja ei­ne Pil­le ent­wickelt, da­mit der 82jährige noch zwan­zig oder drei­ßig Jah­re lebt. Ih­nen ist ein au­to­kra­ti­scher Mu­ba­rak mit sei­ner »rich­ti­gen« Po­li­tik lie­ber als die Per­spek­ti­ve ei­nes frei­en Lan­des. Als wä­re es si­cher, dass Ägyp­ten wie wei­land der Iran zum Got­tes­staat wird (die Au­gu­ren sa­gen das Ge­gen­teil).

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