Nach­rich­ten nach Guts­her­ren­art

Am 22.03.2010 wur­de die Ver­haf­tung von Jörg Ka­chelm­ann ge­mel­det. Er wird der Ver­ge­wal­ti­gung ver­däch­tigt, was er be­strei­tet. Al­le Me­di­en be­rich­ten von dem Er­eig­nis; ei­ni­ge er­ei­fern sich in vor­aus­ei­len­dem Rich­ter­spie­len (nicht nur die üb­li­chen Ver­däch­ti­gen der Volks­ver­dum­mungs­agen­tur ‘Bild’). Auch das ZDF be­rich­tet in ih­rer »heute«-Sendung um 19 Uhr über die Ver­haf­tung und er­wähnt aus­drück­lich, dass Ka­chelm­ann die Vor­wür­fe be­strei­tet.

Al­le Me­di­en? Nein, »ta­ges­schau« und »ta­ges­the­men« der ARD schwei­gen da­zu. Ka­chelm­anns Fir­ma »Me­teo­me­dia« pro­du­ziert für die ARD ei­ni­ge Wet­ter­sen­dun­gen, u. a. in den »ta­ges­the­men« (in der »ta­ges­schau« wird die Vor­her­sa­ge des Deut­schen Wet­ter­dien­stes ge­zeigt; ein müh­sam aus­ge­han­del­ter Kom­pro­miss zwi­schen den wi­der­strei­ten­den An­bie­tern). Ist das der Grund? Im­mer­hin nimmt der »Er­ste Chef­re­dak­teur« von »ARD-ak­tu­ell«, Dr. Kai Gniff­ke, im »tagesschau«-Blog noch am glei­chen Tag Stel­lung zur Nicht­be­richt­erstat­tung und be­strei­tet das. Als Be­grün­dung für das Schwei­gen in den von ihm be­treu­ten Nach­rich­ten­sen­dun­gen be­müht er un­ter an­de­rem die Fol­gen, falls sich der Ver­dacht als falsch her­aus­stel­len soll­te:

    Aber was, wenn sich Ka­chelm­anns Un­schuld her­aus­stellt? Dann ma­chen wir ei­ne sau­be­re Mel­dung, dass der gan­ze Me­di­en­zau­ber halt nur ein klit­ze­klei­ner Irr­tum war. Da­bei kann nach der heu­ti­gen Be­richt­erstat­tung der Wet­ter­kund­ler doch jetzt schon ein­packen.

Es ent­wickel­te sich ei­ne durch­aus kon­tro­ver­se Dis­kus­si­on (man muss wis­sen, dass die Kom­men­ta­re im »tagesschau«-Blog »mo­de­riert« wer­den). Gniff­ke sah sich ge­nö­tigt, zwei Ta­ge spä­ter noch ei­nen Bei­trag zu ver­fas­sen – ob­wohl die Zahl der Be­für­wor­ter sei­ner Po­si­ti­on leicht über­wog. Da­bei ging er in die Of­fen­si­ve und for­mu­lier­te ei­nen für »ta­ges­schau«- und »tagesthemen«-Zuschauer neu­en jour­na­li­sti­schen An­satz:

    Ge­gen­über ge­stern hat sich aus mei­ner Sicht qua­li­ta­tiv nichts ge­än­dert. Der Ver­dacht ei­ner Ver­ge­wal­ti­gung be­steht wei­ter. In­so­fern gilt mei­ne Ar­gu­men­ta­ti­on von ge­stern auch heu­te. Nun ha­ben Kom­men­ta­to­ren im Blog ein­ge­wandt, wir hät­ten vor sechs Jah­ren auch über den Fall Tür­ck be­rich­tet. Stimmt, wir hat­ten ei­ne Mel­dung, und zwar über die An­kla­ge­er­he­bung. Das hat ei­ne an­de­re ju­ri­sti­sche Qua­li­tät. Das ist der Maß­stab, der für uns heu­te noch gilt wie 2004.

Gniff­ke er­klärt non­cha­lant ei­ne An­kla­ge­er­he­bung als Kri­te­ri­um für die Be­richt­erstat­tung in den Nach­rich­ten­sen­dun­gen der ARD. So weit, so gut, könn­te man sa­gen. Wer’s an­ders möch­te, kann ja die an­de­ren Sen­dun­gen an­schau­en. Wei­ter­le­sen

Welt­fremd­heit

Ei­ne klei­ne Pfingst­pre­digt... in der mein Hei­li­ger Geist die Stel­le in ei­nem Ro­man von Die­ter Wel­lers­hoff ist, (»Der Him­mel ist kein Ort«). Ich hat­te das Buch letz­tes Jahr ge­schenkt be­kom­men und war so be­gie­rig ge­we­sen, es zu le­sen, dass ich die Stel­le beim er­sten Mal über­se­hen ha­ben muss. Je­den­falls kommt es mir jetzt so vor, und ich bin froh, im Wie­der­le­sen »in dürf­ti­ger Zeit« noch ein­mal dar­auf zu sto­ßen. Sie lau­tet: Du bist kein Son­der­fall, son­dern ein Bei­spiel für vie­le. Und das ver­pflich­tet dich.

Mög­lich, dass es im er­sten Mo­ment nur das Pa­ra­dox war, das in mir klang: Sind wir doch ge­wohnt, uns am nam­haft ge­mach­ten, am he­roi­schen Ein­zel­nen zu ori­en­tie­ren, und steht al­so der Ge­dan­ke, dass der Ge­wöhn­lich­ste als das ver­bind­li­che­re Vor­bild taug­te, schein­bar da­ge­gen. Wei­ter­le­sen

Björn Kern: Das ero­ti­sche Ta­lent mei­nes Va­ters

Björn Kern: Das erotische Talent meines Vaters

Björn Kern:
Das ero­ti­sche Ta­lent mei­nes Va­ters

Der 23jährige Phil­ip ar­bei­tet als Pfle­ger in ei­ner psych­ia­tri­schen Kli­nik in Ber­lin und be­sucht für ein Wo­chen­en­de sei­nen Va­ter, der ein Haus in der Nä­he der deutsch-schwei­ze­ri­schen Gren­ze an ei­nem See be­wohnt (ver­mut­lich ist der Bo­den­see ge­meint). Ein Som­mer­tag, An­kunft im Nach­mit­tags­licht, vor­bei an Wein­ber­gen, Obst­wie­sen und Ger­sten­fel­dern. Dann er­reicht er die Vil­la, das Ei­sen­tor mit zwei gusseiserne[n] Greifvögel[n] und den nach­träg­lich aufgelötete[n] See­pferd­chen, die schon ein biss­chen vor­weg­neh­men, was ei­nen hin­ter dem Tor tat­säch­lich er­war­te­te. Merk­wür­di­ger­wei­se ist es ver­schlos­sen und Phil­ip kommt über die Ter­ras­se. Kur­ze, eher bei­läu­fi­ge Be­grü­ßung. Sein Va­ter Ja­kob (man re­det sich ganz pro­gres­siv mit dem Vor­na­men an) ist Mit­te 60, Men­thol­par­füm, ge­bräunt, lockige[r] Kopf. Er wirkt, als wür­de er…wieder jün­ger wer­den und Phil­ip glaubt noch grö­ße­re Spann­kraft in sei­nen Mus­keln und Seh­nen aus­zu­ma­chen als bei sei­nem letz­ten Be­such.

Da­ge­gen ver­fällt die Vil­la mit den Bull­au­gen, die eu­phe­mi­stisch Pan­ora­ma­fen­ster ge­nannt wer­den, zu­se­hends. Gro­ße senk­rech­te Ris­se durch­zie­hen das Haus (das sind die sta­tisch bedenklich[en] lernt der Le­ser vom Ich-Er­zäh­ler Phil­ip). Hin­zu kommt die mehr als ge­wöh­nungs­be­dürf­ti­ge Ein­rich­tung. Über­all Tif­fa­ny­lam­pen und selbst­ge­schrei­ner­te Klei­der­schrän­ke aus Sperr­holz mit Spie­gel­scher­ben auf der Tü­re, mit Heiß­kle­ber be­fe­stigt und wie ei­ne Dis­co­ku­gel aus­se­hend. Oder Mes­sing­dra­chen in Wand­flie­sen ein­ge­las­sen. Im Ba­de­zim­mer die Wand­spie­gel im Ju­gend­stil und da­ne­ben Ro­set­ten­häh­ne über Zier­wasch­becken aus al­tem Email­le. Und schließ­lich im Gar­ten der so­ge­nann­te Klei­ne Exi­stenz­park mit Mes­sin­gech­sen und Rund­rohr­t­rol­le und Sil­ber­lur­che. Al­les Ba­ste­lei­en von Phil­ips Mut­ter Iris (und na­tür­lich von Björn Kern, der im­mer wei­ter Va­ria­tio­nen des schlech­ten Ge­schmacks sprach­lich her­bei­zau­bert und fast ze­le­briert). Aber Iris wohnt seit zwei Jah­ren nicht mehr im Haus.
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Rein­hard Wil­ke: Mei­ne Jah­re mit Wil­ly Brandt

Reinhard Wilke: Meine Jahre mit Willy Brandt

Rein­hard Wil­ke:
Mei­ne Jah­re mit Wil­ly Brandt


Dr. jur. Rein­hard Wil­ke, Jahr­gang 1929 (er starb im ver­gan­ge­nen Jahr), war von 1960–1966 Rich­ter am Ver­wal­tungs­ge­richt Köln und 1970 Re­fe­rent im Bun­des­ju­stiz­mi­ni­ste­ri­um. Horst Ehm­ke, da­mals Chef des Bun­des­kanz­ler­amts, bot ihm 1970 die Po­si­ti­on des Per­sön­li­chen Re­fe­ren­ten von Wil­ly Brandt im Kanz­ler­amt an. Als Bü­ro­lei­ter wür­de er zwei­fel­los ei­nen Kar­rie­re­sprung ma­chen, vor al­lem reiz­te es aber für ei­nen Mann wie Wil­ly Brandt zu ar­bei­ten, den er wie kei­nen an­de­ren Po­li­ti­ker ver­ehr­te. Wil­ke nahm an und wur­de von Som­mer 1970 an zu­nächst Ver­tre­ter des Per­sön­li­chen Re­fe­ren­ten. Zwei Ab­tei­lun­gen muss­ten noch zu­sam­men­ge­legt und die ak­tu­el­len Stel­len­in­ha­ber auf an­de­re Po­si­tio­nen ver­bracht wer­den. Was für ein mör­de­ri­scher Job schrieb Wil­ke schon nach ei­ni­gen Wo­chen; den ru­hi­gen Re­fe­rats­po­sten gab er zu Gun­sten ei­nes hek­ti­schen Ar­beits­plat­zes auf. In den näch­sten vier Jah­re soll­ten ihn In­tri­gen, Ein­mi­schun­gen, Kom­pe­tenz­ge­ran­gel, per­sön­li­che Ani­mo­si­tä­ten und Emp­find­lich­kei­ten aus der Um­ge­bung des Ap­pa­ra­tes nicht mehr ver­las­sen. Wäh­rend der Lek­tü­re die­ses Bu­ches hat man das Ge­fühl, dass das »fri­end­ly fire« oft schlim­mer war als die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem po­li­ti­schen Geg­ner.

»Mei­ne Jah­re mit Wil­ly Brandt« pro­to­kol­liert vor al­lem die Zeit von 1970 bis 1974 sehr aus­führ­lich. Auf le­dig­lich drei Sei­ten be­schäf­tigt sich Wil­ke mit sei­ner Ar­beit als Bü­ro­lei­ter für den »ein­fa­chen« Ab­ge­ord­ne­ten Brandt von 1974–1976. Da­nach ging er zu Ka­tha­ri­na Focke ins Fa­mi­li­en­mi­ni­ste­ri­um und nahm dort ei­ne Ab­tei­lungs­lei­ter­po­si­ti­on an.

Mit Er­läu­te­run­gen zu Struk­tur und Glie­de­rung des Bun­des­kanz­ler­amts hält sich Wil­ke nicht lan­ge auf. Zu­min­dest ge­wis­se Grund­kennt­nis­se der In­fra­struk­tur und Or­ga­ni­sa­ti­ons­ele­men­te ei­ner sol­chen Be­hör­de wer­den vor­aus­ge­setzt; auch die Haupt­ak­teu­re der da­ma­li­gen Po­li­tik soll­ten ei­ni­ger­ma­ßen be­kannt sein.(*) Be­schei­den heißt es, dass die Auf­zeich­nun­gen nur ein Mo­sa­ik­stein im Ge­samt­bild von Per­son und Wir­ken Wil­ly Brandts dar­stel­len. In­ter­es­sant am Ran­de, dass er in sei­nem Vor­wort aus­drück­lich be­tont, Brandt nicht als Denk­mal ver­ehrt, son­dern als Men­schen er­lebt und ge­ach­tet zu ha­ben, wäh­rend zu Be­ginn sei­ner chro­no­lo­gi­schen (nicht lau­fend da­tier­ten) Auf­zeich­nun­gen von ei­ner Ver­eh­rung zu Brandt durch­aus die Re­de und so­gar An­lass für die Über­nah­me die­ser Po­si­ti­on ist. Mag sein, dass sich in der Ar­beit und durch die zeit­li­che Di­stanz die­ses Ur­teil ver­än­dert hat, was sich auch in der Vor­be­mer­kung zeigt er ha­be die da­ma­li­gen Jah­re aus größ­ter Nä­he zu Wil­ly Brandt er­lebt und manch­mal er­lit­ten.

[wei­ter­le­sen bei »Glanz und Elend«]

In­ge­borg Bach­mann: Kriegs­ta­ge­buch

Her­aus­ge­ge­ben und mit ei­nem Nach­wort von Hans Höl­ler

Ingeborg Bachmann: Kriegstagebuch

In­ge­borg Bach­mann: Kriegs­ta­ge­buch

In­ge­borg Bach­mann hat­te mit Schreib­ma­schi­ne auf »sechs eng­zei­lig be­schrie­be­nen DIN-A-4-Blätter[n]« ih­re Er­leb­nis­se von März bis Ju­ni 1945 auf­ge­schrie­ben, wo­bei al­ler­dings der er­ste Ein­trag aus dem Sep­tem­ber 1944 stam­men könn­te, als In­ge­borg Bach­mann in die »Leh­rer­bil­dungs­an­stalt« ein­trat und in den letz­ten Mo­na­ten des Krie­ges Hilfs-Leh­re­rin wur­de. Ver­mut­lich schrieb sie die­se Sei­ten aus ih­rem (nicht er­hal­te­nen) Ta­ge­buch ab. Sie wer­den nun mit dem leicht rei­ße­ri­schen Ti­tel »Kriegs­ta­ge­buch« »erst­mals« (Klap­pen­text) ver­öf­fent­licht. Es be­ginnt im Buch auf Sei­te 9 und en­det auf Sei­te 24. Ab Sei­te 16 ist der Krieg zu En­de; man er­fährt von der bri­ti­schen Be­sat­zung und de­ren Ad­mi­ni­stra­ti­on, von Ver­hö­ren, Bach­manns eher apa­thi­schen El­tern und dem eu­pho­ri­schen Ge­fühl für den Frie­den, wel­che die fast Neu­zehn­jäh­ri­ge emp­fand – ganz im Ge­gen­satz zu den mei­sten an­de­ren Er­wach­se­nen im Ort, de­ren Welt zu­sam­men­brach. Wei­ter­le­sen

Ger­brand Bak­ker: Ju­ni

Gerbrand Bakker: Juni

Ger­brand Bak­ker: Ju­ni

Im Ju­ni 1969 ist die nie­der­län­di­sche Kö­ni­gin Ju­lia­na im hol­län­di­schen Nor­den un­ter­wegs. Am 17. be­sucht sie mit ih­rem Stab den klei­nen Ort Sloot­dorp. Rat­haus­emp­fang, klei­nes Es­sen, das auch hier schein­bar un­ver­meint­li­che Pro­to­koll, ein mi­nu­tiö­ser Ter­min­plan. Zwei jun­ge Zwerg­zie­gen als Ge­schenk. Dann sieht sie ei­ne jun­ge Frau nä­her kom­men, ge­gen den all­mäh­lich ver­sie­gen­den Strom. Sie trägt ein Kind auf dem Arm und schiebt mit der an­de­ren Hand ein Fahr­rad, was das Ge­hen et­was an­stren­gend macht. Ach ja, ei­ne Frau, die sich ver­spä­tet hat. Die sich be­eilt, um doch noch ei­nen Blick von ihr zu er­ha­schen. Sie gibt dem Chauf­feur ein Zei­chen und geht der Frau ein Stück ent­ge­gen […] Das Kind, das höch­stens zwei sein kann, schaut sie mit gro­ßen blau­en Au­gen an. »Na, wie heißt du?« »An­ne«, flü­stert das Kind. »Han­ne«, sagt die Mut­ter. Sie zieht den rech­ten Hand­schuh aus. »Das H ist nicht ein­fach«. Sie streicht dem Kind über die Wan­ge. Es er­schrickt und drückt das Ge­sicht an den Hals der Mut­ter.

Die Frau heißt An­na Ka­an und nennt die Kö­ni­gin gnä­di­ge Frau, so, wie sie’s mag (Ju­lia­na woll­te nie ‘Ma­je­stät’ ge­nannt wer­den). Ein klei­ner Dia­log, An­nas Blick weicht ei­nem Lä­cheln. Sie ant­wor­tet nicht. Das Fahr­rad, das an ih­rer Hüf­te lehnt, rutscht lang­sam ab und schlägt auf den Asphalt. Die Kö­ni­gin streckt un­will­kür­lich bei­de Ar­me aus. Na­tür­lich wer­den Fo­tos ge­macht, Ju­lia­na sieht es nicht, sie hört es. Auf­rei­zend nah ist das Klicken. ‘Kö­ni­gin macht spon­tan klei­nen Um­weg’. Noch ei­ne mög­li­che Schlag­zei­le für mor­gen. Kurz dar­auf fährt der Tross wei­ter. Es war­tet ei­ne Bar­fuß­was­ser­ski-Vor­füh­rung.
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Ni­na Jäck­le: Nai

Nina Jäckle: Nai

Ni­na Jäck­le: Nai

Un­schwer zu er­ken­nen: Nai ist ein An­na­gramm aus den drei ver­schie­de­nen Buch­sta­ben des Vor­na­mens von Ni­na Jäck­le. Aber ist der Jun­ge Nai des­halb das (männ­li­che? kind­li­che?) Al­ter Ego der Au­torin?

Ei­ne Fi­gur Nai, oh­ne Bio­gra­fie, er­zäh­lend in ei­ner na­iv-in­fan­til an­mu­ten­den Spra­che, will ein sehr mei­ster­haf­tes Aben­teu­er er­le­ben. Zu die­sem Zweck trägt er so­gar im Bett wacker Schuh über Strumpf, hat die Schlei­fen ge­bun­den und bleibt – stets ein­satz­be­reit – im auf­rech­ten Stand. Aber wer ist Nai? Ein Ko­bold? Da­für spricht viel­leicht die an­ge­deu­te­te Klein­heit, der kaum vor­han­de­ne Hals. Ein Schwach­sin­ni­ger, der Stim­men hört und sich in meh­re­re Per­so­nen (Naiz­wei, Na­i­d­rei) auf­spal­tet? Wei­ter­le­sen

»Ein reg­sam lau­es Trei­ben«

Zu­ge­ge­ben, die­ser Satz ist arg pro­vo­ka­tiv:

Der Li­te­ra­tur­be­trieb hat das li­te­ra­ri­sche Le­ben ge­ra­de­zu ver­nich­tet.

Und Heinz Plesch­in­ski re­la­ti­viert ihn auch so­fort wie­der: Schul­di­ge sind schwer­lich zu be­nen­nen. Doch selbst der Li­te­ra­tur­be­trieb ist nur ein win­zi­ges Seg­ment im all­ge­mei­nen Trend zur Ver­fla­chung. Wer Buch­in­hal­te re­fe­riert, ern­tet ein Gäh­nen – nie­mand will mehr ru­hig zu­hö­ren – al­lein die Ver­kaufs­zah­len hal­ten in Atem und fun­gie­ren als Qua­li­täts­sie­gel. Der Kampf um den Ab­satz be­stimmt al­les. Lek­to­ren und Ver­le­ger win­ken ab und das Ver­triebs­per­so­nal senkt den Dau­men, wenn ih­nen ein sper­ri­ges Ma­nu­skript un­ter die Au­gen ge­rät.

So weit, so be­kannt, möch­te man mei­nen. Aber die wei­te­re Lek­tü­re des Ar­ti­kels in der »Welt« (un­ter dem mar­tia­lisch-trot­zi­gen Ti­tel »Wir müs­sen wei­ter ins Ge­fecht«) ist den­noch emp­feh­lens­wert und hebt sich von der all­ge­mei­nen Li­te­ra­tur­kri­tik-Me­lan­cho­lie, wel­ches im Mo­ment die Feuil­le­tons durch­zieht (kein Wun­der: die al­ten Män­ner tre­ten ab und die Neu­en se­hen ih­re Erb­hö­fe vor sich hin mo­dernd), wohl­tu­end ab. Wei­ter­le­sen