Joris Luyendijk ging mit 27 Jahren als Korrespondent in den Nahen Osten; zunächst für eine Radiostation und die niederländische Zeitung »De Volkskrant«, später dann für »NRC Handelsblad«. Er war auch kurze Zeit für das niederländische Fernsehen tätig. Vermutlich – so spekuliert er selber – hatte er den Zuschlag für die Stelle hauptsächlich wegen seines Arabistik-Studiums erhalten; Bewerbern mit primär journalistischem Hintergrund war er wohl deshalb vorgezogen worden. Luyendijk hat über diese Zeit (sie dauerte von 1998 bis 2003) ein Buch mit dem doppeldeutigen Titel »Wie im echten Leben« geschrieben, welches in den Niederlanden – trotz weniger »offizieller« Besprechungen – für Furore sorgte und mit 120.000 verkauften Exemplaren ein Bestseller wurde (was man dem Buch naturgemäss nicht vorwerfen kann).
Madeleine Albright: Amerika du kannst es besser

Der Untertitel des Buches lautet »Was ein guter Präsident tun und was er lassen sollte« – und er ist wörtlich gemeint! Madeleine Albright hat eine Art Vademecum für den neuen Präsidenten verfasst (zusammen mit dem von anderen Büchern bereits bekannten Bill Woodward, der in der deutschen Ausgabe erst auf dem Schmutztitel erscheint); einen Ratgeber, der sich insbesondere den Abläufen im »Treibhaus« Washington und der Aussenpolitik widmet.
Das zeugt nicht nur von erstaunlichem Selbstbewusstsein, sondern offenbart auch eine gewisse Pikanterie. Zwar beteuert Albright zu Beginn, dass sie die maskuline Form für »Präsident« nur aus aktuellen Gründen beibehält (und die weibliche Form für den Aussenminister [die Aussenministerin] verwendet), aber durch die Prognose, einen Präsidenten aus ihrer Partei (den Demokraten) ab Januar 2009 im Weissen Haus zu sehen, kann sie eigentlich nur Barack Obama beim Schreiben des Buches im Auge gehabt haben.
Hans Magnus Enzensberger: Hammerstein oder der Eigensinn

General Beck wird später zitiert werden, er habe den Inhalt der Rede »sofort wieder vergessen«. Zwar existiert eine inoffiziell angefertigte Protokollnachschrift, die vermutlich einem der Hammerstein-Kinder an die Komintern nach Moskau gefunkt wurde, aber ob hier tatsächlich wesentliche Elemente der Rede Hitlers, die dann eindeutig eine Aufrüstungsrede gewesen wäre, korrekt wiedergegeben wurde?
Lamby/Rutz: Merkels Macht – auf den Spuren der Kanzlerin (ARD)
Nach wenigen Sekunden bereits die Äusserung in einer der sehr kurzen Eingangsstatements von anderen Politikern. Schäuble mit einer Spur Anerkennung in der Stimme: Angela Merkel sei jemand, der sich erst im letzten Moment festlege. Man beeilte sich, das als Fähigkeit, anderen zuzuhören zu erklären; umzudeuten. In Wirklichkeit heisst das, Merkel ist ein Machtmensch. Hugo Müller-Vogg, von der FAZ zur »Bild« Gefallener, bezeichnete sie als »Kontrollfreak«.
Die beiden engsten Mitarbeiterinnen Merkels (Eva Christiansen und Beate Baumann) dürfen nur kurz gezeigt werden; keine Interviews. Seit geraumer Zeit keine Bilder mehr aus dem Flugzeug. Angeblich soll die Privatsphäre geschützt werden. Aber sich in Indien mit einem scheinbar geistig behinderten Kind filmen zu lassen, als gute Helferin – das ist plötzlich keine Privatsache mehr.
Lakota Country
Es gibt einen neuen Staat auf dieser Welt. Nanu, werden Sie sagen – hat sich das Kosovo jetzt schon unabhängig erklärt? Nein, das Kosovo ist es nicht. Es ist »Lakota Country«. Mitten in den Vereinigten Staaten von Amerika. Eine Sezession.
Am 19.12.2007 haben die Lakota Sioux alle Verträge mit den USA gekündigt; das Ende von »150 Jahren Kolonialismus«, wie es in der Erklärung heisst. Dies sei, so wird versichert, völkerrechtlich vollkommen legal. Den Botschaften von Bolivien, Venezuela, Chile und Südafrika sei die Erklärung bereits übergeben worden; Irland und Osttimor hätten schon »Interesse« gezeigt. Den Vereinten Nationen und anderen Ländern würde sie noch zugehen.
Ist Gott gefährlich? – Ulrich Beck und seine schlichten Thesen
Irgendwo habe ich mal gelesen, Ulrich Beck schreibe manchmal sehr schnell. Einen Essay oder ein kleines Buch in wenigen Tagen – keine Problem. Hieraus resultiert dann gelegentlich auch mal der Vorwurf des Schnellen, Voreiligen; gar eines kessen Zeitgeistsurfers. Sein neuester Essay in der aktuellen Ausgabe der »ZEIT« scheint von dieser Art zu sein. »Gott-ist-gefaehrlich« schreibt der renommierte Soziologe und stupende Risikoforscher Beck dort und formuliert fünf Thesen, die dieses arg pauschale Urteil bestätigen sollen – und enttäuschend schlicht daherkommen.
Becks erste These beschäftigt sich mit der Dualität Gläubiger und Ungläubiger. Zwar postulierten religiöse Systeme die Gleichheit aller Menschen – aber im gleichen Moment, wo diese Brücke gebaut sei, zerstöre man durch die dualistische Logik zwischen Ungläubigen und Gläubigen diese Versöhnungsgeste wieder. Und Beck möchte dem Gesundheitsminister ins Stammbuch schreiben: Religion tötet. Religion darf an Jugendliche unter 18 Jahren nicht weitergegeben werden.
»Gelegentlich nicht begeistert...«
Maybrit Illner, die unlängst ihre mangelnde Kritikfähigkeit in einem patzigen Gespräch mit Tillmann P. Gangloff von der Frankfurter Rundschau unter Beweis stellte, hat ein Buch geschrieben, in dem sie unter anderem Politiker in bestimmte Gruppen quantifiziert. In »Planet Interview« ist hierüber ein Interview erschienen. Illner beklagt darin unter anderem Formulierungen von Politikern, die so technokratisch ...
Louise Richardson: Was Terroristen wollen

Was Terroristen wollen
Der Untertitel des Buches Was Terroristen wollen verspricht nicht zuviel: Die Ursachen der Gewalt und wie wir sie bekämpfen können. Louise Richardson, Politikprofessorin aus Harvard, hat sich jahrzehntelang mit Terrorismus beschäftigt und diesen wissenschaftlich untersucht. Das vorliegende Buch ist dabei sowohl eine populärwissenschaftliche Zusammenfassung ihrer Untersuchungen als auch Wegweiser, wie demokratische und liberale Rechtsstaaten mit dieser Bedrohung umgehen können, die ja – auch das wird im Laufe der Lektüre deutlich – kein neuartiges Phänomen darstellt (und auch nicht einer bestimmten Kultur zugeschrieben werden kann).
Die Tatsache, dass Richardson Irin ist und auch selbst als Jugendliche mit dem Terrorismus der IRA (bzw. PIRA) konfrontiert wurde, bringt noch eine zusätzliche Facette in dieses Buch hinein (die jedoch nur sehr dezent und am Anfang erwähnt wird). So berichtet die Autorin sehr wohl, wie die Infiltration im Elternhaus, in der Schule und unter Freunden wie eine Art schleichendes Gift in ihr fortschritt und dieses für Terroristen und ihre Anhänger typische dichotomische Weltbild erzeugte. Und sie schildert ihr Erwekkungserlebnis, welches sie schlagartig »bekehrte«, als sie auf dem Dachboden ein Foto des Onkels fand, der als widerständischer Freiheitsheld in der Familie gefeiert wurde, auf dem Foto jedoch ausgerechnet eine britische Uniform trug und alle Mythengeschichten, jene erinnerte Historie, die von Generation zu Generation immer weitererzählt wurde, auf einen Schlag zu Lügen mutierten.
Was ist Terrorismus?
Zunächst einmal definiert Richardson den Begriff des Terrorismus (bzw. des Terroristen), was absolut notwendig ist, denn »Terror« und »Terrorist« finden inzwischen inflationär Verwendung – auch und gerade in den Medien und auch in vollkommen anderen Zusammenhängen (bspw. »Telefonterror« oder »Wirtschaftsterror« für Devisenspekulationen).