
Selten passte ein Titel so präzise zum Duktus des Buches: »Sanftes Monster Brüssel« steht dort in großen, roten Buchstaben. Der Zusatz »oder Die Entmündigung Europas« ist dann schon der Beginn eines Missverständnisses. Muss es nicht heißen »Die Entmündigung der Europäer«? Wie wird »Europa« entmündigt? Was ist das überhaupt – »Europa«?
Sanft und mit feiner Ironie kommt Hans Magnus Enzensberger daher. Wie sollte er auch anders? Ein deutscher Intellektueller, der eine scharfe Schrift gegen »Europa« bzw. die Europäische Union hinlegt – undenkbar. Sofort würden die gängigen Etiketten hervorgeholt. »Europaskeptisch« bedeutet in Deutschland noch mehr als in anderen Ländern rechts, dumpf und antimodernistisch. Wer möchte das schon sein? Das Problem sieht Enzensberger sehr wohl, denn hinter dieser Rhetorik macht er eine Strategie aus, die…gegen jede Kritik immunisieren soll. Wer ihren Plänen widerspricht, wird als Antieuropäer denunziert. Dies erinnere von ferne an die Rhetorik des Senators Joseph McCarthy und des Politbüros der KPdSU. Wenngleich er an anderer Stelle den Vergleich der EU mit totalitären Regimen als abwegig feststellt und somit nivelliert.