Feind und Jä­ger

A.d.L.e.R: Aus dem Le­ben ei­ner Rik­scha­fah­re­rin – Nr. 9

Oh­ne Über­trei­bung kann man sa­gen, dass die Münch­ner Po­li­zei auf dem Ok­to­ber­fest 2005 nichts we­ni­ger war, als un­ser Feind und Jä­ger. Skru­pel­los und heim­tückisch tauch­ten sie im­mer da auf, wo wir sie gar nicht brau­chen konn­ten. Zum Bei­spiel hat­ten sie Hal­te­ver­bots­schil­der am Haupt­ein­gang in der für Au­tos oh­ne­hin ge­sperr­ten Stra­ße auf­ge­stellt. Die­se Hal­te­ver­bots­zo­ne war an die­sem Aus­gang der ein­zi­ge Be­reich und ganz ge­nau da, wo wir nach­ge­fragt wur­den. Am An­fang gab es noch Ver­war­nun­gen und wi­der­sprüch­li­che Aus­sa­gen. Nein, wir dürf­ten nicht, ja­wohl, es sei er­laubt, da wir als Fahr­rä­der zu­ge­las­sen sei­en, hier gel­te die StVO, nein, kei­nes­falls, die Schil­der gäl­ten ge­ra­de uns. Über­haupt hat­ten die Ein­satz­be­am­ten in die­sem Jahr so et­was Ge­hetz­tes an sich. Dann wur­den Straf­zet­tel ver­teilt, und wenn man die an Ort und Stel­le in bar be­zahl­te, wars bil­li­ger. Es dau­er­te gar nicht so lan­ge, bis die Po­li­zi­sten be­grif­fen, dass die Rik­scha­fah­rer Bar­geld in der Ta­sche ha­ben. Mich ha­ben sie auch ab­kas­siert, aber nur ein­mal. Da stand ich in die­ser so­ge­nann­ten Hal­te­ver­bots­zo­ne mit et­wa zehn Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, wie es so ist, am Fahr­zeug und prüf­te al­le Pas­san­ten, ob sie als Kun­den in Fra­ge kä­men, und mit ei­nem Mal se­he ich aus dem Au­gen­win­kel, wie ei­ne Kol­le­gin, oh­ne Fahr­gä­ste ge­la­den zu ha­ben, blitz­ar­tig das Wei­te sucht. Die haut ab. Ist aber doch gar kei­ne ..., ah, ver­dammt, wo sind die jetzt her­ge­kom­men? Ste­hen plötz­lich um uns her­um, wo im Au­gen­blick noch Luft ge­we­sen ist, und na­tür­lich so, dass man nicht mehr weg kann.

Die bei­den Ein­satz­be­am­ten füh­ren sich auf wie Raub­tier­domp­teu­re, trei­ben uns zu­sam­men, ma­chen furcht­ein­flö­ßen­de Ge­sich­ter, mit de­nen ist nicht zu spa­ßen: »Grüß Gott, Sie hom a Bro­blem!«. Ich se­he noch, wie ein Strei­fen­wa­gen mit Blau­licht die recht­zei­tig ab­ge­haue­ne Kol­le­gin ver­folgt. Tststs, das müss­ten die doch wis­sen, dass sie die nicht krie­gen. So­bald aber der Ober­raub­tier­domp­teur un­ser Pro­blem mit dem Wort »Hal­te­ver­bot« be­zeich­net hat, grei­fen wir in die Ta­schen und rei­chen ihm die Schei­ne hin. So geht das hier. Er hat ein Kell­ner­porte­mon­naie da­bei, in dem er die Schei­ne ver­staut. Das ist auch nö­tig. 300,-€ in zehn Mi­nu­ten. Von so ei­nem Schnitt kön­nen die Schnell­sten von uns nicht ein­mal träu­men. Der be­zahl­te Be­trag wird selbst­ver­ständ­lich quit­tiert. Die Quit­tun­gen, die uns der Ein­satz­be­am­te der Münch­ner Po­li­zei aus­hän­digt, se­hen aus wie Spiel­zeug­quit­tun­gen für Kin­der zum ler­nen, und die Un­ter­schrift des zeich­nen­den Po­li­zi­sten ist ein recht fan­ta­sie­vol­ler Schnör­kel, der aber in der Ei­le der Wie­der­ho­lun­gen von Mal zu Mal fla­cher wird und zu­letzt nur noch aus ei­nem ge­ra­den Strich be­steht. Die mei­sten se­hen zu, dass sie die Sa­che so schnell wie mög­lich hin­ter sich brin­gen, zu än­dern ist sie so­wie­so nicht. Boah, den­ke ich, die ist ja ganz schön skru­pel­los und heim­tückisch und un­ser Feind und Jä­ger, die­se Münch­ner Po­li­zei. Wenn ich das schon letz­tes Jahr ge­wusst hät­te, dann hät­te ich die­se Fran­zo­sen­ge­schich­te aber in ei­nem ganz an­de­ren Licht ge­se­hen.

© Ste­pha­nie Bart

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