Das neue Amt

Wie Jour­na­li­sten ein neu­es Amt er­fin­den, um den Fall ei­nes Po­li­ti­kers zu dra­ma­ti­sie­ren

Es mag ja ein ge­wis­ser Ge­nuß dar­in lie­gen, der De­mon­ta­ge Gui­do We­ster­wel­les in Scheib­chen bei­zu­woh­nen. Die Haupt­stadt­jour­nail­le setzt da­bei auf ei­nen Drei­sprung. Der Sturz als FDP-Vor­sit­zen­der seit ge­stern ab­ge­hakt. Über die Dis­kus­si­on um die Fort­füh­rung des Au­ßen­mi­ni­sters ha­ben die Me­di­en nun ei­nen Zwi­schen­schritt ein­ge­fügt: Die Auf­ga­be des »Am­tes« des Vi­ze­kanz­lers.

Screenshot tagesschau.de 04.04.11 10.05 Uhr
Screen­shot tagesschau.de 04.04.11 10.05 Uhr

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Ein Glas Bier im Flug­zeug

Die Re­ak­to­ren­ka­ta­stro­phe in Ja­pan hält zur Zeit die Welt in Atem. Al­les über­trie­ben, tönt es da aus ei­ner Rich­tung. Die Jour­na­li­sten sind al­le in­dok­tri­niert, schü­ren nur Pa­nik. Wie ein Ket­ten­brief kur­siert seit ge­stern in deutsch­spra­chi­gen Face­book-Ac­counts der Auf­satz ei­nes ge­wis­sen Jo­sef Oeh­men, der zu­nächst als Wis­sen­schaft­ler des MIT vor­ge­stellt wur­de, was man dann spä­ter kor­ri­gier­te: Oeh­men ist das, was man ge­mein­hin ei­nen Ri­si­ko­ma­na­ger nennt.

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Fra­gen an Frau Pohl

Ines Pohl, Chef­re­dak­teu­rin der taz, be­tont in ei­nem In­ter­view um die An­zei­ge der »Bild«-Zeitung in der taz, dass die­se – »wie in je­dem or­dent­li­chen Zei­tungs­haus« – Re­dak­ti­on und An­zei­gen­ge­schäft ge­trennt ha­be. Pohl wei­ter: »Die Re­dak­ti­on ver­fügt gar nicht über die Ho­heit, zu ent­schei­den, ob ei­ne An­zei­ge er­scheint oder nicht, wenn die An­zei­ge – das ist im Re­dak­ti­ons­sta­tut der taz fest­ge­schrie­ben – nicht ras­si­stisch, se­xi­stisch oder kriegs­ver­herr­li­chend ist.«

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Ein schänd­li­ches Ver­sa­gen

Zwei Aus­sa­gen des Ver­tei­di­gungs­mi­ni­sters zu Gut­ten­berg am Mon­tag auf der in­zwi­schen fast be­rühm­ten Wahl­kampf­ver­an­stal­tung der CDU zum Kom­mu­nal­wahl­kampf (!) in Hes­sen sind be­mer­kens­wert: Zum ei­nen er­klärt er sei­nen dau­er­haf­ten Ver­zicht, den Dok­tor­ti­tel zu füh­ren. Und zum an­de­ren »ge­stand« er ei­nen »Blöd­sinn« ge­schrie­ben zu ha­ben.

Der »Blöd­sinn« wur­de von der Uni­ver­si­tät in Bay­reuth mit »sum­ma cum lau­de« be­wer­tet. Da­mit gibt er der Uni­ver­si­tät und sei­nem Dok­tor­va­ter noch nach­träg­lich ei­nen Tritt. Und auch die zahl­rei­chen pla­gi­ier­ten Au­toren wer­den in­di­rekt be­lei­digt, denn all­zu viel Ei­gen­an­teil soll die Dok­tor­ar­beit ja nicht auf­wei­sen.

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Der deut­sche Mi­cha­el Moo­re

Ei­ni­ge be­zeich­nen Chri­stoph Lüt­gert in­zwi­schen als den deut­schen Mi­cha­el Moo­re. Es ist an­zu­neh­men, dass dies als Kom­pli­ment ge­meint ist; die Vor­wür­fe der Ma­ni­pu­la­ti­on von Fak­ten ge­gen­über Moo­re sind ja im links­li­be­ra­len Main­stream nie mit der not­wen­di­gen Ernst­haf­tig­keit ver­folgt wor­den. Lüt­gert hat ver­mut­lich kei­ne Fak­ten ver­bo­gen. Aber wie Moo­re geht er äu­ßerst sug­ge­stiv vor und per­so­na­li­siert gna­den­los sei­ne Do­ku­men­ta­tio­nen. Im Maschmey­er-Film vom 12. Ja­nu­ar er­scheint Lüt­gert ge­fühl­te 20 von 30 Mi­nu­ten auf dem Bild­schirm. Ge­sten er­schei­nen in Groß­auf­nah­me. Zum fe­sten Be­stand­teil sei­ner län­ge­ren Fil­me ge­hört das Selbst­ge­spräch, in dem er den Zu­stand der Welt im all­ge­mei­nen und im be­son­de­ren be­klagt. Mal im lee­ren Fuß­ball­sta­di­on von Han­no­ver, mal auf der Stra­ße. Es ist un­mög­lich, der Mei­nung Lüt­gerts in die­sen Fil­men zu ent­kom­men. Sie ist im­mer schon da, wird breit­ge­tre­ten und in je­der Sze­ne un­ter­stri­chen – sei es op­tisch oder über den Kom­men­tar; zu­meist si­mul­tan. So­gar im Ti­tel ist schon klar: Da sind die Bö­sen und Ga­la­had Lüt­gert er­klärt uns die Welt. Der Film über den Tex­til­dis­coun­ter »KiK« im Au­gust 2010 heißt nicht nur »Die KiK-Sto­ry« son­dern be­kommt so­fort ein At­tri­but da­zu: »die mie­sen Me­tho­den des Tex­til­dis­coun­ters«. Beim Maschmey­er-Film ging man es et­was sanf­ter an und ti­tel­te nur »Der Drücker­kö­nig und die Po­li­tik«. Da­für heißt es dann be­deu­tungs­voll zu Be­ginn des Films: »Schur­ke oder Edel­mann«.

Zu Be­ginn sei­nes Fil­mes über »KiK« und geht Lüt­gert ein­kau­fen. Für noch nicht ein­mal 26 Eu­ro ist er kom­plett ein­ge­klei­det – und wun­dert sich, wie so­was funk­tio­niert. Er fliegt nach Ban­gla­desch und be­sucht ei­nen Be­trieb, in dem Tex­ti­li­en für »KiK« ge­näht wer­den. Er be­schäf­tigt sich mit den Ar­beits­be­din­gun­gen, den Löh­nen und be­sucht ei­ne Ar­bei­te­rin. De­ren Nef­fe liegt im Ster­ben; die Fa­mi­lie hat kein Geld für ei­ne Be­hand­lung. Lüt­gert klagt »Das Kind stirbt«, un­ter­drückt müh­sam sei­ne Trä­nen und sug­ge­riert, »KiK« hät­te die Schuld, weil die Nä­he­rin zu schlecht be­zahlt wer­de. (Das Kind stirbt dann nicht, son­dern fin­det Be­hand­lung.)

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Ich bin ein Gra­ti­sidi­ot

Es ist längst ein Schimpf­wort ge­wor­den: Die Gra­tis­kul­tur im In­ter­net sei Schuld für die Kri­se der ge­druck­ten Me­di­en. Nie­mand kau­fe mehr ei­ne Zei­tung oder Zeit­schrift, weil bzw. wenn die Ar­ti­kel im In­ter­net frei zur Ver­fü­gung ste­hen. Ge­zwun­ge­ner­ma­ßen ma­chen aber fast al­le mit, weil man sonst droht, im me­dia­len Auf­merk­sam­keits­nir­wa­na ver­schwin­den. So die Kla­ge.

So wird Gra­tis­kul­tur zu ei­nem Kampf­be­griff für Leu­te, die die man­geln­den Ver­mark­tungs­mög­lich­kei­ten ih­rer Pro­duk­te be­kla­gen, weil in­zwi­schen al­le er­war­ten, dass ih­nen die In­for­ma­tio­nen ko­sten­frei zur Ver­fü­gung ste­hen.

Ich deu­te Gra­tis­kul­tur jetzt mal an­ders. Weil ich Gra­tis­kul­tur schaf­fe. Mein Web­log ist gra­tis. Ich be­zah­le so­gar Geld da­für, dass es kei­ne Wer­bung gibt. Ich schrei­be gra­tis. Hier und bei »Glanz und Elend«. Dort schrei­ben auch die an­de­ren Kol­le­gen gra­tis. Und auf vie­len an­de­ren Li­te­ra­tur­fo­ren auch. Das ist für mich Gra­tis­kul­tur.

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Jour­na­li­sten sind kei­ne Mei­nungs­e­u­nu­chen

Aus­ge­rech­net in der sich mei­nungs­freu­dig ge­rie­ren­den Blogo­sphä­re stößt das neue En­ga­ge­ment des ZDF-Jour­na­li­sten Stef­fen Sei­bert als zu­künf­ti­ger Re­gie­rungs­spre­cher auf zum Teil dra­sti­sche Ab­leh­nung. So kann man bei­spiels­wei­se nach­le­sen: »Wo Jour­na­li­sten, und sei­en sie vor­mals auch noch so re­gie­rungs­freund­lich ge­we­sen, zu Pro­pa­gan­di­sten wer­den – und das ganz oh­ne sich vor der Öf­fent­lich­keit zu schä­men, oh­ne ei­nen Rest von Ali­bi vor­zu­schie­ben -, da ist die un­auf­dring­li­che Ber­lus­co­ni­sie­rung der Ge­sell­schaft zum Ta­ges­ord­nungs­punkt er­klärt wor­den.«

Was vie­len ge­schichts­ver­ges­se­nen Kom­men­ta­to­ren viel­leicht nicht prä­sent ist: Es gab im­mer schon Jour­na­li­sten, die von ih­rem Amt in die Re­gie­rungs­ad­mi­ni­stra­ti­on wech­sel­ten. Und es wa­ren nicht die schlech­te­sten: Con­rad Ah­lers bei­spiels­wei­se (ein »Spiegel«-Mann und spä­ter, nach Auf­ga­be sei­nes Re­gie­rungs­spre­cher­am­tes, ein po­le­mi­scher Regierungs­kritiker). Oder – eben­falls für die so­zi­al-li­be­ra­le Re­gie­rung, Klaus Böl­ling und Rü­di­ger von Wech­mar. Spä­ter dann für die Kohl-Re­gie­rung Pe­ter Bo­e­nisch und – auch vom ZDF – Fried­helm Ost. Für die Re­gie­rung Schrö­der sprach mit Uwe-Car­sten He­ye auch ein ge­lern­ter Jour­na­list.

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»Es gab viel Lob von den Kol­le­gIn­nen«

Nils Mink­mars Kom­men­tar in der FAZ »Der Fah­nen­flücht­ling« und die ho­hen emo­tio­na­len Wel­len, die er er­zeugt. Sie­ben Fra­gen per Mail und die Ant­wor­ten:

G.K.: Ihr Ar­ti­kel hat zu ei­ner wah­ren Le­ser­kom­men­tar­flut ge­führt. So­gar die ulti­mativste Waf­fe des Le­sers, der Abo-Ent­zug wur­de drei­mal an­ge­droht. Wa­ren Sie über die An­zahl der doch teil­wei­se gra­vie­ren­den Ab­leh­nun­gen über­rascht?

Nils Mink­mar: Es gibt ge­wis­se The­men, die im­mer sehr an den Nerv un­se­rer Le­ser rüh­ren. Da­zu zählt un­ser Ver­hält­nis zum Is­lam, Bil­dungs­de­bat­ten und der Bundes­präsident. Ich hat­te al­so da­mit rech­nen dür­fen. Die Hef­tig­keit ist dann im­mer so ei­ne Auf­wal­lung. Mei­stens ant­wor­te ich schnell oder ru­fe an, dann ent­spinnt sich ei­gent­lich ei­ne sehr er­trag­rei­che Kom­mu­ni­ka­ti­on.

Gab es vor­her oder nach­her Pro­ble­me in der Re­dak­ti­on ob des schar­fen, po­le­mi­schen Tons des Ar­ti­kels?

Nils Mink­mar: Nein, es gab viel Lob von den Kol­le­gIn­nen.

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