Der deut­sche Mi­cha­el Moo­re

Ei­ni­ge be­zeich­nen Chri­stoph Lüt­gert in­zwi­schen als den deut­schen Mi­cha­el Moo­re. Es ist an­zu­neh­men, dass dies als Kom­pli­ment ge­meint ist; die Vor­wür­fe der Ma­ni­pu­la­ti­on von Fak­ten ge­gen­über Moo­re sind ja im links­li­be­ra­len Main­stream nie mit der not­wen­di­gen Ernst­haf­tig­keit ver­folgt wor­den. Lüt­gert hat ver­mut­lich kei­ne Fak­ten ver­bo­gen. Aber wie Moo­re geht er äu­ßerst sug­ge­stiv vor und per­so­na­li­siert gna­den­los sei­ne Do­ku­men­ta­tio­nen. Im Maschmey­er-Film vom 12. Ja­nu­ar er­scheint Lüt­gert ge­fühl­te 20 von 30 Mi­nu­ten auf dem Bild­schirm. Ge­sten er­schei­nen in Groß­auf­nah­me. Zum fe­sten Be­stand­teil sei­ner län­ge­ren Fil­me ge­hört das Selbst­ge­spräch, in dem er den Zu­stand der Welt im all­ge­mei­nen und im be­son­de­ren be­klagt. Mal im lee­ren Fuß­ball­sta­di­on von Han­no­ver, mal auf der Stra­ße. Es ist un­mög­lich, der Mei­nung Lüt­gerts in die­sen Fil­men zu ent­kom­men. Sie ist im­mer schon da, wird breit­ge­tre­ten und in je­der Sze­ne un­ter­stri­chen – sei es op­tisch oder über den Kom­men­tar; zu­meist si­mul­tan. So­gar im Ti­tel ist schon klar: Da sind die Bö­sen und Ga­la­had Lüt­gert er­klärt uns die Welt. Der Film über den Tex­til­dis­coun­ter »KiK« im Au­gust 2010 heißt nicht nur »Die KiK-Sto­ry« son­dern be­kommt so­fort ein At­tri­but da­zu: »die mie­sen Me­tho­den des Tex­til­dis­coun­ters«. Beim Maschmey­er-Film ging man es et­was sanf­ter an und ti­tel­te nur »Der Drücker­kö­nig und die Po­li­tik«. Da­für heißt es dann be­deu­tungs­voll zu Be­ginn des Films: »Schur­ke oder Edel­mann«.

Zu Be­ginn sei­nes Fil­mes über »KiK« und geht Lüt­gert ein­kau­fen. Für noch nicht ein­mal 26 Eu­ro ist er kom­plett ein­ge­klei­det – und wun­dert sich, wie so­was funk­tio­niert. Er fliegt nach Ban­gla­desch und be­sucht ei­nen Be­trieb, in dem Tex­ti­li­en für »KiK« ge­näht wer­den. Er be­schäf­tigt sich mit den Ar­beits­be­din­gun­gen, den Löh­nen und be­sucht ei­ne Ar­bei­te­rin. De­ren Nef­fe liegt im Ster­ben; die Fa­mi­lie hat kein Geld für ei­ne Be­hand­lung. Lüt­gert klagt »Das Kind stirbt«, un­ter­drückt müh­sam sei­ne Trä­nen und sug­ge­riert, »KiK« hät­te die Schuld, weil die Nä­he­rin zu schlecht be­zahlt wer­de. (Das Kind stirbt dann nicht, son­dern fin­det Be­hand­lung.)

Na­tür­lich ist die Be­zah­lung im Ver­gleich zu deut­schen Ver­hält­nis­sen er­bärm­lich. Aber hät­te ein Jour­na­list wie Lüt­gert nicht min­de­stens in drei Sät­zen das Ver­hält­nis der Löh­ne, die »KiK« be­zahlt und die von an­de­ren, teu­ren Mar­ken­ar­ti­kel-Her­stel­lern, die un­ter Um­stän­den gleich ne­ben­an in ei­ner an­de­ren Fa­brik fer­ti­gen las­sen, er­läu­tern müs­sen? Schließ­lich ha­ben na­he­zu al­len Mar­ken­her­stel­ler ih­re Fer­ti­gung größ­ten­teils nach Asi­en aus­ge­la­gert. Mit dem Un­ter­schied, dass ih­re ähn­lich bil­lig her­ge­stell­ten Pseu­do-Edel­tex­ti­li­en ein Viel­fa­ches des­sen ko­sten, was Dis­coun­ter ver­lan­gen. Lüt­gert be­fragt lie­ber die über­rasch­te Ve­ro­na Pooth, war­um sie Wer­bung für »KiK« macht und was sie über die So­zi­al­stan­dards der Fer­ti­gung weiß. Sie weiß er­war­tungs­ge­mäß nichts und spult ei­nen lä­cher­li­chen Ser­mon über ih­re »Kol­lek­ti­on« ab.

In der Maschmey­er-Do­ku­men­ta­ti­on be­fragt Lüt­gert zwei von AWB-Pro­vi­si­ons­knech­ten Be­tro­ge­ne, die ihr Geld ent­ge­gen der Be­teue­run­gen in win­di­ge Ge­schäfts­mo­del­le in­ve­stiert hat­ten. Man ha­be erst spä­ter er­fah­ren, dass es sich um »ge­schlos­se­ne Fonds« han­de­le, die ja ex­trem ri­si­ko­be­la­stet sei­en. Was ge­schlos­se­ne Fonds nun ge­nau sind – der Zu­schau­er wird es nicht er­fah­ren, ob­wohl der Be­griff im­mer wie­der auf­taucht. Auch die Re­dak­teu­rin von »Fi­nanz­test«, die di­ver­sen ge­richt­li­chen An­wür­fen der »Ma­schi-Cli­que« aus­ge­setzt war, er­klärt es nicht. Lüt­gert ent­lockt ihr lie­ber State­ments, die in sei­nen Plan pas­sen. Und der Zu­schau­er sieht den Na­than-Ring Lüt­gerts am klei­nen Fin­ger der lin­ken Hand in Groß­auf­nah­me.

Hat­te Lüt­gert bei »KiK« noch ge­nü­gend an­de­re Be­le­ge für un­ter­neh­me­ri­sches Fehl­ver­hal­ten (Be­spit­ze­lung, un­be­zahl­te Über­stun­den, Mob­bing), so ist die La­ge beim Maschmey­er-Be­richt eher dünn. Lüt­gert zeigt mehr­mals Fo­tos mit Maschmey­er und sei­ner Le­bens­ge­fähr­tin Ve­ro­ni­ca Fer­res und dem Ehe­paar Schrö­der oder Wulff. Er zeigt den ehe­ma­li­gen Bun­des­ar­beits­mi­ni­ster Rie­ster, wie er AWD-Mit­ar­bei­tern vor ei­ner Wer­be­wand die Hand schüt­telt. Und er zeigt, dass Pro­fes­sor Rü­rup, ein ehe­ma­li­ger »Wirt­schafts­wei­ser«, ei­ne ge­mein­sa­me Fir­ma mit Maschmey­er hat (und wie sich die­ser im Ton im In­ter­view ver­greift).

Nun ist si­cher­lich nie­mand ein Schelm, der Bö­ses da­bei denkt: Die Ver­flech­tun­gen der Ver­si­che­rungs­wirt­schaft mit der Po­li­tik, wie sie ins­be­son­de­re in der rot-grü­nen Re­gie­rung vor­an­schritt, ist är­ger­lich und ver­langt ge­nau­es Hin­se­hen. Wo­bei die Ver­kom­men­heit der po­li­ti­schen Prot­ago­ni­sten der Schrö­der-Re­gie­run­gen in­zwi­schen längst kein Ge­heim­nis mehr dar­stel­len dürf­te. Lüt­gert be­schränkt sich je­doch dar­auf, die Em­pö­rung beim Zu­schau­er an­zu­sta­cheln – im­mer wie­der Frau Fer­res im vor­nehm-ver­füh­re­ri­schen Abend­kleid – statt Fak­ten zu prä­sen­tie­ren. So macht der Be­richt Glau­ben, dass Rie­ster sei­ne nach ihm be­nann­te pri­va­te Ren­ten­ver­si­che­rung, die staat­lich ge­för­dert wird, auf­grund von In­itia­ti­ven der Ver­si­che­rungs­wirt­schaft ent­wickelt ha­be. Lüt­gert spricht sug­ge­stiv von der »Pri­va­ti­sie­rung der Al­ters­vor­sor­ge«, die un­ter Schröder/Riester vor­ge­nom­men wur­de – tat­säch­lich deckt die Rie­ster-Ren­te nur ei­nen Bruch­teil der Al­ters­ver­sor­gung ab. Lüt­gerts zen­tra­ler Vor­wurf: Mit den Be­ra­tun­gen zur nicht ganz ein­fa­chen Rie­ster-Ren­te wur­de den Ver­si­che­rern ein Tür­öff­ner in die Haus­hal­te ge­bo­ten. Man konn­te nun »ne­ben­bei« auch noch an­de­re Pro­duk­te ver­kau­fen – was na­tür­lich ge­schah. Ähn­li­ches könn­te man dann al­ler­dings auch in Be­zug auf die Pflicht zur Kfz-Haft­pflicht­ver­si­che­rung be­haup­ten. Und auch al­len an­de­ren Ver­si­che­rungs­kon­zer­nen vor­wer­fen.

Ein ehe­ma­li­ger AWD-Mann er­klärt im Film, was ein Fo­to Rie­sters mit dem AWD-Mit­ar­bei­ter be­wir­ken kann: Wenn der Kun­de noch über­legt, wird das Fo­to mit Rie­ster ge­zückt. Und schon fie­le die Ent­schei­dung leich­ter. Es gibt ein Ge­spräch mit Rie­ster im Film, aber ent­schei­den­de Fra­gen wer­den nicht ge­stellt: Wann fand die »Road­show« Rie­sters für den AWD statt, von der der ehe­ma­li­ge Mit­ar­bei­ter des AWD spricht? Wann sind die Auf­nah­men mit den AWD-Mit­ar­bei­tern auf­ge­nom­men wor­den? Wie­viel Geld wur­de da­für an Rie­ster be­zahlt?

Zu gro­ßer Form läuft Lüt­gert in sei­nen Fil­men im­mer auf, wenn er die ent­spre­chen­den Fi­gu­ren be­fra­gen möch­te. Er sucht sie mehr­fach auf, klin­gelt vor ver­schlos­sen blei­ben­den Tü­ren. Und ein­mal kommt es zum Show­down: Ei­ne Über­rum­pe­lungs­tak­tik. Maschmey­er trifft er auf ei­ner Fi­nanz­mes­se in Frank­furt. Der As­si­stent ver­sucht ihn ab­zu­schir­men, wäh­rend sein Chef sei­nen Vor­trag an ei­nem Steh­tisch vor­be­rei­tet. Lüt­gert lässt nicht locker. Kei­ne Ant­wort. Der As­si­stent sagt: »Kei­ne Ant­wort ist auch ei­ne Ant­wort«. Und hier dann die Stern­se­kun­de des Films. Lüt­gert kon­tert: »Nein!« Kei­ne Ant­wort ist kei­ne Ant­wort. Da hat er recht. Und in die­sem Mo­ment zeigt sich die gan­ze Er­bärm­lich­keit die­ser Fi­gur. Mehr als in den ge­sam­ten Em­pö­rungs­schü­ben des Re­por­ters.

Re­gel­mä­ssig tun die Prot­ago­ni­sten Lüt­gert den Ge­fal­len, sich mit skur­ri­len recht­li­chen Mit­teln zu weh­ren. Da­mit wer­tet man die Re­por­ta­gen na­tur­ge­mäß auf und schafft erst recht ei­ne Öf­fent­lich­keit. Lüt­gerts Fil­me wer­den durch die Ge­gen­er­schaft ge­adelt. So durf­te man im Film über »KiK« die vier Nä­he­rin­nen, die man nä­her zeig­te, erst nach Ge­richts­be­schluß »KiK-Nä­he­rin­nen« nen­nen. Und Maschmey­ers An­wäl­te las­sen per Einst­wei­li­ger Ver­fü­gung zwei Sze­nen un­ter­sa­gen, die nun im Me­dia­thek-Bei­trag nicht ge­zeigt wer­den dür­fen. Dar­un­ter die er­wähn­te Sze­ne von Frank­furt. Sie ist aber auch zu schön: Der Lieb­ling der po­li­ti­schen Pro­mi­nenz hat Angst vor ei­nem deut­schen Re­por­ter.

Es sind sol­che Sze­nen, die Lüt­gerts Bei­trä­ge se­hens­wert ma­chen. Den­noch bleibt ein scha­les Ge­fühl bei die­sen Re­por­ta­gen. Sie klä­ren nicht auf, son­dern we­deln im­mer schon mit ih­rem Ur­teil, wel­ches von An­fang an fest­steht. Sie in­stal­lie­ren ei­ne sau­be­re Un­ter­tei­lung der Welt und Gut und Bö­se. In die­sem of­fe­nen Mei­nungs­jour­na­lis­mus liegt mir zu viel Ent­mün­di­gung des Zu­schau­ers. Mir sind die An­spie­lun­gen, auf die ich paw­lowhaft mit Ab­scheu zu re­agie­ren ha­be, zu dick auf­ge­tra­gen. Lüt­gert ist in sei­ner Zä­hig­keit und Hart­näckig­keit ein gu­ter Jour­na­list. War­um muss er sich aber der­art ei­tel in­sze­nie­ren und lie­fert nicht ein­fach nur prä­zi­se und was­ser­dich­te Fak­ten, die dann das Ur­teil beim Zu­schau­er ent­ste­hen las­sen?


Hier der um ei­ni­ge Sze­nen ge­kürz­te Film der ARD-Me­dia­thek. (Ver­mut­lich nur bis 19.01.)


Die un­ge­kürz­te Ver­si­on des Films fin­det sich hier. Die ent­spre­chen­de Sze­ne in Frank­furt ist ab 25:30 zu se­hen.

37 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Aber ist das nicht der »Jour­na­lis­mus« von heu­te?
    Der ja ein Pro­blem ge­gen al­le mög­li­chen Rich­tun­gen hat – von sei­ner Un­ter­wan­de­rung durch sein Ge­kauf­t­sein (und sei’s durch das Rich­tungs­dik­tat des Ver­le­gers), sei­ner Dau­er­ge­fähr­ung durch die ubi­qui­tä­re Ver­su­chung der PR bis zur be­schwo­re­nen re­spek­ti­ve tat­säch­li­chen (ei­gen­ver­schul­de­ten) Über­flüs­sig­keit?

    All das, was Sie zu recht mo­nie­ren, kommt ge­nau­so et­wa in »Kul­tur­zeit« vor, der an­geb­lich so wich­ti­gen In­sel­la­ge der In­tel­lek­tua­li­tät im deut­schen Idio­ten-Fern­se­hen. Was die Mo­de­ra­ten und Bei­trä­ger über die an­geb­lich be­rich­tens­wer­ten Din­ge der Welt aus­zu­sa­gen ha­ben (al­lein de­ren Aus­wahl ist oft ge­nug Aus­sa­ge), ist der­art er­wart­bar, ist solch ein öder aus­ge­blu­te­ter Kon­sen­ster­ror, dass es ei­gent­lich end­lich mal hin­weg­ge­fegt ge­hör­te – und sei es nur, da­mit es sich er­neu­ern kann.

    Ehr­lich ge­sagt ha­be ich mir das Maschmey­er-Stück nicht an­se­hen wol­len, um nicht in ei­ge­ne Fal­len von Er­war­tungs­hal­tun­gen zu fal­len: All die­se durch­set­zungs­fä­hi­gen Geld-Leu­te, die Al­pha­tie­re, po­li­tisch- pro­mi­nent-ver­strickt oder nicht, sind ei­gent­lich fast im­mer un­in­ter­es­sant, sind rich­ti­ge­hend dumm – es sei denn, man näh­me sie her für die Zu­stands­be­schrei­bung un­se­rer Re­pu­blik. Aber wel­chem Bank­hei­ni Mer­kel ihr Kanz­ler­amt für Ge­bur­tags­fei­ern öff­net, wie stabs­mä­ßig Ber­tels­mann-Stif­tun­gen Agen­da­set­ting be­trei­ben oder wie Lob­by­isten Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren be­stim­men... es ist ein­fach zu zer­set­zend ge­wor­den, sich das al­les klar zu ma­chen.

    Statt­des­sen den­ke ich im­mer öf­ter: Gut, wenn die mit ih­ren Mög­lich­kei­ten (und sei’s nur der Ab­schot­tung und Igno­ranz) den Plebs so be­han­deln, dann ha­ben sie zu­min­dest auch sol­che Zecken wie Lüt­gert im Pelz ver­dient. All das mit den öden Fak­ten und den 61-Sei­ten Einst­wei­li­gen Ver­fü­gun­gen ist eh im ekla­tan­ten Miss­ver­hält­nis und für die »Wahr­heits­fin­dung« – im Sin­ne Fritz Teu­fels – nicht wirk­lich mehr »re­le­vant«. Wen küm­mern Ver­ant­wort­lich­kei­ten?

    (Man den­ke al­lein an die Ko­sten und die ab­seh­ba­re Er­geb­nis­lo­sig­keit, die jetzt mit der Auf­klä­rung der ver­schwun­de­nen bay­ri­schen Bank­mil­li­ar­den auf den Steu­er­zah­ler zu­kom­men: Klar, es braucht recht­lich sau­be­re Ver­fah­ren, aber das »Recht« ist bei sol­chen Di­men­sio­nen und der Träg­heit der Ver­hält­nis­se fast im­mer längst an­ders­wo: Wie of­fen­sicht­lich er­bärm­lich ist denn un­ser be­rufs­ethisch run­ter­ge­re­gel­tes Me­di­en­per­so­nal, das vor und hin­ter den Ka­me­ras? )

    Und war­um soll man sel­ber an­dau­ernd dif­fe­ren­zie­ren, wenn die per Fern­seh­auf­sa­ger ih­re plat­tes Boh­ren dicker Bret­ter be­trei­ben, bis ei­ne ge­nü­gend trä­ge An­zahl im Stimm-Volk dar­an glaubt.
    (»Nein, bit­te bloß kei­ne Steu­ern sen­ken, wir wol­len lie­ber un­se­re Schuld ab­tra­gen, et­wa die der uns ab­zocken­den Atom-In­du­strie, der wir noch die Ent­wick­lung ih­rer Mei­ler be­zahlt ha­ben... Und wahr­schein­lich wird sich das beim Elek­tro­au­to wie­der­ho­len – schafft die In­du­strie ja oh­ne un­se­re Hil­fe nicht.)

    Aber noch mal zum Jour­na­lis­mus.
    Ich ha­be mal ei­ne Zeit lang eng­li­sche Pres­se-Ver­hält­nis­se er­lebt und wür­de so­fort zu­ge­ben: Sie sind wi­der­lich! Aber sie ha­ben doch, als Front, et­was klar ge­macht: Mit dem sei­ner­zeit schon dar­ben­den bis aus­ster­ben­den »Jour­na­lis­mus« kommt man ge­gen »die da« – die rea­le Fein­de des Ge­mein­we­sens sind – nicht an. Die bri­tisch-bö­sen Stück­chen et­wa über die Nö­te an ih­rer Gar­ten­ver­schö­ne­rung der Anbge­ord­ne­ten wa­ren auf­klä­re­ri­scher als all­das Fak­ten­ge­h­ueb­re. (Was eng­li­sche Ab­ge­ord­ne­te sich al­les so be­zah­len lie­ßen, war ja seit Jah­ren be­kannt: Da braucht es manch­mal die »poin­tier­te« oder eben auch nur an­ge­mes­se­ne Dar­stel­lungs­form.)

    Und war­um soll »Auf­klä­rung« nicht un­ter­halt­sam (und auch an­ge­mes­sen bö­se!) à la Mi­cha­el Moo­re sein? Letzt­lich geht es auch bei Me­di­en und der an­dau­ernd be­schwo­re­nen »In­for­ma­ti­on« für uns Schein­for­mier­te um ei­ne Front: Sie­he Wiki­leaks, das uns klar macht, dass nicht Chi­na oder ir­gend­wel­che Aya­tol­lahs – von de­nen er­war­tet man nichts an­de­res – son­dern un­ser Groß­ver­bün­de­ter USA der »ro­gue sta­te« (Slo­ter­di­jk), der Feind im In­nern ist.

    Zu­ge­ge­ben: Zum Schluss muss man nach »der Wahr­heit« su­chen – oder zu­min­dest ih­rer rich­ti­gen Ge­wich­tung. Aber das bleibt ja an sich strit­tig. Und so lan­ge sie ten­den­zi­ell durch die re­al-exi­stie­ren­den Ver­hält­nis­se so ver­nach­läs­sig­bar ist, die Wahr­heit – sie wird ja nicht um­sonst so oft ver­han­delt als »Rechts­po­si­ti­on« (sie­he die Pro­mi­nenz des Bun­des­ver­fas­sungs­richts) – sind sol­che wie Lüt­gert mir ganz lieb. Sonst stribt Jour­na­lis­mus wirk­lich noch als Pa­pier­ti­ger.

    (ENt­schul­di­gung, dass ich so lang ge­wor­den bin...)
     

  2. Tja, ist das der Jour­na­lis­mus »von heu­te«? Das be­deu­tet ja um­ge­kehrt: der »an­de­re« Jour­na­lis­mus ist out, nicht mehr zu­läs­sig. Weil die Leu­te nicht mehr in der La­ge sind, selbst zu dif­fe­ren­zie­ren bzw. stän­dig un­dif­fe­ren­zier­tes Bla­bla zu hö­ren be­kom­men, darf Lüt­gert sein un­dif­fe­ren­zier­tes Ge­gen-Bla­bla ver­kün­den und des­halb darf auch Mi­cha­el Moo­re inszenieren,also lü­gen. Kann ja sein, dass das so ist. Man ex­or­ziert al­so den Mei­nungs­ter­ror des Main­stream (der Po­li­tik, der Wirt­schaft), mit ei­nem Ge­gen-Mei­nungs­ter­ror. Und weil die Brü­ste auf Ve­ro­ni­ca Fer­res’ Bild fast aus ih­rem Kleid pur­zeln, als sie mit Schrö­der und sei­ner Frau po­siert, zei­ge ich sie im­mer wie­der, um die Ver­rucht­heit zu zei­gen.

    Was ist das an­de­res als bil­li­ge Ge­gen-Po­le­mik? Und: Wer kann da­nach noch die Wahr­heit su­chen – und fin­den? War­um nicht zur Not zwei Jah­re re­cher­chie­ren, um fest­zu­stel­len, wie Maschmey­er sei­ne Kon­tak­te »aus­nutzt«? War­um ihm die­se Kin­der­gar­ten­fra­gen da­nach stel­len. Tat­säch­lich wür­de ich das auch nicht be­ant­wor­ten wol­len – wenn­gleich es dem Ma­schi-Clan an Sou­ve­rä­ni­tät fehlt: Ich hät­te Lüt­gert nach Mal­lor­ca ein­ge­la­den und ein In­ter­view ge­währt.

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    ich ha­be neu­lich ei­nen Film auf Phoe­nix ge­se­hen. Er han­del­te von der »Nabucco«-Gaspipeline, die von Aser­bei­dschan nach Eu­ro­pa – oh­ne Russ­land – füh­ren soll. Uns sie zeig­te zwei Ge­gen­spie­ler: Ei­ner, der für die­se Pipe­line »be­rät« – das war Josch­ka Fi­scher. Und der an­de­re, der das Gaz­Prom-Pro­jekt durch die Ost­see ver­tritt, Ger­hard Schrö­der. In den ge­gen­ein­an­der­ge­stell­ten Aus­sa­gen zeig­te sich viel mehr von de­ren Ver­kom­men­heit und Lä­cher­lich­keit als es ein Ge­sin­nungs­be­richt ge­schafft hät­te.

  3. Statt­des­sen den­ke ich im­mer öf­ter: Gut, wenn die mit ih­ren Mög­lich­kei­ten (und sei’s nur der Ab­schot­tung und Igno­ranz) den Plebs so be­han­deln, dann ha­ben sie zu­min­dest auch sol­che Zecken wie Lüt­gert im Pelz ver­dient.

    Da brau­che ich nichts mehr hin­zu­zu­fü­gen. Was man mit uns an­stellt, falls wir es zu­las­sen, recht­fer­tigt auch schlimm­ste Un­ter­grif­fe den Ver­ant­wort­li­chen ge­gen­über.

    Ich ha­be mir den Film zur Hälf­te an­ge­se­hen. AWD hat ja auch in Öster­reich ei­ne Schnei­se ge­schla­gen. Mitt­ler­wei­le läuft in Ö ein an­de­rer Pro­zess ge­gen Au­er von Wels­bach, der sei­ne An­le­ger ge­nau­so ins Un­glück hat rau­schen las­sen. Wo­bei da ein paar Rei­che da­bei sind, mit de­nen sich das Mit­leid ab­so­lut in Gren­zen hält.
    Wir sind aber selbst schuld. Der En­ron-Skan­dal in USA ist schon über zehn Jah­re her. Auch da­mals wa­ren vor al­lem die Pen­sio­ni­sten die Ge­schä­dig­ten und muss­ten da­bei noch nicht ein­mal selbst hab­gie­rig sein. Die Pen­si­ons­ver­an­la­gung wird für sie ja von staat­li­cher Stel­le durch­ge­führt.
    In den USA hat man zu­min­dest die Ge­setz­ge­bung ver­än­dert. Es gibt den Sar­ba­nes-Ox­ley-Act, der sich auf mei­nen Be­rufs­zweig, die In­for­ma­tik, be­zieht. In Eu­ro­pa gibt es ei­ne ent­spre­chen­de Ge­setz­ge­bung noch nicht.
    Die ei­ne Frau sagt ganz rich­tig, na­tür­lich wol­len die Ver­tre­ter Pro­duk­te mit ho­her Pro­vi­si­on ver­kau­fen. Und die Leu­te wol­len gu­te Ren­di­ten. Und Geiz ist geil.
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    Und wenn ich sa­ge, dass Ma­the­ma­tik not­wen­dig ist im Le­ben, wer­de ich aus­ge­lacht. Da­bei kann man so­gar mit Volks­schul­ma­the­ma­tik be­reits be­stimm­te Mo­del­le »auf­ma­chen« und nach­wei­sen, dass sie sich nicht rech­nen kön­nen. Wir brau­chen aber kei­ne Ma­the­ma­tik und las­sen uns da­für lie­ber über den Tisch zie­hen.
    Ach! Was für ei­ne Welt:)

  4. War­um nicht zur Not zwei Jah­re re­cher­chie­ren, um fest­zu­stel­len, wie Maschmey­er sei­ne Kon­tak­te »aus­nutzt«?

    Neh­men wir mal an Lüt­gert hät­te ei­nen lu­pen­rei­nen Bei­trag ab­ge­lie­fert. Was hät­te es ge­bracht? Und wem? So konn­te der ge­wöhn­li­che Fern­seh­kon­su­ment ein biss­chen Er­re­gungs­po­ten­zi­al ab­bau­en, um wie­der durch den näch­sten Tag zu kom­men. Ist sol­cher aus Ge­büh­ren fi­nan­zier­ter Auf­wand zu ver­ant­wor­ten, um dem äs­the­ti­schen Emp­fin­den ei­ner Min­der­heit zu ge­nü­gen? Die arm­se­li­ge Wahr­heit steht häu­fig ge­nug im tri­sten Schein­wer­fer­licht, oh­ne län­ger als ein paar Ta­ge Mi­chels Em­pö­rungs­ge­fie­der auf­zu­plu­stern.

    Ge­gacker, Le­thar­gie und Zy­nis­mus sind die Aus­drucks­for­men der Hilf­lo­sig­keit. Lüt­gert wählt die ei­ne Op­ti­on. Was mir am mei­sten Kum­mer macht, ist das boh­ren­de Ge­fühl, dass die glo­ba­le apo­ka­lyp­ti­sche Kom­mer­zia­li­sie­rung im Ge­gen­satz zu gro­ßen Tei­len der Welt auf sehr ho­hem Ni­veau jam­mern lässt. Ei­ne schö­ne axis of evil macht es ei­nem ein­fa­cher.

  5. @steppenhund
    Ich mag ei­gent­lich die­se Di­cho­to­mie »wir« ge­gen »die« nicht. Sie sug­ge­riert ei­ne Fremd­be­stimmt­heit, die in die­sem Punkt tat­säch­lich NICHT vor­liegt. Nie­mand MUSS sei­ne Al­ters­vor­sor­ge zu 100% kre­dit­fi­nan­zie­ren (wie in dem Film ge­schil­dert wird). Nie­mand MUSS Steu­er­spar­mo­del­le ein­set­zen, nur um dem Staat ein Schnipp­chen schla­gen zu wol­len. Ich ver­heh­le nicht, dass ich mit sol­chen Leu­ten – ob sie nun Mil­lio­nä­re sind oder »nur« ein paar tau­send Eu­ro ver­lo­ren ha­be – kein Mit­ge­fühl ha­be. Sie sind ih­rer Gier er­le­gen und ha­ben sich auf bil­lig­ste Art und Wei­se aufs Kreuz le­gen las­sen.

    Die Öster­reich-Pro­ble­ma­tik von AWD kam im Film ja auch vor (viel­leicht hat­test Du da schon ab­ge­schal­tet). In Deutsch­land gibt/gab es noch die »Göt­tin­ger Grup­pe«, die ähn­lich agier­te wie der AWD und auch Spit­zen­po­li­ti­ker ein­span­nen konn­te. Mir geht nicht in den Kopf, war­um ei­ner­seits das An­se­hen der Po­li­ti­ker so schlecht sein soll, an­de­rer­seits aber mit ih­nen noch Wer­bung ge­macht wird.

    @Zufgas
    Neh­men wir mal an Lüt­gert hät­te ei­nen lu­pen­rei­nen Bei­trag ab­ge­lie­fert. Was hät­te es ge­bracht? Und wem?
    Wenn ich die­se Fra­ge im­mer und über­all stel­le, kann ich gleich mit dem Jour­na­lis­mus auf­hö­ren. Dann kann ich be­haup­ten, A ist ein Be­trü­ger oder Y ein Päd­erast – dann ist al­les egal. Tat­säch­lich sieht der Jour­na­lis­mus in wei­ten Tei­len ja schon so aus: Was zählt, ist nur noch die Ge­sin­nung, Ver­mu­tun­gen, Un­ter­stel­lun­gen. Na­tür­lich wird je­mand wie Maschmey­er sei­ne po­li­ti­schen Kon­tak­te auch nut­zen. Ihm dann die Fra­ge zu stel­len, ob bzw. wie er sie nutzt, ist doch nur ein Po­sing für die Ga­le­rie und hat mit Jour­na­lis­mus nichts mehr zu tun. Ehr­lich ge­sagt, wür­de ich auf sol­che Fra­gen auch nicht ant­wor­ten. Da­her ver­ste­he ich auch die man­geln­de Sou­ve­rä­ni­tät von Maschmey­er und sei­nen Adep­ten nicht.

  6. Zy­nis­mus?
    Es ist doch ge­nau die­se skru­pu­lö­se, sich et­was auf die Recht­schaf­fen­heit ih­rer bes­se­ren Ar­gu­men­te ein­bil­den­de zahln­lo­se Be­den­ken­trä­ge­rei, die ge­gen sol­che Mäch­te nichts mehr aus­rich­tet – und auch schon lan­ge nichts mehr auf­klärt, als „Jour­na­lis­mus“ egal wel­cher Cou­leur. Da kön­nen sol­che Nach­fra­ger üb­li­cher­wei­se igno­riert wer­den: Für mich hat es eher Grö­ße, die­ses Ver­mö­gen, sich das of­fe­ne Igno­rie­ren zu zei­gen lei­sten zu kön­nen statt das Bla­Bla-Be­ru­hi­gungs­spiel für die Mas­sen mit­zu­spie­len.

    Dass die Iro­nie mei­ner „Wut“ nicht mit­ge­le­sen wur­de – na ja. Dann be­ken­ne ich mich in dem Fall al­so mal aus­drück­lich zu der sich eben­so Igno­ranz er­lau­ben­den Geg­ner­schaft, ei­ner föh­lich-vi­ta­li­sti­schen, ei­ner a prio­ri.

    Denn wer sagt ei­gent­lich noch bei die­sem Zu­stand von Welt­erklä­rung („Jour­na­lis­mus“), dass man al­les ver­ste­hen soll / kann? Es geht um In­ter­es­sen­la­gen, und die sind per­spek­ti­visch (üb­ri­gens noch in al­lem Wohl­ver­ste­her­tum). Je­den­falls ist da­mit „Feind­schaft“ heu­te im­pli­zit, sie muss bei sol­chen rea­len Ver­hält­nis­sen nicht mehr er­klärt wer­den. (Und ich mei­ne hier we­ni­ger die Re­la­tio­nen Geld – Macht als die Be­din­gun­gen, wie bei­de ent­ste­hen und wie sie im­mer noch gern, ob aus Ver­blen­dung oder Kon­ven­ti­on, als „ver­teil­te“ ver­stan­den wer­den.) Je­des ge­sell­schaft­lich han­deln­de Sub­jekt steht heu­te per se in Kon­kur­renz – und das we­ni­ger neo­li­be­ral ge­dacht als mit dem un­ver­wüst­li­chen Max We­ber.

    (Und, klar, es gibt auch et­li­che ver­ant­wort­li­che, ge­sell­schaft­lich po­si­tiv zu wir­ken ver­su­chen­den Kräf­te: De­nen schüt­telt Wulff dann mal auf sei­nem Som­mer­fest die Hand.)

    Im Zeit­al­ter des Emo­tain­ments – und als sol­che auch öf­fent­lich-recht­lich be­grüß­te neue­re Sen­de­form – ha­ben für mich sol­che wie Lüt­gert zu­min­dest das glei­che Recht: Und zum Ar­gu­ment ge­hört heu­te die Ein­schalt­quo­te. Und be­vor „Jour­na­lis­mus“ ganz nach Mit­ter­nacht ab­wan­dert, muss er dann eben auch mal po­le­mi­scher sein dür­fen. Die Maschmey­ers wie die letz­ten Auf­rech­ten, die hal­ten das aus.

     

  7. @en-passant
    Die Iro­nie ha­be ich schon mit­ge­le­sen; mit­be­kom­men. Ich fin­de aber, dass da­für Lüt­gerts Bei­trag sel­ber viel zu un­iro­nisch ist. Sein Kopf­schüt­teln über das Ab­ge­fer­tigt­wer­den an Maschmey­ers Klin­gel­pfor­te kann doch nur ge­spielt sein. Er kann doch nicht so na­iv-treu­doof sein zu glau­ben, die Se­kre­tä­rin öff­net ihm die Tü­re und bei­de schau­en sich die Ak­ten der Leu­te an, die er in­ter­viewt hat­te.

    Er setzt sich ins Fuß­ball­sta­di­on von Han­no­ver 96 – ganz al­lei­ne. Und liest die AWD-Wer­be­bot­schaf­ten vor. Als glau­be ir­gend­je­mand die­sen Quatsch noch. Und hat nicht auch die ARD AWD-Wer­bung ge­macht? (Hat sie.) Wie­so er­fah­re ich so et­was nicht? Wel­chen Ein­fluss hat AWD denn heu­te noch auf die Me­di­en? Auch hier­zu er­fah­re ich nichts.

    Und er darf – nach Ih­rer De­fi­ni­ti­on nach – par­tei­isch sein, weil die an­de­ren es auch sind. Aber war­um fragt er die Ge­schä­dig­ten nicht, war­um sie glau­ben, dass man ei­nen Fi­nanz­plan zu 100% kre­dit­fi­nan­ziert ma­chen soll, nur um Steu­ern zu spa­ren – und sich wie ein »Gro­ßer« zu füh­len? Wie­so glau­ben die Leu­te, die Welt ge­hö­re ih­nen und wenn sie fest­stel­len, dass es nicht so ist, sind die an­de­ren schuld? Ist das so ein­fach?

    Ich be­har­re dar­auf: Ein Jour­na­list macht sich mit kei­ner Sa­che ge­mein – auch nicht mit der (ver­meint­lich) »Gu­ten«. Und mir ist die­se Form der Feind­bild­pfle­ge zu ein­fach, zu durch­schau­bar.

  8. Wenn ich die­se Fra­ge im­mer und über­all stel­le, kann ich gleich mit dem Jour­na­lis­mus auf­hö­ren.
    Ich hät­te noch den Zu­satz se­ri­ös spen­diert.

    Mei­ne Wahr­neh­mung sagt mir, dass wir ein zu viel an wie auch im­mer ge­ar­te­tem Jour­na­lis­mus ha­ben. Man kann ein The­ma in ei­ner Dik­ta­tur durch Tot­schwei­gen er­le­di­gen. In ei­ner Me­di­en­de­mo­kra­tie schafft man dies durch mas­si­ves Zer­re­den. Wenn ich die zwan­zig­ste Ex­per­ten­mei­nung, mit viel Ver­ve vor­ge­tra­gen, ge­hört ha­be, ist ein The­ma so zer­fa­sert, dass ei­ne ernst­haf­te Be­trach­tung ver­un­mög­licht wird.

    Eben­so funk­tio­niert die osti­na­te Wie­der­ho­lung. Ir­gend­wann schei­nen die Men­schen ge­glaubt zu ha­ben, dass es et­was wie Fi­nanzpro­duk­te gibt und nicht nur schnö­der, et­was auf­ge­bre­zel­ter Wu­cher be­trie­ben wird. Der Ver­such nur mit ei­nem Wort dar­zu­stel­len, dass et­was her­ge­stellt wor­den ist, et­was ge­schaf­fen wor­den ist, was ei­nen rea­len Ge­gen­wert hat, scheint funk­tio­niert zu ha­ben.

    Für mich bleibt die Fra­ge be­stehen: Was be­wirkt se­riö­ser Jour­na­lis­mus prak­tisch, au­ßer dem Zun­ge­schnal­zen über ei­ne gu­te hand­werk­lich Ar­beit?

  9. Zeit­wei­se Sus­pen­die­rung von Auf­klä­rung?
    Das ist doch ei­ne Fra­ge von Ethos, von Hal­tung; ich wür­de auch sa­gen ei­ne von Zu­nei­gung, viel­leicht von Lie­be: Muss man sich nicht fra­gen, ob die­se Wen­de­hals­tak­tik ei­ne Lü­ge, ein Selbst­be­trug ist? Und falls es kei­ner ist, wo­für steht man dann ei­gent­lich?

    Auf die­se Art und Wei­se lässt sich al­les, auch Mord und Tot­schlag recht­fer­ti­gen, man muss sich nur im Vor­hin­ein auf der rich­ti­gen Sei­te wis­sen.

  10. @Gregor Keu­sch­nig
    Die Stel­le mit dem Be­zug auf Öster­reich ha­be ich schon ge­se­hen. Ich woll­te nur dar­auf hin­wei­sen, dass der AWD nicht der ein­zi­ge Übel­tä­ter ist.
    Ich ver­ste­he dei­ne An­mer­kung be­züg­lich der Di­cho­to­mie nicht. Du magst sie nicht, aber in der Fol­ge schreibst Du, dass nie­mand ge­zwun­gen ist die Al­ters­vor­sor­ge auf ei­ne der­ar­ti­ge Wei­se zu fi­nan­zie­ren. Da kommt ja ge­ra­de die Di­cho­to­mie zum Vor­schein. Es sind be­stimm­te Leu­te, die glau­ben, dass »es mehr her­aus zu ho­len« gibt.
    für mich trifft das nicht zu. Ich ha­be auch bis­her nichts ver­lo­ren, weil ich mich nach ei­nem Null­sum­men­spiel, zu dem ich mich als 30-Jäh­ri­ger ein­mal über­re­den ließ, nie mehr wie­der mit sol­chen Mo­del­len et­was zu tun ha­ben woll­te.
    Aber die Ame­ri­ka­ner konn­ten sich nicht weh­ren: dort war es wirk­lich Fremd­be­stim­mung.
    Al­so ich den­ke, dass Du ge­ra­de be­schreibst, dass man nicht so wie al­le sein muss. Al­so gibt es ein »wir« ge­gen »sie«.
    Mit­leid ha­be ich schon ein biss­chen mit den Leu­ten, die noch aus ei­ner an­de­ren Zeit stam­men, als zum Bei­spiel auch noch Hand­schlag­qua­li­tät herrsch­te.
    Es ist nicht so ein­fach, heu­te hin­ter je­dem ge­schnie­gel­ten Ver­si­che­rungs­kei­ler ei­nen Ver­bre­cher zu ver­mu­ten. Das wä­re ja auch so­gar den Ver­si­che­rungs­kei­lern ge­gen­über un­fähr.
    Ich glau­be, es ist ein­fach ein Sy­stem, über das ich ge­ra­de mit mei­nem Ex-Chef ge­spro­chen ha­be. In der Wirt­schaft ver­sucht eben­falls je­der, die Be­zah­lung ei­ner or­dent­li­chen Lei­stung drücken zu müs­sen. Mit dem Ef­fekt, dass Pro­jek­te den Bach hin­un­ter ge­hen, Aus­schrei­bun­gen nur mehr über lin­ke Me­tho­den ge­won­nen wer­den kön­nen, und die Pro­jek­te an­schlie­ßend das Drei­fa­che vom An­ge­bo­te­nen ko­sten.
    Aber ich be­to­ne noch ein­mal: »Geiz ist geil«. Und so­lan­ge es kei­ne To­des­stra­fe für Wer­be­tex­ter und Ma­na­ger von Fir­men gibt, die da­mit ope­rie­ren, wer­den wir uns ein­fach an­schau­en.
    Frü­her hät­te man ge­sagt: »Spar­sam­keit macht sich be­zahlt« oder et­was Ähn­li­ches.
    Heu­te ist Geiz – zu­min­dest im ka­tho­li­schen Sinn ei­ne Tod­sün­de – er­stre­bens­wert. Ja do leckts mi do am Oarsch, fällt mir da­zu nur ein:)

  11. @steppenhund
    Di­cho­to­mie
    ich war un­prä­zi­se mit­mei­ner For­mu­lie­rung. Ich mei­ne da­mit: Es gibt für den Re­por­ter im­mer ei­nen »Gu­ten« und im­mer ei­nen »Bö­sen«. Die Rol­len sind schon vor­her klar ver­teilt; ei­ne Ent­wick­lung gibt es nicht. Der »Gu­te« ist der­je­ni­ge, der »be­tro­gen« wur­de – wa­ren die Ver­spre­chen auch noch so win­dig. Er ist in sol­chen Re­por­ta­gen im­mer der Gu­te.

    Soll­te man sich nicht ge­ra­de vor »ge­schnie­gel­ten Ver­si­che­rungs­kei­lern« höch­ste Skep­sis ent­wickeln? Wer woll­te da wirk­lich ein biss­chen »ober­schlau« sein? Ich re­de da­mit dem Be­trug nicht das Wort – Be­trug ist Be­trug; fer­tig. Ich glau­be nur, dass es nicht im­mer so ein­fach ist.

    Wer­be­tex­ter
    Nein, ich bin nicht für die »To­des­stra­fe« von Wer­be­tex­tern. Ich bin eher für die Ab­erken­nung al­ler bür­ger­li­chen Rech­te für die­je­ni­gen, die Wer­be­tex­tern glau­ben. Aber Spaß bei­sei­te: Ist es nicht ein biss­chen ein­fach, die Ver­lot­te­rung der Sit­ten im­mer auf »die an­de­ren« zu schie­ben? Deutsch­land wird der­zeit er­schüt­tert von ei­nem Le­bens­mit­tel­skan­dal nach dem an­de­ren. Er­schüt­tert? Ja, vor­der­grün­dig. Plötz­lich ent­decken al­le Bio-Ei­er und Bio-Fleisch. Das war üb­ri­gens nach dem BSE-Skan­dal auch mal kurz en vogue. Da­nach gab’s dann ir­gend­wann wie­der Mett für 49 Cent.

    Die gu­te, al­te Zeit
    Ich ken­ne ei­nen wacke­ren Mann, der Jahr­zehn­te auf ei­ner Spar­kas­se ge­ar­bei­tet hat (eher länd­lich). Wenn ir­gend­wann je­mand kam und woll­te ei­nen Kre­dit für ein Haus, frug er ihn, wie­viel er schon »ge­spart« ha­be. Mit der Zeit wur­de die­se Fra­ge als im­mer exo­ti­scher auf­ge­faßt. Ei­ni­ge hat­ten rd. 25%. Das war aber im­mer mehr die Aus­nah­me. Vie­le hat­ten: Nichts. Er ar­gu­men­tier­te dann und ver­wei­ger­te 100% Fremd­fi­nan­zie­rung mit dem Hin­weis, er ha­be ja auch bis­her nichts ge­spart und was pas­sie­re, wenn es Pro­ble­me ge­be.

    Ich muß nicht er­wäh­nen, dass die­se Vor­ge­hens­wei­se für die Bank ir­gend­wann nicht mehr trag­bar war. Er wur­de »kalt ge­stellt« auf ei­ner Stel­le, in der er kei­ne »Ge­schäf­te« mehr be­hin­der­te...

  12. @Gregor Keu­sch­nig
    Ich ha­be mich auch ge­wun­dert, weil mei­ne Kin­der jetzt für die Ei­gen­tums­woh­nung ei­nen Kre­dit be­ka­men, der die vol­le Sum­me ab­deck­te.
    Jetzt ver­die­nen sie zwar zu­sam­men recht gut und es gab auch ei­ge­nes Geld. Das wur­de aber für die Ein­rich­tung ver­wen­det. Sie muss­ten es nicht wirk­lich nach­wei­sen.
    Es ist schon merk­wür­dig...

    [EDIT: 2011-01-17 10:22]

  13. @steppenhund
    Es ist fahr­läs­sig – trotz des gu­ten Ver­diensts (was ja schnell auch mal weg sein kann – was ist heu­te schon si­cher?). Aber: Wenn es Bank X nicht macht, dann halt Bank Y.

    (Was mich an die­sen Schul­den­sen­dun­gen im Fern­se­hen im­mer in­ter­es­siert: Wer er­mög­lichst den Leu­ten ei­gent­lich, die­se Schul­den auf­zu­häu­fen? An­geb­lich sind doch die Aus­kunf­tei­en so be­herr­schend – nur: man merkt in vie­len Fäl­len da­von nichts. Eher das Ge­gen­teil.)

    [EDIT: 2011-01-17 10:29]

  14. hmpf
    So­li­da­ri­tät mit Me­di­en­op­fern wie Maschmey­er, der kei­ner­lei po­li­ti­schen fi­nan­zi­el­len Ein­fluss hat und in ei­ner bei­spiel­lo­sen Schmutz­kam­pa­gne dif­fa­miert wird, oh­ne dass er sich weh­ren könn­te...

    Ein Jour­na­list kann, darf und soll­te ei­ne Mei­nung ha­ben und Stel­lung be­zie­hen. Par­tei­lich­keit ist nicht das Pro­blem, son­dern Un­sach­lich­keit. Die ist par­ti­ell in der Sen­dung vor­han­den, aber das scheint nicht das Pro­blem zu sein, das du mit ihr hast. Son­dern po­li­ti­schen Jour­na­lis­mus ge­ne­rell.

    [EDIT: 2011-01-17 14:00]

  15. So­li­da­ri­tät mit Me­di­en­op­fern wie Maschmey­er
    Das ist rei­ner Blöd­sinn, was Sie das schrei­ben. Ge­hen Sie bit­te noch ein­mal in die Schu­le, viel­leicht schon in die drit­te Klas­se und ler­nen Le­sen. Und wenn Sie’s dann kön­nen, kom­men Sie wie­der und wir kön­nen dis­ku­tie­ren.

    [EDIT: 2011-01-17 14:10]

  16. Me­di­en­op­fer Maschmey­er – ich kann mei­nen Mit­leid kaum un­ter­druecken (Ehr­lich, die­ser Ein­wurf kann doch nur iro­nisch ge­meint sein?)

    Ir­gend­wie spukt mir noch Ben­ja­mins »Der Au­tor als Pro­du­zent« im Kopf her­um – auch wenn er da ge­ra­de die Neue Sach­lich­keit kri­ti­siert, weil Kunst zur blo­ssen Re­por­ta­ge ver­kom­me und nicht mehr ei­ne zeit­ge­mae­sse Tech­nik fin­det auch die ei­ge­nen Pro­duk­ti­ons­ver­haelt­nis­se zu re­flek­tie­ren – in et­was plat­ter Ab­wand­lung koenn­te man auch sa­gen; Form und In­halt sind nicht zu tren­nen: Ein Kunst­werk mag die rich­ti­ge Ten­denz ha­ben (wie bei der Neu­en Sach­lich­keit ge­ge­ben), aber wenn es nicht in der rich­ti­gen Form ge­gos­sen, so kann sich so­gar ins Ge­gen­teil ver­keh­ren [»Das Ge­gen­teil von gut ist gut ge­meint« Kett­car].

    Nun gilt das viel­leicht auch um­ge­kehrt fuer Re­por­ta­gen. – Vor kur­zem sah ich »Die Welt des Jo­sef Acker­mann« und die leich­te Ir­ri­ta­ti­on haelt im­mer noch an. Ich weiss nicht, was ich da­von hal­ten soll. Der Bei­trag ist ten­den­zi­oes,.. nur ist es schon so weit, dass ich da­mit Pro­ble­me be­kom­me, ob­wohl ich der Ten­denz doch ger­ne zu­stim­men woll­te, weil sie doch die rich­ti­ge ist? Das ist fuer mich auch die Ver­bin­dung mit obi­gem Ben­ja­min-Text – und viel­leicht auch ei­ne der Kern­fra­gen, die Ihr Text stel­len moech­te? – Ben­ja­mins Ver­dikt auf Re­por­ta­gen um­ge­muenzt hie­sse viel­leicht: Ja, wenn ein Bei­trag so ten­denz­satt ist, hand­werk­lich viel­leicht aber so­gar an­greif­bar, dann hilft er der Sa­che nicht, son­dern es koenn­ten so­gar Leu­te auf den Plan kom­men, das Me­di­en­op­fer zu ver­tei­di­gen.


    Was die Fahr­laes­sig­keit mit Kre­di­ten an­geht, ha­be ich aehn­li­che Er­fah­run­gen: Mir wur­de jetzt schon zwei­mal un­ge­fragt mein Dis­po in un­ge­wollt er­hoeht – ein Vier­tel des ein­ge­raeum­ten Be­tra­ges wae­re mir sehr viel lie­ber, aber da­fuer muss ich wie­der ak­tiv wer­den.

    [EDIT: 2011-01-17 14:33]

  17. @Phorkyas
    Das ist ge­nau das Pro­blem: Hei­ligt der In­halt die Form? Im­mer? Und wenn ja: Nur dann, wenn es der »rich­ti­ge« In­halt ist? Aber wer be­stimmt, was »rich­tig« oder »falsch« ist?

    War­um müs­sen sol­che Bei­trä­ge ten­den­zi­ös sein? Weil es zum »gu­ten ToN« ge­hört? Oder um ei­ne Art Gleich­ge­wicht zum gän­gi­gen Po­lit-Sprech zu schaf­fen, wie en-pas­sant ein­wirft? Das ma­chen ja auch die so­ge­nann­ten Ka­ba­ret­ti­sten schon, die auch ih­re fer­ti­gen Haß­bild­chen aus der Schub­la­de zie­hen und sich bil­li­ge La­cher ver­schaf­fen.

    Und noch et­was an­de­res zum Maschmey­er-Film: Ist er nicht im Grun­de über wei­te Strecken eher herm­los? Das Dä­mo­ni­sche oder von mir aus Ver­schwo­re­ne wird doch gar nicht ge­zeigt (au­ßer in die­ser skur­ri­len Sze­ne am Schluß), noch nicht ein­mal an­ge­deu­tet. War­um wohl? Weil man nur die Fo­tos hat? Es wird im­mer nur ge­zeigt, DASS er die Kon­tak­te in die Po­li­tik hat. Aber nicht, was das BEDEUTET? Das mein­te ich mit ei­ner not­wen­di­gen Recherche.Und das ist et­was an­de­res, als Maschmey­er mit na­iv-dümm­li­chen Fra­gen zu be­geg­nen.

    Ein­zig die über­zo­ge­nen und lä­cher­li­chen Re­ak­tio­nen der An­wäl­te von Maschmey­er wür­zen die­sen Bei­trag post fe­stum. Denn nur Hun­de, de­nen man auf den Schwanz ge­tre­ten hat, jau­len.

    [EDIT: 2011-01-17 14:38]

  18. Al­les so­weit rich­tig
    Es stimmt ja al­les so­weit, was hier auch in den Kom­men­ta­ren ge­schrie­ben wur­de (und na­tür­lich auch im Ar­ti­kel).

    Der Stil ist wirk­lich fast schon RTL für Bes­ser­es­ser (al­so ARD). Ein biß­chen Be­ru­hi­gung und Auf­re­gen über wen auch im­mer. Den­noch muß ich sa­gen, daß mich der Ar­ti­kel hier auch schon et­was an den Spie­gel­fech­ter oder auch an die Ber­li­ner Bo­he­mé er­in­nert (Mar­ke In­di­vi­dua­list, ei­ge­ne Mei­nung auf Teu­fel komm raus, [ichwerdeeinberliner.com]).

    Was hier doch ziem­lich echauf­fiert und un­in­for­miert ver­ges­sen wird:
    Es gab schon 2–3 Re­por­ta­gen im letz­ten Jahr vom sel­ben Team über das sel­be The­ma mit durch­aus mehr In­fo und nicht so dün­ner Fak­ten­la­ge... nur mal so ne­ben­bei.

    Den­noch muß ich noch ein­mal un­ter­strei­chen, daß die Mach­art der Do­ku wirk­lich da­ne­ben ist. RTL für »In­tel­lek­tu­el­le«.

    Muß man sich mit so ei­nem Ar­ti­kel ab­he­ben und ei­ne ei­ge­ne Mei­nu­ung de­mon­strie­ren? Wenn ja, dann fra­ge ich mich, ob hier (und auch ganz all­ge­mein) der Zweck die Mit­tel hei­ligt.

    Fro­hes Neu­es.

    [EDIT: 2011-01-18 00:09]

  19. @irgend ei­ner
    Ihr Ein­wand ist nicht von der Hand zu wei­sen. Die 2–3 Re­por­ta­gen vom AWD vom letz­ten Jahr sind dann an mir vor­über ge­gan­gen. Ha­ben Sie mehr In­fo da­zu?

    [EDIT: 2011-01-18 07:51]

  20. Dach­te auch ge­le­sen zu ha­ben, es ha­be meh­re­re Re­por­ta­gen ge­ge­ben. In der NDR-Chro­no­lo­gie, fin­de ich nur ei­nen:

    08.09.2010
    Sen­dung im NDR Fern­se­hen »Pan­ora­ma-die Re­por­ter«: »Ab­zocker Maschmey­er. Lieb­ling der Po­li­tik, Freund des Bun­des­prä­si­den­ten.«

    @irgend ei­ner: Tref­fer ver­senkt –
    die Mass­stae­be, die wir an die Do­ku­men­ta­ti­on an­le­gen wol­len (bzw. die es erst aus­zu­lo­ten gilt), koennte/muss man ja glei­cher­ma­ssen an die Re­plik und un­se­re Dis­kus­si­on an­le­gen.

    Mar­ke Individualist,eigene Mei­nung auf Teu­fel komm raus
    Na­tuer­lich ho­len wir fei­ge-pseudo­ni­mi­sier­ten Netz­kom­men­tie­rer un­se­ren scha­len Di­stink­ti­ons­ge­winn dar­aus moeg­lichst ge­spreizt, uns ueber den Rest zu echauf­fie­ren. Das glei­che kann man dann na­tuer­lich auch mit dem Bei­trag und un­se­ren Kom­men­ta­ren an­stel­len (Me­ta-Di­stink­ti­ons­ge­winn oder Di­stink­ti­ons­ge­winn auf der 2. Ebe­ne?).

    Nur Ih­re Fra­ge:
    Muß man sich mit so ei­nem Ar­ti­kel ab­he­ben und ei­ne ei­ge­ne Mei­nu­ung de­mon­strie­ren?
    klingt ein we­nig so, als ob das eh al­les mue­ssig sei. Viel­leicht ist es das auch. Was be­we­gen wir schon mit sol­chen Bei­trae­gen oder schlim­mer noch Kom­men­ta­ren? Aber dann kann man wohl gleich ein­packen. Schul­ter­zucken, wei­ter­ma­chen, bringt ja eh nix.


    Ich freue mich, wenn auch an­de­re ana­chro­ni­stisch sind, z.B. jetzt fra­gen, was denn mit den Ty­pen von der Agen­da 2010 ist (er­waeh­ne ich, weil auch der Maschmey­er wie­der mit­ge­mischt hat):
    http://www.zeit.de/2010/43/DOS-Agenda-2010
    (Al­ler­dings hat der Bei­trag mich dann doch auch fast wie­der ent­taeuscht, was wohl an den ei­ge­nen Er­war­tun­gen lag: Ich haet­te gern mehr Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen ge­habt, aber statt­des­sen, war es mehr ein Por­trait der Leu­te..)

    [EDIT: 2011-01-18 20:15]

  21. Ma­chen die TV-Be­richt-Ver­säum­nis­se die Ma­chen­schaf­ten der »Ma­schi-Cli­que« bes­ser?
    Wenn der Jour­na­list all das macht und be­her­zigt, was Sie hier aus der Etap­pe – zu Recht! – for­dern, kä­me sein Film nie ins TV, resp. nie­mand wür­de ihn se­hen, weil: viel zu lang, viel zu un­ver­ständ­lich für nicht BW­Ler, viel zu spät ge­sen­det, und nicht zu­letzt wä­ren si­cher zig Klei­nig­kei­ten dar­in zu fin­den, an de­nen sich RA Prinz er­freu­en und ab­ar­bei­ten könn­te. Kurz: die Mü­he wä­re für die Katz.
    Blei­ben Sie rea­li­stisch, Herr K. Auch da wo Sie Recht ha­ben, muss man schau­en, was im deut­schen TV für deut­sches Pu­bli­kum (lei­der nur) mög­lich ist.

    [EDIT: 2011-01-16 14:31]

  22. Der Rea­lis­mus (der Op­por­tu­nis­mus) kann auch der Tod der Wahr­heit sein, oder?

    »Viel zu un­ver­ständ­lich für nicht BW­Ler« – da­für wä­re man doch auch Jour­na­list, oder?

    [EDIT: 2011-01-16 14:36]

  23. So ist es
    In die­se Ein­schät­zung des Films passt auch die Chro­no­lo­gie, die der NDR über In­ter­view­an­fra­gen an Maschmey­er ver­öf­fent­licht hat:

    http://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/awd157.html

    Ich bin selbst Jour­na­list, aber dass man ei­nem Kon­zern­chef bei In­ter­wie­w­an­fra­gen vor­schreibt, sich (für ei­ne Do­ku­men­ta­ti­on, die über Wo­chen oder Mo­na­te im Vor­feld ge­plant wird), in­ner­halb von ein oder drei Ta­gen bis zu ei­ner be­stimm­ten Uhr­zeit zu mel­den, ist zu­min­dest vom Stil her un­ge­wöhn­lich.

    Dass der NDR im Vor­feld kei­ne kon­kre­ten Fra­gen an AWD schicken will fin­de ich jour­na­li­stisch völ­lig rich­tig. Wenn sich der Ge­sprächs­part­ner aber dann nicht auf das Ge­spräch ein­lässt, hat man eben Pech ge­habt. Die Chro­no­lo­gie soll aber mei­nes Er­ach­tens, den Ein­druck erw­ce­ken, dass der NDR AWD so­gar in die­sem Punkt ent­ge­ge­kom­men sei. Tat­säch­lich sieht man dar­in aber, dass eben kei­ne kon­kre­ten Fra­gen zu­ge­schickt wur­den.

    Wie ge­sagt, jour­na­li­stisch al­les völ­lig in Ord­nung. Wie wohl auch die Grund­the­se des Films. Aber Vor­ge­hens­wei­se und Ton­fall zei­gen für mich auch ei­ne recht an­klä­ge­ri­sche und selbst­herr­li­che Ein­stel­lung, die ich auch im­mer wie­der in hand­werk­lich kru­den teils selbst- (öf­fent­lich-recht­lich-) ver­herr­li­chen­den Bei­trä­gen des Me­di­en­ma­ga­zins Zak fin­de.

    So macht man sich an­greif­bar. Und das zieht die rich­ti­ge Grund­aus­sa­ge sol­cher Bei­trä­ge wie­der in Zwei­fel. Ge­nau wie bei Mi­cha­el Moo­re.

  24. Ab­ge­se­hen vom In­halt..
    Über den In­halt die­ses Ar­ti­kels ist an die­ser Stel­le, den­ke ich, ge­nug dis­ku­tiert wor­den.
    Aber da wir ge­ra­de bei dem The­ma »gu­ter Jour­na­lis­mus« sind, möch­te ich ei­ne Klei­nig­keit an­mer­ken, die ich in mei­ner Aus­bil­dung zur Jour­na­li­stin im­mer wie­der ein­ge­schärft be­kom­men ha­be: Zu gu­tem Jour­na­lis­mus ge­hört auch ein gu­ter Aus­druck so wie die Be­herr­schung der Grund­re­geln der deut­schen Gram­ma­tik und Recht­schrei­bung.
    Mir stößt es lei­der sehr ne­ga­tiv auf, wenn im er­sten Ab­satz schon an die sie­ben Feh­ler auf­tau­chen und es ver­lei­det mir das Wei­ter­le­sen ei­nes, an­son­sten durch­aus le­sens­wer­ten Ar­ti­kels. Schon der Link bei BILD­blog, der mich hier her führ­te, ist mit ei­nem Zi­tat ver­se­hen, dass ei­nen Feh­ler ent­hält. Es ko­stet doch nicht so un­end­lich viel Zeit ei­nen Text nach dem Ver­fas­sen noch ein­mal durch zu­schau­en, oder?

  25. Hal­lo Gast
    wenn man sich der­art an Feh­lern stört, soll­te man sie zu­min­dest nicht selbst be­ge­hen.
    (ich mei­nen das »dass« im vor­letz­ten Satz)

  26. Bal­ken
    Im er­sten Ab­satz ha­be ich kei­ne Feh­ler ge­fun­den. Im Brief »Ab­ge­se­hen ...« aber ge­nau vier. Tja.
    (Viel­leicht hat Herr Keu­sch­nig ja nach­ge­bes­sert.)

    An­son­sten stim­me ich zu, »da sind die Bö­sen und Ga­la­had Lüt­gert er­klärt uns die Welt.« Und mir ge­fällt das be­stens. Ich ha­be viel ge­lernt durch sei­ne Fil­me.

  27. Man?
    Man? Sie und man­che Spe­zia­li­sten wuß­ten das. Ich be­schäf­ti­ge mich ja auch mit Po­li­tik, aber bei Wirt­schafts­fra­gen schal­te ich re­gel­mä­ßig auf Durch­zug. Und dar­um geht es mir bei der AWD-Sto­ry so wie ver­mut­lich der gro­ßen Mehr­zahl der 4 Mil­lio­nen oder so Zu­schau­er. Ich hal­te das für ziem­lich ge­lun­ge­ne Volks­auf­klä­rung. Daß man Ei­ni­ges ver­tie­fen und dif­fe­ren­zie­ren könn­te, will ich nicht ab­strei­ten.
    Bei The­men, die mir bes­ser ver­traut sind, wä­re ich durch ei­ne so »plat­te« Dar­stel­lung al­ler­dings ver­mut­lich ähn­lich ge­nervt wie Sie.

  28. Durch­zug
    In­ter­es­sant: Wenn Sie auf Wirt­schafts­the­men nor­ma­ler­wei­se auf »Durch­zug« schal­ten – war­um hier nicht? Ist Lüt­gert ei­ne »Mar­ke«, der man ver­traut?

  29. @G.K.
    1.: ja, seit der KIK-Sto­ry.
    2. wur­de ja auch or­dent­lich Streu­sand-Wer­bung ge­macht. Wenns ver­bo­ten ist, muß es wohl gut sein.
    3. Es ist ein­fach ver­dammt span­nend ge­macht.

  30. @kleine an­mer­kung
    Ich weiß, was Sie mei­nen. Da schreibt ei­ner, po­le­misch, wie er kann und darf, und dann stol­pert man über Kom­mas, wo sie stö­ren, und über die Lö­cher, die klaf­fen, wo sie feh­len. Ob nun Be­rufs­jour­na­li­sten oder Hob­by­b­log­ger, al­le ha­ben aus der Recht­schreib­re­form ei­nes ge­lernt: Kom­mas kann man jetzt set­zen, wie man will. Der Le­ser wird sich schon die Mü­he ma­chen, den Satz sinn­ge­mäß zu­sam­men­zu­set­zen.

  31. Maschmey­er.
    Man flickt ihm nur mit li­te­ra­ri­schen Mit­teln am Zaum­zeug. Ich ha­be ei­ni­ge Zeit für den AWD ge­ar­bei­tet, nach mei­ner Bro­ker-Zeit. Zu Maschmey­ers Me­tho­dik ge­hör­te es da­mals, neue Mit­ar­bei­ter auf den Rum­mel­platz ein­zu­la­den: er be­zahl­te al­les, was sie woll­ten. Was er woll­te aber auch. Wir wur­den al­le an ei­nen Schieß­stand ge­bracht, dort soll­ten wir Tro­phä­en schie­ßen. Dann sag­te Maschmey­er: »Zie­len Sie auf die Au­gen der Ted­dy­bä­ren. Was ka­putt­geht, be­zah­le ich. Ma­chen Sie sich kei­ne Sor­gen.« Die mei­sten Mit­ar­bei­ter folg­ten. Ich leg­te das Ge­wehr hin. »Sie sol­len auf die Au­gen der Ted­dies schie­ßen«, sag­te er zu mir. Ich ant­wor­te­te: »Nein, denn ich wer­de auch auf die Au­gen von Men­schen nicht schie­ßen.« Seit­her wa­ren wir Geg­ner. Ich zer­stör­te ihm ei­ne Struk­tur. Dar­über gab es dann spä­ter ei­nen Pro­zeß, bei dem er klein bei­geben muß­te.
    Ei­ne sei­ner Ge­schäfts­lei­ter­ver­samm­lun­gen, sehr groß, na­he­zu 1000 Leu­te, ha­be ich in »» The­tis nach­er­zählt. Selbst mein Lek­tor hielt das für ei­ne dun­kel-uto­pi­sche Vi­si­on. Die Ver­samm­lung en­de­te mit der Ver­kün­di­gung der Ge­bo­te des AWDs, die von den An­we­sen­den im Chor mit­ge­spro­chen wer­den soll­ten und wur­den. Über­haupt steht in The­tis vie­les über den AWD drin.

  32. Da mich je­mand auf Ih­ren in­ter­es­san­ten Bei­trag hin­ge­wie­sen hat, er­lau­be ich mir der Voll­stän­dig­keit hal­ber den Ver­weis auf mei­nen Bei­trag zum The­ma:

  33. Vol­le Zu­stim­mung in den mei­sten Punk­ten. Ich ha­be mich in den letz­ten Ta­gen mehr­fach ge­wun­dert, dass es ei­ne der­ar­ti­ge Kri­tik nicht in den Me­di­en­sei­ten ge­ge­ben hat. Wahr­schein­lich hat Lüt­gert das den ju­ri­sti­schen Maß­nah­men des Herrn Maschmey­er zu ver­dan­ken, der da an­schei­nend sehr schlecht be­ra­ten wird. Die­ses Mach­werk hät­te man si­cher sehr schnell ver­ges­sen oder eben auch über­haupt nicht ge­se­hen – Ich selbst ha­be den Film mehr­fach nach we­ni­gen Mi­nu­ten we­gen der kaum er­träg­li­chen Ei­tel­keit und Selbst­ge­fäl­lig­keit des Herrn L. ab­ge­bro­chen -, wenn es die­se un­frei­wil­li­ge PR nicht ge­ge­ben hät­te. Herrn Lüt­gert schiebt er da­mit ei­nen Sta­tus zu, den die­ser über­haupt nicht ver­dient. Ein Pa­ra­de­bei­spiel für die Ver­schie­bung ist die­ser Ar­ti­kel in der FAZ nach des­sen Lek­tü­re ich mich ernst­haft ge­fragt ha­be, wel­chen Film der Au­tor da ei­gent­lich ge­se­hen hat. Ein der­art ein­sei­ti­ger Pro­pa­gan­da­müll soll al­so die jour­na­li­sti­sche Frei­heit sein, die es zu ver­tei­di­gen gilt? In dem Film stimmt ja prak­tisch nichts. Ob das nun ein Links­au­ßen wie Al­brecht Mül­ler ist, der als qua­si neu­tra­ler Ex­per­te vor­ge­stellt wird; ein Wal­ter Rie­ster, von den man nur die Ver­bin­dung mit AWD er­fährt, je­doch kein Wort da­zu, dass er al­lein in den letz­ten zwei Jah­ren si­cher 50–60 ver­gleich­ba­re Auf­trit­te für an­de­re Un­ter­neh­men aus dem Be­reich Ban­ken und Ver­si­che­run­gen hat­te; ob das für je­den nach­prüf­ba­re Fak­ten sind wie der An­teil des Ren­ten­ge­schäfts am Um­satz der AWD (75%, wie­so er­wähnt er das nicht?) oder die Er­lö­se des Herrn Maschmey­er aus dem Ver­kauf sei­nes Un­ter­neh­mens (230 Mil­lio­nen Eu­ro) oder die Tat­sa­che, dass die hoch­ge­jazz­te Fir­ma von Maschmey­er und Rü­rup ei­ne ver­lust­träch­ti­ge klei­ne Klit­sche ist (kann man un­ter ebundesanzeiger.de nach­le­sen); ob das nun die gie­ri­gen Pri­vat­spe­ku­lan­ten sind, die sich nach ih­rem Schei­tern ger­ne als Op­fer an­se­hen wol­len usw usf.

    Ein wei­te­rer Punkt, der mir auf­ge­fal­len ist: Es wird ja im­mer so auf die Sze­ne in Frank­furt hin­ge­wie­sen. Es hät­te wohl über­haupt nicht in Lüt­gerts Kon­zept ge­passt, wenn es tat­säch­lich zum Ge­spräch ge­kom­men wä­re. Er will da nur die »Ar­ro­ganz der Macht«, die an­geb­li­che »Ge­sprächs­ver­wei­ge­rung« in­sze­nie­ren, das ge­nügt ihm völ­lig. Er setzt die­se Li­nie ja auch nach Aus­strah­lung der »Do­ku« fort.

    Maschmey­er soll ihm ein In­ter­view für den Fall zu­ge­sagt ha­ben, dass er die Fra­gen vor­ab be­kommt. Herr Lüt­gert hat ihm dann die­se Mail ge­schickt:

    http://daserste.ndr.de/panorama/awd163.pdf

    Man zäh­le mal die Fra­ge­zei­chen in die­ser Mail. Da ist schon die Fra­ge er­laubt, ob das Lüt­gers Dumm­heit ist oder ob er da nicht ein­fach ei­nen O‑Ton Maschmey­ers über­haupt nicht ha­ben woll­te, weil er nicht in sein Kon­zept ge­passt hät­te.

  34. herr lüt­gert ist of­fen­bar stolz auf den eh­ren­ti­tel, den Sie und an­de­re ihm ge­ge­ben ha­ben ...
    Den­noch gab es auch viel Lob.

    Was mir mit­un­ter auch pein­lich war. Ich wur­de als ganz gro­ßer in­ve­sti­ga­ti­ver Jour­na­list be­zeich­net, ei­ne Zei­tung gab mir so­gar den Ti­tel des deut­schen Mi­cha­el Moo­re.