War­um nicht?

Gro­ße Auf­re­gung in der Fuß­ball­welt: Das Bun­des­land Bre­men möch­te bei so­ge­nann­ten »Ri­si­ko­spie­len« die Ko­sten für Po­li­zei­ein­sät­ze den Bun­des­li­ga­clubs in Rech­nung stel­len. All­über­all wohl­fei­le Em­pö­rung, vor al­lem na­tür­lich bei der DFL und des­sen Chef Rein­hard Rau­ball. Den Hin­weis auf die Mil­lio­nen­ge­häl­ter und Ab­lö­se­sum­men, die Ver­ei­ne be­zah­len, wer­den pau­schal als »Po­le­mik« ab­ge­tan. »Dar­um geht es nicht«, sag­te Rau­ball in der NRZ.

Was aber, wenn es ge­nau dar­um geht? Seit Jah­ren lau­fen die In­itia­ti­ven von Ver­ei­nen und dem DFB mehr oder we­ni­ger ins Lee­re, wenn es um so­ge­nann­te »Fan­pro­jek­te« geht, die die aus­ufern­de Ge­walt vor, wäh­rend und nach Spie­len – mei­stens so­ge­nann­ten »Der­bys« – in so­zi­al­de­mo­kra­ti­scher Ma­nier prä­ven­tiv be­kämp­fen sol­len. Das kann man be­kla­gen und dann zur Ta­ges­ord­nung über­ge­hen. Oder man kann Maß­nah­men er­grei­fen, die den Ver­ei­nen mehr ab­ver­langt, als ein paar tau­send Eu­ro zur Ge­wis­sens­be­ru­hi­gung ab­zu­zwacken und an­son­sten busi­ness as usu­al zu be­trei­ben.

Die Bre­mer In­itia­ti­ve führt zu ei­ner Wie­der­be­le­gung alt be­kann­ter Ste­reo­ty­pen. Et­wa wenn es im­mer wie­der heißt, die Ran­da­lie­rer sei­en kei­ne Fuß­ball­fans und das al­les hät­te mit Fuß­ball nichts zu tun. Mit was hat es denn dann zu tun? Mit Hal­len­hand­ball? Das ist un­ge­fähr so, als be­haup­te man, dass die rund 3000 Ver­kehrs­to­ten im Jahr auf deut­schen Stra­ßen nichts mit dem Au­to­fah­ren zu tun ha­ben. Ach ja, das ist ja auch so ein The­ma: Ge­schwin­dig­keits­be­gren­zung. Aber ich schwei­fe ab.

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In­fla­ti­on der Mut­ma­ßun­gen

Der Ab­sturz der ma­lay­si­schen Boe­ing 777 über der Ost­ukrai­ne kann wohl als Fa­nal für Qua­li­tät wie Quan­ti­tät von Be­richt­erstat­tung im di­gi­ta­len Raum be­trach­tet wer­den. Ent­schei­dend für die In­fla­ti­on der Mut­ma­ßun­gen1 ist da­bei, dass die Ab­sturz­stel­le in ei­nem bür­­ger­­kriegs-um­­­kämpf­ten Ge­biet mit un­kla­ren Zu­stän­dig­kei­ten und In­sti­tu­tio­nen liegt. Die Pro­pa­gan­da der bei­den Par­tei­en führt so­fort zu un­ter­schied­li­che Deu­tun­gen. ...

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Lob der Hel­le

Daß Fi­gur und Kör­per­bau ja­pa­ni­scher Frau­en we­ni­ger schön sind als bei den Frau­en im We­sten, mag man be­zwei­feln. Si­cher ist, daß nir­gend­wo sonst Frau­en mit so schö­ner und zar­ter Haut zu fin­den sind. Es wird wohl mit dem Zell­ge­we­be zu tun ha­ben, das bei wei­tem nicht so schnell al­tert wie bei Eu­ro­päe­rin­nen. Die Haut er­schlafft, ja, aber die Zel­len ver­fallen nicht in glei­cher Wei­se wie bei west­li­chen Frau­en, wo je­de über Drei­ßig mit Zellu­litis zu kämp­fen hat. Ja­pa­ni­sche Frau­en ha­ben Jahr­zehn­te zur Ver­fü­gung, um ih­re Schön­heit zu ent­fal­ten. Es ist kein plötz­li­ches Auf­blü­hen und ra­sches Ver­wel­ken, son­dern ein lang­sa­mer, viel­schich­ti­ger, nu­an­cier­ter Vor­gang. Die Frau­en ver­ste­hen es, zu rei­fen. Und nicht nur die so­ge­nann­ten Schön­hei­ten. Viel­leicht den­ken sie gar nicht dar­an; der Kör­per reift von selbst. Bei vie­len ist die Haut durch­schei­nend, man sieht oder ahnt das Adern­werk, die bläu­li­chen Ver­äste­lun­gen. Die Schön­heit der Far­be Weiß ha­be ich erst hier zu be­grei­fen be­gon­nen. Das Aben­teu­er die­ser Far­be, die den Be­griff der Voll­kom­men­heit an­schau­lich macht, aber auch für Schat­ten emp­fäng­lich ist. Schat­tie­run­gen, Pro­jek­tio­nen, mein ei­ge­ner Schat­ten. Der Schat­ten mei­ner rech­ten Hand. Kei­ne Haa­re (oder nur äu­ßerst fei­ne, man sieht sie auch aus gro­ßer Nä­he kaum), kei­ne Fur­chen, kei­ne Wi­der­stän­de. Nur die Flä­chen und Mul­den, die zu­rück­hal­ten­den Run­dun­gen. Die Haut wird zur rei­nen Form, nichts als Ober­flä­che, die Haut macht ver­ges­sen, daß sie et­was hält. Nie wer­de ich die Re­de von der »gelb­li­chen Tö­nung« ver­ste­hen, die die Ja­pa­ner selbst gern füh­ren. In Eu­ro­pa se­he ich gel­be Men­schen; hier nicht. Es gibt kei­ne rei­ne­re, für sich be­stehen­de Hel­lig­keit. Auch dies ein Grund, war­um Schat­ten not­wen­dig sind. Der Kör­per der Frau ver­langt nach dem Schat­ten, der ihn um­hüllt. Der weib­li­che Kör­per ist nicht ex­hi­bi­tio­ni­stisch, will sich nicht, nicht stän­dig, nicht oh­ne Vor­be­hal­te zei­gen. Er will be­stehen, sich be­reit hal­ten, be­rührt wer­den. Eher be­rührt als ge­se­hen. Der weib­li­che Kör­per er­hüllt sich, in­dem er sich zeigt. Den wei­ßen Schlei­er der Haut.

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An­ge­la Mer­kel ist 60

In den 1970er Jah­ren lief ei­ne Vor­abend­se­rie im ZDF: Das »Kö­nig­lich-Baye­ri­sche Amts­ge­richt«. Die Wi­ki­pe­dia ru­bri­ziert sie als Ge­richts­show und Hei­mat­se­rie. Im We­sent­li­chen be­stand sie aus ge­spiel­ten Ge­richts­sze­nen aus der Zeit vor 1914 aus ei­nem fik­ti­ven nie­der­baye­ri­schen Ort. Sie be­gan­nen im­mer mit ei­nem klei­nen Pro­log: »Es war ei­ne lie­be Zeit, die gu­te, al­te Zeit, vor an­no 14. In Bay­ern gleich gar. Da­mals hat noch ih­re Kö­nig­li­che Ho­heit, der Herr Prinz­re­gent, re­giert. Ein kunst­sin­ni­ger Mon­arch, denn der Kö­nig war schwer­mü­tig.«

Ich muss in letz­ter Zeit im­mer wie­der an die­se klei­ne, durch­aus im sanft iro­ni­schen Duk­tus vor­ge­tra­ge­ne Ein­füh­rung den­ken, die mit den mar­ki­gen Wor­ten »Es war halt noch vie­les in Ord­nung da­mals« en­det. Mit ähn­li­chen Wor­ten könn­te man in 60 Jah­ren viel­leicht auch die Ära Mer­kel ver­klä­ren. Das hät­te man sich in den 1990ern, als Hel­mut Kohl An­ge­la Mer­kel re­la­tiv zü­gig in wich­ti­ge Po­si­tio­nen hiev­te, nie­mals ge­dacht. Die po­li­ti­schen Hoff­nungs­trä­ger wa­ren an­de­re. Ei­nen (fik­ti­ven) Eu­ro für je­den, den man oh­ne ei­ne Such­ma­schi­ne zu be­mü­hen, na­ment­lich nen­nen kann!

Da­bei braucht man gar nicht die Fa­ma der män­ner­mor­den­den An­ge­la Mer­kel zu stricken. Sie ist in die­ser Kon­se­quenz Un­sinn. Wenn Po­li­ti­ker in­ner­halb ih­rer Or­ga­ni­sa­ti­on kei­nen Auf­stieg mehr rea­li­sie­ren kön­nen, su­chen sie an­de­re Be­tä­ti­gun­gen. Das war bei Hel­mut Kohl nicht an­ders. Und auch der im­mer wie­der her­vor­ge­hol­te so­ge­nann­te Macht­in­stinkt ist in et­wa so au­ßer­ge­wöhn­lich wie ein Lenk­rad am Au­to. In die­ses Amt stol­pert man nicht.

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Der Ge­sin­nungs-Eu­pho­ri­ker

Sie sind kei­ne An­hän­ger, nicht ein­mal Sym­pa­thi­san­ten der Mann­schaf­ten, die sie un­ter­stüt­zen. Sie sind nur ei­nes, und das kon­se­quent: da­ge­gen. Sie hef­te­ten an die Fer­sen von Al­ge­ri­en, in­dem sie Ra­che für Gi­jon 1982 pro­pa­gier­ten. Da­nach wa­ren sie na­tür­lich für »Les Bleus«, weil es so ei­ne schicke Mul­ti­­kul­ti-Trup­­pe ist. Als das nicht half muss­ten die Bra­si­lia­ner ...

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Der Wald und die Bäu­me (V)

Sape­re au­de! Auch Kri­ti­ker sind über­zeugt, daß es kein Zu­rück gibt, und wün­schen sich kei­nes. Wer die di­gi­ta­len Ge­brauchs­tech­ni­ken und die alt­her­ge­brach­ten Kul­tur­tech­ni­ken wie Le­sen und Schrei­ben, Er­ken­nen und Ver­ste­hen, Wer­ten und Ur­tei­len, Ar­gu­men­tie­ren und Gelten­lassen be­herrscht und mit­ein­an­der zu ver­bin­den ver­steht, ist im Vor­teil. Nicht unbe­dingt im Wett­be­werbs­vor­teil um das schleu­ni­ge­re Wis­sen und die ...

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Wi­der ein Recht auf Ver­tu­schen

Die di­gi­ta­le Welt, die seit ei­ni­gen Jah­ren erup­tiv die Le­bens­ge­wohn­hei­ten der Men­schen zu ver­än­dern scheint, hat ei­nen neu­en Rechts­be­griff her­vor­ge­bracht, der den re­vo­lu­tio­nä­ren Im­pe­tus auf ei­ne neue, in Win­des­ei­le er­rich­te­te Um­ge­hungs­stra­ße um­lei­ten möch­te und den wir­ren Ver­kehr auf den Da­ten­au­to­bah­nen ent­la­sten soll. Es ist die Re­de vom »Recht auf Ver­ges­sen« bzw. »Recht auf Ver­ges­sen­wer­den«, wel­ches durch das Ur­teil des Euro­päischen Ge­richts­hofs die Ord­nungs­sehn­sucht des ana­lo­gen Bie­der­manns zu er­fül­len trach­tet.

Das Ur­teil ge­stat­tet ab so­fort prak­tisch je­dem die über ihn ab­ge­spei­cher­ten Hin­wei­se, die ei­ne Such­ma­schi­ne fin­det, de­ak­ti­vie­ren zu las­sen. Der vom Link be­trof­fe­ne In­halt sel­ber wird da­bei we­der ge­prüft noch ist er Ge­gen­stand des In­ter­es­ses. Er muss nicht ent­fernt wer­den, was auch ent­behr­lich ist, da im di­gi­ta­len Voll­rausch der Über­brin­ger längst zur wich­tig­sten Per­son wur­de. Er­leich­tert stellt man fest, dass Ge­or­ge Or­wells Dys­to­pie des Zei­tungs­fäl­schens je nach po­li­ti­scher Groß­wet­ter­la­ge prak­tisch aus­fällt. Hät­te Or­well al­ler­dings von Such­ma­schi­nen und dem In­ter­net auch nur ei­ne Ah­nung ent­wickelt, hät­te sein Ro­man ziem­lich si­cher das Ur­teil an­ti­zi­piert.

Die Furcht des Heu­ri­sti­kers

Der Ar­chi­var des di­gi­ta­len Zeit­al­ters ist ei­ne Ma­schi­ne, die mit von Men­schen in ei­ne be­stimm­te Rei­hen­fol­ge pro­gram­mier­ten Kri­te­ri­en Me­di­en auf­spürt. Wie beim Bi­blio­the­kar, der ei­nem frü­her auf Such­be­grif­fe hin ei­ne Aus­wahl prä­sen­tier­te, sind die Kri­te­ri­en der Ma­schi­ne letzt­lich un­ge­wiss. Über­haupt sind die Ge­mein­sam­kei­ten zwi­schen mensch­li­chen Fin­dern und Ma­schi­nen ver­blüf­fend: Bei­de wäh­len aus, zu­meist nach quan­ti­ta­ti­ven Kri­te­ri­en. Ab­sei­ti­ges kommt eher sel­ten vor. Der mensch­li­che Ar­chi­var hat sel­ten ei­ne Sei­te 2; der in Such­ma­schi­nen agie­ren­de Fra­ger ver­wen­det die ihm an­ge­bo­te­ne zwei­te Sei­te eben­falls sehr sel­ten. Man sucht das schnel­le Re­sul­tat.

Die Tech­ni­fi­zie­rung der Wis­sens­su­che im In­ter­net ist dem Heu­ri­sti­ker un­heim­lich. Der Mensch, der ge­lernt hat, sich als Kro­ne der Schöp­fung zu se­hen, kann sich nicht da­mit ab­fin­den, ei­ner Ma­schi­ne un­ter­le­gen zu sein. So hat es Jahr­zehn­te ge­dau­ert bis die Schach­spie­ler ak­zep­tiert ha­ben, dass Com­pu­ter ih­nen in na­he­zu al­len Spiel­si­tua­tio­nen auf Dau­er über­le­gen sein wer­den. Men­schen sind ge­zwun­gen, sich in ei­ne Par­al­lel­welt zwei­ter Klas­se zu­rück­zu­zie­hen. Hier do­mi­niert der Feh­ler. In der Ana­ly­se der Par­tie ent­deckt dann die Ma­schi­ne, wie es hät­te bes­ser wei­ter ge­hen kön­nen. Die Scha­dens­be­gren­zung geht nur noch da­hin, dass Men­schen bei ih­ren Wett­kämp­fen nicht ver­bo­te­ner­wei­se auf der Toi­let­te die Hil­fe der Ma­schi­nen ab­fra­gen.

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Ab­ge­pfif­fen

In der 19 Uhr »heute«-Sendung soll­te ein we­nig At­mo­sphä­re ver­mit­telt wer­den. Die To­re mit Live-Kom­­men­tar von Bé­la Ré­thy. Beim 1:0 un­ter­schlug man non­cha­lant, dass Ré­thy zu­nächst »ab­ge­pfif­fen« mel­de­te, ei­ne Ge­ste des Schieds­rich­ter falsch in­ter­pre­tier­te und glaub­te, das Tor sei nict ge­ge­ben wor­den. Vgl. »heute«-Sendung [nur zu hö­ren bei 1:18] und Ori­­gi­nal-Re­­por­ta­­ge in der zdf-Me­­dia­­thek [16:58] ...

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