Xa­ver Bay­er: Heu­te könn­te ein glück­li­cher Tag sein / Die Alas­ka­stra­ße

Xaver Bayer: Heute könnte ein glücklicher Tag sein

Xa­ver Bay­er: Heu­te könn­te ein glück­li­cher Tag sein

Der Ich-Er­zäh­ler in »Heu­te könn­te ein glück­li­cher Tag sein« bleibt na­men­los. Er ist Stu­dent, wohnt in Wien (was ist de­pri­mie­ren­der als Wien?), aber man er­fährt nicht, was er stu­diert. Da ziem­lich viel von Li­te­ra­tur die Re­de ist und ei­ne me­lan­cho­li­sche Fas­zi­na­ti­on für das Bild des to­ten Ro­bert Wal­ser im Schnee be­steht, ver­mu­tet man ir­gend­wann, dass es Li­te­ra­tur oder Ger­ma­ni­stik ist. Die Vor­le­sun­gen be­sucht er so gut wie nie. Sein Lern­plan ist chao­tisch; selbst­ge­steck­te Zie­le hält er nicht ein. Trotz­dem macht der die »Schei­ne« und ist ir­gend­wann fer­tig. Er be­ginnt sei­ne Di­plom­ar­beit, die je­doch von sei­nem »Be­treu­er« als es­say­istisch und nicht wis­sen­schaft­lich ge­nug ab­ge­lehnt wird. Wie es dann wei­ter­geht, bleibt un­aus­ge­spro­chen.

Zwar nimmt er spo­ra­disch mo­nats­wei­se Jobs an, aber die öko­no­mi­sche Ver­sor­gung ist ne­bu­lös. Er geht sehr oft aus, kon­su­miert Al­ko­hol und Dro­gen in be­trächt­li­chem Aus­mass; un­ter­hält ein Au­to und reist ge­le­gent­lich. Es bleibt un­klar, wie er die­sen Le­bens­wan­del fi­nan­ziert.


Ab­lauf­ar­tig wird ein Jahr im Le­ben die­ses Prot­ago­ni­sten er­zählt. Der Le­ser er­fährt, dass er ein gro­sser Rock­mu­sik­fan ist. Ei­ne Fül­le von Ti­teln be­kommt man prä­sen­tiert; von Klas­sik über 80er Jah­re Pop (und – na­tür­lich – das hier) und manch­mal ein biss­chen zu ein­deu­ti­ges wie die­ses oder »Ten­der«. Mu­sik setzt Trost­punk­te im All­tags­stumpf­sinn. Ich wer­de das­sel­be tun wie im­mer. Ich wer­de auf­ste­hen, den Nach­mit­tag ver­däm­mern, ein Buch le­sen, Mu­sik auf­le­gen und am Abend durch die Stadt ge­hen, die la­chen­den Stim­men der Men­schen hö­ren und mir da­bei viel­leicht wün­schen, dass ich un­sicht­bar bin. So ist das.

Dis­kre­tes Er­zäh­len

Al­len­falls die Jah­res­zei­ten bie­ten da ei­ne Ab­wechs­lung, denn so­wohl die Ge­sprä­che tö­ten mich heisst es – als auch die Stil­le ist noch schlim­mer. Und selbst, wenn ich glück­lich bin, ha­be ich die ab­sur­de­sten Ge­dan­ken und den Wunsch, das Glück zu zer­stö­ren. Hin- und her­ge­ris­sen zwi­schen dem Wunsch nach so­zia­len Kon­tak­ten (und Ak­zep­tanz) und dem Sich-Ver­ber­gen-Wol­len vor der Welt weicht der Held in sei­ne ex­zes­si­ve Selbst­be­ob­ach­tung aus, die – und das ist ei­ne Kunst – nie in lar­moy­an­tes Selbst­mit­leid um­schlägt. Es wer­den Dro­gen kon­su­miert, um Ge­füh­le zu un­ter­drücken oder zu er­zeu­gen und dann zu un­ter­drücken, aber im Rausch ist be­reits im­pli­zit der Ka­ter ent­hal­ten. Da­her ist der Er­zäh­ler kein Jun­kie im klas­si­schen Sinn (im Ge­gen­satz zu ei­ni­gen sei­ner Freun­de). Auch das Wahn­haf­te hält sich in Gren­zen – nur manch­mal geht et­was Bedrohliches…von der Un­be­weg­lich­keit der Ge­gen­stän­de im Raum aus und dann blicken ihn die Din­ge an, al­ler­dings oh­ne Dau­er.

Ein­mal schläft Han­nes, ein Freund, mit Bet­ti­na, der ak­tu­el­len Ge­lieb­ten des Er­zäh­lers. Die­ser ver­spürt plötz­lich ei­nen Stich im Her­zen – wohl die stärk­ste Ge­fühls­äu­sse­rung in die­sem Buch (so­fort da­nach ist es schon egal und ich muss so­gar grin­sen). Xa­ver Bay­er bleibt im­mer dis­kret; passt sich der (vor­der­grün­di­gen) Läs­sig­keit sei­ner Prot­ago­ni­sten an.

Die­se Dis­kre­ti­on, ja Keusch­heit, hat den Vor­zug, dass der Haupt­fi­gur – un­ge­ach­tet der oft akri­bi­schen Schil­de­run­gen des All­tags und der Auf­zäh­lun­gen der kon­su­mier­ten Ge­trän­ke, Dro­gen- und Rausch­mit­tel – ih­re »Ge­heim­nis­se« blei­ben. Hier­aus ent­steht beim Le­sen durch­aus ei­ne Span­nung, die be­wusst er­hal­ten wird, denn im­mer, wenn ei­ne ge­wis­se – vom Er­zäh­ler (Au­tor) fest­ge­leg­te – Schwel­le droht über­schrit­ten zu wer­den, er­folgt das takt­vol­le Aus­blen­den. Hier­durch ge­rät der Prot­ago­nist nicht zum put­zi­gen Au­ssen­sei­ter oder Schau­ob­jekt, son­dern be­hält ei­ne my­ste­riö­se Ver­schlos­sen­heit, die ei­ne Zeit lang beim Le­ser ein un­vor­her­seh­ba­res Er­eig­nis, ei­nen Af­fekt oder gar ein Ver­bre­chen als mög­lich er­schei­nen lässt.

Ei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­te Ein­füh­lung in die Haupt­fi­gur ist dem­nach schwie­rig, denn au­sser recht all­ge­mei­nen Aus­sa­gen über die je­wei­li­ge Be­find­lich­keit wie de­pri­miert, ner­vös, ru­hig oder auch glück­lich und im stil­len Ein­ver­ständ­nis, über das Glück zu schwei­gen er­fährt man zu­nächst nicht viel. Hin­zu kommt, dass der Held grö­sse­ren und nicht be­re­chen­ba­ren Stim­mungs­schwan­kun­gen un­ter­liegt, de­ren Ur­sa­chen sich (na­tur­ge­mäss) nicht im­mer er­schlie­ssen.

Erst spät hört man von der Fa­mi­lie – den El­tern und der ster­ben­den Gross­mutter, die er wie ei­ne Au­sser­ir­di­sche be­trach­tet und nicht weiss, wo­hin mit sei­ner Zu­nei­gung zu ihr (er nimmt ei­ne Be­ru­hi­gungs­ta­blet­te be­vor er das Kran­ken­haus­zim­mer be­tritt). Die Kon­ven­tio­nen so­zia­ler Kom­mu­ni­ka­ti­on, die spä­ter in »Die Alas­ka­stra­ße« vom Hel­den im­mer mehr ver­las­sen wer­den, blei­ben je­doch min­de­stens ober­fläch­lich in­takt.

So, wenn er mit An­na nach Am­ster­dam fährt und das leid­li­che tou­ri­sti­sche Pro­gramm ab­sol­viert. Ganz ver­zich­tet Bay­er auf ei­ne ge­wis­se Ver­rückt­heit nicht, et­wa als die bei­den die Rei­se­lei­te­rin bit­ten, von ih­nen ein Fo­to zu ma­chen: An­na und ich leh­nen uns an­ein­an­der, die net­te Rei­se­füh­re­rin drückt ge­konnt schnell ab, und wir be­dan­ken uns. Als wir aus­stei­gen, be­schlie­ssen wir, doch end­lich ei­nen Film für die Ka­me­ra zu kau­fen.

Nicht, dass dies ty­pisch für die Er­zäh­lung wä­re. Aber Bay­er spielt sehr wohl mit Skur­ri­li­tä­ten. Wei­ter­hin fin­det man et­li­che, manch­mal gut ver­steck­te, manch­mal ein biss­chen auf­dring­lich-her­bei­ge­hol­te Mo­ti­ve aus der Welt­li­te­ra­tur; so ganz »un­schul­dig« ist sein Held nicht. Mal er­in­nert er an ei­ne Eu­len­spie­ge­lei, ab und an ein biss­chen tau­ge­nichts-haf­tes von Ei­chen­dorff. Mehr­mals wer­den Mo­ti­ve aus Pe­ter Hand­kes Er­zäh­lun­gen an­ge­deu­tet (et­wa bei der Be­schwö­rung der kleine[n] Welt des Da­sit­zens, Rau­chens und Wein­trin­kens) und auch Wil­helm Gen­a­zi­no kommt ei­nem in den Sinn (frei­lich je­doch um das ge­le­gent­lich Bur­les­ke der Fi­gu­ren Gen­a­zi­nos re­du­ziert). Den­noch ist »Heu­te könn­te ein glück­li­cher Tag sein« nicht epi­go­nal ei­nem Gen­re oder gar Au­tor zu­zu­ord­nen (auch wenn man den Ti­tel als Ein­spruch zu Hand­kes »Ver­such über den ge­glück­ten Tag« se­hen könn­te).

Das Buch wur­de von Tei­len der Kri­tik auch als Ge­ne­ra­tio­nen­ro­man ge­deu­tet. Gros­s­tadt­kin­der, die in der mo­der­nen Welt der Glücks­ver­spre­chen ih­ren Ort, ih­re »Be­ru­fung« nicht fin­den. Dies mag zwar ver­füh­re­risch sein, näh­me je­doch dem Ro­man sei­ne Tie­fe, die eben ge­ra­de nicht in blo­sser, re­prä­sen­ta­ti­ver Af­fekt­be­schrei­bung liegt, son­dern in ei­ner weit­ge­hen­den und ei­gent­lich »zeit­lo­sen« In­dif­fe­renz der ei­ge­nen Exi­stenz ge­gen­über. Wie sich in die­se als so ver­wir­rend sich dar­stel­len­den Netz­wer­ke mensch­li­chen Zu­sam­men­le­bens ein­fü­gen und gar ein­brin­gen? Na­tür­lich stellt der Held die­se Fra­ge nicht di­rekt; er »weiss« aber sehr wohl, dass er in sei­nem Le­ben et­was än­dern muss. Er weiss nur nicht, wie. Und fast ist man ge­neigt zu sa­gen, er weiss auch nicht war­um.

Xaver Bayer: Die Alaskastrasse

Xa­ver Bay­er: Die Alas­ka­stra­sse

Pro­jekt des Ver­schwin­dens

Der Ich-Er­zäh­ler in »Die Alas­ka­stra­ße« ist (und bleibt) eben­falls na­men­los. Das Buch be­ginnt auf sei­ner Ar­beits­stel­le, ei­ner Part­ner­schafts­ver­mitt­lung. Schnell er­fährt man, dass er ge­kün­digt und nur noch we­ni­ge Ta­ge zu ar­bei­ten hat. Man lernt sei­nen Kol­le­gen, den Por­no- und Waf­fen­samm­ler Rolf ken­nen und wird Zeu­ge, wie er die­se Ver­bin­dung kurz nach dem Aus­schei­den aus der Fir­ma in we­ni­gen Stun­den in ei­ne Feind­schaft um­schlägt (ei­ne sehr fi­li­gra­ne Bin­nen­er­zäh­lung, in der es Bay­er ge­lingt, das Kip­pen der so­zia­len Be­zie­hung, den Über­druss des Er­zäh­lers an Rolf sehr pla­stisch dar­zu­stel­len).

Und na­tür­lich sei­ne Freun­din Con­ny, mit der er kurz da­nach in ei­nen drei­wö­chi­gen Ur­laub in ein Fe­ri­en­haus (ver­mut­lich in Süd­eu­ro­pa) auf­bricht. Im Ge­gen­satz zum Wie­ner Stu­den­ten, der ein ge­wis­ses Netz­werk Gleich­ge­sinn­ter über Mo­bil­te­le­fon ko­or­di­nier­te, hat der Held der »Alas­ka­stra­ße« of­fen­sicht­lich kei­ne wei­te­ren So­zi­al­kon­tak­te mehr.

Früh wird deut­lich, dass es sich bei dem Er­zäh­ler um ei­nen Men­schen mit ei­ner Per­sön­lich­keits­stö­rung han­deln muss. Bay­er macht aber nicht den Feh­ler, dies vor­zu­füh­ren oder gar zu pa­tho­lo­gi­sie­ren (was beim Le­ser ent­la­stend wirkt, da er kaum auf den Ge­dan­ken kommt, sich auf die Su­che nach ei­ner Dia­gno­se zu ma­chen). Dem Hel­den bei sei­nem »Pro­jekt« des Ver­schwin­dens zu be­ob­ach­ten und die ein­zel­nen Es­ka­la­ti­ons­stu­fen der Ent­frem­dung mit der Welt (ex­em­pla­risch an der ste­tig stei­gen­den Zu­spit­zung von Ag­gres­sio­nen Con­ny ge­gen­über sicht­bar) der­art er­zählt zu be­kom­men, er­zeugt durch­aus ei­nen Sog beim Le­ser, oh­ne auch nur im Ent­fern­te­sten ei­nen bil­li­gen Voy­eu­ris­mus zu be­frie­di­gen. Aber­mals zeigt sich der Au­tor als dis­kre­ter Er­zäh­ler, der auf spek­ta­ku­lä­re Ak­tio­nen weit­ge­hend ver­zich­tet und statt­des­sen den Pro­zess des Aus-der-Welt-Fal­lens er­zählt, statt ihn zu be­schrei­ben. Die Ent­frem­dung des Prot­ago­ni­sten läuft da­bei nicht oh­ne Dis­so­nan­zen ab, die fast im­mer in Aus­weich- bzw. Flucht­ma­nö­vern mün­den.

Ir­gend­wann ist dann der Punkt er­reicht, dass der Tag sei­ne un­schul­di­ge mor­gend­li­che Aus­ge­dehnt­heit ver­lo­ren hat­te und ich be­gann ihn zu has­sen. Da hat­te er schon längst das Fe­ri­en­haus (mit den Rei­se­pa­pie­ren von bei­den) ver­las­sen und ist nun auf dem Weg zum Fest­land, um von dort aus (al­lei­ne) zu­rück­zu­flie­gen. Em­pa­thie mit dem Schick­sal Con­nys emp­fin­det er kaum; eher ei­nen Är­ger über sie.

Bay­ers Held stol­pert nun mehr zum Flug­ha­fen und nach Hau­se als das es ei­ner ge­ord­ne­ten Rück­rei­se ent­sprä­che. Ir­gend­wie schafft er es dann doch nach Hau­se, nimmt Kon­takt mit Con­ny auf, die die­se »Be­zie­hung« nüch­tern am Mo­bil­te­le­fon be­en­det und er ent­schei­det sich, mit dem Au­to oh­ne Ziel um­her­zu­fah­ren. Es gibt ei­nen Un­fall, der ihn in ei­nen Wald ver­schlägt. Dort wird er – ein we­nig über­trie­ben auf Tho­re­aus »Wal­den« re­kur­rie­rend – zu ei­ner Art Wald­mensch, ar­chai­siert, wenn auch nur für kur­ze Zeit. Nach ei­ni­gen Ta­gen ver­lässt er die Hüt­te wie­der, geht zum Wald­rand ans Feld; es scheint so, als wol­le er wie­der in die Zi­vi­li­sa­ti­on zu­rück. Das Buch en­det mit dem my­ste­riö­sen Satz Ich hat­te mei­ne Mis­si­on er­füllt.

Auch in »Die Alas­ka­stra­ße« gibt es zahl­rei­che li­te­ra­ri­sche Mo­ti­ve. Ein- oder zwei­mal er­schei­nen sie ein biss­chen über­instru­men­ta­li­siert, et­wa wenn die Haupt­fi­gur ein Reh ger­ne um­armt hät­te und dem Le­ser die Par­al­le­le zu Nietz­sche und Tu­rin all­zu holz­ham­mer­ar­tig vor­ge­führt wird.

Zu­rück zum er­sten Men­schen?

Der Prot­ago­nist er­lebt ei­ne Rei­se in den ei­ge­nen So­lip­sis­mus. Die­ser Pro­zess, der von den nicht un­mit­tel­bar Be­tei­lig­ten kaum be­merk­bar ist, voll­zieht sich sehr wohl in­ten­tio­nal (wenn auch nicht be­wusst ge­steu­ert oder gar ge­plant). Mit Er­stau­nen meint man, dass sich hier je­mand bei sei­ner Welt­flucht, die mehr als nur ein blo­sser Es­ka­pis­mus ist, sel­ber zu­schaut und die ein­zel­nen Schrit­te oft ge­nug vor­aus­sieht. Den­noch gibt es kein Fa­tum, d. h. die Haupt­fi­gur sieht sich nicht dunk­len Mäch­ten aus­ge­lie­fert; pa­ra­no­ides Ver­hal­ten ist zwar er­kenn­bar, aber nicht do­mi­nant. Die Wahr­neh­mun­gen des Ver­stör­ten sind teil­wei­se von bi­zar­rer Schön­heit und auch – nicht zu oft – ein­fach ko­misch, et­wa als er nach dem Un­fall aus dem Au­to steigt und zu­nächst ein­mal hin­fällt: Im Lie­gen woll­te ich un­be­dingt wis­sen, ob ich mein Hemd rich­tig ge­knöpft hat­te. Ich be­trach­te­te die An­ord­nung der Knöp­fe, dann stand ich mit wei­chen Knien wie­der auf.

Ir­gend­wann ist von ei­ner Li­ste des Ver­schwin­dens die Re­de. Ei­ne dop­pel­deu­tig in­ter­pre­tier­ba­re Vo­ka­bel – zum ei­nen als Li­ste des Selbst­ver­schwin­dens und zum an­de­ren als ei­ne Li­ste der Punk­te, die al­le bis­her exi­stie­ren­den Brücken in die Welt zum Ver­schwin­den brin­gen soll (mit dem Er­geb­nis ei­nes Ab­tau­chens). Das be­ginnt mit ei­ner im­mer stär­ker wer­den­den Be­däch­tig­keit und Lang­sam­keit, über das prei­sen der Vor­tei­le des Al­lein­seins und stei­gert sich nach­her in ei­ner fast zwang­haf­ten Angst, jeg­li­chen For­men der Fest­le­gung ge­gen­über – und sei­en es auch nur ba­na­le Ter­mi­ne für ei­ne Ver­ab­re­dung.

Ge­gen En­de des Bu­ches hat er die­se Äng­ste ab­ge­schüt­telt (haupt­säch­lich des­halb, weil er sich jeg­li­cher Kon­tak­te ent­hält, die ei­ne Ver­bind­lich­keit ver­lan­gen) und fällt (für kur­ze Zeit) voll­kom­men »aus der Welt« und wäh­rend die­ser Lek­tü­re glaubt man kurz Heid­eg­gers Da­seins­flucht­ge­dan­ken zu ver­ste­hen, aber ex­akt kon­trär zur »nor­ma­len« Deu­tung: Plötz­lich er­scheint das »Aus-der-Welt-Fal­len« als ein »In-ei­ne-an­de­re-Welt-Fal­len« – die »Flucht« als Flucht vor der Ober­fläch­lich­keit der »nor­ma­len« Welt. Als wür­de Bay­ers Prot­ago­nist sich plötz­lich zum er­sten Men­schen zu­rück­ent­wickeln und da­bei gleich­zei­tig ei­ner Art »Rei­ni­gung« un­ter­wor­fen (nur der Re­zen­sent er­laubt sich nun die Plat­ti­tü­de, Adam als Na­men für den Hel­den vor­zu­schla­gen). So er­scheint die ka­thar­ti­sche Wir­kung der kärg­li­chen Wald­hüt­te so­wohl als re­li­giö­se Läu­te­rung als auch als exi­sten­tia­li­sti­sche Selbst-Ver­ge­wis­se­rung deut­bar.

Der Au­tor be­kommt im Som­mer den Her­mann-Lenz-Preis 2008 über­reicht. Auch sein neu­es Buch er­scheint dann. Man darf sich schon jetzt dar­auf freu­en.


Die kur­siv ge­druck­ten Stel­len sind Zi­ta­te aus den be­spro­che­nen Bü­chern.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. der au­tor spricht mir aus der see­le, ob­wohl ich jahr­gang 1962 bin.habe mich, wie bei »hes­se« wie­der ge­fun­den. bit­te, mehr.

    lg mar­ti­na

  2. der au­tor ‚lässt mich an den is­rae­li­schen au­tor »et­gar ke­ret« mit sei­nem »ga­za blues« den­ken. al­ler­dings ist er auf ei­ne ganz an­de­re art per­fekt. mar­ti­na