Desillusionierende und messerscharfe Analyse des deutschen politischen Kabaretts in der Süddeutschen Zeitung von Burkhard Müller – »Dumm zu sein bedarf es wenig.« Zunächst macht Müller einen Parforceritt durch die Kulturgeschichte des Kabaretts, um dann festzustellen:
Das Kabarett war im alten Westdeutschland, neben Magazinen wie Stern und Spiegel, eine der wichtigsten Ausdrucksformen der Sozialdemokratie auf der Zielgeraden. Gibt es etwas Beflügelnderes, als kämpfender Held und doch schon sicherer Sieger zu sein? Was das Kabarett seinem dankbaren Publikum schenkte, war die beseligende Teilhabe an diesem Gefühl. Der persönliche Angriff auf den Mächtigen und die persönliche Gefahr, die er bedeutet, die Explosion des Witzes, die einen Geltungsanspruch zerfetzt wie eine Handgranate den Leib des Potentaten: das setzt im Fall des Gelingens gewaltige Mengen Glückshormone frei.