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Ich weiß nicht, ob Denken dem Handeln eher förderlich oder abträglich ist; nach meiner persönlichen Erfahrung oft letzteres, aber nicht immer, und gute Handlungen kommen ganz ohne Nachdenken selten zustande. Hamlet, der Prinz von Dänemark, verkörpert die Tatfeindlichkeit des Denkens, das zumeist ein Zweifeln ist. Das Schwierige, sagt ein anderer Fürst der Theatergeschichte, König Primislaus von Böhmen, in einem Drama Grillparzers, das Schwierige sei nicht die Tat, sondern der Entschluß, und der wird durch das Denken, wie Primislaus selbst durch sein Zögern erweist, behindert. Denkend kann man jede Menge Hypothesen aufstellen, doch bei der Verwirklichung eines Vorhabens gilt es, mit einem Schlag »die tausend Fäden zu zerreißen, an denen Zufall und Gewohnheit führt.« Entschlüsse werden in der Regel durch Nachdenken vorbereitet, aber auch verzögert, und nicht selten verhindert (wofür Musils Mann ohne Eigenschaften ein einziges, vielfältiges Großbeispiel ist).
»Nichts ist mobilisierender als das Denken«: dieser frohgemute Satz prangt auf einer Seite ziemlich genau in der Mitte von Der Terror der Ökonomie. Und gleich im nächsten Schritt deklariert Forrester die Identität von Denken und Handeln. Die Differenz ist beseitigt. Das Wort »mobilisieren« aktualisiert politische Konnotationen1; nicht irgendein Handeln ist gemeint, keine sportliche Aktivität, etwa Fußball, was die zonards mittlerweile besser können als die petits blancs, sondern gesellschaftlich bedeutsames Handeln. In weiterer Folge erzählt Forrester von einem Kongreß in Graz, Österreich, wo anno 1978 ein Teilnehmer ein Statement abgab, das auf die Forderung hinauslief, man solle hier nicht von Mallarmé sprechen, sondern von Maschinengewehren. Forrester verteidigt gegenüber dieser Tabula-rasa-Haltung den politischen Sinn literarischer Bildung, beansprucht aber zugleich Effizienz und Radikalität für ihr Anliegen und gelangt schließlich zu einem Satz, der wiederum als Slogan dienen kann: »Mallarmé ist ein MG!«
In seinem Essay Die totale Mobilmachung phantasiert Ernst Jünger von einem "Arbeitsstaat", der die logische politische Konsequenz der generalisierten Verschmelzung von Mensch und Maschine, von Organischem und Mechanischem sei. Diese Vision verwirklicht sich heute, allerdings im Bereich der Nanotechnik, der smarten elektronisch gesteuerten Maschinen, die "der Mensch" ständig in Reichweite oder im Körper implantiert hat. Dienstleistungsanbieter und öffentlichen Institutionen verlangen von allen den Besitz eines Smartphones. Der Arbeits- bzw. Arbeiterstaat jedoch wurde Ende des 20. Jahrhunderts endgültig entsorgt. ↩