Was die Digitalisierung bringt und was sie zerstört
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Es gibt in der Menschheitsgeschichte Entwicklungen, die unvermeidlich scheinen. Waren sie einmal in Gang gekommen, mußten sie weitergehen, nichts konnte sie aufhalten, am wenigsten die Proteste konservativer, auf Bewahrung des Überlieferten bedachter Menschen. Das gilt, in der neueren Zeit, für die Industrialisierung, die Elektrifizierung, den weltweiten Handel, die Globalisierung, die Vermassung des Zusammenlebens, die Ausbreitung und den Einfluß der Massenmedien, die Verwissenschaftlichung der Ökonomie und anderer Lebensbereiche, die Erforschung und Manipulation des pflanzlichen, tierischen und menschlichen Lebens, die Automatisierung und Roboterisierung, die Satellitenkommunikation, die Ausbreitung und zunehmende Verdichtung eines weltweiten elektronischen Kommunikationsnetzes. Es gilt ebenso für die Digitalisierung, die sich mit einigen dieser Entwicklungen überschneidet. Nichts davon kann man rückgängig machen. Man kann versuchen, die entsprechenden Vorgänge und Phänomene zu regeln, zu gestalten, zu begrenzen. Mehr nicht.
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Die Digitalisierung wird im Alltagsleben von vielen als Segen erlebt, von anderen als Fluch, oder abwechselnd, sogar gleichzeitig, als beides, Segen und Fluch. Ein Segen, wenn man mit weit entfernten Menschen kommunizieren kann, ohne eigens dafür zu bezahlen. Bequem, zu Hause – also im »Netz« – einkaufen zu gehen, Hotelzimmer zu buchen, Fahrkarten zu kaufen. Unterhaltsam, zu spielen, zu surfen, zu chatten. Bequem und unterhaltsam ist sie, unsere digitale Welt. Und billig.
Auf der anderen Seite: Wir haben zunehmend das Gefühl, überwacht zu werden. Ständig geben wir, ohne es recht zu merken, Informationen über uns preis, die dann für ewige Zeiten gespeichert bleiben, und doch können wir ohne das Smartphone nicht leben, es ist Teil von uns selbst, wir sind vom Internet, dieser totalen Verbundenheit, abhängig. Die Vernetzung und das Dasein darin ist per se ein Zustand der Abhängigkeit. Je weiter die digitale Personalisierung voranschreitet, desto unfreier werden wir. Nicht Menschen, sondern Maschinen bestimmen über uns.
innen … außen … innen
In ein und derselben Ausgabe der Süddeutschen Zeitung las ich neulich zwei Artikel, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun hatten und ganz verschiedenen Redaktionsbereichen zugeordnet waren. Der eine stand auf Seite 2, Innenpolitik und Kommentare, der andere im Feuilleton auf Seite 11. Auf Seite 2 forderte der Leiter des »Berliner Büros des Zukunftsinstituts«, ein studierter Jurist und Ökonom, die deutsche Bundesregierung auf, die Chancen der Digitalisierung zu erkennen und besser zu nutzen. In seinem Artikel stieß ich auf die klare, fast schon manifestartige Behauptung: »Das Versprechen der Digitalisierung heißt Teilhabe und Arbeit für alle.« Weiterlesen