Russ­land, die Ukrai­ne und Zbi­gniew Brze­zin­ski

Ge­le­gent­lich hilft es ja, sich dem Me­di­en­stream aus­zu­set­zen. So wur­de ich auf ei­ne Dis­kus­si­on auf­merk­sam, in der es wie­der ein­mal um die Ukrai­ne, Russ­land und den We­sten ging. Der Zu­schnitt der Sen­dung war auf Kra­wall ge­bür­stet, der auch schon früh ein­trat. Der bis­her nicht durch po­li­ti­sche Ana­ly­sen be­son­ders her­vor­ge­tre­te­ne Börsen­händler Dirk Mül­ler wur­de als »Putin­ver­ste­her« an­ge­kün­digt und auch flugs von Eric Frey vom öster­rei­chi­schen »Stan­dard« als sol­cher de­kla­riert. Die­ses Eti­kett ist nicht neu; es dient al­len Denk­fau­len da­zu, lä­sti­ge An­sich­ten mit ei­nem Fe­der­strich zu dis­kre­di­tie­ren. Die Ge­schwin­dig­keit, mit der die­ses At­tri­but aus dem rhe­to­ri­schen Waf­fen­ar­se­nal ge­zo­gen wird, ist enorm. Es er­in­nert von Fer­ne an die Ein­wän­de der Rechts­kon­ser­va­ti­ven und Ver­trie­be­nen in den 1970er Jah­ren, die mit ähn­li­chen Pa­ro­len die Po­li­tik des Aus­gleichs der so­zi­al­li­be­ra­len Re­gie­rung mit den Län­dern Ost­eu­ro­pas dif­fa­mier­ten. »Vaterlands­verräter« war noch das mil­de­ste At­tri­but. Le­dig­lich auf die For­mu­lie­rung »Bre­sch­new-Ver­ste­her« ist da­mals nie­mals ge­kom­men, was ge­wis­se Rück­schlüs­se auf das heu­ti­ge Er­re­gungs­pre­ka­ri­at der so­zia­len Me­di­en zu­lässt.

In der o. e. Dis­kus­si­on spiel­te ein Buch ei­ne Rol­le, des­sen Kennt­nis of­fen­sicht­lich al­len Teil­neh­mern nicht glei­cher­ma­ßen ge­läu­fig war. Es heißt im deut­schen Ti­tel »Die ein­zi­ge Welt­macht – Ame­ri­kas Stra­te­gie der Vor­herr­schaft« und ist von Zbi­gniew Brze­zin­ski ver­fasst, dem Si­cher­heits­be­ra­ter ei­ni­ger (de­mo­kra­tisch do­mi­nier­ter) US-Re­gie­run­gen (ob of­fi­zi­ell oder in­of­fi­zi­ell). Das Buch ist von 1997 und gilt of­fen­bar als Ge­heim­tipp. Bei Ama­zon ist das gün­stig­ste An­ge­bot ak­tu­ell bei rund 190 Eu­ro; für ein Ta­schen­buch ein stol­zer Preis. Die Links auf die ko­sten­lo­se Zur­ver­fü­gung­stel­lung set­ze ich jetzt nicht um mich nicht straf­bar zu ma­chen – aber mit ein biss­chen Su­chen kann sich je­der ei­ne wenn auch schlecht for­ma­tier­te Ver­si­on als pdf her­un­ter­la­den (ein fin­di­ger Kopf ver­kauf­te für kur­ze Zeit den pdf-Aus­druck bei Ama­zon für 30 Eu­ro).

Um es vor­weg zu sa­gen: Die­se Lek­tü­re lohnt trotz des Zeit­ab­stands. Man muss Zbi­gniew Brze­zinskis The­sen in die­sem Buch nicht tei­len. Für Brze­zin­ski ist Po­li­tik ein Schach­spiel (der eng­li­sche Ti­tel ist ent­spre­chend: »The Grand Ch­ess­board«), in dem es vor al­lem dar­um geht, stra­te­gi­sche Vor­tei­le für die USA zu er­rin­gen um Macht­an­sprü­che zu er­hal­ten oder aus­zu­bau­en. Ins Zen­trum sei­ner Be­trach­tun­gen steht »Eu­ra­si­en« – der Raum von Lis­sa­bon bis Wla­di­wo­stok.

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An­ge­la Mer­kel ist 60

In den 1970er Jah­ren lief ei­ne Vor­abend­se­rie im ZDF: Das »Kö­nig­lich-Baye­ri­sche Amts­ge­richt«. Die Wi­ki­pe­dia ru­bri­ziert sie als Ge­richts­show und Hei­mat­se­rie. Im We­sent­li­chen be­stand sie aus ge­spiel­ten Ge­richts­sze­nen aus der Zeit vor 1914 aus ei­nem fik­ti­ven nie­der­baye­ri­schen Ort. Sie be­gan­nen im­mer mit ei­nem klei­nen Pro­log: »Es war ei­ne lie­be Zeit, die gu­te, al­te Zeit, vor an­no 14. In Bay­ern gleich gar. Da­mals hat noch ih­re Kö­nig­li­che Ho­heit, der Herr Prinz­re­gent, re­giert. Ein kunst­sin­ni­ger Mon­arch, denn der Kö­nig war schwer­mü­tig.«

Ich muss in letz­ter Zeit im­mer wie­der an die­se klei­ne, durch­aus im sanft iro­ni­schen Duk­tus vor­ge­tra­ge­ne Ein­füh­rung den­ken, die mit den mar­ki­gen Wor­ten »Es war halt noch vie­les in Ord­nung da­mals« en­det. Mit ähn­li­chen Wor­ten könn­te man in 60 Jah­ren viel­leicht auch die Ära Mer­kel ver­klä­ren. Das hät­te man sich in den 1990ern, als Hel­mut Kohl An­ge­la Mer­kel re­la­tiv zü­gig in wich­ti­ge Po­si­tio­nen hiev­te, nie­mals ge­dacht. Die po­li­ti­schen Hoff­nungs­trä­ger wa­ren an­de­re. Ei­nen (fik­ti­ven) Eu­ro für je­den, den man oh­ne ei­ne Such­ma­schi­ne zu be­mü­hen, na­ment­lich nen­nen kann!

Da­bei braucht man gar nicht die Fa­ma der män­ner­mor­den­den An­ge­la Mer­kel zu stricken. Sie ist in die­ser Kon­se­quenz Un­sinn. Wenn Po­li­ti­ker in­ner­halb ih­rer Or­ga­ni­sa­ti­on kei­nen Auf­stieg mehr rea­li­sie­ren kön­nen, su­chen sie an­de­re Be­tä­ti­gun­gen. Das war bei Hel­mut Kohl nicht an­ders. Und auch der im­mer wie­der her­vor­ge­hol­te so­ge­nann­te Macht­in­stinkt ist in et­wa so au­ßer­ge­wöhn­lich wie ein Lenk­rad am Au­to. In die­ses Amt stol­pert man nicht.

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Die Kri­se in der Ukrai­ne, die Rol­le der EU und das Po­si­ti­ons­pa­pier der Ne­os

Der Aus­gangs­punkt: Das Un­be­ha­gen mit Po­li­tik und Be­richt­erstat­tung

Es wä­re falsch zu be­haup­ten, dass die Me­di­en oder die Po­li­tik, die als ei­ne sol­che En­ti­tät gar nicht exi­stie­ren, in ih­rer Ge­samt­heit ein schwarz-wei­ßes Bild ge­zeich­net hät­ten und es noch im­mer tun, aber in der Brei­te der Be­richt­erstat­tung, in dem was man so hört, dem das auch der po­li­tisch we­nig In­ter­es­sier­te mit­be­kommt, tritt es deut­lich zu Ta­ge: Das Schwar­ze, das ist Russ­land oder per­so­na­li­siert: Pu­tin.

Die­ses Bild, das vie­le Bür­ger zu­min­dest ih­rem Ge­fühl nach für falsch hal­ten, be­darf der Kor­rek­tur, aber nicht im Sin­ne ei­ner Um­fär­bung, der Far­be Weiß, son­dern in der Wahl an­de­ren Dar­stel­lung, ei­ner in Grau­stu­fen: Aus­ge­wo­gen­heit statt zwei­er­lei Maß.

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Hes­sen und Ham­burg

In den näch­sten Wo­chen wer­den die po­li­ti­schen Ge­sprächs­sen­dun­gen in Ra­dio und Fern­se­hen nur ein The­ma ha­ben: Wer wird zu­künf­tig im Bund re­gie­ren? Ei­nen Vor­ge­schmack auf den Tsu­na­mi des Ge­schnat­ters ver­meint­li­cher Ex­per­ten hat man in den letz­ten Ta­gen schon be­kom­men. Ich er­spa­re mir die Auf­zäh­lung der üb­li­chen Ver­däch­ti­gen.

Da wer­den ve­ri­ta­ble Ge­gen­ar­gu­men­te für die Gro­ße Ko­ali­ti­on auf­ge­bracht. Man kann die­se Phra­sen al­le­samt in das Reich der Fa­bel ver­wei­sen. Es gibt kei­ne an­de­re Mög­lich­keit als die Ko­ali­ti­on zwi­schen CDU/CSU und SPD. Man kann sei­ne Le­bens­zeit bes­ser ver­brin­gen, als der Kaf­fee­satz­le­se­rei un­ter­be­schäf­tig­ter Me­di­en­ver­tre­ter an­zu­schlie­ßen. Was im­mer in den ach so schö­nen Plan­spie­len der Dis­ku­tan­ten aus­ge­blen­det wird: Die Si­tua­ti­on im Bun­des­rat.

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Mer­kels schmut­zi­ger Coup

Es exi­stiert schon lan­ge, bricht im­mer wie­der auf. Jetzt ist es wie­der da, das Trau­ma der SPD. Es ist das Trau­ma der Un­zu­ver­läs­sig­keit, der man­geln­den, feh­len­den Staats­treue. Be­trach­tet man nur ein­mal die Ent­wick­lung nach dem Zwei­ten Welt­krieg. Mit unglaub­licher Frech­heit ge­lang es den re­stau­ra­ti­ven und kon­ser­va­ti­ven po­li­ti­schen Kräf­ten in der neu­en Bund­e­re­pu­blik die SPD als Kom­mu­ni­sten, min­de­stens je­doch Staats­fein­de hin­zu­stel­len. Dass es die SPD-Ab­ge­ord­ne­ten wa­ren, die den Er­mäch­ti­gungs­ge­set­zen der Na­zis nicht zu­ge­stimmt hat­ten – das wur­de ver­ges­sen. Die SPD als ver­kapp­te Kom­mu­ni­sten – Goeb­bels’ Pro­pa­gan­da mo­bi­li­sier­te im­mer noch. »Kei­ne Ex­pe­ri­men­te« warn­te man im Wahl­kampf 1957 – es gab nie wie­der ei­nen grö­ße­ren Sieg der CDU/CSU. Mit der so­zi­al-li­be­ra­len Ko­ali­ti­on 1969 und dem Macht­ver­lust fand man sich nicht so oh­ne Wei­te­res ab. Wil­ly Brandt wur­de durch sei­ne so­ge­nann­te Ost­po­li­tik wie­der ein­mal zum va­ter­lands­lo­sen Ge­sel­len de­nun­ziert, nach­dem er be­reits in den 50er Jah­ren ob sei­nes Exils von Ade­nau­er dif­fa­miert wur­de. Und das ein ehe­ma­li­ger Kom­mu­nist wie Her­bert Weh­ner ge­läu­tert sein könn­te, das trau­ten die­je­ni­gen, die ein christ­li­ches At­tri­but in ih­rem Par­tei­na­men führ­ten, nur ih­ren ei­ge­nen ehe­ma­li­gen NSDAP-Mit­glie­dern und Mit­läu­fern zu.

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Hans-Pe­ter Schwarz: Hel­mut Kohl – Ei­ne po­li­ti­sche Bio­gra­phie

Hans-Peter Schwarz: Helmut Kohl - Eine politische Biographie
Hans-Pe­ter Schwarz: Hel­mut Kohl – Ei­ne po­li­ti­sche Bio­gra­phie

Mit »Em­pa­thie und zu­gleich kri­ti­scher Di­stanz« ha­be sich der Bio­graph sei­nem Sub­jekt zu nä­hern, so Hans-Pe­ter Schwarz im Epi­log sei­ner po­li­ti­schen Bio­gra­phie über Hel­mut Kohl. Der Le­ser hat dann be­reits 940 eng ge­druck­te Sei­ten (zzgl. rd. 90 Sei­ten An­no­ta­tio­nen) hin­ter sich ge­bracht. Schwarz’ Buch, das die Bereit­schaft, sich auf das po­li­ti­sche Le­ben Hel­mut Kohls en dé­tail ein­zu­las­sen, von sei­nem Le­ser mit ei­ner kon­se­quen­ten Ra­di­ka­li­tät ab­for­dert, liegt ei­nem zu die­sem Zeit­punkt wie ein Kloß im Ma­gen, ob­wohl es doch zu­nächst ein be­kömm­li­ches Ge­richt mit al­len­falls ge­le­gent­lich über­flüs­si­ger De­ko­ra­ti­on zu wer­den schien.

Da­bei sind die Vor­aus­set­zun­gen ide­al. Hans-Pe­ter Schwarz, der als »der« Ade­nau­er-Bio­graph gilt, ba­siert auf ei­ner um­fang­rei­chen, kom­ple­xen Quel­len­la­ge. So konn­ten Sit­zungs­pro­to­kol­le ein­ge­se­hen wer­den. Das Ar­chiv für Christ­lich-De­mo­kra­ti­sche Po­li­tik der Kon­rad Ade­nau­er-Stif­tung und das Pen­dant der Hanns-Sei­del-Stif­tung der CSU in Mün­chen stan­den zur Ver­fü­gung. Aus dem Un­ter­neh­mens­ar­chiv der Axel Sprin­ger AG wird zi­tiert. Am wich­tig­sten: 250 Schlüssel­dokumente zur Au­ßen- und Eu­ro­pa­po­li­tik aus dem Ar­chiv des Bun­des­kanz­ler­am­tes wur­den für Schwarz frei­ge­ge­ben, was die Kanz­ler­schaft Kohls zwi­schen 1982 und 1998 be­leuch­tet und zum Teil über­ra­schen­de Ein­blicke ge­währt. Schwarz führ­te Ge­sprä­che mit rund vier­zig po­li­ti­schen Weg­be­glei­tern (um nur ei­ni­ge zu nen­nen: Kurt Bie­den­kopf, Hei­ner Geiß­ler, Hans-Diet­rich Gen­scher, Klaus Kin­kel, Vol­ker Rü­he, Bern­hard Vo­gel, Walt­her Leis­ler Kiep), zi­tiert zum Teil aus de­ren Ta­ge­bü­chern (oft un­ver­öf­fent­lich­tes Ma­te­ri­al) und auch ge­le­gent­li­che Mit­tei­lun­gen Kohls an den Au­tor wer­den im An­mer­kungs­ap­pa­rat ver­merkt. Oft kom­bi­niert Schwarz die­se In­for­ma­tio­nen mit den zahl­reich ver­füg­ba­ren Me­moi­ren und Er­in­ne­rungs­bü­chern der da­ma­li­gen Prot­ago­ni­sten. All dies er­zeugt bis­wei­len ei­ne er­staun­li­che Echt­zeit­stim­mung, die den Le­ser in den be­sten Mo­men­ten di­rekt an die Kon­fe­renz­ti­sche führt. Man er­fährt wie Kohl vor­prescht, nach­gibt, ba­lan­ciert, an­ti­cham­briert, tak­tiert aber auch tobt und los­pol­tert. So ent­steht zu­wei­len ein multi­perspektivisches Bild aus rund 50 Jah­ren bun­des­deut­scher und eu­ro­päi­scher Po­li­tik.

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Der un­se­riö­se Car­sten Schnei­der

Car­sten Schnei­der ist der haus­halts­po­li­ti­sche Spre­cher der SPD-Bun­des­tags­frak­ti­on. Er sagt oft et­was, weil er oft ge­fragt wird. So rich­tig ha­be ich sei­ne Pseu­do-Op­po­si­ti­on, was die Grie­chen­land-/Eu­ro-Ak­ti­vi­tä­ten der Re­gie­rung Mer­kel an­geht, nicht ver­stan­den, denn im­mer wenn so­ge­nann­te Hilfs­pa­ke­te zur Ab­stim­mung stan­den, stimm­te Schnei­der zu. Grün­de mag es da­für ge­nug ge­ge­ben ha­ben; ich sah sie nicht. Des­halb ist Car­sten Schnei­der für mich kein Op­po­si­ti­ons­ab­ge­ord­ne­ter mehr ge­we­sen. Dass, was er sag­te, war ei­ne Kri­tik jen­seits ei­nes tat­säch­lich an­de­ren Po­li­tik­ent­wurfs; all­zu oft nur ri­tua­li­sier­te Ge­gen­re­de.

Am Mitt­woch früh horch­te ich je­doch auf. Schnei­der sag­te in ei­nem In­ter­view im Du­del­sen­der WDR2: »Ei­ne Ent­schei­dung zu Grie­chen­land ist in die­ser Wo­che nicht vor­stell­bar.« Der Zeit­druck, den die Bun­des­re­gie­rung auf­baue, ver­hin­de­re ei­ne sorg­fäl­ti­ge Ent­schei­dung. Er sei auch gar nicht not­wen­dig. Schnei­der be­kann­te, dass er sich nicht in ein, zwei Ta­gen für oder ge­gen die Be­schlüs­se ent­schei­den kön­ne.

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Wil­fried Schar­nagl: Bay­ern kann es auch al­lein

Wilfried Scharnagl: Bayern kann es auch allein
Wil­fried Schar­nagl:
Bay­ern kann es auch al­lein

Ir­gend­wie ge­hör­te Wil­fried Schar­nagl schon im­mer da­zu. Ich war nur über­rascht, als ich in den 70er Jah­ren er­fuhr, er sei »Jour­na­list«. Un­ter ei­nem Jour­na­li­sten stell­te ich mir ei­nen we­nig­stens for­mal dia­lek­ti­schen, of­fe­nen Geist vor. Ein Irr­tum, der mir ab und zu auch heu­te noch un­ter­läuft, mich aber längst nicht mehr der­art kons­terniert wie da­mals. Zwar muss man auch Journa­listen ih­re ei­ge­ne Mei­nung, ihr ei­ge­nes Welt­bild, zu­ge­ste­hen. Aber wie kann je­mand der­art se­lek­tiv und par­tei­isch sein und sich gleich­zei­tig noch auf der Kar­te des Jour­na­li­sten fah­ren? Da Schar­nagl auf der po­li­ti­schen Sei­te stand, die ich ri­go­ros ab­lehn­te, kam mir die Ver­zerrung noch viel deut­li­cher vor. Aber wer sich der­art zum Sprach­rohr, zum Blind­ver­ste­her sei­nes Men­tors, al­so Franz Jo­sef Strauß, mach­te, ver­spiel­te jeg­li­che Glaub­wür­dig­keit.

Mit Strauß’ Tod 1988 ließ Schar­nagls me­dia­le Prä­senz nach. Sein Ein­fluss als Strippen­zieher im Hin­ter­grund dürf­te je­doch län­ge­re Zeit noch er­heb­lich ge­we­sen sein. Auf Strauß folg­te »Ami­go« Streibl als baye­ri­scher Minister­präsident. Da­nach dann der »Sau­ber­mann« Stoi­ber, der in ei­nem heu­te noch nicht ein­mal an­satz­wei­se auf­be­rei­te­ten CSU-in­ter­nen Putsch 2007 zum Rück­tritt ge­zwun­gen wur­de. 2001, zwei Jah­re nach­dem Stoi­ber Mi­ni­ster­prä­si­dent ge­wor­den war, hat­te Schar­nagl sei­nen Po­sten beim »Bayern­kurier« ge­räumt. Aber noch heu­te nimmt er an Sit­zun­gen der ober­sten CSU-Par­tei­­­gre­mi­en teil. Er ist Mit­glied des Vor­stands der Hanns-Sei­del-Stif­tung. Und ge­le­gent­lich darf er in sei­nem im­mer noch pol­tern­den Stil in ei­ner der zahl­rei­chen Talk­shows exo­ti­sche Po­si­tio­nen ein­neh­men.

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