Hell-Dun­kel (8 Uhr 15)

In der Schu­le wur­de den Kin­dern ein Film über den Atom­bom­ben­ab­wurf und sei­ne Fol­gen ge­zeigt. Die Leh­re­rin mein­te, es sei not­wen­dig, daß sie das sä­hen, da­mit je­der von ih­nen ver­ste­he, dass Krieg et­was Schreck­li­ches sei. Die Leh­re­rin wein­te am En­de; die Kin­der nicht, au­ßer ei­nem Jun­gen, der nur ein biß­chen wein­te. Ei­ni­ge hat­ten beim Se­hen ...

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Ge­denk­tag

Heu­te sit­ze ich auf drei ho­ri­zon­tal ne­ben­ein­an­der lie­gen­den lan­gen, kräf­ti­gen, grau­en und trocke­nen Bam­bus­stäm­men. Hin­ter der Haupt­hüt­te des Schreins hat man sie auf zwei Gra­nit­stei­ne ge­stützt, die sich in der Nä­he ih­rer glatt ge­schnit­te­nen En­den be­fin­den, so daß ei­ne lan­ge, freie Mit­te ent­steht (die auch bei star­ker Be­la­stung nicht durch­hängt). Die Stäm­me sind ge­nau so ...

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Park­platz II

Je­mand – nie­mand? – hat ei­nen Co­la­be­cher auf dem Park­platz zu­rück­ge­las­sen. Dort steht er jetzt, groß und rot, herr­schend in der an­thra­zit­far­be­nen Lee­re. Spä­ter kommt ein Au­to, ein Per­so­nen­kraft­fahr­zeug, das so aus­sieht, wie der Na­me es sagt: für ei­ne Per­son, mit et­was Kraft, nicht zu­viel, ein Mit­tel zum Zweck. Neu­es Bild, Co­la­be­cher ver­schwun­den, die Lee­re ...

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Park­platz I

Die Rei­hen der Stop­pel­bün­del auf dem ab­ge­ern­te­ten Reis­feld und dar­über die grau-schwar­­zen Fur­chen des Wol­ken­felds und da­zwi­schen – nicht die Men­schen, nein, nur die un­ru­hi­gen Ar­me der Bäu­me, die hin­auf­zei­gen, als ver­lang­ten sie Lö­cher für das Blau. Dann auch, et­was ab­seits, der blaue Längs­strei­fen an der Stirn der Ka­bi­ne, wo die Ma­schi­ne Reis schält, wenn ...

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Er­kennt­nis

Ein Reh nä­hert sich, um­kreist mich lang­sam, schaut mich von ver­schie­de­nen Stand­punkten an. Die auf­ge­stell­ten Oh­ren be­we­gen sich vor­sich­tig, mit win­zi­gen Rucken, fast wie ein Zit­tern, aber es ist kein Zit­tern, es sind vor­sätz­li­che Rucke. An den Oh­ren – mehr als an den fra­gen­den Au­gen – er­ken­ne ich, wie es von mir denkt. Das Reh ...

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Lied für heu­te und mor­gen

Die Frau mit dem Kopf­tuch ist wun­der­schön. Das Tuch, grün und gol­den, ge­hei­mes Mu­ster, rahmt das Ge­sicht, kehrt sei­ne Schön­heit her­vor. Es ist ei­ne fremd­län­di­sche Schön­heit, ei­ne aus Ir­gend­wo, In­di­en oder Afri­ka oder Mon­go­lei oder Pe­ru, von der Kü­ste, vom Hoch­land, aus dem Ge­bir­ge, man weiß es nicht, sie kommt von ei­nem ganz an­de­ren Erd­teil, ...

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Im­ma­nu­el Kant: Kö­che oh­ne Zun­ge (Hrsg.: Jens Ku­len­kampff)

Immanuel Kant: Köche ohne Zunge (Hrsg.: Jens Kulenkampff)
Im­ma­nu­el Kant:
Kö­che oh­ne Zun­ge
(Hrsg.: Jens Ku­len­kampff)
»Kant ist kein Apho­ri­sti­ker ge­we­sen.« So be­ginnt Jens Ku­len­kampff sein Vor­wort zu dem Bänd­chen »Kö­che oh­ne Zun­ge«, wel­ches dann doch ir­gend­wie ein apho­ri­sti­sches Buch wer­den soll – und ge­wor­den ist. Ku­len­kampff be­schreibt de­tail­liert und in­struk­tiv das Vor­ge­hen, die be­hut­sa­me und oft ge­nug schwie­ri­ge Entkontex­tualisierung aus dem »Hand­schrift­li­chen Nach­lass« Kants, den Bän­den 14 bis 20 der Ge­samt­aus­ga­be. Je­des der ver­wen­de­ten Zi­ta­te wird aus­ge­wie­sen und phi­lo­lo­gisch be­legt. Man glaubt ei­ner­seits das schlech­te Ge­wis­sen des Her­aus­ge­bers förm­lich zu spü­ren, an­de­rer­seits je­doch auch das gro­ße Ver­gnü­gen, mög­lichst au­then­tisch lo­se Ge­dan­ken des Phi­lo­so­phie­ge­nies auf die­se po­pu­lä­re Art und Wei­se her­aus­zu­brin­gen.

Um es vor­weg zu sa­gen: Es ist wun­der­bar ge­lun­gen; scho­nend und rück­sichts­voll in Be­zug auf Kants Ge­dan­ken­ge­bäu­de, die durch ver­zerr­tes Zi­tie­ren nicht zu put­zi­gen Baum­häu­sern de­gra­diert wer­den. Da­mit ist die­ses Buch – dem Au­tor ent­spre­chend – eben trotz der kur­zen Form kei­ne leich­te Lek­tü­re. Wer glaubt, die knapp ein­hun­dert Sei­ten schnell kon­su­mie­ren zu kön­nen, irrt. Das Tem­po gibt wei­ter­hin Kant vor. Man­che No­ta­te be­schäf­ti­gen den Le­ser und las­sen ihn für lan­ge Zeit nicht mehr in Ru­he, so ver­wickelt sind sie. Es gibt dann ei­ne so­li­de 50:50 Chan­ce, dem Ge­dan­ken­gang Kants auf die Spur zu kom­men. Bei an­de­ren Aus­sprü­chen nickt man hin­ge­gen so­fort; ge­le­gent­lich zu früh.

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Zap­fen­streich

Ver­mut­lich ei­ne Schmie­ren­ko­mö­die

Rad­datz: Schar­la­tan!

Schmidt den Zi­ga­ret­ten­rauch aus­bla­send und nach der Tas­se Kaf­fee ta­stend

Rad­datz: Seht mei­ne vio­let­ten Socken. Pas­send zum Ein­steck­tuch.

Grass: Was?

Rad­datz tän­zelt leicht an Grass vor­bei

Grass: Soll ich uns ei­gent­lich was ko­chen?

En­zens­ber­ger: Nein, bit­te nicht.

Rad­datz: Ich su­che den Cham­pa­gner aus.

Grass: Dach­te an Nier­chen mit Kohl­ge­mü­se.

En­zens­ber­ger geht mit ei­nem Korb reih­um So, hier bit­te Eu­re Han­dys ab­ge­ben. Ich neh­me die Ak­kus sel­ber raus und ver­nich­te bei­des dann. Al­le wer­fen nach­ein­an­der ih­re Mo­bil­te­le­fo­ne in den Korb.

Grass: Wo ist die Kü­che?

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