Alles wieder im Lot – so der Tenor der Presseerklärung des Landes Rheinland Pfalz. Robert Menasse bekommt trotz einiger Einwände die Zuckmayer-Medaille, die, wie man lesen kann, für »Verdienste um die deutsche Sprache und um das künstlerische Wort« vergeben wird. Da Literaturpreise immer auch Gesinnungspreise sind, hatte man eigentlich nichts anderes erwartet. Das bisschen Kreide, dass Menasse essen musste, spielt da keine Rolle.
Menasse war in die (literaturbetrieblichen) Schlagzeilen geraten, weil er Zitate des ersten Vorsitzenden der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Walter Hallstein, gefälscht und ihm eine Rede in Auschwitz angedichtet hatte. Der Knackpunkt war, das Menasses Fälschungen nicht nur in seinen Romanen getätigt wurden, sondern auch in den öffentlichen Reden und Essays des Autors auftauchten. Sie dienten als Schmuck für seine politische Idee des entnationalisierten Einheitsstaats Europa. Menasse sieht im Nationalstaat den Keim für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts und glaubt, dass eine Art von Vereinigte Staaten von Europa den Dämon für immer bannen könnte. Wie genau dieser Einheitsstaat aussehen könnte und mit welchem Personal bleibt diffus. Mit solchen Nebensächlichkeiten beschäftigt sich der Visionär eher nicht.
Menasse galt (und gilt) als Musterbeispiel eines engagierten Autors. Eine Art österreichischer Grass, was die EU angeht. Es gibt Leute, auf deren literarisches Urteil ich viel gebe, die ihn für einen guten Schriftsteller halten. Ich kann das nicht beurteilen – er ist mir irgendwie nie begegnet. »Die Hauptstadt« habe ich auch nicht gelesen. Einige politische Statements Menasses schon.
Die Geschichte dieser Fälschungen kann man bei Gerald Krieghofer nachschlagen, der sich mit falschen Zitaten akribisch beschäftigt. Anzeichen gab es bereits 2017 – hören wollte das niemand. Erst als Ansgar Graw kurz vor Weihnachten eine Stellungnahme von Menasse erhielt, bekam die Sache eine neue Dynamik.