Hen­ri-Pierre Ro­ché: Don Ju­an und…

Henri-Pierre Roché: Don Juan und ...
Hen­ri-Pierre Ro­ché:
Don Ju­an und ...

Beim Er­schei­nen sei­nes er­sten Ro­mans »Ju­les und Jim« 1953 war Hen­ri-Pierre Ro­ché 74 Jah­re alt. Ir­gend­wann kam Fran­çois Truf­f­aut, zeig­te gro­ßes In­ter­es­se dar­an, das Buch zu ver­fil­men und kon­tak­tier­te den Au­tor. Ro­ché starb al­ler­dings 1959 und be­kam nur er­ste Ideen Truf­f­auts mit. 1962 war der Film fer­tig; es wur­de ein gran­dio­ser Er­folg. Truf­f­aut ver­film­te ei­ni­ge Jah­re spä­ter auch Ro­chés zwei­ten Ro­man von 1956 »Die bei­den Eng­län­de­rinn­nen und der Kon­ti­nent« und setz­te sich für die Ver­öf­fent­li­chung der Ta­ge­bü­cher Ro­chés ein.

Die­se bar­gen durch­aus Skan­da­li­sie­rungs­po­ten­ti­al. Nach au­ßen war Ro­ché vor al­lem Kunst­samm­ler und ‑händ­ler, be­kannt mit al­len gän­gi­gen Künst­lern der Zeit; ein Kos­mo­po­lit, der meh­re­re Fremd­spra­chen be­herrsch­te, dar­un­ter auch deutsch. Er war wäh­rend des Er­sten Welt­krie­ges so­gar den fran­zö­si­schen Be­hör­den zu deutsch­freund­lich und galt kur­ze Zeit als Spi­on. Aber er war auch das, was man ei­nen Frau­en­held nennt. Die Drei­ecks­be­zie­hung aus »Ju­les und Jim« war ei­ne au­to­bio­gra­phisch grun­dier­te Ver­frem­dung sei­nes Ar­ran­ge­ments mit He­len Hes­sel und ih­rem Mann, dem (in Frank­reich sehr ge­schätz­ten) Schrift­stel­ler Franz Hes­sel. Par­al­lel hat­te Ro­ché zeit­wei­se meh­re­re »Dau­er­be­zie­hun­gen« und Af­fä­ren gleich­zei­tig.

In den 1920er Jah­ren nä­her­te sich Ro­ché der Don Ju­an-Fi­gur li­te­ra­risch. Das Buch – si­cher­heits­hal­ber un­ter Pseud­onym ver­öf­fent­licht – ging da­mals im­mer­hin in sechs Auf­la­gen und wur­de 1993 in Frank­reich neu auf­ge­legt. Nun hat der öster­rei­chi­sche Kle­ver-Ver­lag un­ter dem Ti­tel »Don Ju­an und…« ei­ne deut­sche Fas­sung her­aus­ge­bracht – über­setzt und mit ei­nem er­gie­bi­gen, kennt­nis­rei­chen Nach­wort von Dör­te Lys­sew­ski (dem die hier zu­sam­men­ge­stell­ten bio­gra­phi­schen Fak­ten ent­nom­men sind).

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Wet­ten, dass...

Man kommt nach Jah­ren noch ein­mal zu­rück zu ei­nem be­son­de­ren Ort oder trifft ei­ne lan­ge aus den Au­gen ver­lo­re­ne Per­son – und be­ginnt sich so­fort an »da­mals« zu er­in­nern, wie es war. Oft chan­giert das klas­sen­tref­fen­ar­tig in die Ver­klä­rung, wäh­rend das Jetzt, die Ge­gen­wart nur am Rand er­wähnt oder gar aus­ge­blen­det wird. Nichts Dies­sei­ti­ges soll ...

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Lá­szló Kra­szn­ahor­kai: Herscht 07769

László Krasznahorkai: Herscht 07769
Lá­szló Kra­szn­ahor­kai: Herscht 07769

Rasch kom­men sie, die Ana­lo­gien. Da ist der fu­rio­se Ro­man »Zo­ne« von Mat­thi­as Énard, der 2010 ins Deut­sche über­setzt wur­de. Der Text ent­steht im Kopf ei­nes ehe­ma­li­gen Söld­ners wäh­rend ei­ner Zug­fahrt von Mai­land nach Rom; ein ein­zi­ger in­ne­rer Mo­no­log ei­ner zwie­lich­ti­gen Fi­gur (viel­leicht ein Kriegs­ver­bre­cher?) mit wil­den As­so­zia­tio­nen, hi­sto­rio­gra­phi­schen Ein­schü­ben, Ge­dan­ken­ket­ten, (Liebes-)Beichten, Göt­ter­be­schwö­run­gen, Schimpf‑, Hass‑, Ekel- und Schmäh­ti­ra­den, ei­ne Blei­wü­ste auf 600 Sei­ten aus nur we­ni­gen Sät­zen, viel­leicht drei oder vier, ei­ner Re­vue der Bar­ba­ren, die am und um das Mit­tel­meer in den letz­ten tau­send Jah­ren ge­haust, ge­herrscht, ge­vö­gelt und vor al­lem ge­mor­det ha­ben, ei­ne un­end­li­che Ge­schichts­stun­de, die man so schnell nicht ver­ges­sen wird und die man nicht auf­hö­ren kann zu le­sen.

Dar­an denkt man so­fort wenn man »Herscht 07769« zu le­sen be­ginnt, die­sen Mo­nu­men­tal­ro­man des 1954 ge­bo­re­nen Lá­szló Kra­szn­ahor­kai. Lei­der wur­de man in­zwi­schen vor­ge­warnt, dass die­se rund 400 Sei­ten tat­säch­lich nur aus ei­nem Satz be­stehen. Ein Apo­ka­lyp­ti­ker sei der Au­tor, so le­se ich, der noch nie et­was von ihm ge­le­sen hat­te, so als sei dies in die­sen hy­ste­ri­schen Zei­ten, die in­zwi­schen in na­he­zu je­der Nach­rich­ten­sen­dung klei­ne­re und gro­ße Apo­ka­lyp­sen in Aus­sicht stellt, noch et­was Be­son­de­res. Aber dies hier sei ein deut­scher Ro­man sagt ei­ner der­je­ni­gen, des­sen li­te­ra­ri­sche Ur­tei­le ich schät­ze, und es geht tat­säch­lich um Deutsch­land, ge­nau­er um Thü­rin­gen, den Ort Ka­na mit der Post­leit­zahl 07769, den es na­tür­lich nicht gibt, es ist ein fik­ti­ver, ein ver­wun­sche­ner Ort im Osten, den ir­gend­wie al­le ken­nen, ob­wohl kaum je­mand dort war, ein Syn­onym für Ost­deutsch­land, wie man es sich vor­stellt, denn »Ka­na mach­te nachts nicht den Ein­druck ei­nes Or­tes, an dem die Men­schen schön ru­hig schlie­fen, son­dern den ei­nes, aus dem man schon weg­ge­zo­gen war«. Spä­ter wird man mer­ken, dass der Na­me nicht nur ein Wort­spiel zum re­al exi­stie­ren­den Ort Kahla ist (Post­leit­zahl 07766), son­dern na­tür­lich auch an das Land Ka­na­an er­in­nert, in dem wahl­wei­se Milch und Ho­nig flie­ßen oder (und) Je­sus Was­ser in Wein ver­wan­del­te. Die­se As­so­zia­ti­on wird ein biss­chen ein­ge­hegt, denn die gan­ze To­po­gra­phie Thü­rin­gens in die­sem Buch kommt mit »Klar­na­men« vor, al­so ist das Drum­her­um erst ein­mal au­then­tisch (wie es die Kri­tik liebt).

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Schlam­pi­ger Jour­na­lis­mus

Ge­stern ging ei­ne Mel­dung vi­ral, in der be­rich­tet wur­de, dass in ei­nem Pfle­ge­heim in Bran­den­burg meh­re­re Be­woh­ner und auch Per­so­nal in­fi­ziert und so­gar acht Be­woh­ner ver­stor­ben sind. Der Bei­trag er­füll­te für zwei un­ter­schied­li­che La­ger das Po­ten­ti­al, sich be­stä­tigt zu füh­len. Zum ei­nen die Impf­skep­ti­ker, die ar­gu­men­tie­ren, dass die Imp­fung of­fen­sicht­lich nicht hel­fe. Und zum an­de­ren ...

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Zit­tern und Lust

»Die be­vor­ste­hen­de Ka­ta­stro­phe wird mit Zit­tern und zu­gleich mit Lust be­schwo­ren, mit Angst und zu­gleich mit Sehn­sucht er­war­tet. So wie in der deut­schen Ge­sell­schaft zwi­schen den bei­den Welt­krie­gen Kla­ges und Speng­ler den apo­ka­lyp­ti­schen Ton an­ga­ben, so fun­gie­ren heu­te […] die öko­lo­gi­schen Kas­san­dras als Buß­pre­di­ger ei­ner Klas­se, die nicht mehr an die ei­ge­ne Zu­kunft glaubt; ver­än­dert ...

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Ste­fan Aust: Zeit­rei­se

Stefan Aust: Zeitreise
Ste­fan Aust: Zeit­rei­se

Ir­gend­wie kennt man Ste­fan Aust im­mer schon. Zu­min­dest die­je­ni­gen, die sich En­de der 1970er/Anfang der 1980er Jah­re po­li­tisch so­zia­li­sier­ten. In der Nach­be­ar­bei­tung des RAF-Ter­ro­ris­mus galt Aus­ts »Der Baa­der-Mein­hof-Kom­plex«, 1985 zum er­sten Mal er­schie­nen, früh als Stan­dard­werk. Er schlug da­mit ei­nen Pflock in die Ge­schich­te des deut­schen Links­ter­ro­ris­mus ein, was an sei­ner spe­zi­el­len Ver­fah­rens­wei­se nicht nur in die­sem Pro­jekt liegt: Aust war und ist im­mer be­reit, in sei­nen Bü­chern Feh­ler zu ent­fer­nen und sie auf den ak­tu­el­len, neu­en Stand der Re­cher­chen zu brin­gen. »Der Baa­der-Mein­hof-Kom­plex« ist in­zwi­schen rund 1000 Sei­ten stark.

Sei­nen Schreib­stil sieht er an­ge­lehnt am an­gel­säch­si­schen Vor­bild der »Non­fic­tion Li­te­ra­tu­re«, d. h. ei­ne »Er­zäh­lung, be­stehend aus Re­cher­chen, so dicht wie ir­gend mög­lich an den Er­eig­nis­sen, aber les­bar wie ein Ro­man«. Sei­ne Ar­bei­ten er­he­ben, so Aust sel­ber, nie den An­spruch der Wis­sen­schaft­lich­keit. Das ist al­ler­dings nicht im­mer un­pro­ble­ma­tisch.

Aust hat »Zeit­rei­se« als ei­ne Art Ar­beits­bio­gra­phie kon­zi­piert, in, wenn ich rich­tig ge­zählt ha­be, 182 Häpp­chen, weit­ge­hend chro­no­lo­gisch er­zählt. Es ist auch ei­ne Re­mi­nis­zenz an die Nach­kriegs-Bun­des­re­pu­blik und de­ren mehr oder we­ni­ger hef­ti­gen po­li­ti­schen Erup­tio­nen und Skan­da­le. Aust, 1946 ge­bo­ren, An­ge­hö­ri­ger der »Ge­ne­ra­ti­on Glück ge­habt« (oder auch »Be­zie­hun­gen ge­habt« – denn schon die Bun­des­wehr blieb ihm auf­grund sei­ner Kon­tak­te er­spart), er­zählt zu­nächst ein biss­chen von sei­ner Fa­mi­lie, ins­be­son­de­re vom Va­ter, der et­li­che Jah­re in Ka­na­da war, be­vor er dann 15 Jah­re spä­ter nach Deutsch­land zu­rück­kehr­te. So ganz er­folg­reich wa­ren sei­ne El­tern mit ih­ren Pro­jek­ten (zu­letzt ei­nem Ho­tel) nicht, aber das wird nur ge­streift. In­ten­si­ver be­schäf­tigt sich Aust im Buch mit sei­nen Reit­pfer­den, die im Lau­fe der Zeit zu ei­nem Ret­tungs­an­ker für den Men­schen Ste­fan Aust wer­den.

Aber es geht um die Kar­rie­re. Und die be­ginnt als Re­dak­teur in ei­ner Schü­ler­zei­tung recht früh. Aust und sei­ne Freun­de be­kom­men Pro­ble­me mit der Schul­lei­tung. Es droht »Zen­sur«. Aber man ist um­trie­big: Die Zei­tung wird nicht in son­dern vor der Schu­le ver­kauft; un­ter­stützt von lo­ka­ler Wer­bung, die er im lo­ka­len Ein­zel­han­del ak­qui­riert. Da­mit will er den Ein­fluss der Schul­lei­tung ban­nen. Die Schwie­rig­kei­ten der Schü­ler wer­den im Ma­ga­zin »Pan­ora­ma« An­lass ei­nes Bei­tra­ges. Und schon ist Aust im Ge­schäft. Vom Prak­ti­kan­ten bei »kon­kret« ar­bei­tet er sich rasch zum »Chef vom Dienst« hoch, arg­wöh­nisch be­trach­tet von Ul­ri­ke Mein­hof, die dort Ko­lum­nen schreibt. Aust ist der so­zi­al und po­li­tisch en­ga­gier­ten Lin­ken zu bür­ger­lich. Was das Ehe­paar Röhl/Meinhof nicht da­von ab­hält, Ur­laub in ih­rem Haus auf Sylt zu ma­chen. Spä­ter wird Aust die Mein­hof-Kin­der aus der Ob­hut des RAF-Um­fel­des nach Deutsch­land über­füh­ren – was na­tür­lich noch ein­mal aus­führ­lich ge­schil­dert wird.

Es ist die Zeit der Stu­den­ten­un­ru­hen, des Um­bruchs. Aust ist mit­ten­drin, aber ir­gend­wie nie in­vol­viert; ver­bleibt in der Be­ob­ach­ter­rol­le. Ei­ne be­son­de­re po­li­ti­sche Fi­xie­rung hat er, wie er schreibt, nicht. »Man war nicht ei­gent­lich links, eher ein we­nig an­ar­cho-li­be­ral, kri­tisch nach al­len Sei­ten.« Merk­wür­dig an die­ser Stel­le das »man«, zu­mal Aust an­son­sten recht ger­ne mit dem »ich« zur Hand ist. Ge­gen En­de des Bu­ches, in den 2010er Jah­ren sagt er ehe­ma­li­gen lin­ken Jour­na­li­sten­kol­le­gen: »Ich muss nicht so rechts wer­den wie ihr, weil ich nie so links war wie ihr.«

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Kö­nigs­ma­cher und Kon­troll­freak

Ei­ne Be­mer­kun­gen zum Film »Ke­vin Küh­nert und die SPD« von Ka­tha­ri­na Schie­le und Lu­cas Strat­mann

Ir­gend­wann 2019 trifft sich Ke­vin Küh­nert im Rah­men ei­ner Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung mit Phil­ipp Amt­hor, dem vier Jah­re jün­ge­ren Nach­wuchs­star der CDU. Die Le­bens­läu­fe äh­neln sich. Bei­de ha­ben ihr gan­zes bis­he­ri­ges Be­rufs­le­ben in Gre­mi­en von po­li­ti­schen Par­tei­en ver­bracht und dort re­üs­siert. Amt­hor hat im­mer­hin die »Er­ste Ju­ri­sti­sche Prü­fung« ab­sol­viert, Küh­nert ist Stu­di­en­ab­bre­cher. Der auf­merk­sa­me Zu­schau­er er­in­nert sich an ei­ne Sze­ne im Film, dass ein Bild des Kop­fes von Amt­hor an ir­gend­ei­ner Pinn­wand im Wil­ly-Brandt-Haus im Hin­ter­grund se­hen war als sich Küh­nert und sei­ne En­tou­ra­ge Hoch­rech­nun­gen an­schau­ten – ver­mut­lich als Scherz­mit­tel. Amt­hor er­kun­digt sich, war­um ein Film­team da­bei ist und Küh­nert klärt ihn auf, dass dies für ei­ne Lang­zeit-Do­ku­men­ta­ti­on sei; ge­plant bis zur Bun­des­tags­wahl 2021. Er ha­be das auch schon mal über­legt, so Amt­hor, der sich ver­mut­lich sor­gen wür­de, dass die Pri­vat­heit zu kurz kommt. Kein Pro­blem, klärt ihn Küh­nert auf, »wenn ich sa­ge ‘ist nicht’ – dann ist nicht«.

Ge­nau dies muss man in den mehr als drei Stun­den, den der Film »Ke­vin Küh­nert und die SPD« dau­ert (or­dent­lich por­tio­niert auf sechs Fol­gen), im­mer im Au­ge ha­ben: Es ist die ste­ri­le Au­then­ti­zi­tät ei­nes »Best of«, wel­ches Ka­tha­ri­na Schie­le und Lu­cas Strat­mann von Ke­vin Küh­nert zwi­schen 2018 und 2021 mit des­sen Er­laub­nis zei­gen. Es ist ei­ne Si­mu­la­ti­on von Rea­li­tät, ein be­stimm­tes Image trans­por­tie­rend. Ge­zeigt wird je­mand, der per­ma­nent Me­di­en kon­su­miert und sich in den Me­di­en Prä­senz ver­schafft, eben weil er in ei­ner Po­si­ti­on als Ju­so-Vor­sit­zen­der (bis En­de 2020) ge­nau die­se Prä­senz er­hält. Küh­nert, der stän­dig un­ter Strom zu sein scheint, ist Ak­teur in ei­ner selbst­re­fe­ren­ti­el­len Kom­mu­ni­ka­ti­ons­spi­ra­le ei­ner Po­lit­bubble, die nur ei­nen Fix­punkt hat: Ke­vin Küh­nert.

Er macht es den Me­di­en leicht, ist ein dank­ba­rer In­ter­view­part­ner, (fast) stän­dig ver­füg­bar und re­ak­ti­ons­schnell, wenn es dar­um geht, Aus­sa­gen sei­ner Ge­nos­sen und/oder des po­li­ti­schen Geg­ners schlag­zei­len­träch­tig zu kom­men­tie­ren. Wenn er den säch­si­schen Mi­ni­ster­prä­si­den­ten Kret­schmer als »Sprech­au­to­mat« be­zeich­net, so ist dies durch­aus als Di­stanz zu den Phra­sen des Po­lit­be­triebs ge­meint, die Küh­nert im­mer ver­sucht ist, zu um­ge­hen um ei­ge­ne Punk­te zu set­zen.

Bei al­ler In­sze­nie­rung – es gibt sie eben doch, die ehr­li­chen Mo­men­te. Als Küh­nert im Eu­ro­pa­wahl­kampf in der ober­ber­gi­schen Pro­vinz vor­fährt und für ein paar Stun­den das Ba­sis­par­füm in ei­ner Gast­stät­te ein­at­met, bricht er sich noch vor dem Buf­fet auf. Man ver­ab­schie­det ihn herz­lich; er ist wirk­lich ei­ne Art von Hoff­nungs­trä­ger. Als die Au­to­tür zu­schlägt ent­fleucht ihm ein Seuf­zer: »Mei­ne Gü­te«. Und da blitzt die Ver­ach­tung des Funk­tio­närs dem Klein­bür­ger ge­gen­über auf.

Als er in ei­nem ZEIT-In­ter­view 2019 die Kol­lek­ti­vie­rung von Un­ter­neh­men als lang­fri­sti­ges Ziel aus­gibt, um den Ka­pi­ta­lis­mus zu über­win­den, kon­tert er den Wi­der­spruch auch in den ei­ge­nen Rei­hen mit ei­nem trot­zi­gen »das muss­te mal ge­sagt wer­den« und mo­niert, dass der Bei­trag im Netz im­mer noch hin­ter ei­ner Be­zahl­schran­ke ver­bor­gen ist. Wenn hier­zu die In­ter­view­an­fra­gen an­de­rer Me­di­en ex­plo­die­ren, kon­tert Küh­nert dies mit »Aas­geie­rei«, weil die zu er­war­ten­den Fra­ge­stel­lun­gen nicht nach sei­nem Ge­schmack aus­fal­len dürf­ten. Wenn er könn­te, wür­de er auch noch die Fra­gen an sich sel­ber for­mu­lie­ren wol­len. Im­mer­hin wird der »Volks­ver­pet­zer« ge­lobt, der als Si­de­kick zu Küh­nerts Pres­se­spre­cher die In­ter­view-Pas­sa­ge ent­spre­chend deu­tet.

Bei DWDL steht zu le­sen, was Küh­nert zur Do­ku­men­ta­ti­on sag­te: »Vie­le lei­ten ihr Ver­ständ­nis von po­li­ti­schen Pro­zes­sen und Par­la­men­ta­ris­mus von dem ab, was sie in Fil­men und Se­ri­en se­hen, wäh­rend das kon­kre­te Ver­ständ­nis des ei­ge­nen na­tio­na­len oder re­gio­na­len Par­la­ments sehr ge­ring aus­ge­prägt ist.« Wei­ter steht dort, er, al­so Küh­nert, »ha­be zei­gen wol­len, ‘wie Po­li­tik aus­se­hen kann, wenn sie nicht aus dem par­la­men­ta­ri­schen Zu­sam­men­hang her­aus kommt’ «.

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Die Mär vom Wunsch nach Wan­del

In vie­len Nach­be­trach­tun­gen zur Bun­des­tags­wahl gibt es ei­ne nicht un­be­deu­ten­de Men­ge von Men­schen, die das Er­geb­nis als ein Si­gnal für »Wan­del« se­hen. Noch ei­nen Tag nach der Wahl spra­chen die Grü­nen von ei­nem »Auf­trag« zur Er­neue­rung des Lan­des und schwa­dro­nier­ten von ei­ner »Kli­ma­re­gie­rung« (was im­mer das be­deu­ten soll). Im­mer noch kann man die Pla­ka­te se­hen. ...

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