Gu­te Tex­te

Da hat je­mand in ei­nem Zim­mer sit­zend ei­ne Fra­ge auf­ge­schrie­ben und zwei­hun­dert­acht­und­fünf­zig Men­schen be­fragt, wann sie zum letz­ten Mal »gu­te« Li­te­ra­tur ge­le­sen ha­ben und dar­über soll­ten die­se Men­schen ein, zwei Sät­ze schrei­ben (oder fünf Zei­len?) aber man­che schrei­ben mehr, ei­gent­lich al­le, so ist das eben mit den In­tel­lek­tu­el­len, sie hal­ten sich an Nichts. Da ist ...

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Ins Heu ge­hen

In der ver­gan­ge­nen Wo­che gab es im Feuil­le­ton der ZEIT ein Stürm­chen im Lat­te-mac­chia­to-Glas. Flo­ri­an Kess­ler, frei­er Au­tor und Jour­na­list, be­klagt, dass sich die deut­sche (sic!) Ge­gen­warts­li­te­ra­tur fast nur aus Aka­de­mi­ker­haus­hal­ten re­kru­tiert, was na­tur­ge­mäss Aus­wir­kun­gen auf die Li­te­ra­tur selbst ha­be. Dies gel­te so­wohl für die Schrei­ben­den wie für das Rezeptions‑, Preis- und Funk­tio­närs­we­sen des Be­triebs. Sa­lopp ge­sagt: Aka­de­mi­ker­söh­ne und –töch­ter schrei­ben wie Aka­de­mi­ker­vä­ter und –müt­ter dies schon im­mer ge­wollt ha­ben. Al­les an­de­re, ab­sei­ti­ge, pro­le­ta­ri­sche (die­ses Wort fehlt, wird aber sug­ge­riert) ha­be kei­ne Chan­ce. Um sei­nen Kri­ti­kern den Wind aus den Se­geln zu neh­men, ver­sucht er es mit ei­ner gu­ten Por­ti­on Selbst­iro­nie. Zum ei­nen be­schreibt er durch­aus hu­mo­rig, wie er sel­ber in den Be­trieb ein­ge­drun­gen ist (die Bril­le!), zum an­de­ren »outet« er sich (!) sel­ber als Pro­fes­so­ren­sohn (ich ha­be die­ses »oder auch ich« tat­säch­lich zwei Mal über­le­sen). Selbst­be­zich­ti­gung zur rech­ten Zeit ist ja aus di­ver­sen Re­vo­lu­tio­nen be­kannt, ko­stet aber heu­te noch nicht ein­mal mehr den Kopf.

Kess­ler fin­det in En­no Stahl in der taz ei­nen Für­spre­cher. Stahl ist seit Jah­ren Pfahl im Fleisch der Li­te­ra­tur­kri­tik (na­ja, jen­seits der bür­ger­li­chen Zei­tun­gen). Un­längst ist sei­ne Auf­satz­samm­lung »Dis­kurs­po­go« er­schie­nen. Sein Pro­gramm lässt sich – mit sei­nen ei­ge­nen Wor­ten – un­ge­fähr so zu­sam­men­fas­sen: »Die idea­li­stisch-ro­man­ti­sche Per­spek­ti­ve auf künst­le­ri­sche Ela­bo­ra­te, die – spe­zi­ell im Feuil­le­ton – un­ver­än­dert auf die werk­immanente Me­tho­de pocht, im­pli­ziert ein kon­kur­rie­ren­des Wer­tungs­dis­po­si­tiv, ei­nes, das mei­ner Mei­nung nach im Zei­chen der gra­vie­ren­den Um­ge­stal­tungs­pro­zes­se der we­st­­lich-ka­pi­ta­li­sti­schen Ge­sell­schafts­for­ma­ti­on aus­ge­dient hat«. Kurz – und wo­mög­lich nicht dia­lek­tisch aus­ge­wo­gen: Li­te­ra­tur muss po­li­tisch sein, al­les an­de­re ist ka­pi­ta­li­sti­scher Mist.

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