Ich habe Alice Schwarzer nie besonders »gemocht«. Sie war mir oft zu militant, zu laut, zu polemisch. Aber vielleicht musste man das sein, um ihr Thema – die Emanzipation der Frauen in unserer Gesellschaft – erfolgreich anzupacken und dauerhaft in den Köpfen der breiten Masse zu verankern. Rückwirkend erscheint es dabei, dass Alice Schwarzer alleine gestanden hätte, was nachweislich falsch ist (auch wenn es immer wieder behauptet wird – und neulich sogar durch einen eigentlich renommierter Historiker wie Hans-Ulrich Wehler). Es ist inzwischen vieles Legende geworden, was das Wirken von Alice Schwarzer angeht. Dennoch sind ihre Verdienste nicht zu leugnen. Und die Versuche, sie in diversen Kampagnen zu denunzieren, haben mich immer angewidert. Man kann sagen, ich habe Alice Schwarzer respektiert.
Aber in den letzten Jahren hatte sich wohl Feminismusthema wenn nicht thematisch, so doch rhetorisch erschöpft. Frauen brauchen keine wortgewaltigen Fürsprecher mehr, die nebenbei ihr Mütchen in unzähligen Talkshows kühlen. Unvergessen, ihr ziemlich hilfloses Agieren im Gespräch mit Verona Feldbusch (jetzige Pooth), die normalerweise intellektuell meilenweit unterlegen sein dürfte.
Inzwischen nehmen Frauen das selber in die Hand. Und jetzt hat sich Frau Schwarzer denjenigen zugewandt, die sich in unserer Gesellschaft am wenigstens vor ihrer Zuneigung wehren können: den muslimischen Frauen in Deutschland. Hier kommt ihre Militanz, die sie in Zwangsbeglückungen münden lassen möchte, wieder voll zum Tragen. Und merkwürdig: Erschien mir diese Militanz in den 70er/80er-Jahren noch durchaus notwendig (wenn auch nicht immer treffend), so kommt sie jetzt in Verbindung mit einer besserwisserischen Attitüde daher, die nicht nur peinlich, sondern geradezu abstossend ist. Ihr FAZ-Interview, in dem sie das Kopftuch mit dem Judenstern vergleicht, ist nur ein Beispiel für jene unsägliche Mischung zwischen Anmaßung und Missionsdrang, welche offensichtlich einige Intellektuelle im Alter wie eine fiebrige Krankheit befällt – nur mit dem Unterschied, dass dieses Fieber nicht mehr eingedämmt wird.
Der vorläufige Höhepunkt der Peinlichkeiten um bzw. von Alice Schwarzer ist nicht etwa ihr Buch, welches in der FAZ vorabgedruckt wird. Und auch nicht die diversen Interviews, die sie gibt. Der vorläufige Höhepunkt der Peinlichkeit ist das hier:
Man schüttelt nur mit dem Kopf und denkt: Wieder eine(r) weniger; endgültig. Und man fragt sich, welche Zeitspanne hier das Verschwinden des letzten Körnchens von Respekt zu nennen wäre.
Welche Wahrheit ist gemeint?
Diese BILD-Plakataktion – egal ob ich sie nun gut finde oder nicht – benutzt häufig Zitate aus der Vergangenheit. Von daher könnte »man« sich auch denken, dass BILD damit auf Schwarzers enthüllendes Buch »Der kleine Unterschied und die große Wirkung« aus den 70ern anspielt. Und dann wäre der Slogan gerechtfertigt.
Von ihren Zielen aus den 70ern ist Frau Schwarzer bis heute kaum abgerückt. Kann man ihr das vorwerfen? Sie steht weiterhin zu ihren Ansichten und ist in der Hinsicht konservativ. Heute noch jeden Mann als potenziellen Vergewaltiger anzusehen, mag überholt erscheinen und zu aktuellen Problemen mag sie keine modernen Antworten haben. Ihre Antwort auf die überalterte Gesellschaft und die Frage, ob sie es denn gut finde, dass junge Frauen heute kaum noch Kinder bekommen, war beispielsweise: »Klar. Wir müssen doch heute dem Führer kein Kind mehr schenken!«
Solche Aussagen sind unverhältnismäßig und in gewisser Weise konservativ. Der Feminismus und die Gesellschaft haben sich in den letzten 30 Jahren verändert, Frau Schwarzer nicht. Das mag unflexibel erscheinen, aber das ist ihr gutes Recht. Erwartet man von einem Traditionalisten, dass er ein Lied über die Moderne singt? Wenn man einen modernen Feminismus will, dann soll man gefälligst eine moderne Feministin befragen und nicht Frau Schwarzer.
Aber zurück zu deinem Posting: Dass BILD Alice Schwarzer allgemein als Verkünderin von Wahrheiten präsentiert, passt nach ihren jüngsten Aussagen nicht mehr, da gebe ich dir Recht.
Die Bild hat ganz sicher die Zustimmung von AS zur Verwendung ihres Konterfeis auf dem Plakat eingeholt, sie hätte das auch verweigern können. Gregor bezieht sich sicherlich darauf.
Heute wirkt AS ein bisschen wie ein lebendes Fossil – sie zeigt, wie schwer es Frauenrechtlerinnen (zumal als Lesben) vor ein paar Jahren noch hatten in der alten Bundesrepublik. Ihre Äußerungen bzgl. der Kinder passen in dieses Bild.
Das freiwillige Einverständnis, sich zu Werbezwecken ausgerechnet innerhalb dieses Verblödungszusammenhangs zu
prostituierenpräsentieren,desavoiert etwas, was jetzt nicht mehr ohne weiteres Lebensleistung genannt werden kann!
Parodie?
Vielleicht handelt es sich ja bei diesem Plakat um eine der BILD-Wahrheit-Parodien? Die, bei denen beispielsweise auch Käptn Blaubär oder Baron Münchhausen abgebildet waren?
Hm....
#4 – Das glaube ich nicht
Die Rechtslage ist glaube ich heute so eindeutig, dass man nicht einfach mit irgendeinem Bild eines Prominenten werben kann. Da muss sie schon zugestimmt haben. Käptn Blaubär ist vielleicht »freigegeben«; Münchhausen ist ja ein Bild aus einem Albers-Film, glaube ich.
#1 – Es geht nicht um »ihr gutes Recht«
Ich werfe ihr auch nicht vor, dass sie sich nicht verändert hat. Das kann ich im Detail auch nicht beurteilen. In einem Interview im Dezember in der ZEIT sagt sie, dass sie sich nicht verändert habe. Im gleichen Interview sagt sie auch Ich bin Journalistin und lege Wert auf meine Unabhängigkeit. als sie (ein bisschen blöde) gefragt wird, ob sie für Hillary Clinton Wahlkampf machen würde.
Für mich ist Unabhängigkeit DIE Formalqualifikation eines Journalisten. Er ist dann zwar nicht immer gut, aber die Voraussetzungen stimmen. Wer für Produkte Werbung macht, ist kein Journalist mehr. Wie walhalladada schin sagt: sie diskreditiert ihre Lebensleistung.
Wenn sie sich tatsächlich nicht geändert hat, dann fällt mir vielleicht erst jetzt ihr missionarischer Dogmatismus auf, der vor Intoleranz nur so trieft: Ein anderes Weltbild als das ihre lässt AS offensichtlich nicht gelten. Sie ignoriert alles, was sich dem entgegenstellt. Es ist ihr nicht möglich, sich vorzustellen, dass eine Muslima das Kopftuch freiwillig tragen könnte (es gibt hierzu eine Studie des Konrad-Adenauer-Instituts – die wird natürlich auch ignoriert). Ich halte diese Zwangsbeglückungsmaschinerie für extrem bedenklich. Wenn sie sich jetzt noch mit der »Bild«-Zeitung gemein macht (das macht sie mit dieser Werbung), dann entsteht daraus eine Mischung, die unappetitlich ist. (Ausserdem scheint Frau Schwarzer ziemlich vergesslich zu sein, was die »Bild«-Zeitung angeht.)
Allein das Wort „Wahrheit“ im Zusammenhang mit diesem unseligen Hetzblatt löst doch nur höhnisches Gelächter aus. Allerdings, im heroischen Kampf gegen die Islamisierung Deutschlands (Kopftuch, Türkei-Beitritt, Gefängnis für ein bisschen Sex – sabber!- mit Minderjährigen) finden sich die merkwürdigsten Allianzen.
Dennoch erschließt sich mir der Werbeeffekt des Plakates nicht, erwartet doch die gemeine BILD-Klientel ein schönes Arsch- und Tittenbild und keine verkniffene Schreckschraube.
Bei Alice im Lügenland, bekommt das Wort vom ‘Enthüllungsjournalismus’ doch seine wahrheitsgemäße Bedeutung!
(Ich kann mich übrigens erinnern, selbst Einstein als BLÖDwerbeträger gesehen zu haben...)
Man will jetzt vermutlich
bei »Bild« auch die
IntellellenIntellektuellen ansprechen. Und auch noch die Feministinnen!@walhalladada: Gandhi, Einstein und WIlly Brandt konnten sich nicht mehr wehren – sie waren schon tot.
Und: schönes Wortspiel!
Frau Schwarzer hat wahrscheinlich einfach das Geld genommen, wie jede Prostituierte.
Aber dummerweise nicht bedacht, wie schädlich sowas für sie wird.
@Jeeves
AS gibt – gemäss ihrer Homepage – bekannt: Das Honorar geht direkt an drei Projekte, die muslimischen Mädchen in Not helfen.
Als ob dies die intellektuelle Verwerflichkeit mindere.
Prostituierte geht mir zu weit, weil der Begriff hier denunziatorisch gebraucht wird. Letztlich ist der Kapitalismus generell auf »Prostitution« (= Verkauf der Arbeitskraft) ausgerichtet.
Wer sich in die Öffentlichkeit begibt, kommt darin um.
Bei der guten Alice ist das ja vielleicht ihrem schon historisch gewordenen Ajatollahtum, dem Wachen über der reinen Lehre, die in der gesellschaftlichen Mitte angekommen ist, geschuldet.
Was aber mit dem seligen Willy Brandt, der sich einvernehmen lassen muss von einer versifften Gemüseeinwickelpapierzeitung, die ihn seinerzeit aufs perfideste diffamierte (»Der hat doch dem deutschen Landser in den Rücken geschossen«)?
Verhältnisse in solcher Vertracktheit lassen ahnen, dass alles immer noch viel schlimmer kommen kann...
Brandt
Das Schwarzer-Bild war hier in Düsseldorf wenige Tage vor dem Brandt-Plakat da. Während Frau Schwarzer ihren intellektuellen Bankrott dokumentiert, ist die Verwendung des Brandt-Bildes ausgerechnet durch die Nachfolger der Hassprediger der Bild-Zeitung (Boenisch et. al) schon ein dreistes Stück.
Die Verwendung, nein: Verunreinigung dieses Bildes, dieses In-den-Dreck-Ziehen müsste fast Rechtfertigung sein für eine verschärfte Form eines Urheberrechtes, welches gerade für zeitgeschichtliche Exponate gelten sollte.
Das hier soll aber nicht verschwiegen werden. Wobei ich nicht weiss, ob es sich um eine (misslungene) Glosse handelt, oder ob die Autorin wirklich so dumm ist.
meiner unmaßgeblichen meinung nach hat frau schwarzer die emanzipation durch ihre militante art verhindert. man hätte es anders machen sollen, sanfter vielleicht...
denn in deutschland hat sich doch nicht wirklich etwas verändert, und zudem sind die fronten zwischen den geschlechtern verhärtet.
Emanze ist ein schimpfwort, und ein viel benutztes zitat ist: die hässliche schreckschraube hätte ja eh keinen mann mitgekriegt...
Alice Schwarzer hat schon immer gerne in der Öffentlichkeit gestanden und über 30 Jahre für ihre Ziele gekämpft. Man gewinnt den Eindruck, dass sie sich dafür mit dieser Aktion selbst ein wenig belohnen will. Nur ist die BILD-Aktion, an der sie jetzt mitmacht, vorsichtig ausgedrückt – unpassend.
Trotzdem bleibe ich dabei: Frau Schwarzer hat in den 70ern mit »Der kleine Unterschied« ein wichtiges und ein notwendiges Buch geschrieben, durch das die relative Gleichberechtigung heute erst in die Wege geleitet wurde. Dafür hat sie Lob und Anerkennung verdient. Für das meiste andere, was sie gemacht hat und was die Medien dankend von ihr angenommen haben, hat sie möglicherweise nicht mehr verdient, als dieses schäbbige BILD-Werbeplakat.
#15
Eben weil Frau Schwarzers Verdienste nicht zu leugnen sind, entsteht diese Reaktion in der Öffentlichkeit.
Sie, die in übertriebenem Elan fast immer und überall eine Unterdrückung oder Diskriminierung der Frau gesehen hat (Stichwort: Titelbilder des »Stern«) scheint sich nun bei der »Bild« auf den Standpunkt zu stellen, dass Geld nicht stinkt. Sie belegt damit m. E., wie sehr sich ihr Koordinatensystem verschoben hat.
#14 Iggy – Interessante These
Allgemein geht man im Medienzirkus davon aus, dass derjenige, der am lautesten schreit auch gehört wird. Daher waren und sind alle Aktionen seit den 70er Jahren einigermassen hysterisch angelegt, um »aufzurütteln«. Das hat neben Frau Schwarzer beispielsweise die Umweltbewegung auch so gemacht. Im Moment sind wir wieder dabei, eine wissenschaftliche These derart zu dramatisieren und in einem Alarmismus zu verfallen, nur um ein Mindestmass an Durchdringung in der Gesellschaft zu erreichen.
Ob Frau Schwarzer nun einen Mann »mitgekriegt« hat bzw. ob sie überhaupt je einen wollte (Bascha Mika hatte ja in ihrer Biografie über Alice Schwarzer geschrieben, dass diese lesbisch sei; Frau Schwarzer war nicht besonders angetan davon) – das darf letztlich bei der Beurteilung ihrer gesellschaftspolitischen Relevanz oder Wahrhaftigkeit m. E. keine Rolle spielen.
...und alle hinken wir mal wieder hinterher:
»Doppelte Aufmerksamkeit
Wer sich über Schwarzers opportunistische Biegsamkeit aufregt, hat weder die Aufweichung der traditionellen Ideologiefronten verstanden, noch wie Werbung funktioniert. Provokation ist Marketing. Die für die Kampagne verantwortliche Werbeagentur Jung von Matt erklärte zum Einsatz von Motiven aus dem Repertoire der Bild-Gegner, dass damit ein »doppelter Aufmerksamkeits-Effekt« erzielt werde. Nur, »BLÖD, wenn einem keiner zuhört«, sagt Käpt’n Blaubär auf bildblog.de.«
Zitat Berliner Zeitung, 13.07.2007
Der ganze Artikel
hier
@en-passant
Genau auf diesen Artikel hatte ich ja in meiner Replik an Sie verlinkt.
Ich bin inzwischen der Meinung, der Beitrag ist ironisch gemeint.
Um Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich darauf hinweisen, dass meine weiter oben verwendete Beschreibung Frau Schwarzers als »verkniffene Schreckschraube« nicht meine persönliche Einschätzung, sondern den Versuch darstellt, die Denkweise eines treuen BILD ‑Lesers nachzuvollziehen. Angesichts der Aufregung, auch hier, verkündet das Plakat zumindest eine Wahrheit: Mut hat sie, die Alice!
@blackconti
Aufregung? Hm.
Und Mut? Ich weiss nicht, ob es mutig ist seine intellektuelle Redlichkeit derart zur Disposition zu stellen.
Was mich interessiert ist, dass wir im Moment nicht nur an der Dekonstruktion (bzw. Relativierung) der linken »Helden« der Bundesrepublik teilnehmen (bestes Beispiel: Grass; aber auch Hildebrandt; jetzt »gesteht« auch Eppler seine NSDAP-Mitgliedschaft – ein »Grossreinemachen« unter »Hitler’s children« [Bohrer]), also einer »Entzauberung« all dessen, was vielen einmal heilig war (vieles davon ist natürlich extrem heuchlerisch) – sondern plötzlich auch an einer Selbstdekonstruktion der Nachfolgeneration beiwohnen. Letzteres noch im Anfang, aber immerhin.
@Gregor
Aufregung ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck und bezieht sich auch nur auf die ungewöhnliche Häufung der Meinungsäußerungen zu Ihrem lesenswerten Beitrag.
Mit „Mut“ meinte ich, dass A.S., mit Sicherheit nicht dumm, die Reaktion auf dieses Plakat erwartet und , Provokation, bewusst herausgefordert hat. Mit viel gutem Willen könnte man das Plakat auch als Ablichtung des Triumphs über die Springerschmierer werten, denn wenn die Zielpersonen jahrelanger Hetzkampagnen plötzlich als Werbeträger für eben dieses Hetzblatt herhalten dürfen, so zeigt das doch einmal mehr die verlogene Verkommenheit dieser Journalie.
Und „Dekonstruktion der Nachfolgegeneration“ – vielleicht gar nicht mal zu unrecht, erscheinen doch auch wir der jüngeren Generation oftmals sehr besserwisserisch und selbstgerecht. Insofern ein ganz normales Generationenverhalten.
@blackconti
Ihre Deutung habe ich auch auf Alices Homepage im Gästebuch gefunden: Jetzt, da die »Bild«-Zeitung mit Brandts Kniefall werbe, gebe sie, also die Springer-Presse, sozusagen zu, damals falsch agiert (bzw. agitiert) zu haben. Und jetzt, da Frau Schwarzer für die »Bild« werbe, sehe sie (abermals die Springer-Presse) ihre Fehler ein, die sie gegenüber der Emanzipationsbewegung begangen habe.
ich sehe das ganz und gar nicht so. Eher im Gegenteil. Denn, um bei der Emanzipation der Frau und dessen »Berichterstattung« in der Bild-Zeitung zu bleiben: Wie hat sich das »Frauen-Bild« geändert? Gar nicht, wenn ich richtig informiert bin und die Zeitung in der U‑Bahn beim Gegenüber in Erinnerung habe. Die Werbung Schwarzers für Bild hat keinerlei Auswirkungen auf Schwarzers Anliegen in diesem Blatt. Wie sollte es auch? Frau Schwarzer wirbt für die Bild-Zeitung und nicht die Bild-Zeitung für Frau Schwarzer.
Und Brandt? In dem gleichzeitig der Mitterrand/Kohl-Gestus von Bitburg auch »beworben« wird (welche »Wahrheit« war denn in dieser Geste; in diesem Handeln?) nivelliert man mit diesen Werbebildern letztlich nur die Zeitgeschichte in typischer Bild-Manier so, wie man sie gerade braucht. Bild verunreinigt Brandts Geste. Ja, ich gehe soweit zu behaupten, dass die Springer-Presse niemals mehr Brandt verhöhnt haben, als mit diesem »Werbebild«.
Zurück zu Schwarzer: Dumm ist sie natürlich nicht und die Reaktionen dürfte sie erwartet haben. Ich habe das Gefühl, dass ihr ein bisschen Publicity im Moment ganz gut tut, da sie seit langem droht, zu »ihrem« Thema Familie / Frau und Beruf die Deutungshoheit zu verlieren. Die neuen Protagonistinnen reichen dabei von Frau von der Leyen in der Politik über Petra Gerster bis zu Iris Radisch in der Publizistik. Allen ist gemeinsam, dass sie keine ideologische Brille aufhaben. Die »Hau-druff«-Rhetorik der Schwarzer wich ja in den letzten Jahren einer immer mehr einer wohltuenden, sachlichen Auseinandersetzung. Ausser von der Bild-Zeitung, die im März vergangenen Jahres noch Frauen an den Pranger stellte, weil sie Karriere vor Kindern setz(t)en.
Und noch etwas, was ich unbedingt einmal loswerden will: Ein Journalist, zumal wenn er etwas auf sich hält, wirbt nicht. Er macht sich nicht einmal für das Gute gemein. Er droht sonst seine Unabhängigkeit, seinen Leumund, seine intellektuelle Redlichkeit und Integrität zu verlieren. Frau Schwarzer gehört für mich ab sofort in die Kategorie der Kerner und Beckmann.
Gynäkophobisten plädieren für das Schweigen der Frauen
Sie gehören zu denen, die immer genau wissen, wann Frauen zu schweigen hätten. Jetzt hat A. Schwarzer lange genug genervt, das Thema Emanzipation hat sich quasi erledigt, Frauen brauchen keine Stimme mehr. Damit wieder Frieden in der Herren-Welt einkehre.
Jeder Regenwurm hat heute »eine Stimme«, die für seine Rechte eintritt, einzig Frauen stehen mittlerweile derart souverän da, wie kein Lebenwesen auf dem Planeten, dass jede Pro-Frauenstimme in den Herren-Ohren ungemein weh tut, weil müßig.
Ganz abgesehen von gut oder schlecht. Wenn das Bild-Logo rechts unten zutrifft, kann es für jede Sache nur schlecht sein, wenn sich Bild einer Aussage in dieser plakativen Form annimmt.
Aha! Alice Schwarzer in »Bild«. Ist sie jetzt die Freundin von Bohlen oder von »Naddel«?