Phä­no­me­no­lo­gien ei­nes Dich­ters

[...] Und nun, nach mehr als zwan­zig Jah­ren legt Pe­ter Hand­ke sei­nen vier­ten Ver­such vor, der »Ver­such über den Stil­len Ort«, wo­bei die Schreib­wei­se des Ad­jek­tivs im Lau­fe der Er­zäh­lung wich­tig wird, denn aus dem »Stil­len Ort« (al­so der eu­phe­mi­sti­schen Um­schrei­bung für die Toi­let­te oder, noch di­rek­ter, dem Scheiß­haus) wird – im Ide­al­fall – der ...

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Aus der Pup­pen­stu­be oder Die Kri­tik ei­ner Kri­tik

Peter Handke: Die Geschichte des Dragoljub Milanovic
Pe­ter Hand­ke:
Die Ge­schich­te des Dra­gol­jub Mila­no­vic

Vor ei­ni­gen Mo­na­ten er­schien im Ver­lag »Jung und Jung« Pe­ter Hand­kes klei­nes Buch mit dem Ti­tel »Die Ge­schich­te des Dra­gol­jub Mila­no­vić«. Hand­ke be­han­delt hier auf 40 Sei­ten das Schick­sal ei­nes ehe­ma­li­gen Fern­seh­di­rek­tors, der von ei­nem ser­bi­schen Ge­richt zu ei­ner mehr­jäh­ri­gen Frei­heits­stra­fe ver­ur­teilt wur­de, weil er das Ge­bäu­de ent­ge­gen ei­ner an­geb­lich exi­stie­ren­den An­ord­nung nicht eva­ku­iert hat­te. Bei ei­nem NA­TO-Bom­ben­an­griff 1999 wur­den 16 Men­schen ge­tö­tet. Hand­ke, der in jun­gen Jah­ren Ju­ra stu­diert hat­te, be­han­delt so­wohl die recht­li­che wie auch die per­sön­li­che Si­tua­ti­on von Mila­no­vić. Er be­sucht ihn zwei Mal im Ge­fäng­nis und es ge­lingt ei­ne in­ni­ge Schil­de­rung von Bei­stand. Und na­tür­lich wird auch der NA­TO-Krieg ge­gen Ju­go­sla­wi­en the­ma­ti­siert und – für Hand­ke neu – mit Zy­nis­mus kom­men­tiert.

Man könn­te nun Carl Wil­helm Mackes Be­spre­chung die­ses Bu­ches auf »culturmag.de« auf sich be­ru­hen las­sen und un­ter Nör­ge­lei statt Auf­klä­rung ein­ord­nen. Da ist je­mand be­müht sein Un­be­ha­gen in ver­mut­lich ge­bo­te­ner Kür­ze zu ar­ti­ku­lie­ren. Au­ßer ein paar nichts­sagenden Mei­nungs­af­fek­ten hat Macke nichts zu bie­ten. Er be­ginnt mit der gön­ner­haf­ten At­ti­tü­de, je­der ha­be »al­les Recht der Welt…als frei­er Schriftsteller….ein rechts­kräf­ti­ges Ur­teil an­zu­grei­fen«. Die­se Er­kennt­nis ten­diert für den Le­ser gen Null, be­rei­tet aber im­mer­hin rhe­to­risch ge­wis­se Ein­wän­de vor. Ob­wohl: Ein­wän­de? Wenn es denn wirk­li­che Ein­wän­de wä­ren. Mit Ar­gu­men­ten bei­spiels­wei­se.

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Po­li­ti­ker (schon wie­der aus ak­tu­el­lem An­lass)

Die Po­li­ti­ker, die ich bis jetzt er­lebt ha­be (in Fleisch und Blut) er­schie­nen mir fleisch­los und blut­leer, im Brust­ton ge­spiel­ter Über­zeu­gung quä­ken­de Pup­pen; in im­mer­wäh­ren­der, ge­sti­ku­lie­ren­der, lip­pen­be­we­gen­der Kom­mu­ni­ka­ti­on be­fan­gen wie De­bi­le, der Mund und die Au­gen vom per­ma­nen­ten Vor­täu­schen von Auf­merk­sam­keit für im­mer zu schie­fen Par­al­le­lo­gram­men ver­krüp­pelt, von Leib­wäch­tern grun­diert, de­ren stumpflau­ern­de Teil­nahms­lo­sig­keit eher an ...

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Pe­ter Hand­ke: Im­mer noch Sturm

Ein Ich-Er­­zäh­­ler sitzt auf ei­ner Bank auf ei­ner Wie­se, in der Hei­de, im Jaun­feld. Ein Ap­fel­bäum­chen be­hängt mit et­wa 99 Äp­feln gibt ihm Schutz und er kommt ins Phan­ta­sie­ren, ins Her­auf­be­schwö­ren. Auf­marsch der Vor­fah­ren. Sie er­schei­nen ihm – oder er lässt sie er­schei­nen? Er ist der ein­zi­ge, der sie noch träumt: Nicht ich las­se euch ...

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»Es gibt kei­ne Idyl­len in die­ser Welt. Nir­gend­wo.«

Schö­nes In­ter­view mit Pe­ter Hand­ke in den »Salz­bur­ger Nach­rich­ten« (SN):

SN: Wünsch­ten Sie sich, manch­mal et­was ober­fläch­li­cher wahr­ge­nom­men zu wer­den?

Hand­ke: Ja, Sie ha­ben recht. Ich würd’ mir wün­schen, dass ei­ni­ge mei­ner Stücke als Bou­le­vard stücke wahr­ge­nom­men wer­den.

SN: Pas­siert aber nicht. Viel­leicht auch, weil Sie ja so ein Art Hei­lig­keit um­gibt, der Dich­ter jen­seits von je­dem, der im Wald um Pa­ris Schwam­merl sucht, sich manch­mal pro­vo­kant zu Wort mel­det. Das ist doch nicht schön, nur so – als Schwie­ri­ger – wahr­ge­nom­men zu wer­den.

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Be­mer­kun­gen zu Pe­ter Hand­kes »Die Kuckucke von Ve­li­ka Hoca«

Peter Handke: Die Kuckucke von Velika Hoča
Pe­ter Hand­ke:
Die Kuckucke von Ve­li­ka Hoča

Na­tur­ge­mäss fin­det Pe­ter Hand­kes neue­stes Buch »Die Kuckucke von Ve­li­ka Hoča« we­der an­näh­rend die Auf­merk­sam­keit noch die fast ein­hel­li­ge Zu­stim­mung wie sein letz­tes Pro­sa­buch »Die mo­ra­wi­sche Nacht«.

Es scheint fast ein Ge­setz zu sein: Im­mer wenn Hand­ke Bü­cher mit der Pro­ble­ma­tik des Zer­falls sei­nes Ar­ka­di­en (= Ju­go­sla­wi­en) als Zeu­gen­be­richt in der Ich-Form schreibt und Dich­ter und Er­zäh­ler ver­schmel­zen (oder bei­na­he ver­schmel­zen), scheint ein »Skan­dal« (al­so das, was man da­für hält) in der Luft zu lie­gen.

Der ARD-Kor­re­spon­dent An­dre­as Mey­er-Feist lässt sich zum Buch im SWR2 be­fra­gen. Be­mer­kens­wert, denn so ganz ge­nau scheint er es nicht ge­le­sen zu ha­ben, et­wa wenn er be­haup­tet, es han­de­le auch von den Kuckucken, die im Dorf »frü­her dort zu hö­ren« ge­we­sen wä­ren und jetzt – durch die Kli­ma­er­wär­mung – nicht mehr. In Wirk­lich­keit ist Hand­kes Be­ob­ach­tung ge­nau an­ders: Ge­ra­de dort, in Ve­li­ka Hoča, sind die­se Vö­gel noch zu hö­ren (die Sym­bo­lik da­hin­ter streift Mey­er-Feist nur am Ran­de).

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Au­gen auf...

Au­gen auf, du bist al­lein: im Bahn­hof von Brigh­ton die saal­ar­ti­ge un­ter­ir­di­sche Toi­let­te, traum­groß, traum­leer, da­zu der Mo­sa­ik­bo­den, und drau­ßen der Voll­mond; Au­gen auf: die vie­len Rot­haa­ri­gen im letz­ten Zug zu­rück nach Lon­don, und zu­vor, Au­gen auf: die, wir, paar Al­lei­ni­gen in der letz­ten Ki­no­vor­stel­lung, am Nach­mit­tag des Weih­nachts­abends in B., Frau­en fast nur, und ...

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