Die Mär vom »NA­TO-Bud­get«

In der Do­ku­men­ta­ti­on »Der un­ter­schätz­te Prä­si­dent« (ge­sen­det im ZDF am 15.09.2020 um 20.15 Uhr) gibt es ei­nen er­staun­li­chen Irr­tum zu be­stau­nen. Um zu ver­deut­li­chen, dass Trumps For­de­rung, die an­de­ren NA­TO-Staa­ten soll­ten end­lich mehr »be­zah­len«, wur­de ab 27:17 ein­ge­blen­det, wie der US-ame­ri­­ka­­ni­­sche An­teil am »NA­TO-Bu­d­­get« seit 2016 zu­rück­ge­gan­gen sei. Da­bei wur­de für das Jahr 2019 fol­gen­den ...

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519 Ta­ge

John Bolton: Der Raum, in dem alles geschah
John Bol­ton:
Der Raum, in dem al­les
ge­schah

John Bol­tons Er­leb­nis­se als Na­tio­na­ler Si­cher­heits­be­ra­ter von Do­nald Trump

John Ro­bert Bol­ton, 1948 ge­bo­ren, war ei­gent­lich seit den 1980er-Jah­ren im­mer in der Re­gie­rung der USA, wenn ein Re­pu­bli­ka­ner Prä­si­dent war. Da er un­ter Ge­or­ge W. Bush zum »UNO-Bot­schaf­ter« er­nannt wur­de (per Prä­si­di­al­de­kret, nach­dem er vor­her im Kon­gress, de­ren Mit­glie­der Bol­ton Clowns nennt, durch­ge­fal­len war), wird »Herr Bot­schaf­ter Bol­ton« als An­re­de in der Ad­mi­ni­stra­ti­on ver­wen­det.

Als Trump 2016 Prä­si­dent ge­wor­den war, gab es früh Ge­rüch­te, dass Bol­ton aber­mals ei­ne ge­wich­ti­ge Rol­le im neu­en Ka­bi­nett spie­len soll­te. Ent­ge­gen der An­ti-Estab­lish­ment-Kam­pa­gne Trumps konn­te die­ser na­tür­lich nicht in al­len Po­si­tio­nen neue Kräf­te ein­set­zen. In sei­nem Buch Der Raum, in dem al­les ge­schah, wel­ches im we­sent­li­chen die 519 Ta­ge von April 2018 bis Sep­tem­ber 2019 als Na­tio­na­ler Si­cher­heits­be­ra­ter der Trump-Re­gie­rung um­fasst, gibt es denn auch ein län­ge­res Ein­lei­tungs­ka­pi­tel, in dem er schil­dert, wie es zu die­ser Er­nen­nung kam.

Zu­nächst be­kun­det Bol­ton, dass er im Wahl­kampf 2016 kei­ne be­son­de­re Rol­le ge­spielt ha­be. Er wur­de kalt er­wischt vom Sieg Trumps, was sich dar­in zeig­te, dass er in si­che­rer Er­war­tung von Hil­la­ry Clin­tons Sieg zu Bett ging. Prak­tisch so­fort er­kann­te der Rou­ti­nier die Schwie­rig­kei­ten der Leu­te um Trump, si­che­re Per­so­nal­ent­schei­dun­gen zu tref­fen. So wur­de die UN-Bot­schaf­te­rin von Trump in den Mi­ni­ster­rang er­ho­ben – ein schwe­rer Feh­ler, so Bol­ton, weil da­durch Kom­pe­ten­zen des Au­ßen­mi­ni­ste­ri­ums un­nö­tig ab­ge­ge­ben wur­den. Den­noch wur­de Bol­tons Na­me prak­tisch so­fort ge­nannt, wenn es um die Be­set­zung wich­ti­ger Äm­ter ging. Da­bei war er, wie er ein we­nig ko­kett an­gibt, aus­ge­la­stet: Se­ni­or Fel­low am Ame­ri­can En­ter­pri­se In­sti­tu­te, Kom­men­ta­tor bei Fox News, re­gel­mä­ßi­ger Red­ner, Rechts­be­ra­ter in ei­ner gro­ßen An­walts­kanz­lei, Mit­glied von Un­ter­neh­mens­vor­stän­den, lei­ten­der Be­ra­ter ei­ner glo­ba­len Pri­va­te-Equi­ty-Fir­ma und Au­tor von Mei­nungs­ar­ti­keln mit ei­ner Häu­fig­keit von et­wa ei­nem pro Wo­che. (Be­zeich­nend am Ran­de, dass der Kom­men­ta­tor und Au­tor von Mei­nungs­ar­ti­keln im ge­sam­ten Buch von Jour­na­li­sten als Pres­se­mob oder, leicht mil­der, Pres­se­meu­te schreibt.)

Der Schnurr­bart

Akri­bisch li­stet er al­le for­mel­len und in­for­mel­len Tref­fen mit Trump und sei­nen Be­ra­tern auf, in de­nen es dar­um ging, wel­che Po­si­ti­on er in der Re­gie­rung fin­den soll­te. Bol­ton fa­vo­ri­siert zwei Po­si­tio­nen: Au­ßen­mi­ni­ster oder Na­tio­na­ler Si­cher­heits­be­ra­ter. Ein stell­ver­tre­ten­der Mi­ni­ster­job, der ihm rasch an­ge­bo­ten wird, kommt für ihn nicht in­fra­ge. Das Au­ßen­mi­ni­ste­ri­um müs­se im üb­ri­gen ei­ner Kul­tur­re­vo­lu­ti­on un­ter­zo­gen wer­den, so sein Cre­do. Nach acht Jah­ren Oba­ma wä­re viel zu re­pa­rie­ren, aber auch schon vor­her sei­en in­sti­tu­tio­nel­le Feh­ler be­gan­gen wor­den.

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Ide­al­ty­pus DT

1

»Zu Hit­ler fällt mir nichts ein«, schrieb Karl Kraus 1933 und sag­te dann doch ei­ni­ges über ihn.

»Zu Do­nald Trump fällt mir nichts ein«, den­ke ich manch­mal, und mein Über-Ich, das wie im­mer recht hat, wen­det ein, Trump sei nicht Hit­ler, und dann will mir wirk­lich nichts ein­fal­len. Ich glau­be nicht, daß ich, hät­te ich die Mög­lich­keit, mich mit die­sem Mann an ei­nen Kaf­fee­haus­tisch set­zen wür­de. Da ver­ste­he ich Gre­ta Thun­berg gut. Der Mann re­det ja nur über sich, zu sich und zu al­len.

2

Zum Ty­pus, der im Ex­em­plar Ge­stalt an­ge­nom­men hat, fällt mir aber doch et­was ein. Er in­ter­es­siert mich, der Ty­pus, weil ich über­zeugt bin, daß der DT, der di­rec­tor té­c­ni­co, wie man in his­pa­ni­schen Län­dern Fuß­ball­trai­ner nennt, der be­ste Re­prä­sen­tant je­nes Men­schen­bilds ist, das der Neo­li­be­ra­lis­mus im Zu­ge der to­ta­len Öko­no­mi­sie­rung der Ge­sell­schaft oh­ne gro­ßes Hal­lo, viel­mehr als »Selbst­ver­ständ­lich­keit«, ver­brei­tet und ein­ge­wur­zelt hat. DT, der Ide­al­ty­pus: ego­istisch, selbst­dar­stel­le­risch, me­di­en­süch­tig, un­ge­bil­det, laut, vul­gär, stets den per­sön­li­chen Ge­winn, d. h. sei­ne Koh­le im Sinn. Ir­gend­wo, ir­gend­wann, es ist Jah­re her, gab es mal ei­ne Dis­kus­si­on, ob ein Land sei­ne po­li­ti­schen Füh­rer ver­dient ha­be oder nicht. Man sagt es nicht gern, nie­mand hört es gern, aber ich glau­be wohl, daß es da ei­ne Wi­der­spie­ge­lung gibt, auch wenn sie ver­zerrt und miß­braucht wer­den kann. Al­ler­dings ist das ei­ne Wech­sel­wir­kung, kei­ne Ein­bahn­wi­der­spie­ge­lung, die Prä­si­den­ten und Kanz­ler spie­geln zu­rück, sie be­stär­ken und be­ein­flus­sen die Mas­se und ge­brau­chen sie mit­tels der Mitt­ler, al­so der Me­di­en, und zwar so di­rekt wie mög­lich, oh­ne Jour­na­li­sten als Dämp­fer da­zwi­schen: Mitt­ler Twit­ter.

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Truth isn’t truth…

…sprach der Rechts­an­walt und ehe­ma­li­ge Bür­ger­mei­ster von New York Ru­dolph Giu­lia­ni, um mög­li­chen Dis­kus­sio­nen über die Fra­ge, ob sein Man­dant Do­nald Trump, Prä­si­dent der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka, bei ei­ner mög­li­chen Ge­richts­ver­hand­lung die Wahr­heit sa­gen wer­de oder nicht, zu­vor­zu­kom­men. Bei Ge­richt muß man schwö­ren; man darf nichts als die Wahr­heit sa­gen. Die­ser Grund­satz ist in den Rechts­staa­ten im­mer noch weit­hin ak­zep­tiert. Ei­ne De­fi­ni­ti­on, was Wahr­heit ei­gent­lich sei, scheint nicht von­nö­ten. Hin­ter­fra­gun­gen, zu de­nen mei­ne Aus­füh­run­gen über den Wil­len zum Nicht­wis­sen an­re­gen, sind in die­sem Kon­text nicht üb­lich und brin­gen den Be­tei­lig­ten auch nichts, am we­nig­sten dem An­ge­klag­ten.

In den Mas­sen­me­di­en wur­de Giu­lia­nos Spruch so­gleich mit den »al­ter­na­ti­ven Fak­ten«, die Trump oder sei­ne Un­ter­ge­be­nen ge­le­gent­lich an­bie­ten, in Zu­sam­men­hang ge­bracht. Frei­lich ist ein Fakt, ei­ne Tat­sa­che, et­was an­de­res als »die Wahr­heit«. Wahr­heit – oder ein Nä­he­rungs­wert an die hy­po­the­ti­sche Wahr­heit – stellt sich in der Re­gel durch Prü­fung von Fak­ten her; nicht nur, aber auch durch Treue ge­gen­über den Fak­ten. Er­ziel­te Wahrheits­werte in Be­zug auf die­sel­be Fra­ge­stel­lung kön­nen selbst­ver­ständ­lich von­ein­an­der ab­wei­chen. Die Per­spek­ti­ven und In­ter­es­sen sind un­ter­schied­lich, viel­leicht auch die ei­nem kon­kre­ten Er­kennt­nis­be­mü­hen zu­grun­de­lie­gen­den ethi­schen Wer­te. Wer­den ei­ne ge­mein­sa­me Be­zugs­ebe­ne und ei­ne ge­mein­sa­me Spre­che ge­leug­net, las­sen sich sol­che Dis­kus­sio­nen al­ler­dings gar nicht mehr füh­ren. Was dann ob­siegt, ist nicht das bes­se­re Ar­gu­ment oder der kla­re­re Blick auf die Tat­sa­chen, son­dern die Macht und das Ei­gen­in­ter­es­se der Spre­cher, ih­re Laut­stär­ke und die Fä­hig­keit, Mas­sen­me­di­en zu kon­trol­lie­ren oder zu ma­ni­pu­lie­ren.

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Der Wil­le zum Nicht­wis­sen (9/9)

An­mer­kun­gen zu ei­ner Hand­voll le­gen­dä­rer Sät­ze

9 – Un­schul­di­ge For­men der Über­trei­bung

First, the facts. Zu­erst die Fak­ten. Mit die­sem Satz be­gann Jo­el Pol­l­ak, Chef­re­dak­teur der Web­site Breit­bart News, am 23. Ja­nu­ar 2017 sei­nen Leit­ar­ti­kel, in dem er Do­nald Trump und sei­ne Mit­ar­bei­ter in Schutz nahm, die in Be­zug auf die Zahl der bei der Amts­einführung des Prä­si­den­ten an­we­sen­den Per­so­nen maß­los über­trie­ben hat­ten. Kel­ly­an­ne Con­way, sei­ne Spre­che­rin, hat­te von »al­ter­na­ti­ven Fak­ten« ge­spro­chen, um Trumps groß­spu­ri­ge Be­haup­tung, das Pu­bli­kum sei zahl­rei­cher ge­we­sen als bei sei­nem Amts­vor­gän­ger, zu ze­men­tie­ren.

Wel­che Fak­ten hat­te Pol­l­ak in die­ser An­ge­le­gen­heit zu bie­ten? Nun, er führ­te aus, daß die Men­ge von der Tri­bü­ne her ge­se­hen, al­so vom Stand­ort des Prä­si­den­ten, ge­wal­tig wirk­te – er selbst kön­ne dies be­stä­ti­gen, denn er ha­be ei­nen Platz auf der Tri­bü­ne er­gat­tert ge­habt. Die­se Recht­fer­ti­gung, der Prä­si­dent sei halt ei­ner sub­jek­ti­ven Täu­schung er­le­gen, mag den Jour­na­li­sten eh­ren. Vom Stand­punkt der Wahr­haf­tig­keit aus ge­se­hen ist es be­denk­lich, wenn sub­jek­ti­ve Ein­drücke zu Fak­ten ge­adelt wer­den. So­wohl in der Wis­sen­schaft als auch in der Po­li­tik und in der me­dia­len Be­richt­erstat­tung soll­te bei­des ge­trennt wer­den. Was Pol­l­ak als Fak­ten be­zeich­ne­te, ist nichts an­de­res als die Fest­stel­lung der Sub­jek­ti­vi­tät der Wahr­neh­mung, die na­tür­lich für je­der­mann gilt. Wir ha­ben täg­lich den Ein­druck, die Son­ne be­we­ge sich um die Er­de, und un­se­re Spra­che spie­gelt die­sen Ein­druck wi­der: Die Son­ne geht auf und sie geht un­ter. Wir wis­sen aber heu­te dank Ko­per­ni­kus und Ga­li­lei, daß die Tat­sa­chen an­ders lie­gen.

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Die Ret­te­rin der Welt

Wäh­rend Mar­tin Schulz mit sei­ner SPD ein we­nig ver­bis­sen nach tref­fen­den Wahlkampf­themen sucht, hat die Bun­des­kanz­le­rin spä­te­stens seit dem letz­ten Wo­chen­en­de mit dem ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten Do­nald Trump ei­nen ve­ri­ta­blen und höchst pro­mi­nen­ten Hel­fer er­hal­ten. Mit bzw. ge­gen ihn kann sie sich als Ret­te­rin des We­stens und sei­ner »Wer­te« wun­der­bar in­sze­nie­ren. Merk­wür­di­ge As­so­zia­tio­nen kom­men mir in ...

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