Re­ne­ga­ten un­er­wünscht

Bu­che­li vs Wei­der­mann – der Aus­gang steht lei­der fest.

Als ich Ro­man Bu­che­lis Ar­ti­kel »Ein Le­ben nach dem Pa­pier« über die »Li­te­ra­tur­kri­tik un­ter Druck« vor ei­ni­gen Wo­chen las, über­leg­te ich mir, ob es ei­ne Re­ak­ti­on aus dem Feuil­le­ton ge­ben wird. Im All­ge­mei­nen re­agiert das eta­blier­te Feuil­le­ton auf Kri­tik mit der wir­kungs­voll­sten Waf­fe, die man zur Ver­fü­gung hat: Man igno­riert sie. Der all­seits so be­schwo­re­ne Dis­kurs gilt nur in ei­nem her­me­ti­schen Raum. Selbst­re­fle­xi­on ist dort eher nicht vor­ge­se­hen. Statt­des­sen igelt man sich lie­ber ein und ver­kün­det trot­zig auf dem rich­ti­gen Kurs zu sein. Al­len­falls wird noch sin­ken­de die fi­nan­zi­el­le Aus­stat­tung mo­niert. Das zu­rück­ge­hen­de In­ter­es­se beim (po­ten­ti­el­len) Pu­bli­kum wird als Kul­tur- und Zeit­geistkritik be­han­delt. Ins­be­son­de­re wenn es um das In­ter­net­an­ge­bot von Ta­ges- oder Wochen­zeitungen geht, ist die Pu­bli­kums­be­schimp­fung fast im­mer der Weis­heit letz­ter Schluss.

So weit, so gut. Bu­che­lis Ar­ti­kel war aber das Ge­gen­teil der sonst üb­li­chen Lar­moy­anz. Er be­ginnt mit ei­ne nüch­ter­nen, ja er­nüch­tern­den Be­stands­auf­nah­me: »Re­dak­tio­nen kön­nen, um es zu­ge­spitzt aus­zu­drücken, ge­nau je­ne Zei­tung pro­du­zie­ren, die der Wer­be­markt zu­lässt.« Zu ab­hän­gig sei man von An­zei­gen vor al­lem der gro­ßen Ver­la­ge, so sug­ge­riert er. Al­so müs­se man auch die be­wor­be­nen Bü­cher re­zen­sie­ren. Da­bei be­schreibt er den Re­zen­sen­ten als »hybride[s] We­sen« und »Die­ner ver­schie­de­ner Her­ren« – Ver­la­ge, Au­toren, Re­dak­ti­on, Le­ser­schaft: al­le wol­len et­was von ihm (ihr), aber die In­ter­es­sen sind nicht nur di­ver­gie­rend, sie wi­der­spre­chen sich un­ter Um­stän­den so­gar. Da aber die öko­no­mi­schen Zwän­ge do­mi­nant wer­den, wird die Re­zen­si­on am En­de als ei­ne Art »Gra­tis­wer­bung« an­ge­se­hen – selbst ein def­ti­ger Ver­riss ist ger­ne ge­se­hen. Für Tie­fe ge­be es we­der Zeit noch Raum im Blatt.

Sein Fa­zit: Es kann nicht mehr so wei­ter­ge­hen. Das In­ter­net ver­än­de­re die Le­se- und Re­zep­ti­ons­ge­wohn­hei­ten. Aber Bu­che­li stimmt nicht in den Ka­non des In­ter­net­bas­hings ein. Er sieht im »ungeduldige[n] Le­ser« der di­gi­ta­len Welt ei­ne Chan­ce. Die »In­to­le­ranz ge­gen­über schwa­cher sprach­li­cher und in­halt­li­cher Pro­fi­lie­rung steigt«. Es muss »an­ders oder bes­ser sein«, sonst wird der Le­ser ein­fach weg­klicken. Bu­che­li stellt klar: »Das be­deu­tet für die Li­te­ra­tur­kri­tik nicht, dass die Ant­wort nur Bou­le­var­di­sie­rung hei­ssen kann« und ver­kün­det fast eu­pho­risch: »Das Ge­gen­teil trifft zu«.

Aber hier­für sei es not­wen­dig, mit ei­nem »nach­voll­zieh­ba­ren und kom­ple­xen Krite­rienkatalog Bü­cher zu be­wer­ten« und nicht ein­fach nur »ge­druck­te In­hal­te ins Netz zu stel­len«. Bu­che­li plä­diert für ei­ne »ins Es­say­isti­sche aus­ge­wei­te­te Li­te­ra­tur­kri­tik, die im­mer zu­gleich das Be­son­de­re ei­nes Werks wie das All­ge­mei­ne der Äs­the­tik und des kri­ti­schen Be­wusst­seins im Au­ge be­hält«. So könn­ten sich im Netz Platt­for­men »kritisch-analytische[r] Kom­pe­tenz« ent­wickeln und die ana­lo­ge Li­te­ra­tur­kri­tik so­zu­sa­gen fort­schrei­ben.

Bu­che­lis Ar­ti­kel ist im Netz mei­nes Wis­sens kaum se­ri­ös dis­ku­tiert wor­den (Reich-Ra­nicki als neu­en Ty­pus von Li­te­ra­tur­kri­tik fort­zu­schrei­ben, ist nicht die Lö­sung, son­dern Teil des Pro­blems). Viel­leicht, weil er statt grif­fi­ger Pa­ro­len Sub­stan­ti­el­les bie­tet, wäh­rend die Adep­ten der so­ge­nann­ten In­ter­net­re­vo­lu­ti­on von ei­ner Li­te­ra­tur­kri­tik schwa­dro­nie­ren, die »ge­scann­tes Le­sen« ernst­haft als neue li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­li­che Ar­beits­wei­se »unter­sucht« (Mer­ce­des Bunz). Der An­spruch des NZZ-Re­dak­teurs passt da­mit so gar nicht in das hip­pe Image hin­ein.

Bu­che­li ver­sucht die aus­führ­li­che, de­tail­rei­che, zum Teil auch spie­le­risch-es­say­isti­sche Kri­tik, die in der Zei­tung im­mer mehr dem »Zwang zur Ver­knap­pung und Zu­spit­zung« zum Op­fer fällt, im di­gi­ta­len Netz zu re-vi­ta­li­sie­ren. Sa­lopp for­mu­liert: »Zu­rück zu den Wur­zeln«. Was einst ei­ne Li­te­ra­tur­kri­tik noch aus­mach­te, be­vor sie sich ins »lang­fä­di­ge Nach­er­zäh­lun­gen« flüch­te­te, soll, laut Bu­che­li, im Netz sei­nen Raum be­kom­men. Das zwei­te Hob­by der zeit­ge­nös­si­schen Kri­tik nach der Nach­er­zäh­lung nennt er gar nicht: das Ab­glei­chen bio­gra­phi­scher Da­ten des Au­tors mit de­nen des fik­tio­na­len Tex­tes, wo­mit »Iden­ti­tät« und »Au­then­ti­zi­tät« (die zu­sam­men mit der »Ge­sin­nung« als Drei­ge­stirn der zeit­ge­nös­si­schen Li­te­ra­tur­kri­tik bil­den) zu em­pi­risch mess­ba­ren Ka­te­go­rien der Kri­tik wer­den und die li­te­ra­risch- äs­the­ti­sche Be­trach­tung längst ab­ge­löst ha­ben.

Der Tür­hü­ter

Und nun al­so, nach fast drei Wo­chen doch noch der Wi­der­spruch. Vol­ker Wei­der­mann ist der Held, der gleich mit al­len Tü­ren ins Haus fällt: »Ver­rück­ter Text« be­ginnt er sei­nen Auf­satz »Wer steht hier am Ab­grund«, nennt Bu­che­lis Es­say »ein­fach nur ko­misch« und »lu­stig« und Aus­druck ei­nes »dra­ma­tisch ge­schrumpf­ten Selbst­be­wusst­seins«. Was man ihm wahr­lich nicht at­te­stie­ren kann: Wei­der­mann ist mit­ten im »Be­trieb« und Ver­tre­ter der Tür­hü­ter-The­se, die das Feuil­le­ton als her­me­ti­schen Raum se­hen, der dem Le­ser fein por­tier­te Häpp­chen aus dem längst über­bor­den­den Neu­erschei­nungs­an­ge­bot prä­sen­tiert. Die Kri­te­ri­en die­ses Zir­kels blei­ben eher im Dun­keln. Bu­che­lis Satz über die Ökono­misierung des Feuil­le­tons wen­det er heuch­le­risch ge­gen die »stol­ze, ruhm­rei­che« NZZ. So ist das, wenn je­mand Klar­text re­det: Es wird ihm auch noch an­ge­la­stet. Von Ein­flüs­sen von Ver­la­gen oder Au­toren ist man na­tür­lich voll­kom­men be­freit, so die Bot­schaft (nur Re­gional­zeitungen sind be­trof­fen; die wer­den sich be­dan­ken). Wer die zum Teil pein­li­chen Hy­pes auf den Li­te­ra­tur­sei­ten der gän­gi­gen so­ge­nann­ten Qualitäts­zeitungen (al­so auch der FAS / FAZ) in den letz­ten Jah­ren mit­be­kom­men hat, weiss, dass es an­ders ist.

Bu­che­lis Fest­stel­lung, der In­ter­net­le­ser sei flüch­ti­ger als der Zei­tungs­le­ser, be­lä­chelt Wei­der­mann in fast fa­ta­ler Ar­ro­ganz. Be­zeich­nend, wie er Bu­che­lis Ar­gu­men­te ge­gen die Wand schmeißt: »Hä?« heißt es da we­nig er­gie­big. Wäh­rend sich der ei­ne Re­dak­teur um die Sa­che sorgt, geht es dem an­de­ren nur um die Be­sitz­stands­wah­rung, sei­ne Po­si­ti­on im Be­trieb. Wenn Wei­der­mann von der »Be­gei­ste­rung für Li­te­ra­tur« schreibt, die man als Re­zen­sent brau­che, so ist das zwei­fel­los rich­tig. Aber wer schreibt heu­te noch aus dem Be­trieb her­aus be­gei­stert? Ver­wech­selt da je­mand nicht Be­gei­ste­rung mit dem Drang zu sen­sa­tio­na­li­sti­schen Hy­pes und Alar­mis­mus? Statt wie Zau­be­rer den Le­ser für ein li­te­ra­ri­sches Werk zu be­gei­stern, sind dort Hüt­chen­spie­ler am Werk, die mit bil­li­gen Tricks ih­rer Kun­den ab­spei­sen.

Ich ha­be in den letz­ten Mo­na­ten mit ei­ni­gen Schrift­stel­lern, Au­toren und Literaturwissen­schaftlern ge­spro­chen. Es wa­ren Leu­te, die ge­nau und prä­zi­se Le­sen, ja Le­sen müs­sen. Und sie be­mer­ken im­mer mehr: Das Feuil­le­ton liest nicht mehr. Tex­te wer­den nur noch sel­ten vom An­fang bis zum En­de ge­le­sen. Längst hat sich das (ak­ti­vi­sti­sche) Dia­go­nal­lesen durch­ge­setzt (na­tür­lich gibt es auch hier Aus­nah­men, aber die Ten­denz ist un­ver­kenn­bar). Par­al­le­len, Kon­ti­nui­tä­ten oder Brü­chen, die sich aus dem li­te­ra­ri­schen Text er­ge­ben, wird nicht mehr nach­ge­spürt. Und mit dem Le­sen al­lei­ne ist es ja nicht ge­tan. Die Re­cher­che, das Ent­decken von Zu­sam­men­hän­gen, die der Au­tor im Text ver­bor­gen oder of­fen prä­sen­tiert, die Ein­ord­nung in sein Werk – all das ge­hört ja zu ei­ner halb­wegs se­riö­sen Be­spre­chung da­zu. Statt­des­sen gibt es Wasch­zet­tel, Pres­se­infor­ma­tio­nen und an­de­res Zu­ge­tra­ge­nes aus zwei­ter, drit­ter Hand. Wo­mög­lich sind schon grif­fi­ge Zi­ta­te vor­mar­kiert; der Kri­ti­ker, zu oft zum Schreib- bzw. Ren­zen­si­ons­skla­ven ver­kom­men, braucht dann nicht mehr ins De­tail­lesen zu ge­hen.

Mein Mit­leid hält sich in Gren­zen. Klar, es gibt die Sta­pel der schein­bar not­wen­dig zu le­sen­den Bü­cher auf der ei­nen und de be­grenz­te Zeit auf der an­de­ren Sei­te. Aber wer be­stimmt die­se Lek­tü­ren? Wer sagt denn, dass Buch X oder Buch Y das »Buch der Sai­son« wer­den kann, soll oder wird? Und was ist schlimm dar­an, wenn ich es nicht ge­le­sen ha­be, son­dern an­de­re? War­um nicht ein­mal auf die 23. Be­spre­chung des neu­en Grass, Wal­ser oder Hand­ke ver­zich­ten – wenn man schon nicht so viel Zeit hat­te, das Buch zu le­sen?

Viel­leicht mein­te Bu­che­li ja die­se Ent­wick­lung, als er sei­ne »Uto­pie« (Wei­der­mann pe­jo­ra­tiv) des kri­tisch-ana­ly­tisch-es­say­isti­schen for­mu­lier­te. Je­mand wie Wei­der­mann fin­det so et­was »merk­wür­dig«, aber nicht im Sin­ne von des Mer­kens und Be­mer­kens wür­dig, son­dern eher als ver­schro­ben, ab­sei­tig. Die Ant­wort auf die Pro­ble­ma­tik der Kri­tik lä­ge, so Wei­der­mann, »in der Ver­gan­gen­heit«. Und singt mit In­brunst das Lied der »Feuil­le­ton-Sei­ten der Ta­ges- und Wo­chen­zei­tun­gen«. Am En­de ent­puppt sich der Ar­ti­kel als lieb­lo­se Ab­hand­lung von vier Bü­chern, un­ter an­de­rem von Egon Frie­dell und W. So­mer­set Maug­ham, die man (im wei­te­sten Sin­ne) der Pro­ble­ma­tik der Kri­tik an der Kri­tik zu­ord­nen kann.

Al­so al­les schon ein­mal da­ge­we­sen? Kein Grund zur Auf­re­gung? Wie blind muss je­mand sein, um den schlei­chen­den, aber eben doch be­merk­ba­ren Qua­li­täts­ver­fall des Feuil­le­tons nicht zu be­mer­ken? Bu­che­li ver­sucht we­nig­stens, Al­ter­na­ti­ven auf­zu­zei­gen. Aber Re­ne­ga­ten sind un­er­wünscht. Wei­der­mann hat nur Spott und wohl­fei­le Durch­hal­te­pa­ro­len da­ge­gen zu set­zen. Nach­dem man zu­nächst bei Bu­che­li das Ge­fühl ei­ner Re­stau­ra­ti­on hat­te, ist dies bei Wei­der­mann viel vi­ru­len­ter.

Aber auch der Re­dak­teur der NZZ macht ei­nen ent­schei­den­den Feh­ler: Er re­kur­riert mit kei­nem Wort auf die be­reits be­stehen­den Platt­for­men, die in sei­nem Sin­ne Li­te­ra­tur­kri­tik be­trei­ben bzw. dies ver­su­chen (von Wei­der­mann er­war­tet man sol­che Ver­wei­se erst gar nicht). Kein Wort bei­spiels­wei­se über literaturkritik.de, culturmag.de, satt.org oder das Ma­ga­zin, für das ich seit Jah­ren schrei­be, Glanz und Elend. Und dann die­se Blogs, die Ein-Mann- oder Ein-Frau-Un­ter­neh­men, die tat­säch­lich aus Be­gei­ste­rung le­sen und schrei­ben, Le­sern ver­su­chen, et­was na­he­zu­brin­gen. Wo hat man denn bei­spiels­wei­se im Print-Feuil­le­ton ei­ne der­art akri­bi­sche Ge­gen­über­stel­lung aus­ge­such­ter Über­set­zungs­stel­len von »Ma­dame Bo­va­ry« ge­le­sen? Hier­für be­durf­te es der »Lek­tü­ren ei­nes Nacht­wäch­ters«! Wo gibt es lu­zi­de­re und zum Teil li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­li­che Aus­wer­tun­gen über Ro­ber­to Bo­la­ño als beim »Bü­cher­blog­ger«? Und wer au­ßer der »Um­blät­te­rer« hat sich denn sonst mit Lit­tel­ls »Wohl­ge­sinn­ten« so um­fang­reich be­schäf­tigt?

Auch Bu­che­li bleibt al­so in sei­ner pla­to­ni­schen Höh­le. Im­mer­hin weiss er, dass die Schat­ten an der Wand zu be­fra­gen sind. Aber ent­we­der kennt er die Sze­ne der Netz-Li­te­ra­tur­kri­tik nicht ge­nug (hier könn­te er An­re­gun­gen en mas­se fin­den), oder er möch­te ei­gent­lich über den Um­weg sei­ner Netz-Uto­pie den Print-Be­reich »ver­bes­sern«. Ei­ne Ant­wort auf die­se Fra­ge wer­de ich nicht er­hal­ten, weil mit die­sem Text das ge­sche­hen wird, was das eta­blier­te Feuil­le­ton mit na­he­zu al­len li­te­ra­tur­kri­tik-kri­ti­schen Tex­ten im Netz macht – sie­he oben.

Statt­des­sen zieht die Ka­ra­wa­ne wei­ter. Und der Le­ser er­schreibt sich sein Feuil­le­ton sel­ber.

35 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. fein! Und ich ge­den­ke ei­nem klei­nen Schar­müt­zel in­fol­ge Bu­che­lis Stel­lung­nah­me, in dem du mir ge­gen­über ver­hei­ßen lie­ßest, nichts Neu­es nichts ... Cha­peau!

  2. Wie­der mal sehr lu­zi­de, die Ana­ly­se von Keu­sch­nig.
    Un­glaub­lich, sei­ne Treff­si­cher­heit, als er sagt: »der viel be­schwo­re­ne Dis­kurs gilt nur in ei­nem her­me­ti­schen Raum«.
    Und: »das Feuil­le­ton liest nicht mehr«.
    Die Zei­tungs­spar­te F., die dem Nor­mal­bür­ger ei­nen Blick in Kunst und Kul­tur bie­ten soll­te, hat sich über­lebt. Es ist nicht nur die LITERATUR, die den Re­dak­teur über­for­dert, auch Re­li­gi­on, An­thro­po­lo­gie, lin­gu­isti­sche Theo­rie, Phi­lo­so­phie, etc. Das Mar­gi­na­le ist nicht des­halb leicht, weil sich NIEMAND da­für in­ter­es­siert.
    Li­te­ra­tur­kri­tik fin­det seit Jahr­zehn­ten nicht mehr statt.
    Li­te­ra­tur­kri­tik setzt vor­aus, dass ei­nem die Sa­che der Li­te­ra­tur am HERZEN liegt.
    Das sind nur, wie Keu­sch­nig sagt, Au­toren, Kunst­schrift­set­zer und L‑Wissenschaftler.
    In­ter­net hin oder her: die Auf­ga­ben sor­tie­ren sich neu! Ver­kau­fen müs­sen wir al­le was, das ist klar! Die neue ETHIK ist ei­ne Fra­ge des WIE, und das WIE ist ei­ne Fra­ge der Qua­li­tät.

  3. Es scheint mir nicht ver­wun­der­lich, dass Wei­der­mann als ein­zi­ger Print­jour­na­list Bu­che­li an­greift. Der ge­tre­te­ne Hund jault auf. Denn W ist so­zu­sa­gen MR‑R ff. & glück­lich, wenn er Li­te­ra­tur rest­los in der Au­toren­bio­gra­fie ver­sen­ken kann. Ver­mut­lich hat­te B. den FAS‑W. vor Au­gen, als er über die der­zei­ti­ge deutsch­spra­chi­ge Li­te­ra­tur­kri­tik schrieb.

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  5. @wolfram schüt­te
    Manch­mal be­daue­re ich ja die­se Ge­hetz­ten, die ih­rer ein­sti­gen Be­gei­ste­rung nach­trau­ern und nur manch­mal noch klei­ne Re­ste da­von wie üb­rig­ge­blie­be­nes Kon­fet­ti nach ei­ner Par­ty ent­decken. Aber das ist in an­de­ren Be­ru­fen nicht an­ders: Ir­gend­wann setzt die­se Bun­ker­men­ta­li­tät ein.

  6. Vor­hin ha­be ich an die­sen Ih­ren Netz-Ar­ti­kel über die un­er­wünsch­ten Re­ne­ga­ten ge­dacht, und zwar als ich Til­mann Krau­se in der »Welt« (einst­mals: »Die li­te­ra­ri­sche Welt«, ist lan­ge her) über Le­witschar­off las ( http://is.gd/at65G4 ). Der An­lass ist nun zu fei­er­lich, um das kri­ti­sche Fach auf neue Hö­hen zu brin­gen, aber in­ter­es­sant ist der Ton, in den Krau­se ver­fällt – die Elo­ge in der pro­vin­zi­ell­sten Form. Ich hat­te den Ein­druck: Selbst wenn im Netz auch man­cher Summs ge­schrie­ben steht, so doch nie die­se selt­sa­me Le­gie­rung von Dürf­tig­keit und alt­backe­ner Hoch­ge­sto­chen­heit. Der gan­ze Ar­ti­kel ist »pseu­do« – ich weiß gar nicht, ob da ein ein­zi­ges ehr­lich ge­mein­tes Wort drin steht oder ob der Au­tor nur die Auf­ga­be lö­sen woll­te, zu schrei­ben, was man eben bei so ei­nem An­lass schrei­ben soll – »ein Ar­ti­kel für die Zei­tung, den man drucken kann«. Und bei al­ler Dürf­tig­keit dann doch der An­spruch »der gro­ßen deut­schen Ta­ges­zei­tung«, ver­kün­den und be­wer­ten zu dür­fen, ob die Dar­städ­ter Ju­ry »mit Recht« ge­han­delt ha­be. Was für ein Ha­bi­tus: »Wie je­de ech­te gei­sti­ge Po­tenz wür­de sie sich mit der küm­mer­li­chen Ge­gen­wart nie­mals be­gnü­gen. Sie lebt in be­zie­hungs­wei­se mit der Ge­schich­te. Und reißt da­bei die Gren­zen ein, ganz im Sin­ne ih­res gro­ßen Lands­mann Höl­der­lin aus Lauf­fen am Neckar: weil ‘ein Ge­spräch wir sind und hö­ren von­ein­an­der’. Und wir, die wir un­ter der er­freu­li­chen Wir­kung der gu­ten Nach­richt ste­hen, ver­neh­men die Darm­städ­ter Bot­schaft und deu­ten sie wie folgt: Li­te­ra­tur ist preis­wür­dig, wenn sie die Wirk­lich­keit tran­szen­diert. Das lässt sich hö­ren.« Wie un­glaub­lich be­scheu­ert ist das denn ge­dacht, ge­schrie­ben und dumpf­backig mit As­bach ur­alt ver­leimt?! Al­lein die­se ver­blö­de­te »wir«! Aber ge­nau das ist die­se Li­te­ra­tur­kri­tik, die zu ei­nem her­un­ter­ge­lei­er­ten Zei­tungs­gen­re her­un­ter­ge­kom­men ist. Tja, wo sind da noch Re­ne­ga­ten? (Üb­ri­gens auch nicht in der TAZ, Knipp­hals auch mit al­len Fin­gern in den Si­rup.)

  7. @Rainer Ra­bow­ski
    Die Un­mög­lich­keit über die Kom­men­tar­sei­te der FAZ mit dem Au­tor zu kom­mu­ni­zie­ren, ken­ne ich na­tür­lich auch. Neu­lich hat Mi­cha­el Han­feld ein­mal dort di­rekt ge­ant­wor­tet: ja, er le­se die Kom­men­ta­re zu sei­nen Bei­trä­gen selbst­ver­ständ­lich. Was er nicht schrieb: Er ist an ei­ner Dis­kus­si­on, ei­nem Dis­kurs (hoch­ge­sto­chen for­mu­liert) nicht in­ter­es­siert. Ich glau­be so­gar, dass es hier­für Grün­de gibt. Zum ei­nen dürf­te den Re­dak­teu­ren die Zeit feh­len. Zum an­de­ren sind ja selbst die dem Zen­sor ge­neh­men und pu­bli­zier­ten Kom­men­ta­re in der FAZ oft grenz­wer­tig. Da ist Schwei­gen fast die ein­zi­ge Mög­lich­keit der Re­plik. Und dann hängt es – glau­be ich – auch noch da­mit zu­sam­men, dass es ir­gend­wie un­fein ist, sich »recht­fer­ti­gen« zu müs­sen.

    (Mir kommt dann im­mer Kla­gen­furt in den Sinn: Es ist ja ein un­ge­schrie­be­nes Ge­setz dort, dass der Au­tor die Dis­kus­si­on sto­isch zu er­tra­gen hat. Das rührt ja tat­säch­lich von den Grup­pe 47-Le­sun­gen, wo es tat­säch­lich ein Rich­ter-Ge­setz (sic!) war. Im ver­gan­ge­nen Jahr hat­te das Leo­pold Fe­der­mair für sich ein biss­chen an­ders ge­löst: Er hat die Ju­ry ein­fach schwei­gend fo­to­gra­phiert. Die Mo­de­ra­to­rin son­der­te dann auch noch ih­re blö­de Spit­ze ab: »Wir dan­ken Herrn Fe­der­mair, der mit ein paar Fo­tos der Ju­ry nach­hau­se geht«. )

  8. @Fritz Iver­sen
    Der Krau­se-Ar­ti­kel ist in der Tat an Lä­cher­lich­keit, Ser­vi­li­tät und Dumm­heit schwer zu über­bie­ten. Da wird Le­witschar­off mit Je­li­nek und Grün­bein ver­gli­chen (und da­bei tritt Krau­se den bei­den ge­hö­rig ge­gen das Schien­bein), was min­de­stens im Fal­le Grün­bein völ­lig ab­we­gig ist. Auch die Ju­ry-Ent­schei­dun­gen der letz­ten Jah­re be­kom­men noch ei­nen Tritt, was si­cher­lich le­gi­tim ist, aber dann auch bit­te be­grün­det wer­den soll­te. Am En­de wird dann die Emp­feh­lung für das näch­ste Jahr aus­ge­spro­chen. Das er­in­nert an den un­längst er­schie­ne­nen Brief­wech­sel zwi­schen Grass und Brandt, in dem Grass Brandt stän­dig un­ge­fragt un­ter an­de­rem Vor­schlä­ge für sein Ka­bi­nett un­ter­brei­tet. Die­se Im­per­ti­nenz ist fürch­ter­lich.

    Die­se Lob­hu­de­lei hat Si­byl­le Le­witschar­off nun wirk­lich nicht ver­dient.

    Das Feuilleton-»wir« stößt mir ko­mi­scher­wei­se beim Le­sen gar nicht mehr so auf. Wo es mich un­glaub­lich stört ist im Ge­spräch, in der Dis­kus­si­on. El­ke Hei­den­reich ver­wen­det es lau­fend im »Li­te­ra­tur­club«, was die Un­er­träg­lich­keit die­ser Per­son noch po­ten­ziert.

    Nur ganz de­zent klingt im Krau­se-Ar­ti­kel al­ler­dings et­was an, was mich bei der Ent­schei­dung er­staunt hat. Ich ha­be die me­dia­len An­fän­ge der Au­torin Le­witschar­off 1998 beim Bach­mann­preis mit­be­kom­men. Sie hat­te den Preis mit »Pong« durch­aus ver­dient ge­won­nen, wenn auch der Text arg be­rech­nend kon­stru­iert war (das Buch hat­te mich dann spä­ter ein we­nig ent­täuscht). Ins­ge­samt ist ihr Œu­vre je­doch noch ziem­lich über­sicht­lich. Das soll nicht als Plä­doy­er ver­stan­den wer­den, dass den Büch­nerpreis nur alt­ge­dien­ten Da­men und Her­ren mit et­li­chen Re­gal­me­tern Werk ver­lie­hen wer­den soll­te, aber die Kar­rie­re ist ja fast noch am An­fang... (Na­tür­lich ist es dann im­mer in­ter­es­sant zu se­hen, wer den Preis noch nicht be­kom­men hat bzw. ihn auch nie mehr be­kom­men wird [Ar­no Schmidt! Kem­pow­ski! W. G. Se­bald!])

  9. Viel­leicht ist das über­haupt das Schlimm­ste, dass die Un­an­sprech­bar­keit der sich lie­ber in­stan­zen­haft Ver­hal­ten­den das Ge­fühl ei­ner Pseu­do-Be­tei­li­gung, ei­ner ge­wis­sen Ver­geb­lich­keit er­zeugt. Da öff­net sich letzt­lich nichts. (Aber viel­leicht ist das auch ei­ne Men­ta­li­täts- oder Ge­ne­ra­tio­nen­fra­ge? An­ders et­wa Ulf Po­s­ch­ardt, mit dem man sich auf Face­book klei­ne Wort­ge­fech­te lie­fern kann.)

    Und das hat dann prompt ei­nen Ef­fekt auf die Qua­li­tät der Kom­men­ta­to­ren: Sie ist dann in ih­rer letzt­li­chen Ziel­lo­sig­keit und im An­ein­an­der­vor­bei­re­den auch wirk­lich bald un­ter­ir­disch und die gan­ze Ver­an­stal­tung ali­bi­haft.

    Statt dass je­mand „mo­de­riert“ und die loh­nens­wer­ten Stim­men her­aus­stellt – und den Quatsch ru­hig löscht: Das wür­de auch die La­ber­ty­pen ir­gend­wann er­mü­den und die an­de­ren er­mu­ti­gen. Aber es brauch­te eben den Schritt, das In­ter­es­se an Kri­tik oder Aus­tausch – oder „In­for­ma­ti­on“ zu trans­por­tie­ren: doch das Pri­mär­ge­schäft – auch an­zu­ge­hen.

    Aber dass es nicht mehr hilft, dar­über zu ste­hen, das spü­ren die Re­dak­tio­nen wohl längst auch. Rück­zugs­ge­fech­te. So kommt es dann viel­leicht auch zu so et­was wie in der Wahr­neh­mung von Fritz Iver­sen. Die müss­te man ei­gent­lich gleich wie­der als Kom­men­tar an der rich­ti­gen Stel­le an­brin­gen! Wo?

    ***

    Und Le­witschar­off geht für mich in Ord­nung. Viel­leicht ist es ja manch­mal auch schwer je­man­den zu fin­den für die­se im­mer auch stell­ver­tre­ten­de Hu­be­rei? Man müss­te – wie L. wahr­schein­lich durch­aus – ja auch für sich an­neh­men kön­nen.

  10. Ja, Le­witschar­off geht auch für mich in Ord­nung. Und auch Goetz wä­re okay. Wei­ter wür­den sich im­mer mehr von den üb­li­chen Ver­däch­ti­gen fin­den las­sen – aber war­um sind das al­les Au­toren, die im Feuil­le­ton auf die ein oder an­de­re Wei­se (oder auf die ein und an­de­re Wei­se) im­mer schon prä­sent, ja »ar­ri­viert« sind? Aber wo sind die »Ent­deckun­gen« – und da­mit sind nicht aus­schließ­lich die jun­gen Ly­ri­ker ge­meint, son­dern auch stil­len Leu­ten wie Rans­may­er, Erich-Wolf­gang Skwa­ra, Paul Ni­zon (na­ja) oder noch ab­sei­ti­ge­re wie Wolf­gang Welt oder viel­leicht so­gar Ach­tern­busch (welch’ ein Skan­dal!).

  11. Zwei po­ly­glot­te Öster­rei­cher (ei­ner da­von fast glatt­weg un­be­kannt) und ein Schwei­zer, der in Pa­ris lebt? Das ist dann doch zu we­nig staats­tra­gend. Und mit den zwei Letzt­ge­nann­ten wä­re der Preis viel­leicht frei­ge­ge­ben für’s Po­st­iro­ni­sche. (Man stel­le sich die Pauls­kir­chen-Re­den vor!) Mit den Preis­trä­gern fei­ern die Krö­nen­den sich ja im­mer vor al­lem selbst. Goetz kommt eh. Aber von den an­de­ren Ge­nann­ten ist Rans­mayr der ein­zi­ge mit ei­ner re­el­len Chan­ce. Wenn es ihm denn wich­tig ist.

  12. An das staats­tra­gen­de Ele­ment hat­te ich nicht ge­dacht.

    (Ob es Rans­mayr wich­tig ist? Ich ken­ne ihn nicht, aber viel­leicht ist es so, dass man vor al­lem in­di­gniert ist, ihn nicht be­kom­men zu ha­ben. Von Kem­pow­ski weiß man das ja. Und da fragt man sich, war­um Fe­li­ci­tas Hop­pe als Preis­trä­ge­rin 2012 aus­ge­sucht wird, ein Rans­mayr aber im­mer noch nicht. Oder ein Rai­nald Goetz.)

  13. Da ha­ben wir den Sa­lat, der Büch­ner-Preis legt wie­der all die ver­bor­ge­nen Wün­sche und Res­sen­ti­ments of­fen.
    Ich fin­de das furcht­bar, Till­man Krau­se, der Zei­len­schin­der, macht es vor, und ihr macht es auch noch nach!
    Ernst­haf­te Fra­ge von Keu­sch­nig war: war­um kennt man die al­le schon?
    Ernst­haf­te Ant­wort von mir: wir sind ein klei­nes Land! (Im­pli­zit: ein Au­tor hat ja wohl kei­nen Grund, Jahr­zehn­te mit sei­nen Ar­bei­ten hin­ter dem Berg zu hal­ten, um uns al­le zu ÜBERRASCHEN)
    Kei­ne me­dia­le Über­pro­duk­ti­on wird an der In­sel­la­ge Deutsch­land im Meer der Welt­li­te­ra­tur et­was än­dern. Klar, auf ei­ner klei­nen In­sel ken­nen sich die Be­woh­ner nach ei­ni­ger Zeit.

  14. Ich bin mir ziem­lich si­cher, dass Goetz nach dem Jo­hann Hol­trop-Ro­man den Büch­ner-Preis nicht mehr be­kom­men wird. Da hat­ten sich doch zu­vie­le Re­zen­sen­ten auf­ge­ru­fen ge­fühlt, klar­zu­stel­len, dass es so nun doch nicht in deut­schen Me­di­en­häu­sern zu­geht. Au­ßer viel­leicht als Un­ter­stüt­zungs­ge­ste in den Suhr­kamp Wars.
    Mei­ne No­mi­nie­run­gen für den Büch­ner-Preis: Ulf Stol­ter­foht, Wolf­gang Welt, El­ke Erb, Diet­mar Dath, Chri­stia­ne Rö­sin­ger.
    Viel­leicht wür­de es hel­fen, mehr Wa­ge­mut in den Preis zu brin­gen, wenn die Ju­ry nicht so dy­na­stisch und feuil­le­ton­la­stig be­setzt wä­re. Hamm und Kal­ka sit­zen da ja ge­fühlt seit der Ver­lei­hung an Gott­fried Benn drin.

  15. @die_kalte_sophie
    Wie­so ma­chen wir was »nach«? Ist der Dis­kurs über Li­te­ra­ten per se ver­bo­ten, nur weil er im Groß­feuil­le­ton tri­via­li­siert wird? Das ist am En­de nur ein Af­fekt, der schwach ist: ich ma­che was nicht, weil es ein an­de­rer (schlecht) macht. Da­durch ge­winnt der an­de­re dann die Macht über mein Han­deln. Ge­nau so könn­ten Sie die Schlie­ßung die­ser Sei­te be­an­tra­gen – als letz­te Kon­se­quenz.

    @Doktor D
    Schö­ne Li­ste. Mir ist ge­stern noch Ger­lind Reins­ha­gen ein­ge­fal­len. Die aber un­be­dingt.

    (Und noch ei­ne: Ga­brie­le Woh­mann – und ih­re Em­pö­rung vor ei­ni­ger Zeit in ei­nem In­ter­view, dass sie im­mer noch nicht den Büch­ner-Preis be­kom­men ha­be. Viel­leicht ja zu recht?)

  16. Dan­ke für den Hin­weis auf Ger­lin­de Reins­ha­gen. Ob­wohl ich das tol­le Hör­spiel »Die Frau und die STadt« ge­hört ha­be, war sie mir gar kein Be­griff.

  17. Und da­für gibt es ja Ju­rys – sie soll­ten den »Be­griff« wach hal­ten, ver­ge­gen­wär­ti­gen. Die Neu­erschei­nun­gen durch­blät­tern kann je­der Depp.

  18. @Georg Keu­sch­nig

    Al­so, wer den Af­fekt ver­kör­pert, ist schon ein ganz klei­nes biss­chen wich­tig, im­mer noch.
    Ich will die Sei­te nicht schlie­ßen. Äh, war­um?
    Ich weiß gar nicht, was an mei­nem Ver­gleich so schlimm sein soll, ihr macht das, was wir al­le ma­chen: Trat­schen über Li­te­ra­ten.
    Der Krau­se hebt das nur et­was im Stil und reicht das in der Re­dak­ti­on ein.
    Der Ver­gleich ist zu­letzt päd­ago­gisch, und so­gar selbst-er­zie­he­risch ge­meint.
    Ich wür­de das ger­ne ins Pri­va­te ver­schie­ben, auch im In­ter­net-Zeit­al­ter

  19. Woh­mann gin­ge für mich auch in Ord­nung. Aber Ger­lin­de Reins­ha­gen? Ken­ne ich kei­ne Zei­le. Al­so wohl mein Pro­blem.

    Es schei­nen die­se Prei­se und das gan­ze Groß­manns-/Frau-Ge­ha­be al­so im­mer auch ei­ne Spie­gel­funk­ti­on im Klei­nen. Was wie­der­um das Re­prä­sen­ta­ti­ons­mo­ment stärkt. Ver­langt „Li­te­ra­tur-Deutsch­land“ al­so Sa­tis­fak­ti­on, sich in den Ent­schei­dun­gen wie­der­zu­er­ken­nen? (Und ver­hin­der­te eben das die mit eben­so­viel Recht zu for­dern­de „Über­ra­schung“?)

    Und was die Ju­ry an­be­langt (ich ha­be mir Fra­gen zur Be­set­zung bis­her nie ge­stallt): Wie sieht es da mit der Re­prä­sen­ta­ti­on aus? Und bräuch­te die nicht auch ei­ne ge­wis­se Kon­ti­nui­tät? Und wenn man weiß, dass seit MRR so­wie­so al­les Ge­klün­gel ist? Müss­te man nicht mehr De­mo­kra­tie wa­gen? (Oder er­satz­wei­se: die­ses Er­satz­din­gen „Trans­pa­renz“?) Und wä­re bei­de in äs­the­ti­schen Be­lan­gen wirk­lich wün­schens­wert?

    In fin­de So­phies Hin­weis (so denn von mir rich­tig ver­stan­den) nicht so falsch: Wenn sich ir­gend­wann al­le ken­nen („Man kennt sich, man hilft sich“): Ist dann nicht auch je­der mal dran? Und ist der Preis es tat­säch­lich noch was wert? (Na ja, 50.000 ist schon ein Sümm­chen.)

    Ich per­sön­lich kann mit Fe­li­ci­tas Hop­pe im­mer noch nicht das Ge­ring­ste an­fan­gen.

  20. Trat­schen über Li­te­ra­ten? Stellt sich nicht ir­gend­wann au­to­ma­tisch die Fra­ge nach Art und Aus­wahl von Sank­tio­nie­run­gen? Krau­ses Elo­ge auf Le­witschar­off ist doch der­art af­fig, dass man sich fra­gen muss, was die­sen Mann zu ei­nem sol­chen Un­sinn an­treibt. Da stellt sich mir so­fort die Fra­ge: War­um?

    Le­witschar­off ist ei­ne sehr gu­te Au­torin – und sie hat auch Zün­den­des. Aber sie sag­te ja sel­ber im Ge­spräch mit dem wie­der fürch­ter­lich kleb­rig-ser­vi­len De­nis Scheck, dass sie dach­te, da sei­en erst ein­mal an­de­re dran.

    Und hier zeigt sich dann doch, wie das Feuil­le­ton die Ak­zen­te setzt – in die­se Ju­ry hin­ein. Sechs Jah­re ist das her, als in ei­nem klei­nen Ar­ti­kel­chen in der FAZ Hop­pe und Le­witschar­off den »Ab­schied von den Al­ten« in ei­ner Art sanf­ten Re­vo­lu­ti­on ver­kün­de­ten. Da­mit spra­chen sie den Feuil­le­to­ni­sten aus der See­le – und dann der Dank: bei­de hin­ter­ein­an­der den Büch­ner-Preis. Gu­te Ver­zin­sung? Ein Schelm, wer Bö­ses da­bei denkt? Ja, viel­leicht. Oder auch nicht.

    Noch ein­mal Fe­li­ci­tas Hop­pe mit ih­rem wirk­lich eher be­schei­de­nen Werk bis­her:

    Ich könn­te kei­ne ein­zi­ge Fi­gur der so­ge­nann­ten deut­schen Nach­kriegsliteratur be­nen­nen, we­der männ­lich noch weib­lich, die für mich von tie­fer­ge­hen­der Be­deu­tung wä­re. Da sind gu­te Bü­cher, na­tür­lich, aber es ist nichts da, wor­an ich mich ernst­haft ori­en­tie­ren könn­te.

    Wer so et­was sagt, muss »lie­fern«. In ge­wis­sen Gren­zen hat das Le­witschar­off ge­macht; ich rech­ne ihr ih­ren sanf­ten ma­gi­schen Rea­lis­mus an. Aber Hop­pe? Ich weiss nicht.

  21. Der Büch­ner-Preis hat­te im­mer schon das Pro­blem, dass er mit der ei­nen Hand in den ge­fea­tur­eten Ak­tua­li­tä­ten her­um­kram­te und mit der an­de­ren Hand in den Bü­chern der Au­toren her­um­blät­ter­te, die an­schei­nend ein »blei­ben­des«, li­te­ra­tur­hi­sto­risch wich­ti­ges Werk ge­schaf­fen hat­ten. Wenn der Büch­ner-Preis nicht zu ei­ner wei­te­ren Prak­ti­kums­ver­ga­be-Stel­le her­ab­sin­ken will, dann müss­te die Ju­ry sich in der Tat viel kon­se­quen­ter von den An­sa­gen der mit den Ver­la­gen im­mer en­ger li­ier­ten Me­dia-Feuil­le­tons ent­fer­nen. Le­witschar­off – mein er­ster Ge­dan­ke war, das soll­te jetzt mal ein­fach zu­gun­sten von Suhr­kamp ent­schie­den wer­den. Rans­may­er ist fast schon über­fäl­lig, aber eben Fi­scher. Und wenn Suhr­kamp – was ha­ben wir denn da noch, was land­auf, land­ab ge­prie­sen wird? Wo die Büch­ner-Ju­ry schon durch an­de­re Ju­rys »ab­ge­si­chert« ist? Die lie­be Le­witschar­off. (Die in mei­nen Au­gen als Büch­ner-Preis­trä­ge­rin ei­ner der klar­sten Fäl­le seit 1951 von »nicht-okay« ist.)
    Den Büch­ner-Preis ha­ben wir Tratsch­köp­fe im­mer als den »Mei­ster­preis« der deut­schen Li­te­ra­tur ver­stan­den, »Hall of Fa­me«. Der Preis droht jetzt zu ei­nem wei­te­ren Be­triebs­fest zu wer­den. Me­di­en-Feuil­le­tons und Ver­lags­wirt­schaft schei­nen im­mer en­ger zu kun­geln. Die Ju­ry soll­te sich auf die Tex­te kon­zen­trie­ren und auf nichts an­de­res.
    Wer fehlt viel­leicht noch un­ter den Preis­trä­gern, die man eher hät­te aus­zeich­nen sol­len? Zu den be­reits ge­nann­ten Reins­ha­gen, Rans­may­er und Ni­zon wür­de ich noch Mo­ni­ka Ma­ron, Schäd­lich, Jür­gen Becker und auch Hen­scheid hin­zu­fü­gen. Al­le die­se Au­toren set­zen Maß­stä­be, an de­nen sich an­de­re erst ein­mal vor­bei­schie­ben müss­te. L. bleibt in mei­nen Au­gen hin­ter je­dem die­ser Ver­gleichs­punk­te zu­rück. A
    Hat nur den Vor­teil »ak­tu­ell« zu sein und von dem not­lei­den­den Suhr­kamp Ver­lag ver­legt zu wer­den. Deut­scher Preis für Li­te­ra­tur­po­li­tik ...

  22. @ Fritz Iver­sen

    Ich blei­be da hin- und her­ge­ris­sen.

    Ei­ner­seits sym­pa­thi­sie­re ich mit Ih­nen: Es braucht ei­nen Maß­stab, und das meint nicht ei­nen wei­te­ren an­ge­pass­ten, tie­fer­ge­leg­ten. An­de­rer­seits scheint mir ge­nau die­se Re­prä­sen­ta­ti­ons­übung, das künst­li­che Hal­ten ei­ner künst­le­risch an­schei­nend ja nicht ein­mal mehr zu de­fi­nie­ren­den ge­schwei­ge denn zu ver­ab­re­den­den Hö­he ziem­lich in die Jah­re ge­kom­men. Das U‑Element hat ge­siegt. Auch „die Li­te­ra­tur“ ist ir­gend­wie ein Käu­fer-Markt ge­wor­den.

    (Und was Re­prä­sen­ta­tio­nen an­geht, mei­ne ich manch­mal, man sieht das ganz gut an Gauck: Ja, schön, dass wir so ei­nen ha­ben – aber ist er wirk­lich noch nö­tig? Steht er nicht auch öf­ter mal et­was ko­misch in der Land­schaft her­um und lässt sich lo­ben für sein so mensch­lich-be­tu­lich von sich ge­ge­be­nem Lo­bens­wer­tem für ei­ne Ga­le­rie?)

    Im­mer­hin: Da ist die Pa­ten-Ge­ne­ra­ti­on – zu der man jetzt wohl auch schon Pe­ter Schnei­der rech­nen muss – und das Feuil­le­ton; da ist das In­sti­tu­ten-Um­feld (Hil­des­heim / Leip­zig); da ist das be­trie­bi­ge Ber­lin und der Slam in der Pro­vinz; das sind die Bü­che­rei­en, ist der Buch­preis und das jähr­li­che Bach­mann-Dings­bums. Und was noch al­les. Nur scheint doch bei all der Reich­hal­tig­keit der deut­sche Li­te­ra­tur-Sze­ne et­was zu feh­len. Und ist das wo­mög­lich ein Phan­tom? Nur ein al­ter Re­flex hin zur gro­ßen ei­ni­gen­den Fi­gur, zum Er­satz­kör­per des Kö­nigs? Oder doch zum über­grei­fen­den Mitt­ler-Er­eig­nis, zum die Ver­samm­lung ein­be­stel­len­den Zen­tral-Event?

    Oder wä­re es viel­leicht doch bes­ser der Streit, zu­min­dest mehr Streit als wir jetzt ha­ben? (Wie ihn Le­witschar­off ja öf­ter mal for­dert.) Die De­bat­te, die nicht gleich wie­der leer­läuft, der zün­den­de Ge­dan­ke, der ein biss­chen län­ger hält, ei­ne vor­aus­wei­sen­de Idee oder die Sug­ge­sti­on von de­ren Aus­strah­lung? Et­was, an dem al­le par­ti­zi­pie­ren. (So wie im TV die gro­ße „Sams­tag-Abend-Schau“?)

    Aber viel­leicht gibt es schon viel zu vie­le, die sich an ih­rem je­wei­li­gen Rand auf­hal­ten und auch lie­ber da blei­ben. Ich weiß nur nicht ge­nau, war­um.

    Und na­tür­lich braucht es auch ein biss­chen Tratsch (und längst viel mehr Streit): Die­sen gern ge­for­der­ten Pu­ris­mus mag man ja für wün­schens­wert hal­ten, doch sind die we­nig­sten Men­schen Pu­ri­sten – der Be­trieb braucht wohl Um­trie­big­keit. Und wä­re er nur der Er­satz für ei­ne et­was in­tel­lek­tu­el­le­re Be­le­bung.

  23. Ja, die Zeit der »Groß­schrift­stel­ler« und »Dich­ter­für­sten« ist vor­bei. Und das ist ei­gent­lich nicht scha­de. Be­dau­er­lich ist, dass oh­ne TV-Sup­port nie­mand mehr all­ge­mein be­kannt wird. Deut­scher Buch­preis, Büch­ner- und Bach­mann-Preis ha­ben für die Ver­la­ge den Nut­zen, TV-fä­hi­ge PR-Ver­an­stal­tun­gen zu sein. Da gibt es noch ein­mal die Er­in­ne­rung an »li­te­ra­ri­sche Öf­fent­lich­keit«.
    An­son­sten funk­tio­nie­ren die Be­kannt­ma­chun­gen um­ge­kehrt: Mit TV-Pro­mi­nenz im Rücken – z.B. als Tat­ort-Dar­stel­le­rin – öff­nen sich Mar­ke­ting­scha­tul­len bei den Ver­la­gen, kriegt man Ses­sel an­ge­bo­ten in TV-Talk­shows, ein paar Kauf­hin­wei­se in den Zei­tun­gen von der Sor­te »ak­ti­vi­sti­sches Dia­go­nal­lesen« gibt’s oben­drauf.
    Al­lein aus sich her­aus scheint die dt. Li­te­ra­tur kei­ne gro­ße Auf­merk­sam­keit mehr für sich selbst her­stel­len zu kön­nen. Der Trend geht tie­fer in das Ni­schen­da­sein.

  24. Fritz Iver­sens er­wei­ter­te Li­ste (Ma­ron, Schäd­lich...) ist wirk­lich be­mer­kens­wert (wert, be­merkt zu wer­den; ei­ni­ger die­ser Leu­te hat­te ich schon ver­ges­sen). Den­noch hal­te ich Le­witschar­off nicht für ei­nen Fehl­griff; Hop­pe und auch Klu­ge – aus je­weils an­de­ren Grün­den – da­ge­gen schon.

    Was dann wirk­lich schlimm ist (bzw. wä­re): Wenn es nur noch um »Po­li­tik« im wei­te­sten Sinn geht: Suhr­kamp, Frau­en­quo­te, Jung vs. Alt, Be­kannt vs. Un­be­kannt. Wenn es un­be­dingt Suhr­kamp und weib­lich sein muss hät­te es Ger­lind Reins­ha­gen sein kön­nen; Wolf­gang Welt ist auch bei Suhr­kamp. Usw.

    Und dann noch ein Ein­wand: War nicht Li­te­ra­tur seit je (fast im­mer) »Ni­sche«? Ist nicht die Tren­nung zwi­schen E und U (die es an­geb­lich nur im Deut­schen gibt) die Ze­men­tie­rung der Ni­sche, mit der »E« dann auch die Mau­ern hoch­zie­hen kann und ein Über­le­ben im aut­ar­ken Gärt­chen der Kul­tur be­an­sprucht? Und je­des Blin­zeln zur »U«-Seite wie ein Ver­rat wirkt, wie wei­land die »Feind­schaft« zwi­schen zwei Fa­mi­li­en? Wenn dies so wä­re, müss­ten ja ge­ra­de Re­si­du­en wie Deut­sche Ge­sell­schaft für Spra­che und Dich­tung (falls sie denn wel­che sind) das »E«-Element mit Zäh­nen und Klau­en ver­tei­di­gen. War­um er­ge­ben sie sich der­art vor­aus­ei­lend den Mar­ke­ting-Me­cha­nis­men von Ver­la­gen und Feuil­le­ton?

  25. Kurz zum »U«. Je­mand, der dort we­gen sei­ner Lust zu Aus­fäl­len öf­ter mal hin­sor­tiert wird, aber m. M. nach trotz­dem (und auch des­we­gen) ei­ne ziem­li­che Sin­gu­la­ri­tät dar­stellt – und den Preis auch nicht be­kom­men hat: Bo­do Kirch­hoff. (Ob­wohl ich die letz­ten Sa­chen nicht mehr / noch nicht ge­le­sen ha­be.)

    Und an wen mal auch mal hät­te den­ken kön­nen: Die­ter Wel­lers­hoff.

    Was mich auf die Über­le­gung bringt, wie wohl die Ju­ry die­se spe­zi­fi­sche Ab­gren­zung vor­nimmt zwi­schen der ei­ge­nen Sym­pa­thie, der of­fen­sicht­li­chen »Lei­stung« ei­nes Schrift­stel­lers und der »Po­li­tik« (al­so ir­gends über­grei­fen­den, ver­ob­jek­ti­vie­ren­den oder eben all­ge­mei­nen Ge­sichts­punk­ten ... bis zur Auf­ga­be (?), es nicht al­len, aber mög­lichst vie­len recht zu ma­chen).

    Viel­leicht ist die Be­deu­tung des Prei­ses selbst die Fal­le, der man nicht ent­kommt? Und der dann auch ei­ne Be­la­stung sein kann. (Wie et­wa für Durs Grün­bein.)

  26. http://www.youtube.com/watch?v=ps9b0s6Oo2c

    Die Gro­ßen Vor­bil­der, von de­nen SL spricht, an wel­chen Vor­bil­dern ha­ben die sich denn ih­rer­seits ori­en­tiert? Wenn es zu­trifft, was SL sagt, stam­men Au­toren von Blind­schlei­chen ab. Was nützt al­les Le­sen, wenn das Le­ben fehlt? Schrei­ben setzt pri­mär Le­ben vor­aus, nicht Le­sen. Bei SL & Co ist al­les vor­bild­lich leb­los. Hi­sto­risch ab­ge­si­cher­ten Fi­gu­ren bleibt gar nichts an­de­res üb­rig als still zu ste­hen oder zu sit­zen, tot wie sie sind, gna­den­los hin­ein­ge­zerrt von Au­toren, die sich frem­der Ge­dan­ken be­die­nen, weil sie nicht wa­gen, ei­ge­ne zu ha­ben oder sol­che re­fe­renz­los zu äu­ßern. Es sind mitt­ler­wei­le selbst­re­fe­ren­zi­el­le, in sich ab­so­lut was­ser­dich­te Si­cher­heits­sy­ste­me ent­stan­den. Nam­haf­te schrei­ben Nam­haf­tes über Nam­haf­te und wer­den da­für von nam­haf­ten Ju­rys mit nam­haf­ten Prei­sen be­lohnt, im Na­men der Nam­haf­tig­keit.

    Die deut­sche Li­te­ra­tur kann aus sich her­aus kei­ne gro­ße Auf­merk­sam­keit für sich wecken, weil sie den Be­zug zum Le­ben ver­liert.

  27. @Raffaela
    Was nützt al­les Le­sen, wenn das Le­ben fehlt?
    Was be­deu­tet das? Ein Plä­doy­er für ei­nen Rea­lis­mus? Den ha­ben wir doch zur Ge­nü­ge (fast hät­te ich ge­schrie­ben: bis zum Er­bre­chen).

    Au­toren, die sich frem­der Ge­dan­ken be­die­nen, weil sie nicht wa­gen, ei­ge­ne zu ha­ben oder sol­che re­fe­renz­los zu äu­ßern
    Wel­che Bü­cher von Si­byl­le Le­witschar­off ha­ben Sie denn ge­le­sen? Wel­che Au­toren mei­nen Sie?

    Die deut­sche Li­te­ra­tur kann aus sich her­aus kei­ne gro­ße Auf­merk­sam­keit für sich wecken, weil sie den Be­zug zum Le­ben ver­liert.
    Noch ein­mal ge­fragt: Was ist »Be­zug zum Le­ben«? Lin­den­stra­ße goes Suhr­kamp?

  28. @Gregor Keu­sch­nig
    Was Le­ben be­deu­tet, fra­gen Sie mich? We­der Rea­lis­mus noch Blu­men­berg. Viel­leicht ist es das, was zwi­schen Lin­den­stra­ße und Suhr­kamp liegt? Un­weit von U, un­ge­fähr knapp vor E.

  29. Ge­woll­tes Miss­ver­ste­hen ist fast im­mer ei­ne bil­li­ge Aus­flucht: Was be­deu­tet »Le­ben« in der Li­te­ra­tur? Noch ein­mal: Rea­lis­mus? Ka­pi­ta­lis­mus­kri­tik? Wel­che Bü­cher ha­ben Sie von Le­witschar­off und der von Ih­nen ver­ur­teil­ten Li­te­ra­tur ge­le­sen?

    (Das wä­re doch auch mal was: Kri­tik an Li­te­ra­tur ab­seits von Phra­sen zu üben – die kennt man schließ­lich aus dem Feuil­le­ton ge­nug. Ein Zwei-Mi­nu­ten-Film­chen ei­ner Au­torin ist nicht de­ren Li­te­ra­tur.)

  30. Sie schei­nen da­von aus­zu­ge­hen, dass ein Le­ser, der ei­ne Au­torin, die Sie gut fin­den, nicht gut fin­det, sie nicht ge­le­sen ha­ben kann. Wie kommt das? Ich fin­de es, ent­schul­di­gen Sie den Aus­druck, et­was stur, in je­dem Fall von die­ser Prä­mis­se aus­zu­ge­hen – bei all Ih­rer be­rech­tig­ten Kri­tik an der gän­gi­gen Re­zen­si­ons- und Le­se­pra­xis, die ich tei­le.
    Ich ha­be Hans Blu­men­bergs »Lö­wen« ge­le­sen und Sy­bil­le Le­witschar­offs »Blu­men­berg«. Wo­zu soll die­ser Ro­man gut sein? Auch durch Apo­stol­off ha­be ich mich tap­fer ge­kämpft.
    Ein Kurz­film über die Au­torin ist nicht mit de­ren Li­te­ra­tur gleich­zu­set­zen – das hat auch nie­mand be­haup­tet. Die Au­torin sagt in die­sem »Film­chen« je­doch sehr viel dar­über aus, wel­che Prio­ri­tä­ten sie setzt. Die­se fin­de ich in ih­ren Bü­chern be­stä­tigt. Ab­so­lut stim­mig.
    »Le­ben« in der Li­te­ra­tur – ein win­zi­ges Bei­spiel:
    Rans­mayrs At­las. Wei­ßer Sonn­tag.

  31. Noch ein­mal:
    Die deut­sche Li­te­ra­tur kann aus sich her­aus kei­ne gro­ße Auf­merk­sam­keit für sich wecken, weil sie den Be­zug zum Le­ben ver­liert.

    Die deut­sche Li­te­ra­tur
    Wor­an ma­chen sie das fest? An »Apo­stol­off« und Rans­mayrs At­las?

    (Stur­heit ist mit­un­ter frucht­bar.)

  32. In mei­nem ur­sprüng­li­chen Kom­men­tar ha­be ich nur #24 zi­tiert »Al­lein aus sich her­aus scheint die dt. Li­te­ra­tur kei­ne gro­ße Auf­merk­sam­keit mehr für sich selbst her­stel­len zu kön­nen« und ver­sucht, ei­ne der vie­len mög­li­chen Er­klä­run­gen zu fin­den.

    Wie vie­le Bü­cher braucht es, um ei­ne Aus­sa­ge fest­zu­ma­chen? Ich fin­de, Blu­men­berg, Apo­stol­off und der At­las re­prä­sen­tie­ren ganz gut ih­re je­wei­li­ge Spe­zi­es. Was Kehl­mann in der »Ver­mes­sung« für die Mas­se ge­lun­gen ist, macht Le­witschar­off für die in­tel­lek­tu­el­le Eli­te mit »Blu­men­berg«. Bio­gra­phi­sches, das sei­ne Sub­stanz aus der Sub­stanz der Vor­la­ge saugt. Apo­stol­off re­prä­sen­tiert für mich das lei­der nicht Li­te­ra­tur ge­wor­de­ne Au­to­bio­gra­phi­sche, das von der Be­deut­sam­keit des je­wei­li­gen Au­tors lebt. Der »At­las« ist für mich Li­te­ra­tur im her­kömm­li­chen Sinn, die den Be­zug zum Le­ben eben nicht ver­lo­ren hat. Eher die Aus­nah­me, aus mei­ner be­schei­de­nen Sicht. (Die Auf­zäh­lung der Li­te­ra­tur-Sor­ten er­hebt kei­ner­lei An­spruch auf Voll­stän­dig­keit.)

    Ich bin ein­fach ganz stur alt­mo­discht

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