Fab­jan Haf­ner: Pe­ter Hand­ke – Un­ter­wegs ins Neun­te Land

Fabjan Hafner: Peter Handke - Unterwegs ins Neunte Land

Fab­jan Haf­ner: Pe­ter Hand­ke –
Un­ter­wegs ins Neun­te Land

Mit sei­nem Buch »Pe­ter Hand­ke – Un­ter­wegs ins Neun­te Land« möch­te Fab­jan Haf­ner auf­zei­gen, dass das Slo­we­ni­sche bei Pe­ter Hand­ke mehr als nur ei­ne Be­schäf­ti­gung mit sei­nen Ah­nen ist, son­dern nichts we­ni­ger als ein Le­bens­the­ma , ja der Ge­ne­ral­baß im Ge­samt­werk des Dich­ters. Slo­we­ni­en ist Sehn­suchts­ort, (s)ein Uto­pia sui ge­ne­ris und bu­ko­li­sches Traum­land. Die ge­sam­te müt­ter­li­che Ver­wandt­schaft Hand­kes ge­hör­te der Min­der­heit der Kärnt­ner Slo­we­nen an. Be­son­ders der Gross­va­ter, Gre­gor Si­utz (slo­we­nisch: Sivec) und des­sen gleich­na­mi­ger Sohn sind Licht­gestalten in Hand­kes Kind­heit und Ju­gend und blei­ben dar­über hin­aus prä­gend.

Haf­ner be­tont zwar wie­der­holt, dass Hand­ke sel­ber ei­ne bio­gra­fi­sche Deu­tung sei­ner Er­zählungen (ins­be­son­de­re sei­ner Slo­we­ni­en-Re­kur­se) ab­lehnt, kon­zi­diert dann je­doch, dass die le­bens­ge­schicht­li­che Lesart…ergiebiger sei als die in­ter­tex­tu­el­le. 1942 wur­de Pe­ter Hand­ke in Al­ten­markt (bei Grif­fen) in Süd­kärn­ten ge­bo­ren. 1944 geht die Fa­mi­lie nach Ber­lin (in den Ost­teil der Stadt); Hand­kes Stief­va­ter (es stell­te sich für Hand­ke erst spä­ter erst her­aus, dass es sein Stief­va­ter war) kam aus Ber­lin. 1948 zu­rück, hat der klei­ne Hand­ke das Slo­we­ni­sche voll­kom­men ver­ges­sen und spricht »hoch­deutsch«, was im Dorf als ab­ge­ho­ben emp­fun­den wird. Er kann sich mit den Ein­hei­mi­schen, wie auch dem Gross­va­ter nur schlecht ver­stän­di­gen; ih­ren Dia­lekt ver­steht er nicht. Hier­aus rührt – so Haf­ner – Hand­kes ge­ne­rel­le Ab­leh­nung des Dia­lekts ge­gen­über. Die Fa­mi­lie ist in mehr­fa­cher Hin­sicht »am Rand«, der jun­ge Hand­ke dop­pelt un­zu­hau­se: Geo­gra­fisch be­wohnt die Fa­mi­lie ei­nen Hof am Dorf­rand; es sind »ein­fa­che Ver­hält­nis­se«. Ge­sell­schaft­lich sind sie Kärnt­ner Slo­we­nen, al­so ei­ne Min­der­heit, an­de­rer­seits stammt der Mann der Mut­ter aus Deutsch­land. In der Fa­mi­lie dient (wie auch un­ter den »öster­rei­chi­schen Kärnt­nern«) das Slo­we­ni­sche als ei­ne Art Ge­heim­spra­che.

Hand­ke ist Au­ssen­sei­ter. Zwi­schen dem Gross­va­ter, der weit­ge­hend Va­ter­er­satz wird (Hand­ke »über­springt« so­zu­sa­gen zeit­wei­se ei­ne Ge­ne­ra­ti­on) und sei­nem En­kel lockert sich das sprach­li­che Band; Hand­kes Schrift­spra­che ist das Deut­sche ge­wor­den. Die In­ter­nats­zeit in Tan­zen­berg wird von Hand­ke sel­ber rück­wir­kend sehr ne­ga­tiv be­trach­tet; er ist dort eben­falls hei­mat­los. In der Grup­pen­bil­dung »Deutsch­kärnt­ner« ver­sus »Slo­we­nen« (Haf­ner weist in­ter­es­san­ter­wei­se dar­auf hin, dass nie­mand auf den Ge­dan­ken kommt, statt »Slo­we­nen« die Be­zei­chung »Slo­we­nen­kärnt­ner« zu ver­wen­den) fin­det Hand­ke kei­nen Platz. Er nimmt dort den Un­ter­richt in slo­we­ni­scher Spra­che wie­der auf.

Hin­wen­dung zum Slo­we­ni­schen

Nach rund ei­nem Vier­tel des Bu­ches be­ginnt Haf­ner mit der Werk­be­spre­chung, in dem er Buch für Buch (al­ler­dings nicht al­le) auf das slo­we­ni­sche The­ma hin ab­han­delt. Hand­kes er­ste Bü­cher kön­nen zu­nächst durch­aus als Ab­son­de­rung sei­ner Her­kunft ge­gen­über ge­le­sen wer­den. Den­noch schim­mert die Aus­ein­an­der­set­zung mit »dem Slo­we­ni­schen« als durch­gän­gi­ges La­te­r­al­phä­no­men auch in sei­nem Erst­ling »Die Hor­nis­sen« durch. Haf­ner ent­wickelt dies durch­aus über­zeu­gend. In­dem Hand­ke Kind­heits­bil­der an­ein­an­der­reiht (das Hor­nis­sen-Sym­bol steht für die Bom­ber­flug­zeu­ge, die Hand­ke als Kind wahr­genommen hat), ist die Mo­tiv­la­ge fast vor­ge­ge­ben, ob­wohl sich der jun­ge Schrift­steller zu­nächst als Sprach­spie­ler und –kri­ti­ker ge­riert und Lust am Ex­pe­ri­ment zeigt.

Ei­ne ver­stärk­te Hin­wen­dung »zum Slo­we­ni­schen«, ei­ne Art Vorfahrenvergegen­wärtigung, be­ginnt mit der Er­zäh­lung »Wunsch­lo­ses Un­glück« (1972), in der Hand­ke über sei­ne Mut­ter und de­ren Frei­tod er­zählt. Ein­ge­hend wer­den die Bü­cher sei­ner »Lang­sa­me Heimkehr«-Tetralogie ab­ge­klopft. Die Bü­cher bis An­fang der 80er Jah­re (in­klu­si­ve »Die Ge­schich­te des Blei­stifts«) sub­su­miert Haf­ner (weit­ge­hend tref­fend) un­ter der Ka­pi­tel­über­schrift Auf­bruch heim­wärts. En­de der 70er Jah­re be­ginnt Hand­ke mit der Über­set­zung zwei­er Bü­cher aus dem Slo­we­ni­schen. Zu­nächst Flor­jan Li­puš’ »Der Zög­ling Tjaž« (zu­sam­men mit Hel­ga Mrač­ni­kar) und dann Ge­dich­te von Gu­stav Ja­nuš. Üb­ri­gens wa­ren bei­de Au­toren, was vie­len Be­ob­ach­tern da­mals ent­gan­gen war, nicht aus Slo­we­ni­en selbst, son­dern kön­nen als »Aus­lands­slo­we­nen« (Li­puš als »Kärnt­ner Slo­we­ne«) be­zeich­net wer­den. Bei­de, Li­puš und Ja­nuš, be­such­ten wie Hand­ke das In­ter­nat Tan­zen­berg (ein Zu­fall?). Hand­ke muss­te für den »Zög­ling« die slo­we­ni­sche Spra­che prak­tisch wie­der neu er­ler­nen. Die Hil­fe von Hel­ga Mrač­ni­kar war, wie er sel­ber rück­wir­kend schreibt, un­be­dingt not­wen­dig. Ja­nuš konn­te er dann sel­ber über­set­zen.

Den Über­set­zun­gen wid­met Haf­ner ein ei­ge­nes, klei­nes Ka­pi­tel. Es steht vor dem gröss­ten Ab­schnitt sei­nes Bu­ches In der Hei­mat mit der dop­pel­deu­ti­gen Pa­ren­the­se Aus­zeit von der Welt­ge­schich­te. Be­son­ders er­gie­big wird hier das 1986 er­schie­ne­ne Buch »Die Wie­der­ho­lung« un­ter­sucht. In die­sem Buch bricht der Prot­ago­nist und Ich-Er­zäh­ler Filip Ko­bal (die Vo­ka­bel »ko­bal« ent­nimmt Hand­ke dem letz­ten Satz des »Zög­ling Tjaž«), der noch nie Öster­reich ver­las­sen hat, auf, um sei­nen ver­schol­le­nen Bru­der in Slo­we­ni­en zu su­chen.

Su­che nach dem ver­schol­le­nen Bru­der

Wäh­rend des Rei­sens, des Zug- und Bus­fah­rens, vor al­lem aber des Ge­hens er­fährt Ko­bal nun in epi­pha­ni­schen Mo­men­ten (die Haf­ner sehr gut deu­tet) den Re­kurs auf sei­nen Ah­nen (was al­ler­dings kei­nes­falls mit ei­nem Ah­nen­kult ver­wech­selt wer­den darf). Die Su­che bleibt zwar fak­tisch er­folg­los und Ko­bal kehrt am En­de wie­der zu­rück zu Fa­mi­lie, aber die­se Rei­se, die ei­ne Rei­se zu sich selbst ist (»Die Wie­der­ho­lung« ist ein klas­si­scher Ent­wick­lungs­ro­man) hat den Prot­ago­ni­sten ver­wan­delt, denn in den epi­pha­ni­schen Er­schei­nun­gen, er­zeugt durch Auf­ge­hen in der Land­schaft, ist er sehr wohl sei­nem Bru­der be­geg­net. Denn Filip Ko­bal hat es mit dem Schein! Da­bei ist Schein als Ab­glanz frem­den Er­le­bens, nicht mit Täu­schung zu ver­wech­seln. »Wie­der­ho­lung« be­deu­tet bei Hand­ke auch im­mer »Ver­wand­lung« (ei­ne Tat­sa­che, die Haf­ner ein biss­chen ver­nach­läs­sigt). Und am En­de be­ginnt Filip auch über das Er­zäh­len zu er­zäh­len; ein wei­te­res, häu­fi­ges (und wich­ti­ges!) Mo­tiv bei Hand­ke, was Haf­ner (fast na­tur­ge­mäss) ver­nach­läs­sigt. Und die einst zer­strit­te­ne Fa­mi­lie ist plötz­lich mit­ein­an­der ver­söhnt.

Haf­ner be­merkt zu­tref­fend, Cor­ne­lia Blas­berg zi­tie­rend, dass für Filip Ko­bal gel­te, was die mei­sten Gre­gor-Fi­gu­ren im Werk Hand­kes aus­zeich­net, er »scheint so­mit die Chif­fre je­ner Kreis­be­we­gung zu sein, die sich als Zir­kel von Aus­zie­hen, sich Ver­lie­ren, sich Fin­den und Heim­keh­ren nach­zeich­nen lässt«.

Die au­to­bio­gra­fi­schen An­spie­lun­gen sind über­deut­lich. Wie Hand­kes On­kel heisst der ge­such­te Bru­der Gre­gor. Und wie Gre­gor Si­utz, der in der Zeit von 1932 bis 1937 die Land­wirt­schafts­schu­le in Ma­ri­bor be­such­te und ei­ne Hand­schrift über den Obst­bau ver­fass­te, reist Filip Ko­bal mit ei­nem »Werk­heft« des Bru­ders wel­ches vor al­lem vom Obst­bau han­delt. Hand­ke be­merkt in In­ter­views selbst, wie wich­tig ihm die­se Hand­schrift des On­kels ist (Ich ha­be sein Obst­bau­buch noch bei mir zu Hause…Das schwebt oben im Pla­fond, und ich se­he je­den Tag hin­auf auf die slo­we­ni­schen Be­schrei­bun­gen der Äp­fel, der Bir­nen, der ‘ja­bol­ke’ und so wei­ter und les zu­min­dest ein paar Wör­ter da­von). Gre­gor Si­utz wird (an­ders als der an­de­re ge­fal­le­ne Mut­ter­bru­der) durch die Feld­post­brie­fe (teil­wei­se in der »ver­bo­te­nen« Spra­che slo­we­nisch) und das »Obst­bau­buch« zum »schrei­ben­den Vor­fah­ren« (Haf­ner zi­tiert hier Adolf Has­lin­ger); ein Ab­we­sen­der, der Schrift ge­wor­den ist. Und wie Hand­ke sich mit dem Ple­terš­nik-Wör­ter­bu­ches von 1894/95 das Slo­we­ni­sche En­de der 70er Jah­re wie­der na­he­bringt so be­nutzt Filip das gro­ße slo­we­nisch-deut­sche Wör­ter­buch aus dem neun­zehn­ten Jahr­hun­dert, um die Schrift des Bru­ders zu ent­zif­fern. De­zi­diert an­ders ist al­ler­dings, dass die Ro­man­fi­gur als Wider­standsheld min­de­stens phan­ta­siert wird, wäh­rend der »rea­le« Gre­gor zwar ein slo­we­ni­scher Agi­ta­tor war, aber letzt­lich als Sla­we in der Ar­mee Hit­ler­deutsch­lands ums Le­ben kam.

Die »Wie­der­ho­lung« – kei­ne Su­che nach der ver­lo­re­nen Zeit

Das zen­tra­le Mo­tiv nicht nur in die­sem Ro­man, aber vor al­lem hier, ist das der »Wieder­holung«. Der Ti­tel ist dem­zu­fol­ge dop­pel­deu­tig und dem Le­ser er­schliesst sich dies erst im Lau­fe der Lek­tü­re (der Ter­mi­nus sel­ber fällt –au­sser im Ti­tel sel­ber- an­son­sten nicht ein ein­zi­ges Mal). Das Mo­tiv der »Wie­der­ho­lung« ent­lehnt Hand­ke bei Heid­eg­ger und Sö­ren Kier­ke­gaard, der fol­gen­der­ma­ssen de­fi­niert: »Wie­der­ho­lung und Er­in­ne­rung sind die­sel­be Be­we­gung, nur in ent­ge­gen­ge­setz­ter Rich­tung. Denn was da er­in­nert wird, ist ge­we­sen, wird nach rück­wärts wie­der­holt, wo­hin­ge­gen die ei­gent­li­che Wie­der­ho­lung nach vor­wärts er­in­nert wird«.

Und Hand­ke lässt Filip Ko­bal fin­den: Er­in­ne­rung hiess nicht: Was ge­we­sen war, kehr­te wie­der; son­dern: Was ge­we­sen war, zeig­te, in­dem es wie­der­kehr­te, sei­nen Platz. Wenn ich mich er­in­ner­te, er­fuhr ich: So war das Er­leb­nis, ge­nau so!, und da­mit wur­de mir die­ses erst be­wusst, be­nenn­bar, stimm­haft und spruch­reif, und des­halb ist mir die Er­in­ne­rung kein be­lie­bi­ges Zu­rück­den­ken, son­dern ein Am-Werk-Sein, und das Werk der Er­in­ne­rung schreibt dem Er­leb­ten sei­nen Platz zu, in der es am Le­ben hal­ten­den Fol­ge, der Er­zäh­lung, die im­mer wie­der über­ge­hen kann ins of­fe­ne Er­zäh­len, ins grö­sse­re Le­ben, in die Er­fin­dung.

Haf­ner zi­tiert Frau­ke Mai­er-Gos­s­au, die die­ses »Ver­fah­ren« Hand­kes tref­fend zusammen­fasst: »…der Ver­schwun­de­ne und sei­ne Hin­ter­las­sen­schaf­ten so­wie die Land­schaften und Or­te selbst, zu de­nen sie in ei­ner in­ni­gen Be­zie­hung ste­hen, [die­nen] zu nichts an­de­rem als zur Be­schwö­rung von ‘Er­in­ne­rung’: er­in­nernd ein Bild sich zu ma­chen, von dem für den Su­chen­den als­dann ei­ne Vor­stel­lung von Zu­kunft aus­ge­hen kann – ei­ne Hoff­nung auf ei­ne an­de­re Art zu le­ben, die frei­lich voll­ends ima­gi­na­tiv bleibt.« Hier wird das be­schrie­ben, was auf der rein poe­to­lo­gisch-äs­the­ti­schen Ebe­ne sei­ner­zeit durch­aus Dis­kus­sio­nen aus­lö­ste (und zum gro­ssen Miss­ver­ständ­nis führ­te, Hand­ke sei ein Ver­fech­ter slo­we­ni­scher Un­ab­hän­gig­keit), En­de der 90er Jah­re je­doch mit Hand­kes (so­ge­nann­ten) Ser­bi­en-Bü­chern zu hef­ti­gen po­li­ti­schen Kon­fron­ta­tio­nen füh­ren wird.

Da­bei war im­mer schon klar: Hand­ke ver­traut ex­pli­zit nicht der gän­gi­gen Geschichts­schreibung, die für ihn im Dienst der Ge­gen­wart steht. Das Grund­miss­trau­en den ver­mit­teln­den In­stan­zen ge­gen­über, ge­gen das Vor­aus­ge­wuss­te sitzt tief. Hand­kes Ide­al von Über­lie­fe­rung, die An­schau­ung, der Au­gen­schein, »ver­fech­tet« ein in­duk­ti­ves Ver­fah­ren: Und Nah­sicht und Weit­sicht ha­ben da­bei in eins zu ge­hen: Weit­sicht wird erst, wenn Nah­sicht wird: Die Si­er­ra fern nur durch das Weg­gras nah.. Poe­ti­sche Evi­denz wohnt nur dem Bild in­ne nicht die Fak­ten­ge­nau­ig­keit. Nur die An­schau­ung führt zur Wie­der­ho­lung.

Zwil­lings­bü­cher

Das Wie­der­ho­len wird als Ge­gen­maß­nah­me ge­gen die Ab­we­sen­heit zum Mit­tel der Ver­ge­gen­wär­ti­gung, ist da­durch un­ter­schie­den vom Er­in­nern, das die Ver­gan­gen­heit in der Ver­gan­gen­heit be­lässt. Der Mo­ment der Epi­pha­nie zeich­net sich aus durch ein al­les an­de­re ver­drän­gen­des Hier und Jetzt. Ge­konnt ver­knüpft Haf­ner das Wie­der­ho­lungs- mit dem Ab­we­sen­heits­mo­tiv. Die Ab­we­sen­den wer­den zu Sehn­suchts­ob­jek­ten, wie man ex­em­pla­risch in »Die Ab­we­sen­heit« se­hen kann. Ein Greis, ein Spie­ler, ein Sol­dat und ei­ne Schö­ne ma­chen sich je­der für sich auf, fin­den aber schnell, wie zu­fäl­lig, zu­ein­an­der. Doch erst nach­dem der Alte…verschwindet, wis­sen die ver­blie­be­nen drei, wo es lang­geht. Das ge­such­te An­de­re – ihr er­klär­tes Ziel – of­fen­bart sich erst…durch die­se Ab­we­sen­heit. Nach der Un­si­cher­heit, gar Angst, er­folgt das Zer­würf­nis. Schliess­lich aber kom­men die drei zum Er­zäh­len und Je­der der drei leg­te schließ­lich dem an­de­ren den Arm um die Schul­tern. Und für ei­ne klei­ne Wei­le sa­ßen wir da und lie­ßen uns ein­fach se­hen. (Ein ähn­li­ches Ar­ran­ge­ment, aus­ge­feil­ter und ver­spiel­ter, im 1989 ent­stan­de­nen Thea­ter­stück »Das Spiel vom Fra­gen oder Die Rei­se zum so­no­ren Land«). Am En­de die Ver­söh­nung – wo­mit der Bo­gen zur »Wie­der­ho­lung« wie­der ge­schla­gen ist (und die Ver­wand­lung ein­ge­tre­ten ist).

Haf­ner sieht die bei­den Bü­cher zen­tral in Hand­kes Werk als sich ein­an­der spie­gel­bild­lich er­gän­zen­de Zwil­lings­bü­cher[:] ‘Die Wie­der­ho­lung’ – über die Su­che nach dem Vor­fah­ren – und ‘Die Ab­we­sen­heit’ – nach dem Ver­schwin­den des Vor­fah­ren. Die­se Überein­stimmung, so Haf­ner, ist stu­pend in ih­rer Schlüs­sig­keit. Das Ab­we­sen­de ist für Hand­ke zu­gleich das An­de­re, das sei­ne Be­weg­grün­de be­stimmt.

Am Ran­de wird er­wähnt, dass aus den Land­schafts­be­schrei­bun­gen in der Er­zäh­lung »Die Ab­we­sen­heit« (Gat­tungs­be­griff: »Ein Mär­chen«) sehr wohl auf Slo­we­ni­en als Wan­der- und Geh-Ort ge­schlos­sen wer­den kann (auch wenn es kei­ne Orts­na­men gibt), die­se In­di­zi­en je­doch aus dem Film »L’­Ab­sence«, der 1992 als deut­scher Bei­trag zum Film­fe­sti­val in Ve­ne­dig un­ter der Re­gie von Pe­ter Hand­ke ge­dreht wur­de (un­ter an­de­rem mit Bru­no Ganz, Jean­ne Mo­reau und Hand­kes spä­te­rer Frau So­phie Se­min), ge­tilgt wor­den sind.

Das Poe­ti­sche und das Po­li­ti­sche…

Bei all die­sen Par­al­le­len muss je­doch ge­fragt wer­den, wie weit ei­ne Deu­tung der Pro­sa von Pe­ter Hand­ke al­lei­ne auf bio­gra­fi­sche Re­kur­se hin mög­lich ist. Haf­ner re­la­ti­viert dies klu­ger­wei­se sel­ber, in dem er bei­spiels­wei­se von ei­ner Bru­der­su­che im em­pha­ti­schen Sinn spricht. Und na­tür­lich stellt er klar, dass mit Slo­we­ni­en und dem Slo­we­nen-Volk nicht un­be­dingt das geo­gra­fi­sche Slo­we­ni­en ge­meint ist was sich an Hand­kes hef­ti­ger Ab­leh­nung dem Be­griff »Mit­tel­eu­ro­pa« ge­gen­über in­di­rekt zeigt. Das Slo­we­nen-Volk ist für Hand­ke ein durch Wör­ter (nicht Wor­te!) ver­bun­de­nes. Das Slo­we­ni­sche ist für Hand­ke ei­ne »un­ver­dor­be­ne« Spra­che (an­ders als das Deut­sche, in dem es we­gen des Na­zis­mus noch heu­te schwer ist, poe­ti­sche Pro­sa zu schrei­ben). Slo­we­ni­en, ein Mut­ter­kind­land, Hand­kes »Neun­tes Land«, ba­sie­rend auf ei­nem Volks­my­thos (er­schaf­fen von Jo­sip Stri­tar) – ei­ne agra­ri­sche In­sel, ähn­lich Mo­rus’ Uto­pia, ei­ne Sa­van­ne der Frei­heit. Hand­kes Slo­we­ni­en soll (kann), so Haf­ner, kei­nes­falls mit dem rea­len Slo­we­ni­en (der ju­go­sla­wi­schen Pro­vinz) gleich­ge­setzt wer­den und muss als rein me­ta­pho­ri­sches Land ver­stan­den wer­den.

Wenn aber Haf­ner fest­stellt, dass Hand­kes em­pha­ti­scher Be­griff von Wirk­lich­keit (der eben ge­ra­de nicht die All­tags­rea­li­tät, son­dern die her­aus­ge­ho­be­nen Mo­men­te der Epi­pha­nie meint) da­hin­ge­hend zu in­ter­pre­tie­ren sei, dass die slo­we­ni­sche Eigenart…sich im sla­wi­schen Ver­band leich­ter be­wah­ren [lie­sse], als un­ter dem nor­mie­ren­den, gleich­macherischen Druck der west­li­chen Wa­ren­welt, dann muss es doch ei­ne min­de­stens par­ti­el­le Über­ein­stim­mung zwi­schen dem »re­al exi­stie­ren­den« Slo­we­ni­en und Hand­kes Schwel­len­land, wel­ches er als Sa­che mei­nes Le­bens be­trach­tet, ge­ben. Da mag das Ein­tre­ten für die Re­pu­blik von Ko­ba­rid, ei­nem Dorf, wel­ches im Zwei­ten Welt­krieg zwei Mo­na­te Wi­der­stand ge­gen die deut­sche Be­sat­zung lei­ste­te, nur noch zu­sätz­li­ches In­diz sein (Haf­ner legt dies ir­ri­ger­wei­se da­hin­ge­hend aus, dass Hand­ke prin­zi­pi­ell nicht ge­gen Se­zes­sio­nen sei).

Ju­go­sla­wi­en ist Hand­kes A prio­ri

Haf­ners The­se, Hand­kes »En­ga­ge­ment« für Ser­bi­en sei mit der An­ge­le­gen­heit des »Slo­we­ni­schen« in sei­ner In­ten­si­tät und Wich­tig­keit nicht ver­gleich­bar, ist bei nä­he­rer Be­trach­tung kühn. Rich­tig wird zu­nächst her­aus­ge­ar­bei­tet, dass mit der po­li­ti­schen (und vor al­lem ge­sell­schaft­li­chen und öko­no­mi­schen) Ori­en­tie­rung Slo­we­ni­ens an »den We­sten«, die Hand­ke als An­bie­de­rung und als vor­schnel­le Auf­ga­be kul­tu­rel­ler Iden­ti­tät be­wer­tet, bei Hand­ke ein Bild­ver­lust ein­ge­tre­ten sei (sein sper­ri­ges Opus Ma­gnum mit die­sem Ti­tel lie­fert hier pro­fund Zeug­nis). Hand­ke sei, so Haf­ner, sei­nes Kin­der­lan­des ent­eig­net wor­den. Die­ser Fest­stel­lung ist un­be­dingt zu­zu­stim­men. Aber in dem Haf­ner das Kin­der­land aus­schliess­lich mit Slo­we­ni­en gleich­setzt, springt er zu kurz. Hand­kes ve­he­me­ter Pro­test der Los­lö­sung Slo­we­ni­ens von 1991 in »Ab­schied des Träu­mers vom Neun­ten Land« (hier be­ginnt Haf­ners Ka­pi­tel Hei­mat­los) be­zog sich dar­auf, dass mit der slo­we­ni­schen Se­zes­si­on dem Staa­ten­bund Ju­go­sla­wi­en der To­des­stoss ver­setzt wur­de – Ju­go­sla­wi­en: Hand­kes Ar­ka­di­en.

Die Quel­le springt, ver­ei­nigt stür­zen Bä­che,
und schon sind Schluch­ten, Hän­ge, Mat­ten grün.
Auf hun­dert Hü­geln un­ter­bro­ch­ner Flä­che
Siehst Wol­len­her­den aus­ge­brei­tet ziehn.

Ver­teilt, vor­sich­tig ab­ge­mes­sen schrei­tet
Ge­hörn­tes Rind hin­an zum jä­hen Rand;
Doch Ob­dach ist den sämt­li­chen be­rei­tet,
Zu hun­dert Höh­len wölbt sich Fel­sen­wand.
[…]
Und müt­ter­lich im stil­len Schat­ten­krei­se
Quillt laue Milch be­reit für Kind und Lamm;
Obst ist nicht weit, der Eb­nen rei­fe Spei­se,
Und Ho­nig trieft vom aus­ge­höhl­ten Stamm.

Hier ist das Wohl­be­ha­gen erb­lich,
Die Wan­ge hei­tert wie der Mund,
Ein je­der ist an sei­nem Platz un­sterb­lich:
Sie sind zu­frie­den und ge­sund.

So schil­dert Faust sei­ne Vor­stel­lung von Ar­ka­di­en. Er wird es be­tre­ten – und wie­der hin­aus­ge­tra­gen wer­den. Ar­ka­di­en war (nicht nur) für Goe­the Syn­onym für das »gol­de­ne Zeit­al­ter«. In­so­fern er­scheint die Zu­wei­sung, Hand­kes Ju­go­sla­wi­en sei sein Ar­ka­di­en ge­we­sen, nicht über­trie­ben. Da­bei ist die­ses Ar­ka­di­en bei­lei­be nicht nur Selbst­zweck und Ju­go­sla­wi­en nicht nur Trä­ger der Kon­ti­nui­tät. Auch von an­ti­ka­pi­ta­li­sti­scher Schwär­me­rei ist Hand­ke, wenn man ihn ge­nau liest, weit ent­fernt.

Par­al­lel da­zu, dass Hand­ke Slo­we­ni­en, dem Land sei­ner (müt­ter­li­chen) Vor­fah­ren als ei­ne Art Ge­gen­welt sah, war die­ses Slo­we­ni­en na­tür­lich (geo­gra­fisch und po­li­tisch) Be­stand­teil des Staa­ten­ver­bunds Ju­go­sla­wi­en und rück­te so­mit in den po­li­ti­schen Kon­text des Wi­der­stan­des ge­gen die na­tio­nal­so­zia­li­sti­sche Be­sat­zung. Hier fin­det näm­lich – bei al­ler Re­de um die Ge­schichts­lo­sig­keit des Hand­ke­schen Den­kens und Schrei­bens – sehr wohl ei­ne hi­sto­ri­sche Ein­ord­nung statt. Und die­se ist fun­da­men­tal. Hand­ke be­tont aus­drück­lich, dass die Fin­dung des Staa­tes Ju­go­sla­wi­en im weit­ge­hend ei­ge­nen, von an­de­ren Mäch­ten aut­ar­ken Wi­der­stand kon­sti­tu­ie­rend und bei­spiel­haft für ihn sei. Haf­ner weist sel­ber dar­auf hin, dass Hand­ke im gemeinschaftliche[n] Kampf der Völ­ker Ju­go­sla­wi­ens, auch der un­ter­schied­li­chen Par­tei­en und Welt­an­schau­un­gen – aus­ge­nom­men fast nur die kroa­ti­schen Usta­scha-Fa­schi­sten – ge­gen das Gross­deutsch­land ei­nen in­te­gra­ti­ven Grün­dungs­my­thos sei­nes wei­ten See­len-Lan­des sieht.

Vie­le wer­fen Hand­ke vor, die­sen Grün­dungs­my­thos idea­li­sie­rend dar­zu­stel­len. Tat­säch­lich in­ter­es­siert er sich für die (spä­te­re) Po­li­tik Ti­tos nur am Ran­de. Aber hier greift dann das von Haf­ner so aus­führ­lich dar­ge­leg­te Ide­al von Über­lie­fe­rung. Ju­go­sla­wi­en ist Hand­kes A prio­ri – Vor­aus­set­zung für al­les An­de­re. Haf­ner weist zwar dar­auf hin, dass die von Hand­ke er­sehn­te Gegengeschichte...kein aus der Luft ge­grif­fe­ner Ent­wurf ist, er­kennt je­doch nicht den Rang die­ser Ge­gen­ge­schich­te. Wenn er schreibt, dass Jugoslawien…im Kind­heits­krieg auf der Ge­gen­sei­te je­ner Ag­gres­so­ren [stand], die den Tod der Mutter­brüder verschuldet…oder zu­min­dest des Ge­wäh­ren­las­sens auf die Vä­ter ge­wor­fen ha­ben, dann muss man auch hier die bio­gra­fi­schen Be­zü­ge Hand­kes er­ken­nen: So­wohl Hand­kes »Licht­ge­stalt« On­kel Gre­gor, als auch Hand­kes Stief­va­ter Bru­no Adolf [sic!] und sein leib­li­cher Va­ter (Ernst Schö­ne­mann) wa­ren Sol­da­ten der deut­schen Wehr­macht. Hand­ke ver­frem­det in der »Wie­der­ho­lung« das Sol­da­ten­tum Gre­gors in dem er Ko­bals ver­schol­le­nen Bru­der zum Wi­der­stands­kämp­fer in der Re­pu­blik Ko­ba­rid macht.

Kon­sti­tu­ie­rend im Wi­der­stand ge­gen den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus

Der Wi­der­stand ge­gen den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, ins­be­son­de­re der »ein­fa­chen Leu­te« spielt für Hand­ke ei­ne wich­ti­ge Rol­le: »Und wenn es in die­sem Jahr­hun­dert in Eu­ro­pa für mich Hel­den ge­ge­ben hat, dann wa­ren das die ju­go­sla­wi­schen Par­ti­sa­nen.« Und im »Fi­ga­ro lit­té­rai­re«, aus dem Haf­ner zi­tiert, sag­te Hand­ke 2004: Die Slo­we­nen (das Volk mei­ner Mut­ter) ha­ben durch ha­ben durch den Wi­der­stand ih­rer Min­der­heit ge­gen Hit­ler die Eh­re Kärn­tens ge­ret­tet. Ge­gen­wär­tig ver­gisst man den Bei­trag der Par­ti­sa­nen zur Be­frei­ung Kärn­tens im Jahr 1945. Da­mals war es ein Ruh­mes­blatt Mit­tel­eu­ro­pas.

Oh­ne die­se po­li­ti­sche Grund­hal­tung ist sei­ne Em­pha­se für Ju­go­sla­wi­en nicht denk­bar, wie sich auch im 1983 er­schie­ne­nen »Chi­ne­se des Schmer­zes« zeigt. Haf­ner sucht in der Be­spre­chung hier­zu aus­führ­lich nach bio­gra­fi­schen Par­al­le­len Hand­kes mit de­nen des »Schwellenkundler[s]« Lo­ser, der Haupt­fi­gur. Die ei­gent­li­che Tat, die dem Buch so et­was wie ei­ne Hand­lung gibt, wird je­doch fast nur bei­läu­fig er­ör­tert: Lo­ser tö­tet im Af­fekt ei­nen Ha­ken­kreuz­schmie­rer (ar­cha­isch mit ei­nem Stein­wurf), den er in fla­gran­ti er­wischt. Die Ha­ken­kreu­ze tau­chen im Buch vor­her mehr­fach auf; Lo­ser ent­fernt sie so­gar mit­hil­fe sei­ner klei­nen Toch­ter.

Un­ver­ständ­lich, wie Haf­ner dies da­hin­ge­hend deu­tet, dass Lo­ser durch die­se Tat gleich­sam zum Deut­schen, al­so zum Tä­ter wer­de und Hand­ke sich da­mit auf die Sei­te der Vä­ter stel­le. Das ge­naue Ge­gen­teil dürf­te der Fall sein. Durch die­sen Tot­schlag kon­sti­tu­iert sich in der Per­son des Prot­ago­ni­sten der (in der Fa­mi­lie nicht vor­han­de­ne) Wi­der­stand ge­gen den Na­zis­mus. Un­ab­hän­gig von ei­ner ju­ri­sti­schen Be­wer­tung der Tat (Hand­ke hat Ju­ra stu­diert) wird Lo­ser zu ei­nem »Ge­rech­ten«.

Oh­ne Ju­go­sla­wi­en als A prio­ri sind die spä­te­ren, so­ge­nann­ten Ser­bi­en-Bü­cher Hand­kes nicht ver­ständ­lich (Was Ju­go­sla­wi­en be­trifft, bin ich gern ewig­gest­rig oder mei­net­we­gen nost­al­gisch). Und in dem Haf­ner her­aus­stellt, dass Hand­ke sei­ne Hei­mat auf­grund der le­bens­ge­schicht­li­chen Tat­sa­chen in Slo­we­ni­en ge­fun­den ha­be (ver­mut­lich je­doch eher das, was Hand­ke mei­ne Art Hei­mat nennt) und al­len spä­te­ren Engagements…dieses schick­salhafte Mo­ment ab­spricht (Da­nach durch Ser­bi­en rei­send, hat­te ich da­ge­gen keiner­lei Hei­mat zu ver­lie­ren) über­sieht er Ur­sa­che und Wir­kung: Nach dem »Zusammen­bruch« Ju­go­sla­wi­ens gibt es für Hand­ke kei­ne Hei­mat im em­pha­ti­schen (frei­lich al­le­go­ri­schen) Sin­ne mehr. Hand­kes Sehn­sucht nach Auf­ge­ho­ben­sein und Auf­ge­hen in ei­ner Gemein­schaft (die frei­lich im­mer ei­ne Ge­mein­schaft der Ver­streu­ten war), wird mit der Zer­schlagung Ju­go­sla­wi­ens un­er­reich­bar.

Noch ein­mal für Ju­go­sla­wi­en

Die Prä­gung der Prot­ago­ni­sten in Hand­kes Pro­sa ist durch­aus nicht auf Slo­we­ni­en be­schränkt – so ein­deu­tig dies auch zu­nächst schei­nen mag. Au­to­bio­gra­fisch bleibt an­zu­mer­ken, dass Hand­ke auf der In­sel Krk (Kroa­ti­en) ei­ne Art In­itia­ti­ons­er­leb­nis hat­te und sei­nen Erst­ling »Die Hor­nis­sen« fer­tig­stell­te (Haf­ner er­wähnt dies). Hand­kes Thea­ter­stück »Das Spiel vom Fra­gen oder Die Rei­se zum so­no­ren Land« kann durch­aus (wenn auch oh­ne tex­tu­el­len Be­zug) als ein Auf­bruch in das »so­no­re Land« Ju­go­sla­wi­en ver­stan­den wer­den. Und wie man im Jour­nal­band Ge­stern Un­ter­wegs nach­le­sen kann, be­reist Hand­ke zwi­schen No­vem­ber 1987 und Ju­li 1990 bei­lei­be nicht nur Slo­we­ni­en und Ju­go­sla­wi­en (man ist ge­neigt, die No­ti­zen zu die­sen Rei­sen als Ab­schie­de zu le­sen). Auch ei­ni­ger sei­ner Er­zäh­lun­gen aus dem 1991 er­schie­ne­nen Band »Noch ein­mal für Thuky­di­des« spie­len an ju­go­sla­wi­schen Or­ten. 1995 wird in ei­ner Neu­auf­la­ge die Er­zäh­lung »Noch ein­mal für Ju­go­sla­wi­en« auf­ge­nom­men, die 1992 be­reits in der »taz« ab­ge­druckt war. Sie heisst im Buch: »Die Kopf­be­deckun­gen von Skop­je«; ein Be­schwö­rungs­text:

Ein mög­li­ches, klei­nes Epos: das von den un­ter­schied­li­chen Kopf­be­deckun­gen der vor­über­ge­hen­den Mensch­heit in den gro­ßen Städ­ten, wie zum Bei­spiel in Skop­je in Mazedonien/Jugoslawien am 10. De­zem­ber 1987. Es gab so­gar, mit­ten in der Me­tro­po­le, je­ne »Pas­se-Mon­tagne« oder Ge­birgs­über­quer-Müt­zen, über die Na­se un­ten und dir Stirn oben ge­hend und nur die Au­gen frei­las­send, und da­zwi­schen die Rad­kar­ren­fah­rer mit schwar­zen Mos­lem­kap­pen, die fest auf den Schä­deln sa­ßen, wäh­rend da­ne­ben am Stra­ßen­rand ein al­ter Mann Ab­schied nahm von sei­ne Toch­ter oder En­ke­lin aus Titograd/Montenegro oder Vipava/Slowenien, viel­fa­che Spitz­gie­bel in sei­ner Hau­be, ein is­la­mi­sches Fen­ster- und Ka­pi­tell­or­na­ment (die Toch­ter oder En­ke­lin wein­te). Es schnei­te im süd­lich­sten Ju­go­sla­wi­en und tau­te zu­gleich. Und dann pas­sier­te ei­ner mit wei­ßem ge­strick­ten, von ori­en­ta­li­schen Mu­stern durch­schos­se­nen Käp­pi un­ter dem ver­trop­fen­den Schnee, ge­folgt von ei­nem blon­den Mäd­chen mit dicker Schi­müt­ze (Qua­ste oben­auf), und gleich dar­auf ei­nem Be­brill­ten mit Bas­ken­müt­ze, dunkel­blauer Stren­gel oben­auf, ge­folgt von ei­nem Beret ei­nes Großschritt­soldaten und den paar­wei­se Po­li­zi­sten-Schirm­müt­zen und de­ren ge­mul­de­ter Ober­flä­che. […] Ein Jun­ger mit viel­schich­ti­ger Le­der­müt­ze, von Schicht zu Schicht ei­ne an­de­re Far­be. Ei­ner schob ei­nen Kar­ren und hat­te ei­ne Pla­stik­kap­pe über den Oh­ren, das Kinn um­wickelt mit ei­nem Pa­lä­sti­nen­ser­tuch.
[…]
Ei­ne Bril­len­schön­heit ging vor­bei mit li­la Bor­sali­no­hut und schlen­der­te um die Ecke, ge­folgt von ei­ner sehr klei­nen Frau mit selbst­ge­strick­ter Zopf­müt­ze, wel­che hoch auf­rag­te, ge­folgt von ei­nem Säug­ling mit Som­bre­ro auf der noch of­fe­nen Schä­del­fon­ta­nel­le, ge­tra­gen von ei­nem Mäd­chen mit über­kopf­gro­ßer Bas­ken­müt­ze ‘ma­de in Hong­kong’. Ein Jun­ge mit Schal um Hals und Oh­ren. Ein Bur­sche mit Schi­fah­rer-Oh­ren­schüt­zern, Auf­schrift TRICOT. Und­so­wei­ter. All das schö­ne Und­so­wei­ter. All das schö­ne Und­so­wei­ter.

Wil­le zum Mit­ein­an­der: Der ewi­ge Frie­de ist mög­lich

Haf­ner be­tont zwar, dass Hand­ke sich durch­aus be­wusst in die Tra­di­ti­on er li­te­ra­ri­schen Frie­dens- und Frei­heits­sehn­sucht stellt, über­rascht je­doch mit aus­ge­spro­chen spar­sa­men Hin­wei­sen in sei­nem Werk hier­auf. So klopft er zwar Hand­kes »dra­ma­ti­sches Ge­dicht« »Über die Dör­fer« wie­der hin­sicht­lich der Par­al­le­len zum Slo­we­ni­schen hin ab (wie­der das Heim­kehr­mo­tiv; wie­der ein Gre­gor; wie­der die nach­her ver­söhn­te Fa­mi­lie [durch Gre­gors gross­zü­gi­gen Ver­zicht auf das Er­be]), un­ter­lässt es aber die emi­nent po­li­ti­sche Re­de der »No­va« in dem Stück als Be­leg für die­se Frie­dens­sehn­sucht ein­zu­brin­gen:

Der Krieg ist fern von hier. Das zwi­schen euch Vor­ge­fal­le­ne sei eu­er letz­tes Dra­ma ge­we­sen, das ge­sag­te sei un­ge­sagt. Un­se­re Heer­scha­ren ste­hen nicht grau in grau auf den grau­en Be­ton­pi­sten, son­dern gelb in gelb in den gel­ben Blü­ten­kel­chen, und die Blu­me steht hoch­auf­ge­rich­tet als un­ser heim­li­cher Kö­nig. […] Das Berg­blau ist – das Braun der Pi­sto­len­ta­sche ist nicht; und wen oder was man vom Fern­se­hen kennt, das kennt man nicht. Geht in der aus­ge­stöp­sel­ten frei­en Ebe­ne, als Nä­he die Far­ben, als Fer­ne die For­men, die Far­ben leuch­tend zu eu­ren Fü­ssen, die For­men die Zug­kraft zu eu­ren Häup­tern, und bei­des eu­re Be­schüt­zer. […] Die Na­tur ist das ein­zi­ge, was ich euch ver­spre­chen kann – das ein­zig stich­hal­ti­ge Ver­spre­chen. […] Sie kann frei­lich we­der Zu­fluchts­ort noch Aus­weg sein. Aber sie ist das Vor­bild und gibt das Maß: die­ses muß nur täg­lich ge­nom­men wer­den. […] Über­geht die kind­fer­nen Zweif­ler. War­tet nicht auf ei­nen neu­en Krieg, um gei­stes­ge­gen­wär­tig zu wer­den: die Klüg­sten sind die im An­ge­sicht der Na­tur. Blickt ins Land – so ver­geht die bö­se Dumm­heit. […] Und ver­ach­tet die un­ern­sten Spöt­ter: es ist noch im­mer – seid dank­bar. Die Dank­bar­keit ist die Be­gei­ste­rung, und erst das be­dank­te er­scheint als die Dau­er­form – erst die Dank­bar­keit gibt den Blick in die wei­te Welt. […] Laßt die Il­lu­si­ons­lo­sen bö­se grin­sen: die Il­lu­si­on ist die Kraft der Vi­si­on, und die Vi­si­on ist wahr. […] Der ewi­ge Frie­de ist mög­lich.

»Der ewi­ge Frie­de« – ei­ne An­spie­lung auf Kants Schrift »Zum ewi­gen Frie­den«. Das Sein im Frie­den ist Hand­kes Vi­si­on, ei­ne Sehn­sucht nach der fried­li­chen Ge­mein­schaft. Viel­leicht ist sie ei­ne Il­lu­si­on; viel­leicht war Ju­go­sla­wi­en ei­ne Pro­jek­ti­ons­flä­che, wie Haf­ner ein­mal an­merkt. Aber Ju­go­sla­wi­en ist für Hand­ke »Bei­spiel­land für ein an­de­res Eu­ro­pa«. Und oh­ne Il­lu­si­on wür­de man gar nichts tun, wür­de man im­mer sei­ne Schei­ße ver­schmieren, vielleicht…ohne Il­lu­si­on ist man de­pres­siv. Hand­ke ver­such­te noch, ein Re­fu­gi­um für sei­ne Il­lu­si­on zu fin­den. Er, der Hei­mat­lo­se »ent­deck­te« das »Exil« Ser­bi­en, wel­ches sich »Bun­des­re­pu­blik Ju­go­sla­wi­en« nann­te.

Pa­ti­nier­tes Pa­thos er­kennt Haf­ner da ge­le­gent­lich, zi­tiert Sla­voj Žižeks kri­ti­sche Hal­tung Hand­kes Slo­we­ni­en­bild ge­gen­über und er­wähnt Dra­go Jančars Dik­tum, Hand­ke ha­be, was Slo­we­ni­en an­be­langt, ei­ne »ro­sa­ro­te Bril­le« auf (das war im Ver­hält­nis zu dem, was Hand­ke noch zu hö­ren be­kom­men soll­te, harm­los; Jančar ar­gu­men­tier­te noch). Gre­gors Schwe­ster So­phie wirft ih­rem Bru­der in »Über die Dör­fer« ei­ne Kraft der Ver­klä­rung vor, die Haf­ner auf ein­zel­ne Äu­sse­run­gen Hand­kes be­zieht und fast ent­schul­di­gend an­bringt.

In ei­nem fast an­ge­klebt er­schei­nen­den 6. Ka­pi­tel fragt Haf­ner an­hand der »Mo­ra­wi­schen Nacht«: Ist nicht doch ei­ne Heim­kehr mög­lich? Hand­ke könn­te, so Haf­ners Idee, sich zwi­schen­zeit­lich sel­ber »ver­wan­delt«, so­zu­sa­gen ei­ne Ver­söh­nung mit sich selbst vorge­nommen ha­ben. Es gibt im Buch sehr wohl In­di­zi­en für ei­ne der­ar­ti­ge Ver­söh­nung, ins­be­son­de­re wenn man den er­zäh­len­den (in­zwi­schen ver­stumm­ten) Dich­ter mit Hand­ke gleich­setzt. Aber in­dem Haf­ner auf Äu­sse­run­gen Hand­kes hin­weist, die ei­ne Art Partisanen­stück über den slo­we­ni­schen Wi­der­stands­kämp­fer Li­pej Ko­lenik-Stan­ko (1925–2008) zu schrei­ben, dürf­te es wohl ziem­lich si­cher sein, dass Hand­ke die The­ma­tik nicht mehr los­las­sen wird.

Pro­fun­de Ken­ner­schaft

Nur sel­ten sind Haf­ners In­ter­pre­ta­tio­nen ein biss­chen ge­wagt, et­wa wenn er auf Hand­kes Prä­fe­renz dem Vor­na­men Gre­gor ge­gen­über hin­wei­send sug­ge­riert, dass die Wahl sei­nes jet­zi­gen Wohn­sit­zes (Cha­ville) auch da­mit zu tun ha­ben könn­te, dass dort ei­ne Kir­che dem hei­li­gen Gre­gor ge­wid­met sei. Oder wenn er dar­in, dass für den ver­schol­le­nen On­kel Gre­gor des­sen Schwe­ster Ur­su­la, al­so Hand­kes Tan­te, Tauf­pa­tin wur­de, das Weib­li­che in Hand­kes Werk stell­ver­tre­tend für das An­de­re, das Ab­we­sen­de deu­tet. Und auch die In­ter­pre­ta­ti­on des Na­mens »Sor­ger« (des Prot­ago­ni­sten aus »Lang­sa­me Heim­kehr«), die Haf­ner auf den Fluss »La Sor­gue«, der Hei­mat des Dich­ters und Wi­der­stands­kämp­fers Re­né Char zu­rück­führt, scheint ver­stie­gen (der Be­zug auf Heid­eg­gers »Sor­ge« und »Be­sorgen« ist deut­lich nä­her­lie­gen­der).

Fab­jan Haf­ner hat sich – al­ler Di­ver­gen­zen zum Trotz – mit die­sem über­aus de­tail­rei­chen Buch als pro­fun­der Ken­ner des Wer­kes von Pe­ter Hand­ke er­wie­sen. Er ver­mei­det er­mü­den­des Ger­ma­ni­sten­jar­gon, in dem er streng am »Text« bleibt. Haf­ner ani­miert, Hand­ke wie­der zu le­sen und in sei­nen Ro­ma­nen und Er­zäh­lun­gen neue Fa­cet­ten zu ent­decken. Hier­für muss man ihm dan­ken.


Die kur­siv ge­druck­ten Pas­sa­gen sind Zi­ta­te aus Fab­jan Haf­ners Buch. Zur bes­se­ren Ori­en­tie­rung wur­den Zi­ta­te von Pe­ter Hand­ke in blau hin­ter­legt. Ei­ne Pas­sa­ge kur­siv und blau be­deu­tet dem­nach, dass es sich um ein Hand­ke-Zi­tat han­delt, wel­ches im Buch an­ge­führt wird. Auf ei­ne Un­ter­schei­dung zwi­schen Text­zi­tat und In­ter­view­zi­tat wur­de ver­zich­tet, da sich dies aus dem Ge­schrie­be­nen er­gibt.


Zu Hand­kes Be­zie­hung zu Li­pej Ko­lenik-Stan­ko (und mehr) sie­he die­ses In­ter­view mit der »Klei­nen Zei­tung«: »Ich bin ein über­zeug­ter Staa­ten­lo­ser«.


7 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hier­mit ei­ni­ge mei­ner Ge­dan­ken zu dis­ser schö­nen Lei­stung vom Keu­sch­nig
    hier­mit mein son­tags kom­men­tar, Lie­ber Lo­thar »Keu­sch­nig«

    Dem stim­me ich im all­ge­mei­nen zu, dass das Slo­we­ni­sche bei Pe­ter Hand­ke mehr als nur ei­ne Be­schäf­ti­gung mit sei­nen Ah­nen ist, ir­gen­wie muss­te die­ser ver­blüf­fend pri­mi­ti­ve jah­re­lan­ge Deut­schen [selbst] Hass ja ei­ne Ge­gen­ge­gend ha­ben. Ich er­in­ne­re ich mich wie kurz nach dem ich das „Neun­te Land“ vor un­ge­fähr 15 Jah­ren las, dann in der mir ver­hass­ten „Tra­vel Sec­tion“ der New York Times zwei Slove­ni­sche Dok­to­ran­den als Bar­keeps in ei­ner Slove­ni­schem Re­stau­rant deut­sche Mer­ce­des Be­su­cher grin­send oder mit Grin­sen be­dien­ten! Es liegt schon viel kon­kre­tes in die­sem Traum­land im Ver­gleich zu dem eher ne­bu­lö­sen – ans Glas­per­len­spiel er­in­nern­den Frie­den­zelt im DEL GREDOS.

    Hand­ke ge­rät, glaub ich schon lan­ge, aber in ei­nen Kon­flikt mit sei­ner gro­ssen tief­schür­fen­den Slove­nis­hen Iden­ti­täts Fin­dung Er­ar­bei­tung in DER WIEDER-HOLUNG und dem Stam­mes­frie­den das ein ver­ei­nig­tes Yugs­la­vi­en für ihn be­deu­tet, be­son­ders da­durch da Yu­go­sla­vi­en auch So­zia­lis­mus be­deu­tet, Her­de­ri­sche Im­pul­se sto­ssen da auf et­was ge­sell­schaft­li­ches, und dem gro­ssen Wunsch, der Su­che, die­ses der Un­fried­lich­keit als Kind aus­ge­setz­ten, nach Frie­den... was in ei­ner ge­wis­sen Ko­mik aus­ar­tet wenn Sor­ge in der LANGSAMEN HEIMKEHR ver­sucht frie­den­stif­ten­de For­men in geo­lo­gi­schen For­ma­tio­nen zu fin­den. Sehr viel die­ses Land­schaf­ten be­schrei­ben hängt auch da­mit zu sam­men, und die Vor­lie­be für Dich­ter wie Her­mann Lenz und Stif­ter. Was Ti­tos Yu­go­sla­vi­en be­trifft, soll­te man ja nicht ver­ges­sen was für ein ar­ti­fi­ci­el­les, von Ame­ri­ka­ni­schen Geld un­ter­stüt­zes Ge­bil­de es war – und wie we­nig da­zu ge­hör­te es in den Un­ter­gang und Stam­mes­kämp­fe zu trei­ben, die Deut­sche [Gent­schers] An­er­ken­nung von Kroa­ti­en, ei­nem Usta­sha Nach­fol­ge Re­gie­rung ga­ran­tier­te doch das wie­der Aus­bre­chen der Nach­kriegs Kämp­fe?? Mehr als An­deu­tun­gen da­zu fin­ded man in Hand­kes gro­ssen EINBAUM Stück, in dem auch viel Brecht und Kipp­hardt stecken.

    Man soll­te wahr­schein­lich mal über­le­gend sich ein­füh­len in ei­nen sol­chen ver­stör­ten wü­ten­den Bur­schen wie der höchst ta­len­tier­te Hand­ke ei­ner ge­we­sen ist zur Kind­heit [sie­he die hun­dert Mucken die ihn auf Wut brach­ten – Ver­such über die Mü­dig­keit und WUNSCHLOSES UNGLUECK]... und sich vor­stel­len, dass er al­lein sich auf Wan­der­schaft mach­te nach dem Ab­itur – und DIE WIEDERHOLUNG wo er ge­nau das tut – im­mer noch auf aber spi­ri­tu­el­le Su­che nach den to­ten he­roi­schen On­keln [wie ja auch in DIE HORNISSSEN, sei­nem er­sten Buch auf der In­sel Krk 1965 ge­schrie­ben... al­so das träu­men­de Su­chen, auch in die Mu­sik weg, wie in dem Ver­such über die Juke­box. Al­so erst­mals phy­sisch weg weg von den bis auf den Grossvater/Mutter Sivec mi­se­ra­blen Ver­hält­nis­sen, auch der Ar­mut... für mich ist DIE WIEDERHOLUNG be­son­ders wich­tig weil ich das Buch zu ei­ner Zeit las da ich Zeit hat­te mich sei­nem „King of Slow­ness“ Syn­tax zu über­las­sen... al­so sehr ge­sund fand ich das in den stau­bi­gen Pfä­den im Chap­pa­ral der St. Mo­ni­ca Mon­ta­nas au­sser­halb von Los An­ge­les.

    Was „Platz“ An­wei­sung der Er­in­ne­rung be­trifft, ver­wun­dert mich so ein Wunsch, oder Not­wen­dig­keit. Al­so, dass Hand­ke kein „Re­cher­che du Temp per­du“ will, und Proust schein­bar auch nicht be­son­ders lei­den mag, geht mir schon auf: aber war­um, fra­ge ich mich, die­se e w i g e Wie­der-Ho­lung, im­mer wie­der???? Liegt es an ei­ner Trau­ma­ta, die im Grun­de ge­nom­men, im­mer noch da­zwi­schen steht?

    Was der Hand­ke den Ko­bal über Er­in­ne­rung sa­gen lässt und die ver­schie­de­nen Kom­men­ta­re da­zu, das stimmt schon al­les: aber bei dem Ver­ständ­niss des Er­in­ner­ten ha­pert es, und Er­in­ner­nung ist kei­ne Ga­ran­tie das sie stimmt oder ei­ni­ger­ma­ssen vol­kom­men ist, oder das das wich­tig­ste, oft das schmerz­haf­te­ste nicht un­erin­nert bleibt. „Ich scheib aus mei­ner Wun­de“ lässt Hand­ke sei­nen zer­fetz­ten Par­zi­fal in „Der Kunst des­Fra­gens“ sa­gen: im­mer wie­der Er­in­nern – Er­in­ne­rung als Ver­such der Ueber­win­dung des Trau­ma [der Trau­ma­ta] bis jetzt noch nicht ganz ge­lun­gen, und als Sur­ro­gat für Al­le trau­ma­ti­sier­ten, die Rol­le des Künst­lers, auf ko­mi­schem Um­weg, bei­nah ver­schro­be­ner Art. Im HAUSIERER tat er das auf an­de­re Wei­se auch.

    Ich weiss nicht ob Hand­ke das Slo­we­ni­sche kann­te als er und sei­ne Mut­ter 1944 nach Ber­lin gin­gen, aber als er nach Grif­fen zu­rück in 1948 ber­li­ner­te er ... das Slo­we­nisch hat er erst rich­tig ge­lernt um Die Wie­der­ho­lung schrei­ben zu kön­ne, eig­nes Wör­ter­buch ge­macht und so und sich die Li­te­ra­tu­re ein­ver­leibt und dar­aus über­setzt. Haf­ner hat schon recht mit der Be­grün­dung von Handke’s Ab­leh­nung vom Dia­lekt­haf­ten, dar­über hab ich mich auch mal mit dem Hand­ke Freund Skwa­ra – dem „don Ju­an der mit der sel­ben Frau“ in der Nie­mands­bucht auf­taucht, un­ter­hal­ten. Das war wirk­lich ein keu­sche­ar­ti­ges Ge­bäu­de in dem er die­se Jah­re ver­brach­te. Beim Has­lin­ger gibts ein Bild da­von.... aber wenn man sich von früh an in die Bü­cher ver­kriecht ist das min­de­stens we­ni­ger schlimm???

    Ich weiss schon, dass die Brie­fe des Bruder’s der Mut­ter ein Art Fa­mi­li­en Hei­lig­tum [heir­loom] für Hand­ke wa­ren, ich hat­te im­mer das Ge­fühl“ , dass der ge­fal­le­ne Bru­der [Brü­der] doch Par­ti­sa­nen ge­we­sen sei­en??? oder viel­leicht ver­wechs­le ich jetz Handke’s ei­ge­nen Wunsch­traum mit der blö­den Wirk­lich­keit.

    Das wan­dern, phan­ta­sie­ren sich be­ru­hi­gen spie­len ja ei­ne gro­sse Rol­le auch in an­de­ren Bü­chern, z.b. Del Gre­dos ist ein bei­nah rei­nes Wan­der and Rei­se Buch. Auch zu be­to­nen ist, dass Hand­ke in sei­nen Ro­ma­nen, Pro­sa und Ge­dich­ten, nur über sich selbst, ei­ge­ne Er­leb­nis­se schreibt, pro­ji­ziert, in dem er Fi­gu­ren wie, z.b. die Ban­kie­rin von Del Gre­dos, den Sor­ger von Heim­kehr oder den gei­stes­ge­stör­ten Jo­sef Bloch als „per­so­nae“ für sei­nen ei­ge­nen Gei­stes­zu­stand , ab­gren­zen­de Fil­ter PHANTASIERT!! sich frei phan­ta­sie­ren heisst es ja im­mer wie­der, al­so kein Selbsver­ständ­niss, kein psy­cho­lo­gi­sche Ka­te­go­ri­sie­rung oder Ana­ly­se son­dern Ver­such aus dem Ich aus­zu­bre­chen und Kon­takt auf­zu­neh­men, war­um sonst, was sich doch in­ter­res­s­an­ter­wei­se viel mehr ent­wickelt als die­ser zeit­wei­se sehr un­glück­li­che Au­tor, näm­lich sei­ne un­über­treff­li­che Tech­nik sich, sein Ich, sprach­lich dar­zu­stel­len... das in­ter­res­siert mich mehr – die Gei­stes­zu­stän­de – als das au­to­bio­gra­phi­sche das ich bis zu den psy­cho­ana­ly­ti­schen Ab­grün­den er­forscht; bei den Dra­men, den frü­hen so­wie den spä­te­ren ist das an­ders; da brei­tet, ver­fä­chert sich die kon­kre­tie­sie­ren­de Phan­ta­sie! Die Stücke al­so über­le­ben dann viel­leicht noch eher??? Wie ge­sagt, ich mach mir ge­ra­de viel Ge­dan­ken, wie­der, um all die­ses, an Hand ei­ner län­ge­ren Sum­ma über die gan­ze Pro­sa an Hand ei­ner Rie­sen Re­zen­si­on und Kom­men­tar über den Del Gre­dos Ro­man ... ist schon ir­gend so ein Mei­ster­werk mit ei­ni­gen Schwä­chen was wohl zu er­war­ten ist in ei­nem Werk von 350 tau­send Wör­tern. Es lohnt sich aber wirk­lich be­son­der durch was Lo­thar „Sper­rig­kei­ten“ nennt durch­zu­le­sen, lang­sam; ei­ni­ge Tei­le sind auch nur „ge­schrie­ben“ so wie ein Pro­fi ge­wieft es auch kann und viel­eicht muss um so ein Rie­sen­werk zu­sam­men­zu­basteln dass auf lan­ge Strecken hin von spek­ta­ku­lä­ren In­ten­si­tät ist, sagt der­je­ni­ge der so was gern hat, und in drit­ten Ka­pi­tel so viel­leicht die be­sten fünf tau­send Wor­te ent­hält die in der west­li­chen Li­te­ra­tur ir­gend­je­mand je ge­schrie­ben, ich mei­ne die Be­schrei­bung der Ver­nich­tung die der Tor­men­to Tro­pi­cal in Nord­frank­reich, im Fo­ret de Cha­ville in den frü­hen Jah­ren des neu­en Jahr­hun­derts hin­ter­las­sen hat.

    Ich stim­me Lo­thar zu:
    Die Su­che bleibt zwar fak­tisch er­folg­los und Ko­bal kehrt am En­de wie­der zu­rück zu Fa­mi­lie, aber die­se Rei­se, die ei­ne Rei­se zu sich selbst ist (»Die Wie­der­ho­lung« ist ein klas­si­scher Ent­wick­lungs­ro­man) hat den Prot­ago­ni­sten ver­wan­delt, denn in den epi­pha­ni­schen Er­schei­nun­gen, er­zeugt durch Auf­ge­hen in der Land­schaft, ist er sehr wohl sei­nem Bru­der be­geg­net. Denn Filip Ko­bal hat es mit dem Schein! Da­bei ist Schein als Ab­glanz frem­den Er­le­bens, nicht mit Täu­schung zu ver­wech­seln. »Wie­der­ho­lung« be­deu­tet bei Hand­ke auch im­mer »Ver­wand­lung« (ei­ne Tat­sa­che, die Haf­ner ein biss­chen ver­nach­läs­sigt). Und am En­de be­ginnt Filip auch über das Er­zäh­len zu er­zäh­len; ein wei­te­res, häu­fi­ges (und wich­ti­ges! aber wie M.R.) Mo­tiv bei Hand­ke, was Haf­ner (fast na­tur­ge­mäss) ver­nach­läs­sigt. Und die einst zer­strit­te­ne Fa­mi­lie ist plötz­lich mit­ein­an­der ver­söhnt.“ Ver­söhn­lich ist Hand­ke aber kaum selbst.

    Auch in die­sem stim­mer Lo­thar und ich über­ein: „
    Da­bei war im­mer schon klar: Hand­ke ver­traut ex­pli­zit nicht der gän­gi­gen Ge­schichts­schrei­bung, die für ihn im Dienst der Ge­gen­wart steht. Das Grund­miss­trau­en den ver­mit­teln­den In­stan­zen ge­gen­über, ge­gen das Vor­aus­ge­wuss­te sitzt tief. Hand­kes Ide­al von Über­lie­fe­rung, die An­schau­ung, der Au­gen­schein, »ver­fech­tet« ein in­duk­ti­ves Ver­fah­ren: Und Nah­sicht und Weit­sicht ha­ben da­bei in eins zu ge­hen: Weit­sicht wird erst, wenn Nah­sicht wird: Die Si­er­ra fern nur durch das Weg­gras nah.. Poe­ti­sche Evi­denz wohnt nur dem Bild in­ne nicht die Fak­ten­ge­nau­ig­keit. Nur die An­schau­ung führt zur Wie­der­ho­lung.“ T’ja ent­we­der glaubt man an Je­sus hier oder an Fak­ten, ich selbst guck da in ein Ge­hign MIR und seh da was da­mit aus­ge­scha­letd wird!

    Auch dies fin­de ich wich­tig: „
    Das Wie­der­ho­len wird als Ge­gen­maß­nah­me ge­gen die Ab­we­sen­heit zum Mit­tel der Ver­ge­gen­wär­ti­gung, ist da­durch un­ter­schie­den vom Er­in­nern, das die Ver­gan­gen­heit in der Ver­gan­gen­heit be­lässt. Der Mo­ment der Epi­pha­nie zeich­net sich aus durch ein al­les an­de­re ver­drän­gen­des Hier und Jetzt. Ge­konnt ver­knüpft Haf­ner das Wie­der­ho­lungs- mit dem Ab­we­sen­heits­mo­tiv. Die Ab­we­sen­den wer­den zu Sehn­suchts­ob­jek­ten, wie man ex­em­pla­risch in »Die Ab­we­sen­heit« se­hen kann. Ein Greis, ein Spie­ler, ein Sol­dat und ei­ne Schö­ne ma­chen sich je­der für sich auf, fin­den aber schnell, wie zu­fäl­lig, zu­ein­an­der. Doch erst nach­dem der Alte…verschwindet, wis­sen die ver­blie­be­nen drei, wo es lang­geht. Das ge­such­te An­de­re – ihr er­klär­tes Ziel – of­fen­bart sich erst…durch die­se Ab­we­sen­heit. Nach der Un­si­cher­heit, gar Angst, er­folgt das Zer­würf­nis. Schliess­lich aber kom­men die drei zum Er­zäh­len und Je­der der drei leg­te schließ­lich dem an­de­ren den Arm um die Schul­tern. Und für ei­ne klei­ne Wei­le sa­ßen wir da und lie­ßen uns ein­fach se­hen. (Ein ähn­li­ches Ar­ran­ge­ment, aus­ge­feil­ter und ver­spiel­ter, im 1989 ent­stan­de­nen Thea­ter­stück »Das Spiel vom Fra­gen oder Die Rei­se zum so­no­ren Land«). Am En­de die Ver­söh­nung – wo­mit der Bo­gen zur »Wie­der­ho­lung« wie­der ge­schla­gen ist (und die Ver­wand­lung ein­ge­tre­ten ist).“

    Was für mich sehr wich­tig ist im Ver­ständ­niss von Handke’s Lie­be ei­nes ver­ei­nig­ten Ju­go­sla­vi­en, dass dies auf der Wahl des Grossvater’s Sivec für die er­ste Uni­on in 1921 ba­siert [Slove­ni­en war ei­gen­stän­di­ger Staat von 1919 bis 1921!] und für Sivec so et­was wie ei­ne Kon­ti­nui­tät des K.U.K. be­deu­tet, das fried­li­che Zu­sam­men­le­ben von Ver­schie­de­nen, auch der Gross­va­ter schon Phan­tast! Des­we­gen hal­te ich den lie­ben Hand­ke auch für ei­nen heim­li­chen An­hän­ger sol­cher Wün­sche!

  2. Mei­ne Lek­tü­re ist nur EINE von vie­len mög­li­chen, und man­che mei­ner Be­fun­de dürf­ten da­her nur im Zu­sam­men­hang mei­ner Ar­gu­men­ta­ti­on ein­leuch­ten.

    So ha­be ich ver­sucht, den Ein­fluss von Heid­eg­ger auf Hand­ke zu ge­rin­ger an­zu­set­zen als das in der Ver­gan­gen­heit oft ge­se­hen wur­de; da­her kommt auch mei­ne Be­vor­zu­gung der Les­art von Do­ro­thee Fuß (vgl. Be­dürf­nis nach Heil«. Zu den äs­the­ti­schen Pro­jek­ten von Pe­ter Hand­ke und Bo­tho Strauß. Biel­feld: Ais­the­sis 2001),- weil ich auf die Be­deu­tung des Mit­ein­an­der von Poe­sie und Po­li­tik für Hand­ke, ver­kör­pert im Dich­ter-Par­ti­san Re­né Char, hin­aus­woll­te. Die Heid­eg­ger-Les­art leh­ne ich nicht ab, nur ist sie m. E. we­ni­ger frucht­bar. (Ge­nau­so führt es nir­gend­wo­hin, dar­auf zu po­chen, dass Sor­ger in Kärn­ten ein Al­ler­welts­na­me ist.)

    So sehr ich mich be­müht ha­be, mei­nen Text auch punk­tu­ell les­bar und ver­ständ­lich zu hal­ten, ist manch­mal die Zu­sam­men­schau meh­re­rer Stel­len un­ab­ding­bar. So glau­be ich na­tür­lich nicht, dass al­le Deut­schen Tä­ter wä­ren; aber Hand­kes Lo­ser (der ja ei­ne Fort­schrei­bung von Bloch und Keu­sch­nig I ist) lehnt die Ge­walt eben­so ab wie den Fa­schis­mus. Sein Stein trifft ja durch­aus den Rich­ti­gen; mo­ra­lisch „rich­tig« oder „ge­recht­fer­tigt« wird der Tot­schlag da­durch nicht. Von fer­ne leuch­tet das Ca­mus-Wort: „Ein Ziel, das un­ge­rech­ter Mit­tel be­darf, kann kein ge­rech­tes Ziel sein.«

    Ob Hand­ke wirk­li­che jeg­li­che Se­zes­si­on ab­lehnt, weiß ich nicht. Die Los­lö­sung der Süd­sla­wen von der öster­rei­chisch-un­ga­ri­schen Mon­ar­chie fin­det je­den­falls sei­ne Zu­stim­mung. Nur In­te­gra­li­tät Ju­go­sla­wi­ens möch­te er un­an­ge­ta­stet wis­sen. Im slo­we­ni­schen Karst war er je­den­falls, wie ich hö­re, ge­ra­de wie­der vor zwei Wo­chen; sei­ne Uto­pie ist al­so noch nicht ver­braucht.

    Was nun die Gre­gor-Kir­che in Cha­ville an­geht, so hat sie si­cher nicht den Aus­schlag ge­ge­ben für die Orts­wahl, be­stä­tigt sie aber so­zu­sa­gen my­thisch-bio­gra­phisch. (Dass die Schutz­hei­li­gen Hand­ke viel be­deu­ten be­legt et­wa der Ver­weis auf S. Leo­ca­dia in To­le­do in DER BILDVERLUST.)

    Die Tan­te als Ab­we­sen­heits­ver­kör­pe­rung soll vor al­lem auf die Bar­thes-Stel­len ver­wei­sen und so das Weib­lich-Müt­ter­li­che mit dem Slo­we­ni­schen als dem Ab­we­send-An­we­sen­den par ex­cel­lence ver­klam­mern.

    Das Buch hät­te noch viel um­fang­rei­cher sein kön­nen, viel­leicht so­gar müs­sen. Die­se nach­träg­li­chen Aus­füh­run­gen bit­te ich nicht als Recht­ha­be­rei oder Un­be­lehr­bar­keit miss­zu­ver­ste­hen, son­dern nur als den Ver­such zu ak­zep­tie­ren, mei­ne Be­fun­de in je­nen Nach­bar­schaf­ten zu ver­or­ten, de­nen sie ent­stam­men. An­de­re Sicht­wei­sen sind si­cher nicht we­ni­ger be­grün­det; mei­ne Ar­gu­men­ta­ti­on ist nur EIN Ver­such, Zu­sam­men­hän­ge frei­zu­le­gen.


    [Die­se Stel­lung­nah­me ging per E‑Mail ein und ist von Fab­jan Haf­ner au­to­ri­siert.]

  3. #1 – Viel Zu­stim­mung mei­ner­seits und Dank
    Ver­söhn­lich ist Hand­ke aber kaum selbst.
    Viel­leicht da­her die­se per­ma­nen­ten Wie­der-Ho­lun­gen, die Sie be­mer­ken?

    Mir kommt die Ver­fil­mung von Bölls »Bil­lard um halb­zehn« von Huillet/Straub in den Sinn (die Fil­me­ma­cher moch­te Hand­ke): Sie hieß »Nicht ver­söhnt«. Auch in Bölls Ro­man, den Hand­ke, glau­be ich, »be­tu­lich« nann­te (Bü­cher von Böll mag Hand­ke ver­mut­lich nicht ob ih­res po­li­ti­schen Rea­lis­mus, geht es um »Er­in­ne­run­gen« in ei­ner Fa­mi­lie, um »Wie­der-Ho­lun­gen«, die letzt­lich nicht zum Ver­söh­nen füh­ren. Sei­ne Bü­cher sind im­mer das Ge­gen­teil, nein: ih­re Prot­ago­ni­sten ver­su­chen die Ver­söh­nung.

    Was wird blei­ben fra­gen Sie? In je­dem Fall die Jour­na­le, be­son­ders »Die Ge­schich­te des Blei­stifts« und »Ge­stern Un­ter­wegs«. Bei den Ro­ma­nen »Die Wie­der­ho­lung«, aber auch »Lang­sa­me Heim­kehr«, das sper­ri­ge Epos »Der Bild­ver­lust« und die »Mo­ra­wi­sche Nacht« wer­den Hand­ke »über-dau­ern«; viel eher als sei­ne Stücke (hier­von dann wirk­lich nur »Das Spiel vom Fra­gen« – aber das ist wirk­lich ein gran­dio­ses Dra­ma). Als Ge­heim­tip noch die Ver­su­che, be­son­ders »Ver­such über den ge­glück­ten Tag«. Ach ja, und hof­fent­lich »Noch ein­mal für Thuky­di­des«.

    Al­les in al­lem schreibt Hand­ke zwar von sich sel­ber, aber sei­ne »Wir­kung« geht dar­über hin­aus: Das sind Entwicklungs‑, ja Bil­dungs­ro­ma­ne. Bil­dungs­ro­ma­ne auch, weil sie den Le­ser »bil­den« (»bild­sam« heisst das bei Stif­ter, ei­nem sei­ner Vor-bil­der).

  4. Ant­wort auf Mi­cha­els Kom­men­tar
    der irr­tüm­lich hier an­ge­ge­ben wur­de:

    Wir sind sel­ber Mei­nung was den BLEISTIFT be­trifft, das am häu­fig­sten an­no­tier­te bei mir au­ßer dem Ge­wicht der Welt; DIE WIEDERHOLUNG; LANGSAME HEIMKEHR; DIE NIEMANDSBUCHT; von den VERSUCHEN, den JUKEBOX, den Hand­ke sel­ber für den be­sten der drei hält, trotz dem der DON JUAN [der zu die­ser Er­zähls­art ge­hört] noch viel vir­tuo­ser tanzt! DEL GREDOS be­fürch­te ich wird’s nicht, wird ein Buch für Hand­ke Ken­ner bleiben/ wer­den, nichts für den An­hieb; aber Aus­schnit­te da­von in Kom­pen­di­en! LINKHAENDIGE FRAU neh­me ich an wird. Al­so was bleibt von Tho­mas Bern­hard?
    Ein­deu­tig ist der »Bild­ver­lust« ein Buch für Hand­ke-Ken­ner und so­gar En­thu­sia­sten; die »Juke­box« ist tat­säch­lich ein biss­chen ver­ges­sen wor­den von mir.

    Was von Bern­hard blei­ben wird? Na, in je­dem Fall »Frost«, das »Kalk­werk«, die au­to­bio­gra­fi­schen Bü­cher (auch hier: der Gross­va­ter als Licht­ge­stalt!). Un­be­dingt »Witt­gen­steins Nef­fe«. Von den Thea­ter­stücken na­tür­lich »Der Thea­ter­ma­cher«. Al­so schon ei­ne Men­ge!

    >i>Ich sel­ber wün­sche mir den HAUSIERER, aber mein Ge­spenst wird si­cher­lich entäuscht , die er­ste Auf­la­ge glaub ich ist im­mer noch er­hält­lich, nach vier­zig Jah­ren! Höchst wahr­schein­lich der TORMANN, ge­zinkt ge­nug um zu über­le­ben; UEBER DIE DOERFER ist das Herz der Sa­che; DIE STUNDE ALS WIR NICHTS VON EINANDER WUSSTEN si­cher­lich, wie BODENSEE ein Hap­pe­ning das ei­nen die Welt neu se­hen er­fah­ren lässt,
    »Üb­der die Dör­fer« ha­be ich in ei­ner gran­dio­sen In­sze­nie­rung der »Grup­pe 80« in Wien ge­se­hen; das Stück steht und fällt mit dem Re­gis­seur; text­lich ist es sehr schwe­re Kost, wenn auch sehr in­ter­es­sant.

    und na­tür­lich KUNST DES FRAGENS. Kri­tik dar­an wä­re, dass das Stück ei­nen, den Le­ser, die Au­di­enz, noch nicht in ei­nen tie­fe­reren Zu­stand des – jetzt fehlt am früh Mor­gen das deut­sche Wort – im rät­sel­haf­ten ver­rät­selt?? ver­lässt: da­zu kommt es dann aber nie­mal in ge­ge­wär­ti­gen Zu­stand der Kri­tik.
    Ja, ei­nes der be­sten deutsch­spra­chi­gen Stücke der letz­ten 30 Jah­re (hiess frü­her: Das Spiel vom Fra­gen, dann »Kunst des Fra­gens«

    Zum The­ma »un­ver­söhn­lich«:
    Wie­der­ho­lung­zwang heisst das glaub ich auf Deutsch... Zug­zwang im Schach!!! war­um auf ge­wis­se Wei­se die sel­be Be­we­gung im­mer wie­der durch ge­macht wird... das wie­der­be­le­ben-er­le­ben der Trau­ma­ta um zu­rück zum Pa­ra­dies! Hand­ke sag­te zum STUNDE Stück, was ja vom for­ma­li­sti­schen mu­si­ka­li­scher Sicht die Sum­ma des gan­zen dra­ma­ti­sche Früh­werks ist, dass er nach­dem er die­sen »Ver­söh­nungs Mo­ment« oder was im­mer »lieb­li­ches Zu­sam­men­sein« er­reich­te, er nicht wuss­te wie jetzt wei­ter, dann fiel ihm ein ei­nen von Hin­ten in die Knie­keh­le zu tre­ten oder so... da lebt die »Hi­sto­rie« dann wie­der auf.

    Ja, so ist es. Oder auch nicht.

    ich seh den Hand­ke in sei­ner To­des­stun­de­se­kun­de noch schnell was mit dem Blei­stift in dem letz­ten No­tiz­buch no­tie­ren... der Wert des­sen für die Mar­ba­cher dann! Er hat­te ja sei­ne Glücks­zeit in den er­sten zwei Le­be­jah­ren, man schau sich nur dass Bild on von Ma­ria Sivec und dem Pe­ter in Has­lin­gers Buch.
    Schö­nes Bild – in der letz­ten Se­kun­de noch ei­ne No­tiz schrei­bend.

    Vim Wen­ders sag­te mir hier in Se­at­tle, dass Hand­ke den ihn am na­he­ste­hen­den oft weh tut. Um das zu wis­sen brauch man bloß Ge­wicht der Welt le­sen. Ab ei­nen ge­wis­sen Zeit­punkt ver­mei­de­te ich so­weit mög­lich mit ihm al­lein zu sein. Er wur­de mir ein ziem­lich Dunk­ler. Was die Col­bin wäh­rend der par­al­le­len Hand­ke-Ju­go­slaven Krie­ges da sag­te stimmt si­cher­lich. Al­so ich les das Werk auch auf sei­ne dunk­len Tö­ne hin.
    Ja. Sie müss­ten ver­su­chen, sich mit ihm aus­zu­söh­nen.

  5. ich weiss auch nicht war­um mien gan­ze ant­wort auf keu­sch­nigg ganz wo­an­ders ge­lan­det ist??
    das Zwei­ge­spräch geht wei­ter...
    Na, wo bleibt der Rest der Ban­de, oder wird das wie­der nur ein Zwie­ge­spräch?!

    Ich hoff schon, dass viel über­lebt... zur Bil­dung der Sprach­ma­gie, Handke’s Werk ist schon ein schö­ner fun­da­men­ta­ler Zie­gel­stein. Ja Wir­kung si­cher­lich. Auch das gra­ziö­se sei­nes for­ma­len, be­son­ders in den kür­ze­ren Sa­chen. Beim Del Gre­dos ver­mis­se ich das, ist eher ei­ne Rum­pel­kam­mer! Ein Trip­buch mit viel Un­ter­bre­chun­gen! La Zo­na als Dys­to­pie über­zeugt mich nicht be­son­ders, ist ein Sam­mel­su­ri­um. Das da die »Bil­der« ver­schwin­den – die die »Ban­kie­rin« bis da­hin ge­gen al­les ge­feit wie ei­ne ge­pan­zer­te We­ste stimmt schon, und dem Licht... viel­eicht nör­ge­le ich nur... ich ICH wür­de, stel­le mir so was heim­tücke­ri­scher vor... mein Kom­men­tar zu dem Buch kommt ja bald... auf
    http://handke-discussion.blogspot.com/
    die Ban­kie­ri­en die schein­bar ihr Le­ben­lang wie Herr Hand­ke und sein Stei­metz in Ber­gen rumgklet­tert und spa­ziert ist durch ganz Spa­ni­en? Und so et­was wie den dar­in be­schie­be­en Schnee­sturm über­lebt... na ja, es macht nicht all zu viel aus, ist schein­bar ’ne Hü­nin!!

    Wir sind sel­ber Mei­nung was den BLEISTIFT be­trifft, das am häu­fig­sten an­no­tier­te bei mir au­ßer dem Ge­wicht der Welt; DIE WIEDERHOLUNG; LANGSAME HEIMKEHR; DIE NIEMANDSBUCHT; von den VERSUCHEN, den JUKEBOX, den Hand­ke sel­ber für den be­sten der drei hält, trotz dem der DON JUAN [der zu die­ser Er­zähls­art ge­hört] noch viel vir­tuo­ser tanzt! DEL GREDOS be­fürch­te ich wird’s nicht, wird ein Buch für Hand­ke Ken­ner bleiben/ wer­den, nichts für den An­hieb; aber Aus­schnit­te da­von in Kom­pen­di­en! LINKHAENDIGE FRAU neh­me ich an wird. Al­so was bleibt von Tho­mas Bern­hard?

    Ich sel­ber wün­sche mir den HAUSIERER, aber mein Ge­spenst wird si­cher­lich entäuscht , die er­ste Auf­la­ge glaub ich ist im­mer noch er­hält­lich, nach vier­zig Jah­ren! Höchst wahr­schein­lich der TORMANN, ge­zinkt ge­nug um zu über­le­ben; UEBER DIE DOERFER ist das Herz der Sa­che; DIE STUNDE ALS WIR NICHTS VON EINANDER WUSSTEN si­cher­lich, wie BODENSEE ein Hap­pe­ning das ei­nen die Welt neu se­hen er­fah­ren lässt, Hand­ke hat ja Brecht’s Pro­jekt der an­ti-Ari­sto­te­li­schen Thea­ters wei­ter, zu En­de ?? ge­führt; war­um Thea­ter: Ka­thar­se, aber ei­ne be­son­de­rer Art, wo der Stier nicht mehr ge­op­fert wird! Und ein ganz gro­sser Text, zur Zeit nur Mueller’s QARTETT ver­gleich­bar.

    und na­tür­lich KUNST DES FRAGENS. Kri­tik dar­an wä­re, dass das Stück ei­nen, den Le­ser, die Au­di­enz, noch nicht in ei­nen tie­fe­reren Zu­stand des – jetzt fehlt am früh Mor­gen das deut­sche Wort – im rät­sel­haf­ten ver­rät­selt?? ver­lässt: da­zu kommt es dann aber nie­mal in ge­ge­wär­ti­gen Zu­stand der Kri­tik. »Le­se­stücke« wer­den die ja aus dem gu­ten rea­li­sti­schen Be­ur­tei­lung der Kul­tur be­nannt ; [man soll sich doch ein­mal vor­stel­len dass kein Schwein das bis­her in der USA ge­macht hat wo doch vor ei­ner nicht zu lan­gen Zeit die Leu­te von den frü­hen Stücken und der STUNDE schwärm­ten; weiss nur von ei­nem Re­gie­mensch, ’nem Ser­ben mit ner klei­nen Trup­pe in Chi­ca­go [ zel­j­ko du­kic zeljko[at]tutato.com] der aber da­zu nicht die Schau­spie­ler hat, ei­ne fei­ge pro­vin­zi­el­le Bran­che die in den letz­ten zehn Jah­ren noch mi­se­ra­bler ge­wor­den ist; hier ist es nicht am Platz die Na­men der zu hän­gen­den zu nen­nen, aber bald. »Ka­nail­le!« würd MEIN Gross­va­ter schimp­fen! Die frü­hen Sa­chen sind ja al­le groß­ar­tig bril­li­ant, con­cep­tu­al art, man muss aber mal un­ter die­ser Ban­de in New York ge­lebt ha­ben um zu se­hen dass die schlech­te­sten Stre­ber un­ter de­nen dann so was nicht ma­chen oder... die Kul­tur wird eben ein Mist­hau­fen aus un­ver­dau­ba­ren blei­ben. Manch­mal kommt dann ein Or­kan oder Tor­na­do und reißt die Pressh­holz Häu­ser nie­der und der dar­in an­geh­auf­te Mist quillt raus... ich be­reue nicht nach solch ei­nem Un­ge­wet­ter an­we­send ge­we­sen um das mal so zu be­schrei­ben wie Hand­ke was der Or­kan in Cha­ville hin­ter­las­sen hat. So ein Ab­lass wür­de mei­nen Hass der Kon­sum­ge­sell­schaft min­de­stens ei­ni­ge zeit­lang lin­dern. Auch ich muss in ei­ne Ge­gend wo die Zi­tro­nen blü­hen, die aber nicht Süd-Ka­li­for­ni­en heisst, Ba­ja Ca­li­for­nia Sur ist ganz was an­de­res.

    Zum The­ma »un­ver­söhn­lich«:
    Wie­der­ho­lung­zwang heisst das glaub ich auf Deutsch... Zug­zwang im Schach!!! war­um auf ge­wis­se Wei­se die sel­be Be­we­gung im­mer wie­der durch ge­macht wird... das wie­der­be­le­ben-er­le­ben der Trau­ma­ta um zu­rück zum Pa­ra­dies! Hand­ke sag­te zum STUNDE Stück, was ja vom for­ma­li­sti­schen mu­si­ka­li­scher Sicht die Sum­ma des gan­zen dra­ma­ti­sche Früh­werks ist, dass er nach­dem er die­sen »Ver­söh­nungs Mo­ment« oder was im­mer »lieb­li­ches Zu­sam­men­sein« er­reich­te, er nicht wuss­te wie jetzt wei­ter, dann fiel ihm ein ei­nen von Hin­ten in die Knie­keh­le zu tre­ten oder so... da lebt die »Hi­sto­rie« dann wie­der auf.
    Aber man soll­te sich er­in­nern, dass er sich zu ei­nem ge­wis­sen Zeit­punkt, so um 1975 her­um ent­schie­den hat nicht mehr mit Un­heim­li­chen zu spie­len; trotz­dem taucht »die Ge­schich­te« als et­was zer­stö­re­ri­sches im­mer wie­der auf [z..b als ket­ten­schwin­gen­der In­dia­ner in der LANGSAMEN HEIMKEHR. Im DEL GREDOS, in La Zo­na taucht der Ban­kie­rin ihr Dop­pel- oder Ge­gen­bild auf: und er­mor­det ih­ren Lieb­ha­ber, von ei­nem Mo­ment zum näch­sten – da di­stan­zie­ren wir uns auf ganz neue Art Ab­spal­tung von dem To­des­drang, the de­ath in­stinct! Ab­spal­tung ge­nau wie im TORMAN aber der Im­puls lebt noch! »Dis­so­cia­ti­on« , das was er in der Trau­ma be­nö­tig­te um zu über­le­ben wird dann des Künstler’s Haupt­ta­lent! Auch so’ne Schei­de, tres­hold.

    Mit so ei­ner Trau­ma­ta wie Han­de sie zehn Jah­re lang vom 2ten bis 12ten Le­bens­jahr er­lit­ten hat er­holt man sich nur durch lang­jäh­ri­ge Psy­cho­the­ra­pie, in­zwi­schen ist die Lö­sungs­ver­such durch die Schrif­stel­le­rei schein­bar ein so er­folg­rei­ches Kom­pen­sa­ti­on, Sym­ptom, dass er die­sem ewi­gen Drang nicht mehr ent­geht... ich seh den Hand­ke in sei­ner To­des­stun­de­se­kun­de noch schnell was mit dem Blei­stift in dem letz­ten No­tiz­buch no­tie­ren... der Wert des­sen für die Mar­ba­cher dann! Er hat­te ja sei­ne Glücks­zeit in den er­sten zwei Le­be­jah­ren, man schau sich nur dass Bild on von Ma­ria Sivec und dem Pe­ter in Has­lin­gers Buch. Be­son­ders wenn man ana­ly­tisch ge­schult und ei­ne Idee hat von dem was da vor sich geht zwi­schen den bei­den. Das de­pres­si­ve hat er wohl schon von ihr in­tra-Ute­ro mit­be­kom­men. An­le­hehn­de De­pres­si­on heisst das. Der le­ben­lan­ge Ex­hi­bi­tio­nis­mus Drang für die bei­gefüg­te Trau­ma... Lei­der ist dann doch et­was von dem ge­hass­ten Stief­va­ter in ihn ein­ge­drun­gen....

    ich möcht ei­gent­lich nicht al­les wie­der ho­len was da in den

    HANDKE LINKS + BLOGS
    SCRIPTMANIA PROJECT MAIN SITE: http://www.handke.scriptmania.com
    and 12 sub-sites steht

    http://www.handkelectures.freeservers.com [the dra­ma lec­tu­re]

    und be­son­ders

    http://www.van.at/lesen/set01/schliche.htm

    [dem hand­ke auf die schliche/

    http://handke-discussion.blogspot.com/

    [the Ame­ri­can Scho­lar cau­sed con­tro­ver­sy about Hand­ke, re­views, de­tail­ed of Coury/Pilipp’s THE WORKS OF PETER HANDKE

    http://www.artscritic.blogspot.com
    [so­me hand­ke ma­te­ri­al, too, the Mi­lo­se­vic con­tro­ver­sy sum­ma­ri­zed]

    Vim Wen­ders sag­te mir hier in Se­at­tle, dass Hand­ke den ihn am na­he­ste­hen­den oft weh tut. Um das zu wis­sen brauch man bloß Ge­wicht der Welt le­sen. Ab ei­nen ge­wis­sen Zeit­punkt ver­mei­de­te ich so­weit mög­lich mit ihm al­lein zu sein. Er wur­de mir ein ziem­lich Dunk­ler. Was die Col­bin wäh­rend der par­al­le­len Hand­ke-Ju­go­slaven Krie­ges da sag­te stimmt si­cher­lich. Al­so ich les das Werk auch auf sei­ne dunk­len Tö­ne hin.

    Hand­ke hat bis jetzt kei­ne Tra­gö­die ge­schrie­ben! Aber, Tra­gö­die exi­stiert im/ als Subunk­ti­ve in dem EINBAUM Stück

  6. »Ja. Sie müss­ten ver­su­chen, sich mit ihm aus­zu­söh­nen.«

    Hat­te ich ver­sucht in­dem ich an­bot den EINBAUM zu über­set­zen als das nie­mand hier ma­chen woll­te. Ich brauch so was wie ’nen Ge­nick­schuss,
    noch ei­ne un­be­zahl­te Ueber­set­zungs Schuf­te­rei und dann an den Mann, ein Thea­ter da­von über­zeu­gen. Er woll­te aber nicht, Suhr­kamp war auch ganz er­staunt. Ich hab ihn er­wischt und er kanns nicht ver­dau­en und hat nach dem Blei­stift das lü­gen ge­lernt! Ich sel­ber fin­de es gut so: Ich kann mich für sein Werk ein­set­zen, dar­über schrei­ben, brauch nicht zim­per­lich zu sein. We­der Suhr­kamp noch Jung & JUng drucken ja ir­gend­was in den Se­kon­där Wer­ken was ir­gend­wie kri­tisch über Hand­ke oder das Werk ist. Auch die Pich­ler Bio­gra­phie, im Mit­wir­ken mit dem Au­tor, ge­macht ent­ält nichts der­ar­ti­ges. Das IMAGE soll ganz Son­nen­kö­nig­haft blei­ben! Auf so was lang­wei­li­ges lass ich mich nicht ein. War­um mun­keld die Ban­kie­rin mit »Schuld­ge­füh­len«... wenn im­mer Hand­ke mun­kelt, sei es im Chi­ne­sen des Schmer­zens oder dem Nach­mit­tag ei­nes Schrift­stel­ler... die­se Ko­ans, My­ste­riö­si­tä­ten die er doch an­geb­lich hasst... da­hin­ter lie­gen die Grün­de für die­se Schuld­ge­füh­le ver­bor­gen. Ich la­che nur!

    Um auch Keu­sch­nigs Com­ment zu die­sem mei­nem Com­men­tar auch zu kom­men­tie­ren:
    ein Soup­çon Hass so­wie Ma­so­chism ge­nü­gen ein we­nig Klar­heit ins Ge­hirn zu brin­gen, der Gran­dio­si­tät ihr Lösch­pa­pier – Lie­be so­wie fan­ta­ti­scher Glau­ben stö­ren et­wa­ige Rea­li­täts­ein­schät­zung ja viel mehr!

  7. Ihr Ein­satz ist – um Hand­ke zu pa­ra­phra­sie­ren. Und das ist ent­schei­dend. Die Hin­ter­grün­de um den »Ein­baum« ver­mag ich nicht zu kom­men­tie­ren.

    Es ist doch in­zwi­schen so, dass er ma­chen kann, was er will – es wird im­mer ge­gen ihn aus­ge­legt (wohl­ge­merkt: nicht von Ih­nen). Und manch­mal ha­be ich das Ge­fühl, er mag das; er be­feu­ert dann den Fu­ror ge­gen sich sel­ber. Der Selbst­hass, der in je­dem von uns steckt. Oder: der nur in den wirk­lich Gro­ssen so stark steckt. (Oder ist das auch nur ein Kli­schee?)

    Ver­zwei­fel­ter Sinn­lo­ser Ver­such, ei­nen to­ten Blog mit ei­nem eben­so to­ten The­ma zum Le­ben zu er­wecken. Aber ir­gend­wann wie­der zu­rück in die pla­to­ni­sche Höh­le. Bald.