I. Rumpelstilzchen
Man mag sich die Verzweiflung der Müllerstochter vorstellen: Da ist sie von ihrem geldgeilen Vater zwecks Verheiratung zum König geschickt worden. Sie könne, so der Vater, Stroh zu Gold spinnen – eine Eigenschaft, die über eventuelle optische und/oder charakterliche Defizite damals wie heute großzügig hinwegsehen lässt. So nimmt denn der König die Aussage für bare Münze, sperrt die Müllerstochter über Nacht in ein Zimmer und vergattert sie, das Versprechen einzuhalten. Andernfalls drohe ihr der Tod.
In ihrer Verzweiflung zeigt sich ein kleines Männchen, welches Rettung verspricht und am nächsten Morgen ist das Stroh zu Gold gesponnen. Noch zweimal wiederholt sich dies – der König wollte sicherheitshalber ein One-Hit-Wonder vermeiden. Waren die Belohnungen, die das Männlein bekam, anfangs in Anbetracht des zu Gold gesponnenen Stroh seltsam bescheidene Gaben (ein Halsband und ein Ring), so forderte das Männchen in der dritten und entscheidenden Nacht das erste Kind, welches nach der Hochzeit zwischen ihr und König geboren wird. In ihrer Not willigt sie ein. Es kommt zur Hochzeit und zum Kind. Ein Jahr danach erhält die Frau Besuch von dem Männchen, der seinen Lohn einfordert. Sie versucht, ihn mit allen möglichen Reichtümern abzufinden. Aber dies reizt ihn nicht – schließlich verfügt er ja über Fähigkeiten, mit denen er sich selber diese Reichtümer schaffen könnte. Er beharrt auf seiner Forderung, gibt ihr jedoch eine vermeintliche Chance: Wenn sie binnen drei Tage seinen Namen errate, verzichtet er auf seine Forderung.