Es ist noch eine der letzten Literatursendungen im deutschen Fernsehen: »Das blaue Sofa«, »von und mit Wolfgang Herles«. Herles befragt Schriftsteller zu ihren Büchern (daher das Sofa, das anfangs sogar zu allen möglichen und unmöglichen Orten – auf Kosten der Gebührenzahler – durch die Weltgeschichte geflogen wurde) und stellt dann noch ein oder zwei Bücher vor.
In der Sendung vom 24.10. auch Stephanie Barts »Deutscher Meister« (ab ca. 19:00). Herles liest einige wenige Zeilen aus dem Buch und lobt dann etwas mehr als eine Minute das Buch inklusive kurzer Nacherzählung des Inhalts. Dabei unterlaufen ihm massive Fehler. So schildert er wie Trollmann zu seinem letzten Kampf »mit blonder Perücke und weiß gepudert« erschien und sich »wehrlos bewußtlos schlagen« ließ, was Herles als »Provokation« bezeichnet.
In diesem Satz sind drei Dinge falsch. Zum einen färbte sich Trollmann die Haare blond und trug keine Perücke (»Deutscher Meister«, Seite 354). Zum anderen verwarf er ausdrücklich den Gedanken, sich mit Kolophonium die Haut weiß zu pudern (Seite 352). Und die »Provokation« bestand nicht darin, sich wehrlos zusammenschlagen zu lassen – das war ausdrücklich von den Nazis so »vorgesehen« und Trollmann durch »spezielle« Regeln oktroyiert worden. Das kommt im Buch ausführlich zur Sprache. Die »Provokation« bestand darin, dass er sich seine schwarzen Haare blond färbte und damit gegen den Rassenwahn der Nazis protestierte. Die Weißfärbung der Haut – in unendlich vielen Anekdoten und auch Filmen über Trollmann stets kolportiert – hat nach Recherchen der Autorin nicht stattgefunden.
So sitzt Herles also Irrtümern auf, die nur den einen Schluß zulassen: Er hat das Buch nicht zu Ende gelesen. (Wie auch Frédéric Schwilden von der Hamburger Morgenpost.)