Nach wenigen Sekunden bereits die Äusserung in einer der sehr kurzen Eingangsstatements von anderen Politikern. Schäuble mit einer Spur Anerkennung in der Stimme: Angela Merkel sei jemand, der sich erst im letzten Moment festlege. Man beeilte sich, das als Fähigkeit, anderen zuzuhören zu erklären; umzudeuten. In Wirklichkeit heisst das, Merkel ist ein Machtmensch. Hugo Müller-Vogg, von der FAZ zur »Bild« Gefallener, bezeichnete sie als »Kontrollfreak«.
Die beiden engsten Mitarbeiterinnen Merkels (Eva Christiansen und Beate Baumann) dürfen nur kurz gezeigt werden; keine Interviews. Seit geraumer Zeit keine Bilder mehr aus dem Flugzeug. Angeblich soll die Privatsphäre geschützt werden. Aber sich in Indien mit einem scheinbar geistig behinderten Kind filmen zu lassen, als gute Helferin – das ist plötzlich keine Privatsache mehr.
Lamby/Rutz zeigen Merkel als Politikerin, die nicht versucht, ihre Politikentwürfe umzusetzen, sondern abwartet, was sich als Politik am besten »vermarkten« lässt. Sie zeigen Merkel als jemand, der an visionärer Politik letztlich kein Interesse hat; der es als »Geschäft« sieht. Wofür steht sie? Der Charme des Filmes liegt darin, dass sie Merkel demaskieren, ohne ein böses Wort über sie zu verlieren. Und das sie sagen, dass das, was man sieht, nicht das ist, was wahr ist. Lamby/Rutz haben keine aussergewöhnlichen Bilder oder Szenen (wie auch) – aber sie sagen: Schaut’ doch, selbst bei den offiziellsten Terminen gibt es genug zu sehen und zu hören (und vor allem: bestimmtes nicht zu hören und zu sehen). Heiligendamm im grünen Sakko – zum Beispiel.
Merkel ist für diese Koalition offensichtlich wie geschaffen. Thematisch wird von ihr nicht viel verlangt; der Dauerkompromiss ist Standard. Zeit für Visionen oder grosse neue Würfe ist danach. Nur: Ist Merkel auch noch danach?
Ein bisschen versuchen die beiden Reporter dann noch Merkel zu retten. Sie habe ja eingegriffen – damals in der Oettinger-Affäre. Dass das Telefonat von ihr mit Oettinger in der »Bild«-Zeitung durch sie dorthin lanciert wurde – sie streitet es nicht ab; redet ein bisschen wirr drumherum. Oettinger sitzt wie ein Schuljunge da, der weiss, dass irgendwann noch einmal seine Zeit kommen wird. Nein, meinte er, es ist nicht schlimm, wenn einmal was nach aussen dringt, schliesslich spreche er ja fast wöchentlich mit der Kanzlerin, da sei dieses eine Mal nicht so wichtig. Er sagt es ganz leise.
Und am Ende lacht die Kanzlerin.
“Der Charme des Filmes liegt darin, dass sie Merkel demaskieren, ohne ein böses Wort über sie zu verlieren.“
Nein, nicht Merkel wurde demaskiert, denn da war und ist nichts Verborgenes, nichts, was man nicht schon vorher wusste, sieht man mal von den erstaunlichen Möglichkeiten der Stylisten und Visagisten ab. Demaskiert wurden alle sie umgebenden Einschleimer und Claqueure, die letztlich nur auf den richtigen Moment warten, den Dolch zu zücken. Aus dieser Perspektive war der Film in seiner lakonischen Zustandsbeschreibung erhellend.
Kaum überraschend, dass die seinerzeitige Einschätzung des SZ-Magazins ( Magazin/ Heftarchiv/ Nr.26/2006) unter dem Titel „Nonstop Konsens“ nach wie vor gültig ist . Merkel – palim, palim...
Ja, vielleicht ist meine implizite Annahme, jemand mache nicht Politik ausschliesslich nur um der Macht willen schlichtweg naiv. Merkel hatte ja Stellung bezogen – im Wahlkampf. Und zwar für ein wirtschaftliberales »Projekt«, welches sie mit der Coolness eines Teenagers, der seine Liebe von gestern per SMS (!) »entsorgt«, schlichtweg »vergessen« hat.
An Merkel zeigt sich, was eine zu stark am Konsens orientierte Politik letztlich auch anrichten kann: Beliebigkeit. Dabei bin ich ein Verfechter des Konsenses. Konsens darf jedoch nicht zur Prinzipienlosigkeit bis zur Selbstaufgabe bzw. bis zum kleinsten gemeinsamen Nenner verkommen.
Merkel zeigt nur dort Prinzipien, wo es ihr vermeindlich nichts kostet. Wenn es dann doch Staub aufwirbelt und sich nicht so entwickelt, wie sie glaubt, ist sie mit Kohlschem Aussitzvermögen gesegnet (so wird das mit dem Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt gehandhabt).
Das grösste Problem für sie bestünde darin, 2009 in einer Koalition mit der FDP gehen zu müssen. Dann müsste sie führen – Politik wirklich gestalten und nicht nur »moderieren«. Und ausserdem wäre dann der Oppositionswind schärfer. Ich glaube nicht, dass ihr diese Rolle gefallen würde. Sie würde auch von ihrem erhabenen Thron, den sie derzeit innehat (sie scheint fast unangreifbar und fast ein bisschen politisch-impotent wie die britische Queen), herunter müssen.
Aber genau das ist es doch. Beliebigkeit! Die bezogenen Stellung kann ersatzlos geräumt werden, da die Kanzlerin diese Position nur aus Gründen der angenommenen Opportunität bezogen hat. Hat nicht funktioniert, na und? Dann vertritt sie halt das Gegenteil. Das kann sie auch ohne Probleme, weil sie durch keinerlei CDU-Sozialisation vorgeprägt ist.
Dieses merkwürdige „System Merkel“ funktioniert allerdings nur deshalb, weil es keine Opposition gibt, d.h. solange die SPD da mitspielt. Leider ist aufgrund der momentanen Verfassung der SPD ist in absehbarer Zeit keine Veränderung zu erwarten.
Sie haben recht,
und das ist eine Erkenntnis dieses Films (und unseres Dialogs): Es funktioniert nur ohne elementare Opposition. D. h. ohne charismatische Opposition. Man weiss nicht, was mit der SPD passiert, wenn Beck 2009 scheitern sollte (wovon ich ausgehe). Die grossen Erneuerungsfiguren sehe ich danach nicht.
Ich habe nur die letzte Viertelstunde des Films gesehen und kann deshalb jetzt nur zum Merkel-Bashing hier im Blog Stellung nehmen.
Ich hatte allerdings anhand dieser 15 Minuten nicht den Eindruck, dass der durchschnittliche ARD-Zuschauer eine derartig negative Merkel-Darstellung aus der Sendung mitgenommen hat.
Dass Merkel in den Umfragen besser wegkommt, als sie es momentan verdient, räume ich ein. Aber das sollte doch kein Grund sein, in der anderen Richtung etwas zu überziehen.
Schäuble mit einer Spur Anerkennung in der Stimme: Angela Merkel sei jemand, der sich erst im letzten Moment festlege. Man beeilte sich, das als Fähigkeit, anderen zuzuhören zu erklären; umzudeuten. In Wirklichkeit heisst das, Merkel ist ein Machtmensch.
Zum einen halte ich die entschlossene Ausübung der ihr verliehenen Macht für eine Kanzlerin durchaus für eine wünschenswerte Eigenschaft.
Wenn Du aber mit Machtmensch meinst, dass sie nicht das sonst gern vermittelte Bild der durch Argumente überzeugenden Kanzlerin erfüllt, scheinst Du mir die Schäuble-Aussage fehlzuinterpretieren. Festlegen im letzten Moment heißt für mich, dass man sich einfach gegenseitig alle Argumente anhört und AM ENDE eine Entscheidung (im einfachsten Fall Ja oder Nein) trifft. Das ist meiner Meinung nach eine sehr sinnvolle und in naturwissenschaftlichen Kreisen bestens bewährte Strategie für ALLE Teilnehmer einer Diskussion. Wie oft findet man aber leider den gegenteiligen Fall, dass sich viele vorschnell ohne Kenntnis aller Argumente und Gegenargumente auf eine Position festlegen und dann nicht mehr ohne Gesichtsverlust davon abgehen können?
Die beiden engsten Mitarbeiterinnen Merkels (Eva Christiansen und Beate Baumann) dürfen nur kurz gezeigt werden; keine Interviews. Seit geraumer Zeit keine Bilder mehr aus dem Flugzeug. Angeblich soll die Privatsphäre geschützt werden. Aber sich in Indien mit einem scheinbar geistig behinderten Kind filmen zu lassen, als gute Helferin <96> das ist plötzlich keine Privatsache mehr.
Genau, ist es nicht. Es ist Außendarstellung im Vorfeld des Wahlkampfs 2009. Politik ist halt so. Unehrlich. Aber auf allen Seiten.
Und dass Angela Merkel aufgrund ihrer gewöhnungsbedürftigen Optik leichter unvorteilhaft ins Bild gerät als z.B. ihr Vorgänger, mag auch eine Rolle spielen...
Lamby/Rutz zeigen Merkel als Politikerin, die nicht versucht, ihre Politikentwürfe umzusetzen, sondern abwartet, was sich als Politik am besten »vermarkten« lässt. Sie zeigen Merkel als jemand, der an visionärer Politik letztlich kein Interesse hat; der es als »Geschäft« sieht. Wofür steht sie?
Merkel ist für diese Koalition offensichtlich wie geschaffen. Thematisch wird von ihr nicht viel verlangt; der Dauerkompromiss ist Standard. Zeit für Visionen oder grosse neue Würfe ist danach.
Genau, das ist ihre Strategie. Sie hat schnell eingesehen, dass sie in der Großen Koalition ihre eigenen politischen Prinzipien (die sie meiner Meinung nach durchaus hat) nicht durchsetzen kann. Deshalb tritt sie jetzt 4 Jahre dem Wähler möglichst nicht auf die Füße und versucht, 2009 mit dem Kanzlerinnenbonus die Wahl zu gewinnen, um dann in einer Koalition mit der FDP ihre Politik umzusetzen.
Durchaus nachvollziehbar und allemal besser, als sich 4 Jahre lang absehbar erfolglos für Politikvisionen zu verkämpfen, finde ich.
Ja, vielleicht ist meine implizite Annahme, jemand mache nicht Politik ausschliesslich nur um der Macht willen schlichtweg naiv. Merkel hatte ja Stellung bezogen – im Wahlkampf. Und zwar für ein wirtschaftliberales »Projekt«, welches sie mit der Coolness eines Teenagers, der seine Liebe von gestern per SMS (!) »entsorgt«, schlichtweg »vergessen« hat.
Hat sie meiner Meinung nach nicht. Sie hat nur die Umsetzung auf nach 2009 vertagt.
Grade der Versuch mit Kirchhof ist nach meiner Ansicht ein gutes Beispiel dafür, dass sie weitaus weniger populistisch agiert hat als ein Großteil der anderen Politiker. Aber das hat nur Sinn, wenn man dann seine Politik auch durchsetzen kann.
An Merkel zeigt sich, was eine zu stark am Konsens orientierte Politik letztlich auch anrichten kann: Beliebigkeit. Dabei bin ich ein Verfechter des Konsenses. Konsens darf jedoch nicht zur Prinzipienlosigkeit bis zur Selbstaufgabe bzw. bis zum kleinsten gemeinsamen Nenner verkommen.
Naja, eigentlich ist jeder Kompromiss irgendwie der kleinste gemeinsame Nenner. Die Alternative für Merkel wäre, die Koalition platzen zu lassen. Die Grünen hatten ein ähnliches Problem mit dem Kosovo-Krieg: Beharren wir auf unserem pazifistischen Prinzip, dann müssen wir in die Opposition und können dort erst recht nichts im Sinne unserer sonstigen Prinzipien ausrichten. Für die CDU wäre die Alternative eher die Neuwahl als die Opposition. Aber mal davon abgesehen, dass das Wahlergebnis momentan wohl nicht soviel anders wie 2005 ausfallen würde, wird derjenige, der die Koalition zum Platzen bringt oder sich in diese Rolle drängen lässt, vermutlich auch noch etwas vom Wähler abgestraft.
Prinzipienfestigkeit, solange sie auch nur einen Cent mehr kostet, ist nach wie vor nicht populär bei der Mehrheit der Wähler. Ist halt so, so sehr wir das auch bedauern mögen.
Merkel zeigt nur dort Prinzipien, wo es ihr vermeindlich nichts kostet. Wenn es dann doch Staub aufwirbelt und sich nicht so entwickelt, wie sie glaubt, ist sie mit Kohlschem Aussitzvermögen gesegnet (so wird das mit dem Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt gehandhabt).
Was war da Negatives? Hab ich was verpasst?
Ich fand es OK, dass sie ihn empfangen hat. Da würde ich persönlich mir allerdings noch viel mehr Profil von ihr wünschen. Aber Steinmeier war es ja auch schon so gleich wieder viel zuviel. Das ist es eben: In der grossen Koalition kann sie ihre Prinzipien nicht durchsetzen. Deshalb lässt sie es vorläufig im Wesentlichen (insbesondere innenpolitisch) bleiben und gackert nicht über ungelegte Eier.
Das grösste Problem für sie bestünde darin, 2009 in einer Koalition mit der FDP gehen zu müssen. Dann müsste sie führen – Politik wirklich gestalten und nicht nur »moderieren«. Und ausserdem wäre dann der Oppositionswind schärfer. Ich glaube nicht, dass ihr diese Rolle gefallen würde. Sie würde auch von ihrem erhabenen Thron, den sie derzeit innehat (sie scheint fast unangreifbar und fast ein bisschen politisch-impotent wie die britische Queen), herunter müssen.
Einerseits das größte Problem, andererseits die größte Chance. Ich denke und hoffe, sie würde es dann wie Schröder in seiner zweiten Amtszeit machen: Ohne große Rücksicht auf Wahlschlappen und persönliche politische Perspektiven die Reformen, die man als wichtig und richtig erkannt hat, in die Wege leiten und dann nach 3 oder 4 Jahren vom durch die Opposition aufgehetzten unzufriedenen Wahlvieh und der eigenen Partei in die Wüste geschickt werden.
Apropos Schröder: Kannst Du mir sagen, wo der in seinen ersten 4 Jahren Akzente gesetzt hat? Akzente bei Brioni und Cohiba vielleicht, aber nicht in der Politik. Und was war bei Kohl nach der groß angekündigten geistig-moralischen Wende 1983?
Kaum überraschend, dass die seinerzeitige Einschätzung des SZ-Magazins ( Magazin/ Heftarchiv/ Nr.26/2006) unter dem Titel „Nonstop Konsens“ nach wie vor gültig ist
Kaum überraschend auch, dass die seinerzeitige Einschätzung im Heft 26/06 durch Juli Zeh (die sich ja vor der Wahl 2005 öffentlich für Rot-Grün engagiert hat) nicht vor Lobeshymnen strotzte.
Aber immerhin schrieb sie im Wesentlichen bloß, dass man Merkel eigentlich erst richtig beurteilen kann, wenn sie außerhalb der Zwänge einer großen Koalition regiert. Und in dieser Auffassung ist sie sich mit mir einig.
Danke für die ausführliche Stellungnahme
Bei der Kritik an Merkel ist es beliebt, auf Schröder zu verweisen. Wo hat er Akzente in den ersten vier Jahren gesetzt? Nun,ob einem das passt oder nicht: Er hat mindestens in der Aussenpolitik Akzente gesetzt, in dem er Deutschland eindeutig stärker bündnispolitisch eingebunden hat (Kosovo; Afghanistan) – und auch die Notbremse gezogen hat, wo dies erforderlich war (Irak) – übrigens weit vor der Zeit, als das populär zu werden schien. Wie gesagt, ich sage nicht, dass mir das gefällt. Aber er hat’s gemacht – auch wenn es teilweise unpopulär in der Bevölkerung war.
Das Merkel den Dalai Lama empfangen hat, fand ich auch in Ordnung. Es war nur ein gravierender Fehler, dies im Kanzleramt zu tun. Damit wird er quasi als »Staatsgast« geführt, was weder richtig ist – noch ihm und den Tibetern selber hilft. Das hat sie unterschätzt. Menschenrechtspolitik macht man – entgegen der gängigen Meinung – nicht mit grossartigem und lauten Selbstbeweihräucherungsgetöse, sondern auf andere Art und Weise. Die perfekte Menschenrechtspolitik war bspw. die Ostpolitik von Brandt/Bahr/Scheel.
Und es geht auch nicht darum, dass ein Kanzler/Kanzlerin sich nicht Argumente anhören soll und dann entscheiden soll. Das ist m. E. mit dem Schäubespruch nur oberflächlich gemeint. In Wirklichkeit macht sie Politik nach Umfragelage – das ist jetzt zugegebenermassen ein bisschen platt, aber ich will nur deutlich machen, wie ich diesen Spruch interpretiere.
Bestes Beispiel (und das ist – weil es aktuell ist – nicht im Film gewesen), ist der Schulterschluss Merkels mit den Parolen von Koch. Das macht sie aus rein machtpolitischen Erwägungen. Machtpolitik heisst: Ich mache etwas, weil es mich an der Macht hält (bzw. bringt). Merkel ist – da bin ich ziemlich sicher – sehr viel differenzierterer Meinung, als Kochs Quark nachzuplappern. Sie macht es aber, weil sie sich nicht erlauben kann, dass die CDU in Hessen verliert (zumal Hamburg droht, auf der Kippe zu stehen, wie ich neulich »hörte«).
Mein Begriff von Politik ist emphatisch: Man hat ein Programm mit bestimmten Zielen. Dieses Programm stellt man vor (in einem Wahlkampf). Wenn man gewählt wird, dann setzt man das um – soweit es geht (es gibt durchaus Nuancierungen in Kompromissen und nicht jeder Kompromiss ist per se auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner).
Eine Grosse Koalition verunmöglicht implizit »grosse Würfe« – das gebe ich gerne zu. Aber Merkel macht Politik nach Umfragelage: Je nachdem, zu welcher Seite die Umfragen schlagen – dessen Meinung passt sie sich an. Eine Festlegung, etwas zu tun, weil es richtig ist und nicht weil es populär ist, macht sie selten oder gar nicht.
Im übrigen wäre ich dafür, dass es grundgesetzlich nicht gestattet ist, Koalitionen zwischen den beiden stärksten Fraktionen zu schliessen (mindestens auf Bundesebene). Das sind Kaugummi-Bündnisse, die allenfalls verwalten, aber nicht regieren.
Nun,ob einem das passt oder nicht: Er hat mindestens in der Aussenpolitik Akzente gesetzt, in dem er Deutschland eindeutig stärker bündnispolitisch eingebunden hat (Kosovo; Afghanistan) – und auch die Notbremse gezogen hat, wo dies erforderlich war (Irak) – übrigens weit vor der Zeit, als das populär zu werden schien. Wie gesagt, ich sage nicht, dass mir das gefällt. Aber er hat’s gemacht – auch wenn es teilweise unpopulär in der Bevölkerung war.
Ich meinte eigentlich eher die Innenpolitik. In der Außenpolitik wird doch seit über 30 Jahren ganz unabhängig von der Regierung oder der Parteizugehörigkeit des Außenministers praktisch derselbe Kurs gefahren. Da herrscht weitgehend Konsens unter den Parteien und in der Bevölkerung.
Im Übrigen glaube ich nicht, dass diese Akzente anfangs in der Gesamtbevölkerung unpopulär waren. Sie wurden, was Kosovo und Afghanistan betrifft, sicher von einer großen Mehrheit der CDU- und FDP-Wähler unterstützt. Und auch bei der Irak-Politik war die Position von Merkel und Pflüger wohl selbst unter den CDU-Wählern von Anfang an eine Minderheitenposition.
Das Merkel den Dalai Lama empfangen hat, fand ich auch in Ordnung. Es war nur ein gravierender Fehler, dies im Kanzleramt zu tun. Damit wird er quasi als »Staatsgast« geführt, was weder richtig ist – noch ihm und den Tibetern selber hilft.
Schwer zu sagen. Anscheinend hat er selbst zumindest nicht den Eindruck gehabt, dass es ihm schadet.
Das hat sie unterschätzt. Menschenrechtspolitik macht man – entgegen der gängigen Meinung – nicht mit grossartigem und lauten Selbstbeweihräucherungsgetöse, sondern auf andere Art und Weise. Die perfekte Menschenrechtspolitik war bspw. die Ostpolitik von Brandt/Bahr/Scheel.
Ich bezweifle, dass deren Ostpolitik perfekt war. Meiner Meinung nach verdanken wir die Wiedervereinigung der Kombination aus der Entspannungspolitik UND der Politik der Stärke a la Ford, Reagan und Konsorten. Die Entspannungspolitik allein oder die Fortsetzung des Kalten Kriegs allein hätten das nicht so schnell hingekriegt.
Das ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, wie scheinbar völlig gegensätzliche Konzepte sich sinnvoll ergänzen und im Zaum halten können. Vielfalt und Verschiedenheit sind eben oft ein evolutionärer Vorteil gegenüber einer Monokultur, auch wenn sie einem manchmal lästig und überflüssig erscheinen mögen.
Und es geht auch nicht darum, dass ein Kanzler/Kanzlerin sich nicht Argumente anhören soll und dann entscheiden soll. Das ist m. E. mit dem Schäubespruch nur oberflächlich gemeint. In Wirklichkeit macht sie Politik nach Umfragelage – das ist jetzt zugegebenermassen ein bisschen platt, aber ich will nur deutlich machen, wie ich diesen Spruch interpretiere.
Bestes Beispiel (und das ist – weil es aktuell ist – nicht im Film gewesen), ist der Schulterschluss Merkels mit den Parolen von Koch. Das macht sie aus rein machtpolitischen Erwägungen. Machtpolitik heisst: Ich mache etwas, weil es mich an der Macht hält (bzw. bringt).
Was ist denn die Alternative? Abgewählt werden und GAR NICHTS von den eigenen Konzepten durchsetzen können. Das hat man doch an Schröder und Merkel gesehen.
Schröder erkennt nach 5 Jahren innenpolitischer Untätigkeit, dass es jetzt mal Zeit wird, sich den Platz im Geschichtsbuch zu sichern und die (sinnvollen) Hartz IV-Reformen durchzuziehen. Daraufhin verliert die SPD prompt die NRW-Wahl gegen den populistischen Rüttgers. Und Merkel versucht vor der Bundestagswahl, das (sinnvolle) Kirchhof-Konzept populär zu machen. Daraufhin muss sie zusehen, wie Schröder diese Ideen völlig entstellt und diffamiert, und die CDU verliert beinahe noch den Riesenvorsprung, den sie mal vor der SPD hatte.
Die 30–40% der Wähler, die nunmal als Zünglein an der Waage die Wahlen entscheiden, sind einfach zu doof für die Wahrheit. Und DAS ist der Hauptgrund für die Unehrlichkeit der Politiker im Allgemeinen und Angela Merkel im Besonderen, nicht grundsätzliche Charakterschwäche.
Machtpolitik heißt für mich: Ich mache etwas NUR, weil es mich an der Macht hält, die ich dann aber nur für meinen persönlichen Vorteil (Geldbeutel, Eitelkeit, Mobbing-Möglichkeiten, ...) nutzen werde. Und genau das unterstelle ich Merkel nicht.
Merkel ist – da bin ich ziemlich sicher – sehr viel differenzierterer Meinung, als Kochs Quark nachzuplappern.
Naja, nicht alles ist Quark. Man kann vielleicht anderer Meinung sein, aber diskutabel im Wortsinn ist ein Warnschussarrest schon. Und warum selbst ein 17-Jähriger mit IQ 140 höchstens 10 Jahre für einen Mord bekommmen kann, leuchtet mir auch nicht ein.
Einerseits wird die Jugend immer frühreifer und 16-Jährige können an Kommunalwahlen teilnehmen, andererseits sind Kinder erst ab 14 Jahren strafmündig und vor Gericht meistens bis 21 noch Jugendliche (die anscheinend wesentlich mündigeren Holländer sind schon ab 12 strafmündig).
Das Aufgreifen dieser Probleme im Wahlkampf ist sicher Populismus, aber dieses Motiv allein entwertet nicht zwangsläufig den Vorschlag.
Mein Begriff von Politik ist emphatisch: Man hat ein Programm mit bestimmten Zielen. Dieses Programm stellt man vor (in einem Wahlkampf). Wenn man gewählt wird, dann setzt man das um – soweit es geht (es gibt durchaus Nuancierungen in Kompromissen und nicht jeder Kompromiss ist per se auf dem kleinsten gem
einsamen Nenner).
Das wäre auch mein Ideal von Politik. Es entspricht ja ungefähr dem, was ich zum Thema »Entscheiden im letzten Moment« geschrieben habe: Erst die Argumente
austauschen und danach die Entscheidung treffen (lassen).
Aber leider macht das normalerweise keine Volkspartei so. Und wenn es doch mal eine versucht, scheitert sie oft (siehe oben).
Nur mit Vernunft kann man keine 30% Wählerstimmen gewinnen. Sowas kann sich vielleicht eine Kleinpartei für Akademiker wie die Grünen erlauben.
Mit der Bemerkung zum kleinsten gemeinsamen Nenner wollte ich darauf hinaus, dass in der Mathematik der kleinste gemeinsame Nenner die optimale Lösung des gegebenen Problems ist (entspricht also dem optimalen Kompromiss zwischen verschiedenen Positionen). Besser als optimal ist halt prinzipiell nicht drin. Aber wenn Du mit kleinstem gemeinsamen Nenner einfach das nicht erkennbare Gesamtkonzept meinst, muss ich natürlich schon fragen, ob ein anderer Kanzler einer großen Koalition das wirklich besser hinkriegen würde. Man ist eben nur so gut, wie es der Koalitionspartner und die Ministerpräsidenten zulassen.
Eine Grosse Koalition verunmöglicht implizit »grosse Würfe« – das gebe ich gerne zu. Aber Merkel macht Politik nach Umfragelage: Je nachdem, zu welcher Seite die Umfragen schlagen – dessen Meinung passt sie sich an. Eine Festlegung, etwas zu tun, weil es richtig ist und nicht weil es populär ist, macht sie selten oder gar nicht.
Sie legt sich momentan überhaupt selten fest, das stimmt. Aber dass sie sich nur nach Umfragen festlegt, kann ich nicht erkennen. Sie ist viel weniger populistisch als viele andere in der CDU oder anderen Parteien.
Im Fall Hessen ist sie ja mehr Zuschauerin als handelnde Akteurin, denn sie wird Koch nicht das Wort verbieten können. Das weiß sie, und deshalb macht sie allein schon aus wahltaktischen Überlegungen eine gute Miene dazu.
Im übrigen wäre ich dafür, dass es grundgesetzlich nicht gestattet ist, Koalitionen zwischen den beiden stärksten Fraktionen zu schliessen (mindestens auf Bundesebene). Das sind Kaugummi-Bündnisse, die allenfalls verwalten, aber nicht regieren.
Man könnte es auch genau umgekehrt sehen: Nur eine große Koalition hat die Möglichkeit, das Dilemma der gegensätzlichen Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat aufzulösen. Nur mit ihr wären »grosse Würfe« möglich. Und die große Koalition 1966–69 soll ja angeblich auch ganz gut funktioniert haben.
Die Aussenpolitik hat sich 1998 verändert. Der von Dir angespochenene Konsens betrifft eher einen weitgesteckten Rahmen (das mussten die Grünen ja anerkennen, die ihren »NATO-Raus«-Affekt ganz schnell eingepackt hatten).
Die Beteiligung am Kosovokrieg war völkerrechtswidrig und wäre Kohl garantiert nicht passiert. Albright hat die Situation ausgenutzt und das kurze Interregnum zwischen Kohl und Schröder instrumentalisiert und die Kriegsteilnahme quasi als Eintrittsgeld gefordert. Schröder ist darauf eingegangen, weil er wenig Alternativen sah und von einem Sitz im UN-Sicherheitsrat als »Belohnung« träumte (den hätte es unter Gore auch vermutlich gegeben).
Innenpolitisch hatte Schröder wenig bis keine Ideen – das hat er auch kommuniziert mit seinem Spruch, er wolle nicht viel anders machen, aber einiges besser. Seine Versuche, einen kollaborativen Politikstil (»Bündnis für Arbeit«) zu implementieren, sind allesamt gescheitert – eben aus dem Grund, weil er sich eher als Moderator sah. Witzig ist, dass er aufgrund der zweiten Kanzlerschaft als »Basta«-Kanzler gilt, was er eigentlich nicht war.
Beide Kriegseinsätze (Kosovo und Afghanistan) waren mit propagandistischen Mitteln für eine kurze Zeit in der Bevölkerung sicherlich befürwortet worden; inzwischen bröckelt das, weil es kein stringentes Konzept gab (und gibt).
Ich habe nicht gesagt, dass die Ostpolitik perfekt war, aber sie war der Grundpfeiler dessen, was man später Wiedervereinigung nannte. Die Politik der Stärke von Reagan mag einen Teil dazu beigetragen haben, aber man muss sehen, dass er auch einfach viel Glück hatte, dass während seiner Amtszeit mehrere Male das Amt des Regierungschefs der UdSSR wechselte – es also gewisse Reibungsverluste gab. Hinzu kam, dass der KSZE-Prozess, der den »Ostblock« auch ökonomisch in die Weltwirtschaft einband, hierdurch den Ruin eminent beförderte.
Merkel ist mitnichten Beisitzerin von Koch, sondern befürwortet aktiv dessen Populismus. Dass das Thema Relevanz hat, ist unbestritten, aber Koch hatte neun Jahre Zeit, in Hessen seine Arbeit zu tun – und hat stattdessen rund 1000 Polizeistellen streichen lassen und 80 Richter-/Staatsanwaltstellen. Ich kann nicht die Küche in einem Restaurant kritisieren, wenn ich dem Koch die Töpfe wegnehme. Insofern spreche ich Koch den Problemlösungswillen ab.
Die Grosse Koalition 1966–69 hat deswegen wohl ganz gut »funktioniert«, weil es parallel dazu einen »kleinen« Generationswechsel in der Politik gab. Dazu kommt, das man – mit heutiger Wortwahl – von einer Art »Reformstau« sprechen konnte, der gelöst wurde. Als die Gemeinsamkeiten erschöpft waren, war auch die Koalition erschöpft (das war nach rd. zwei Jahren; das letzte Jahr soll nur noch administrativ funktioniert haben).
Ich bin grundsätzlich gegen Grosse Koalitionen, weil sie in sehr schneller Zeit aufgrund der doch vorhandenen Differenzen zum Stillstand führen. In Österreich kann man das am besten beobachten; dort hat sie sehr lange regiert (und ist wieder dran). Zwischendurch bekamen Figuren wie Haider gewaltigen Aufwind.
»Grosse Würfe« sind in solchen Bündnissen kaum möglich, da jeder immer schon an die nächste Wahl denkt und nicht für Entscheidungen in die Pflicht genommen werden möchte, die zu sehr nach »faulem« Kompromiss aussehen. Die aktuell angepackten »Reformprojekte« sind m. E. allesamt arg provisorisch zusammengezimmert.
Im übrigen wäre ich für die Einführung des Mehrheitswahlrechts (sowohl im Bund als auch in den Ländern; nicht in den Kommunen), damit politische Prozesse auch einmal eine gewisse Zeit »Bewährung« bekommen (hierzu demnächst mal mehr hier).
Die Aussenpolitik hat sich 1998 verändert. Der von Dir angespochenene Konsens betrifft eher einen weitgesteckten Rahmen (das mussten die Grünen ja anerkennen, die ihren »NATO-Raus«-Affekt ganz schnell eingepackt hatten).
Die Beteiligung am Kosovokrieg war völkerrechtswidrig und wäre Kohl garantiert nicht passiert.
Schwer zu sagen, ob Kohl das davon abgehalten hätte. In Sachen Spendenaffäre lief er jedenfalls auch nicht immer mit dem Gesetzbuch unter dem Arm rum. Vielleicht äußert er sich ja im nächsten Band seiner Memoiren zum Kosovo-Krieg.
Innenpolitisch hatte Schröder wenig bis keine Ideen – das hat er auch kommuniziert mit seinem Spruch, er wolle nicht viel anders machen, aber einiges besser. Seine Versuche, einen kollaborativen Politikstil (»Bündnis für Arbeit«) zu implementieren, sind allesamt gescheitert – eben aus dem Grund, weil er sich eher als Moderator sah. Witzig ist, dass er aufgrund der zweiten Kanzlerschaft als »Basta«-Kanzler gilt, was er eigentlich nicht war.
Vielleicht war er im Vergleich zu Kohl ein Moderator. Aber ich empfand z.B. schon in der ersten Wahlperiode das Stellen der Vertrauensfrage im Zusammenhang
mit dem Kosovo-Krieg als weitgehend sinnlose Machtdemonstration zur Bloßstellung der Grünen.
Beide Kriegseinsätze (Kosovo und Afghanistan) waren mit propagandistischen Mitteln für eine kurze Zeit in der Bevölkerung sicherlich befürwortet worden; inzwischen bröckelt das, weil es kein stringentes Konzept gab (und gibt).
Ist halt immer schwer zu sagen, wie die Geschichte andernfalls gelaufen wäre.
Ich habe nicht gesagt, dass die Ostpolitik perfekt war, aber sie war der Grundpfeiler dessen, was man später Wiedervereinigung nannte. Die Politik der
Stärke von Reagan mag einen Teil dazu beigetragen haben, aber man muss sehen, dass er auch einfach viel Glück hatte, dass während seiner Amtszeit mehrere M
ale das Amt des Regierungschefs der UdSSR wechselte – es also gewisse Reibungsverluste gab. Hinzu kam, dass der KSZE-Prozess, der den »Ostblock« auch ökono
misch in die Weltwirtschaft einband, hierdurch den Ruin eminent beförderte.
Sicher alles richtig, aber dieses Glück war eben auch ein Glück für die Entspannungspolitik. Gegen eine militante Kreml-Führung, die sich der Öffnung entgegengestellt hätte, hätte auch sie nur wenig ausrichten können. Die Entspannungspolitik war der grundlegende Paradigmenwechsel, aber in Reinkultur hätte sie
vom Regen in die Traufe geführt.
Merkel ist mitnichten Beisitzerin von Koch, sondern befürwortet aktiv dessen Populismus.
Welche Teile sie in der Sache tatsächlich befürwortet, wird man nach der Wahl sehen. Dass sie den Populismus für den möglichen Sieg bei der Hessenwahl in K
auf nimmt, habe ich nicht bestritten, aber in Sachen Aktivität bin ich anderer Meinung.
Dass das Thema Relevanz hat, ist unbestritten, aber Koch hatte neun Jahre Zeit, in Hessen seine Arbeit zu tun – und hat stattdessen rund 1000 Polizeist
ellen streichen lassen und 80 Richter-/Staatsanwaltstellen. Ich kann nicht die Küche in einem Restaurant kritisieren, wenn ich dem Koch die Töpfe wegnehme. Insofern spreche ich Koch den Problemlösungswillen ab.
Seinen eigenen Innenminister kritisiert er ja nicht *g*
Aber natürlich, es ist viel Doppelzüngigkeit dabei. Vielleicht nimmt ja der Wähler Koch die Töpfe weg, in denen er sein Populismussüppchen braut;-)
Die Grosse Koalition 1966–69 hat deswegen wohl ganz gut »funktioniert«, weil es parallel dazu einen »kleinen« Generationswechsel in der Politik gab. Daz
u kommt, das man – mit heutiger Wortwahl – von einer Art »Reformstau« sprechen konnte, der gelöst wurde. Als die Gemeinsamkeiten erschöpft waren, war auch
die Koalition erschöpft (das war nach rd. zwei Jahren; das letzte Jahr soll nur noch administrativ funktioniert haben).
Na, zumindest an Reformstau herrscht ja heutzutage kein Mangel.
Ich bin grundsätzlich gegen Grosse Koalitionen, weil sie in sehr schneller Zeit aufgrund der doch vorhandenen Differenzen zum Stillstand führen. In Öste
rreich kann man das am besten beobachten; dort hat sie sehr lange regiert (und ist wieder dran). Zwischendurch bekamen Figuren wie Haider gewaltigen Aufwin
d.
Eben, in Österreich hat sie LANGE regiert. Als Dauerzustand halte ich das auch nicht unbedingt für gut. Aber andererseits ist mein Eindruck, dass die Entwi
cklung in Österreich in den Jahren 1986–1999 eher positiver war als in Deutschland mit seinen kleinen Koalitionen. Selbst wenn man natürlich das singuläre
Ereignis Wiedervereinigung auf deutscher Seite herausrechnen müsste.
»Grosse Würfe« sind in solchen Bündnissen kaum möglich, da jeder immer schon an die nächste Wahl denkt und nicht für Entscheidungen in die Pflicht genommen werden möchte, die zu sehr nach »faulem« Kompromiss aussehen. Die aktuell angepackten »Reformprojekte« sind m. E. allesamt arg provisorisch zusammengez
immert.
Ach, es denkt doch in jeder Konstellation jeder an die nächste Wahl. Wenn eine Volkspartei in der Opposition ist, denkt sie noch viel stärker dran als in d
er Regierung, wo sie sich theoretisch immerhin noch durch die UMSETZUNG konstruktiver Vorschläge profilieren kann.
Im übrigen wäre ich für die Einführung des Mehrheitswahlrechts (sowohl im Bund als auch in den Ländern; nicht in den Kommunen), damit politische Prozesse auch einmal eine gewisse Zeit »Bewährung« bekommen (hierzu demnächst mal mehr hier).
Hab ich mir auch schon überlegt. Die Frage ist nur, ob man dann den Stillstand durch ein abwechselndes Hin und Her ersetzt.
Ich glaube, letztlich ist das Problem nicht das System, sondern das Volk. Wenn es ein Bewusstsein dafür gäbe, dass der Staat nur das geben kann, was er von den Bürgern bekommt, wären Reformen viel leichter politisch durchzusetzen. Ich denke, dass diese Einsicht z.B. in den skandinavischen Ländern weiter verbreitet ist als bei uns.
Aber andererseits ist mein Eindruck, dass die Entwicklung in Österreich in den Jahren 1986–1999 eher positiver war als in Deutschland mit seinen kleinen Koalitionen.
Das ist eine interessante These. Ich überlege gerade, warum ich glaube, dass die lange Zeit der Grossen Koalition schlecht war für österreich (jetzt einmal abgesehen von Haiders FPÖ Erstarkung). Vielleicht ist Österreich ökonomisch weiter gekommen, aber ich habe in Erinnerung, dass die Postenschacherei (stets immer einer von jeder Seite) in Verwaltungen (bpsw. auch Rundfunk) enorm war und gehemmt hat. Vielleicht könnte ein Österreicher hierzu mal was sagen...
Ich glaube, letztlich ist das Problem nicht das System, sondern das Volk. Wenn es ein Bewusstsein dafür gäbe, dass der Staat nur das geben kann, was er von den Bürgern bekommt, wären Reformen viel leichter politisch durchzusetzen. Ich denke, dass diese Einsicht z.B. in den skandinavischen Ländern weiter verbreitet ist als bei uns.
Ja, das ist ein wie ich finde richtiger Gedanke (durchaus auch »amerikanisch«). Diese Mentalität ist natürlich seit ‑zig Jahren im »Volk« aufgebaut worden und hat eine dicke Spur ins Gedächtnis gefräst.
Zur Entspannungspolitik noch kurz: Natürlich wäre sie (die Politik) mit Stalin nicht möglich gewesen. Breschnew war aber offensichtlich bereits Anfang der 70er Jahre politisch (und ökonomisch) derart angeschlagen, dass er als ein einigermassen verlässlicher Partner angesehen werden konnte (hier lagen ja die Vorbehalte der Amerikaner).
Ja, ich meinte es bloß ökonomisch
Ich überlege gerade, warum ich glaube, dass die lange Zeit der Grossen Koalition schlecht war für österreich (jetzt einmal abgesehen von Haiders FPÖ Erstarkung). Vielleicht ist Österreich ökonomisch weiter gekommen, aber ich habe in Erinnerung, dass die Postenschacherei (stets immer einer von jeder Seite) in Verwaltungen (bpsw. auch Rundfunk) enorm war und gehemmt hat. Vielleicht könnte ein Österreicher hierzu mal was sagen...
Ja, ich meinte es auch bloß ökonomisch. Geld ist nunmal das, was den meisten Menschen am wichtigsten ist.
Im Übrigen ist das Aufkommen rechtsextremer Parteien meiner Meinung nach eher ein Symptom einer Krankheit als die Krankheit selbst.
Wenn die alten FPÖ-Wähler heute wieder verstärkt die sogenannten demokratischen Parteien wählen, dann nicht, weil sie ihre Ansichten grundlegend geändert haben, sondern weil ihnen andere Aspekte als Ausländer und dergleichen wieder wichtiger sind.
Zur Entspannungspolitik noch kurz: Natürlich wäre sie (die Politik) mit Stalin nicht möglich gewesen. Breschnew war aber offensichtlich bereits Anfang der 70er Jahre politisch (und ökonomisch) derart angeschlagen, dass er als ein einigermassen verlässlicher Partner angesehen werden konnte (hier lagen ja die Vorbehalte der Amerikaner).
Naja, die Stationierung der SS20 und die konventionelle Hochrüstung z.B. waren bestimmt keine partnerschaftlichen Akte. Die Einhaltung von Handelsverträgen ist das eine, aber sie würde bei mir auch heute noch kein Vertrauen in eine schwerstbewaffnete Diktatur begründen.