Als ich 1993 nach acht Jahren, die ich als »Lektor« an Universitäten mehrerer Länder verbracht hatte, nach Österreich zurückkehrte, fand ich mich plötzlich und zu meiner eigenen Überraschung als Arbeitsloser wieder: Ich gehörte zum akademischen Subproletariat. Der Mann auf der Behörde, die früher »Arbeitsamt« hieß und mittlerweile in »Arbeitsmarktservice« umbenannt worden war, was dem Geist der Zeit offenbar besser entsprach, warf einen flüchtigen Blick auf meine Akte, um dann in der Umgangssprache meiner Herkunftsgegend zu bemerken: »Das haut mich nicht vom Hocker.« Er meinte damit mein monatliches Einkommen, das einem Betrag von 1000 oder 1200 Euro entsprochen hatte. Daß ich mich in diesen drei Jahren weitergebildet, drei Fremdsprachen erlernt und die Grundlagen für mein künftiges literarisches Schaffen gelegt hatte, außerdem Bücher zu übersetzen begonnen hatte, spielte für den Mann vom Arbeitsmarktservice keine Rolle, und auch ich wäre in meiner Zerknirschtheit nicht auf die Idee gekommen, solche »Leistungen« ins Treffen zu führen. Der Mann wies mich lediglich darauf hin, daß ich mich ernsthaft um eine Anstellung zu bemühen hätte, und falls sich nichts ergeben würde, was zu meinem »Profil« paßte, hätte ich jede mir vorgeschlagene Arbeit anzunehmen, zum Beispiel als Erntehelfer (25 Jahre später werden Flüchtlinge und andere Migranten dafür eingesetzt). Der Betrag, den ich als »Arbeitslosengeld« überwiesen bekam, reichte kaum für die Miete, die ich für meine Frau und mich zu bezahlen hatte. Ich sah mich gezwungen, »Aufträge« anzunehmen; Aufträge im einzigen Bereich, in dem ich Kompetenzen und zumindest ein paar »Kontakte« hatte: Sprache und Literatur.
Ich war mit einer ebenfalls akademisch gebildeten Ausländerin verheiratet, und die Behörden, mit denen wir zu tun hatten, um eine Aufenthaltsgenehmigung für sie zu erhalten, waren ähnlich abweisend wie der Mann beim Arbeitsmarktservice. Es ging immer und ausschließlich um die Höhe meines Einkommens (meine Frau, die damals kaum Deutsch konnte, arbeitete nur sporadisch). Als ich auf die mittlerweile angewachsene Zahl meiner Bücher und Übersetzungen hinwies und ein paar davon auf den behördlichen Schreibtisch legte, zeigte sich ein eher verächtliches als mildes Lächeln auf dem Gesicht des Beamten.