Mehr di­rek­te De­mo­kra­tie! Ein Plä­doy­er für den Um­bau un­se­rer po­li­ti­schen Sy­ste­me.

Ei­ne Ver­dich­tung von In­di­zi­en, Zu­stän­den und Be­find­lich­kei­ten, im Be­son­de­ren, aber nicht aus­schließ­lich, der öster­rei­chi­schen, re­prä­sen­ta­ti­ven De­mo­kra­tie, soll ex­em­pla­risch die Not­wen­dig­keit ih­res Um­baus auf­zei­gen und sei­ne Rich­tung knapp skiz­zie­ren. Nicht mehr: Das War­um ent­schei­dend, die kon­kre­ten De­tails kön­nen zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt fol­gen — zu­erst muss nach Ei­nig­keit ge­fragt wer­den*.

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Die ge­mein­ge­fähr­li­che De­mo­kra­tie

Im Mai 2010 schrieb der öster­rei­chi­sche Schrift­stel­ler in ei­nem Es­say über sei­ne Hos­pi­ta­ti­on in der Brüs­se­ler EU-Bü­ro­kra­tie über den »Be­frei­ungs­schritt, wenn über die Rah­men­be­din­gun­gen un­se­res Le­bens eben nicht mehr we­sent­lich durch Volks­wah­len ab­ge­stimmt wird.« Be­grün­det wird die­se »Be­frei­ung« von den Nie­de­run­gen der Demo­kratie, weil da­mit »xe­no­pho­be, ras­si­sti­sche, au­to­ri­tä­re Cha­rak­te­re« kei­ne Berück­sichtigung fin­den wür­den. Als ab­schrecken­des Bei­spiel dient u. a. das Eu­ro­päi­sche Parla­ment, wel­ches durch­aus Mit­glie­der sol­cher Par­tei­en be­her­bergt. Die Idee, xe­no­pho­be und ras­si­sti­sche Po­li­tik­ent­wür­fe mit Sach­ar­gu­men­ten zu be­kämp­fen, scheint bei Men­as­se nicht auf­zu­kom­men – er nimmt die an­ti­de­mo­kra­ti­sche Ge­sin­nung von Tei­len der Gesell­schaft an­schei­nend als Fa­tum an. Er kommt zu dem Schluss, »dass die klas­si­sche Demo­kratie, ein Mo­dell, das im 19. Jahr­hun­derts zur ver­nünf­ti­gen Or­ga­ni­sa­ti­on von National­staaten ent­wickelt wur­de, nicht ein­fach auf ei­ne su­pra­na­tio­na­le Uni­on um­ge­legt wer­den kann, ja sie be­hin­dert. De­mo­kra­tie setzt den ge­bil­de­ten Ci­toy­en vor­aus. Wenn die­ser ge­gen die von Mas­sen­me­di­en or­ga­ni­sier­ten Hetz­ma­ssen nicht mehr mehr­heits­fä­hig ist, wird De­mo­kra­tie ge­mein­ge­fähr­lich.« Statt die Bil­dung des Ci­toy­ens hin zum Wider­stand ge­gen­über Hetz­kampagnen zu for­cier­ten, wird die­ser be­que­mer­wei­se ent­mündigt. Frei­lich al­les nur zu sei­nem Glück, wie Hans Ma­gnus En­zens­ber­ger die­ses Prin­zip tref­fend cha­rak­te­ri­siert: Die Eu­ro­päi­sche Uni­on gibt sich »er­bar­mungs­los men­schen­freund­lich. Sie will nur un­ser Be­stes. Wie in gü­ti­ger Vor­mund ist sie be­sorgt um un­se­re Ge­sund­heit, un­se­re Umgangs­formen und un­se­re Mo­ral. Auf kei­nen Fall rech­net sie da­mit, daß wir sel­ber wis­sen, was gut für uns ist; da­zu sind wir ih­nen in ih­ren Au­gen viel zu hilf­los und zu un­mün­dig. Des­halb müs­sen wir gründ­lich be­treut und um­er­zo­gen wer­den.«

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Jür­gen Pe­ter­sen: Re­prä­sen­ta­ti­on in De­mo­kra­tien

Jürgen Petersen: Repräsentation in Demokratien
Jür­gen Pe­ter­sen:
Re­prä­sen­ta­ti­on in De­mo­kra­tien

»Der Kern mo­der­ner De­mo­kra­tien ist die Repräsent­ation«. So steht es auf dem Rück­deckel des Bu­ches »Re­prä­sen­ta­ti­on in De­mo­kra­tien«. Aber was be­deu­tet das? Wie ver­ste­hen die Re­prä­sen­tan­ten ih­re Re­prä­sen­ta­ti­on? Wem gilt sie? Nur den Wäh­lern oder gar al­len, die sich im geo­gra­fi­schen Be­reich des Re­prä­sen­tan­ten be­fin­den? Wel­cher Art und wel­chen In­hal­tes sind die hand­lungs­struk­tu­rie­ren­den Kon­zeptionen von Re­prä­sen­ta­ti­on in de­mo­kra­ti­schen Syst­emen? Und: Gibt es Un­ter­schie­de zwi­schen den Reprä­sentationsmodellen bei­spiels­wei­se in Deutsch­land und den USA?

Der Au­tor Dr. Jür­gen Pe­ter­sen ist wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter an der Uni­ver­si­tät Frank­furt und Re­se­arch As­so­cia­te am dor­ti­gen Zen­trum für Nord­ame­ri­ka-For­schung (ZENAF). Er ver­sucht die­se Fra­gen zu be­ant­wor­ten und be­dient sich da­bei ei­nes denk­bar ein­fa­chen Mit­tels: der Be­fra­gung. Da­bei steht er vor dem Di­lem­ma, eben­falls ein re­prä­sen­ta­ti­ves Er­geb­nis vor­zu­le­gen, was er durch­aus the­ma­ti­siert, wenn auch nicht ganz über­zeu­gend (da­zu spä­ter).

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Zwi­schen Nicht­be­ach­tung und Hel­den­tum: Der Sol­dat und die (eu­ro­päi­sche) De­mo­kra­tie

Den Wan­del des Sol­da­ten­bil­des in­ner­halb der eu­ro­päi­schen Ge­schich­te (in­klu­si­ve ei­nes bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Schwer­punkts) hat Clau­de Haas in der letz­ten Aus­ga­be der Zeit er­hel­lend dar­ge­legt. Und dort wo er ge­en­det hat, gilt es wei­ter zu ge­hen. Man muss sei­ne Be­trach­tung, die et­was ab­rupt schließt, und we­sent­li­che Fra­gen auf­wirft, fort­spin­nen, und er­wei­tern, ge­ne­ra­li­sie­ren: Wie ist das sol­da­ti­sche „Hand­werk“, die­ser Be­ruf in Zei­ten ei­nes weit­ge­hend ge­ein­ten Eu­ro­pa, jen­seits ein­deu­ti­ger Be­dro­hungs- und Kon­flikt­sze­na­ri­en, zu be­ur­tei­len? Wol­len wir es be­ur­tei­len? Wir, d.h. die Po­li­tik muss es, soll­te es. Die Fra­ge war­um man am Hin­du­kusch steht, be­nö­tigt ei­ne kla­re Ant­wort. Man ist sie den Hin­ter­blie­be­nen schul­dig, und dem Bür­ger.

Krie­ge füh­ren, für den Frie­den (Pop­per). Ge­hen wir da­von aus, dass es ge­rech­te Krie­ge gibt, las­sen wir Ver­tei­di­gungs­sze­na­ri­en und die Ab­wehr von Ag­gres­si­on au­ßen vor, und eben­so Krie­ge als blo­ße Fort­füh­rung, als Mit­tel der Po­li­tik, der Macht. Wel­che Auf­ga­ben ha­ben Sol­da­ten dann zu er­le­di­gen, wel­che ge­rech­ten Krie­ge aus­zu­fech­ten, wenn wir da­von aus­ge­hen, dass sie da­für in ih­rer Hei­mat nicht be­nö­tigt wer­den?

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Ro­bert Ha­beck: Pa­trio­tis­mus – Ein lin­kes Plä­doy­er

Robert Habeck: Patriotismus - Ein linkes Plädoyer
Ro­bert Ha­beck: Pa­trio­tis­mus – Ein lin­kes Plä­doy­er

Die Feind­schaft zum Staat als Re­pres­si­ons­in­stanz, »Atom­staat«, »Bul­len­staat«, als pa­ter­na­li­sti­scher Ak­teur, Hü­ter fau­ler Kom­pro­mis­se, ver­stell­te den grü­nen Blick dar­auf, was (mit ei­nem) ge­sche­hen wür­de, wenn man selbst zu dem ge­hör­te. Der zi­vi­le Mut woll­te im­mer über den Staat hin­aus, ziel­te auf die Idee ei­nes Ge­mein­we­sens oh­ne Staat. Als dann rot-grün 1998 an die Re­gie­rung kam, wa­ren die li­be­ra­len Vor­stel­lun­gen von Ge­mein­wohl nicht mehr ge­gen, son­dern mit dem Staat durch­zu­set­zen. Auf die­sen Schritt wa­ren die pro­gres­si­ven Kräf­te schlecht vor­be­rei­tet und sind es bis heu­te.

Hart geht Ro­bert Ha­beck, 41, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Grü­nen im schles­wig-hol­stei­ni­schen Land­tag, mit der Lin­ken im All­ge­mei­nen und sei­ner Par­tei im Be­son­de­ren ins Ge­richt (wo­mit die po­li­ti­sche Rich­tung und nicht de­zi­diert die Par­tei »Die Lin­ke« ge­meint ist). Nach rot-grün, so Ha­becks The­se, ha­be das Land in ei­ner Gro­ßen Ko­ali­ti­on, die ih­re Chan­cen lei­der (!) sträf­lich ver­passt ha­be, vier Jah­re ver­lo­ren.

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Le­thar­go­kra­tie, Staats­ver­schul­dungs­be­schleu­ni­ger und Semiso­zia­lis­mus

Pe­ter Slo­ter­di­jk und die deut­sche Po­li­tik

Ei­ne ir­gend­wie öde Dis­kus­si­on, die da seit ei­ni­gen Mo­na­ten (ins­be­son­de­re von der ZEIT, aber auch in der FAZ) am Kö­cheln ge­hal­ten wird. Kern der Aus­ein­an­der­set­zung ist Pe­ter Slo­ter­di­jks Ar­ti­kel »Die Re­vo­lu­ti­on der ge­ben­den Hand« (al­ler­dings auch ei­ni­ge Ka­pi­tel aus des­sen Buch »Du musst dein Le­ben än­dern«). Axel Hon­neth glaub­te dar­auf­hin nun Slo­ter­di­jk an­grei­fen zu müs­sen, in dem er ihn – grob ver­kür­zend – in durch­aus alt­lin­ker Ma­nier als Neu-Rech­ten und/oder wirt­schaft­li­be­ra­len de­nun­ziert, der ir­gend­wie blind für die Be­dürf­nis­se von Hartz-IV-Emp­fän­gern ist. Es gab ei­ni­ges Feuil­le­ton-Ge­plän­kel und so­gar ei­ne bril­lan­te, aber schwer ver­ständ­li­che Ver­tei­di­gungs­re­de von Karl-Heinz Boh­rer in der FAZ.

Aber Slo­ter­di­jk wä­re nicht Slo­ter­di­jk wenn er nicht zu ei­ner Art Be­frei­ungs­schlag aus­ge­holt hät­te; ab­ge­druckt in »Ci­ce­ro« mit dem am­bi­tio­nier­ten wie pro­vo­ka­ti­ven Ti­tel »Auf­bruch der Lei­stungs­trä­ger«.

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Ili­ja Tro­ja­now / Ju­li Zeh: An­griff auf die Frei­heit

Ilija Trojanow / Juli Zeh: Angriff auf die Freiheit
Ili­ja Tro­ja­now / Ju­li Zeh: An­griff auf die Frei­heit

Wenn man die er­sten Sei­ten die­ses Bu­ches liest, kann ei­nem tat­säch­lich angst und ban­ge wer­den. Man glaubt in ei­nem to­ta­len Über­wa­chungs­staat zu le­ben oder auf ihn fast zwangs­läu­fig, oh­ne Ret­tung, zu­zu­steu­ern. Das Mu­ster, wel­ches die Au­toren da­bei ver­wen­den, ist be­kannt: Vom Ein­zel­fall wird auf das All­ge­mei­ne ge­schlos­sen. Da vor dem G8-Gip­fel in Hei­li­gen­damm 2007 von De­mon­stran­ten Ge­ruchs­pro­ben ge­nom­men und ar­chi­viert wur­den, wird sug­ge­riert, dies sei all­ge­mei­ne po­li­zei­tech­ni­sche Pra­xis. Dass es sich bei­spiels­wei­se in Ham­burg um ins­ge­samt zwei Fäl­le han­del­te, bleibt na­tür­lich au­ßen vor (ge­nau wie die an­schlie­ßen­de Dis­kus­si­on um die­se in­ak­zep­ta­ble Vor­ge­hens­wei­se).

Da wer­den, so die Be­haup­tung, die Fin­ger­ab­drücke auf mei­ner Kaf­fee­tas­se um­ge­hend al­len so­ge­nann­ten An­ti-Ter­ror-Be­hör­den ge­mel­det (falls sie nicht schon längst be­kannt sind). Die Mög­lich­keit, dass pri­va­te E‑Mails ab­ge­fan­gen und ge­le­sen wer­den kön­nen, führt zu der Fest­stel­lung, dass je­de ver­schick­te E‑Mail ei­nem un­ver­schlos­se­nen Brief gleicht, der welt­weit von je­dem In­ter­es­sier­ten mit In­ter­net­zu­gang ein­ge­se­hen wer­den kann. (Als »Be­grün­dung« heißt es la­pi­dar, dass fast al­le Browser…Sicherheitslücken ha­ben.) In die­sem Zu­sam­men­hang auf den gu­ten, al­ten Brief als Ge­heim­nis­wah­rer zu ver­wei­sen, er­scheint schon sehr ko­misch – als könn­te nicht je­der Brief eben­falls ge­öff­net wer­den. Wohl ge­merkt: kann. Aber man liest un­will­kür­lich: wird.

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Hu­ber­tus Buch­stein: De­mo­kra­tie und Lot­te­rie

Hubertus Buchstein: <br />Demokratie und Lotterie
Hu­ber­tus Buch­stein: De­mo­kra­tie und Lot­te­rie

Der Un­ter­ti­tel macht neu­gie­rig: »Das Los als po­li­ti­sches Ent­schei­dungs­in­stru­ment von der An­ti­ke bis zur EU« heißt es da. Das Los als Ent­schei­dungs­in­stru­ment kennt man eher im Sport. So wer­den in Fuß­ball­wett­be­wer­ben Spiel­paa­run­gen zu­ge­lost, wenn nicht je­der ge­gen je­den spie­len soll. Meist wird es mit ei­ner Mi­schung zwi­schen not­wen­di­gem Übel und will­kom­me­ner Un­ge­wiss­heit be­trach­tet. Der Zu­falls­cha­rak­ter wird ins­be­son­de­re von den ver­meint­lich bes­se­ren Mann­schaf­ten als wett­be­werbs­ver­zer­rend emp­fun­den, da schwä­che­re Mann­schaf­ten durch ent­spre­chen­des »Los­glück« be­gün­stigt wer­den kön­nen; die Flos­kel vom »schwe­ren« oder »leich­ten« Los macht dann oft die Run­de. Das Wei­ter­kom­men in ei­nem Wett­be­werb wird un­ter Um­stän­den nicht mehr al­lei­ne der Lei­stung (im Sieg über die zu­ge­lo­ste Mann­schaft) gut­ge­schrie­ben.

Aber wä­re es mit un­se­rem Ver­ständ­nis in Über­ein­stim­mung zu brin­gen, po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen min­de­stens teil­wei­se über Los­ent­schei­dun­gen vor­neh­men zu las­sen? Ist nicht der Sta­tus des Ge­wähl­ten für ei­nen Amts­trä­ger erst DIE Le­gi­ti­ma­ti­ons­ba­sis über­haupt? Wie wür­de ein »aus­ge­lo­ster« Ab­ge­ord­ne­ter, Rich­ter oder Bür­ger­mei­ster ak­zep­tiert wer­den? Geht es über­haupt dar­um, die Wahl durch das Los zu er­set­zen? Oder könn­ten Los­ent­schei­dun­gen nur flan­kie­ren­de Maß­nah­men zur ra­sche­ren Aus­wahl von Ent­schei­dungs­trä­gern dar­stel­len? Wor­in könn­ten die Vor­tei­le ge­gen­über den bis­he­ri­gen Ver­fah­ren lie­gen?

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