Der öster­rei­chi­sche Bun­des­prä­si­dent

Ver­such ei­ner Dis­kus­si­ons­grund­la­ge zur Neu­de­fi­ni­ti­on des Am­tes

Im Rah­men der Bun­des­prä­si­dent­schafts­wahl 2016 wur­de das Amts­ver­ständ­nis des Bun­des­prä­si­den­ten the­ma­ti­siert; es ging da­bei we­ni­ger um des­sen weit­rei­chen­de Kom­pe­ten­zen, die man­che Ju­ri­sten als au­to­ri­tär an­se­hen, son­dern um die tat­säch­lich prak­ti­zier­te Amts­füh­rung in Zu­sam­men­hang mit der Ver­än­de­rung der po­li­ti­schen Land­schaft der zwei­ten Re­pu­blik. In Öster­reich ent­stamm­te der Bun­des­prä­si­dent (bis­lang) fast im­mer ei­ner der bei­den Groß­par­tei­en (SPÖ, ÖVP) und führ­te sein Amt (meist) zu­rück­hal­tend »im Schat­ten« häu­fi­ger gro­ßer Ko­ali­tio­nen (Kirch­schlä­ger war der ein­zi­ge par­tei­lo­se Kan­di­dat der zwei­ten Re­pu­blik). Wer bös­ar­tig sein will, kann sa­gen: Das Land war oh­ne­hin auf­ge­teilt und der Bun­des­prä­si­dent woll­te da­bei nicht stö­ren. Dies führ­te zu der Fest­stel­lung vie­ler Bür­ger, dass man ein solch kon­se­quenz­lo­ses Amt nicht brau­che und man sich das Geld da­für spa­ren kön­ne; al­ler­dings: ei­ne sol­che Amts­füh­rung muss nicht schon per se falsch sein, sie soll­te al­ler­dings be­grün­det wer­den und in irgend­einer Be­zie­hung zu den weit­rei­chen­den Kom­pe­ten­zen des Am­tes ste­hen (braucht es die­se nun oder nicht und war­um wur­den sie – be­stehend seit 1929 – nicht längst ge­än­dert, wenn sie der po­li­ti­schen Rea­li­tät so gar nicht ent­spre­chen?). Hier­an schlos­sen die Diskus­sion nach der Wahl an: Wo­zu die­se weit­rei­chen­den Kom­pe­ten­zen, die letzt­lich vom per­sön­li­chen Wil­len (der Au­to­ri­tät) des je­wei­li­gen Bun­des­prä­si­den­ten ab­hän­gen und zu­dem kaum bis nie ge­nutzt wur­den, wie das Not­ver­ord­nungs­recht, das Recht die Re­gie­rung als Gan­ze zu ent­las­sen, das Recht ei­nen Land­tag oder den Na­tio­nal­rat aufzu­lösen (die er­sten drei wur­den nie an­ge­wen­det, das letz­te ein ein­zi­ges Mal von Mi­klas im Jahr 19301).

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  1. Eine Liste der Kompetenzen findet man dort

Nein, der ach­te Mai ist für mich kein Tag der Freu­de

Je­der, der die Re­geln der Lo­gik be­her­zigt, wird vor dem Um­kehr­schluss zu­rück­schrecken; er wird er­ken­nen, wenn er es nicht oh­ne­hin weiß, dass das »ter­ti­um non da­tur« hier gar nicht gül­tig ist, da sich an die­sem Tag, wie an je­dem an­de­ren, ne­ben Trau­er und Freu­de auch an­de­re Emo­tio­nen ein­stel­len (oder nicht ein­stel­len) kön­nen. Und er wird be­mer­ken, dass die­se (feh­len­den) Emo­tio­nen nicht not­wen­di­ger Wei­se mit der po­li­ti­schen oder zeit­ge­schicht­li­chen Deu­tung und Be­wer­tung der Er­eig­nis­se kor­re­lie­ren müs­sen. – Nach ei­ner kur­zen Pha­se des Nach­den­kens wird er sich ver­ge­gen­wär­ti­gen, wel­che Funk­tio­nen und wel­che Aus­wir­kun­gen die po­li­ti­sche Loya­li­sie­rung durch Emo­tio­nen hat.

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Mi­cha­el Götschen­berg: Der bö­se Wulff?

michael-goetschenberg-der-boese-wulffVor ei­nem Jahr trat Chri­sti­an Wulff vom Amt des Bundes­präsidenten zu­rück. Über mehr als zwei Mo­na­te pras­sel­te da­mals das me­dia­le Dau­er­feu­er auf ei­nen am­tie­ren­den Bun­des­prä­si­den­ten ein. Mi­cha­el Götschen­berg, Lei­ter des Haupt­stadt­bü­ros von RBB, MDR, Ra­dio Bre­men und des Saar­län­di­schen Rund­funks, be­müht sich in sei­nem Buch »Der bö­se Wulff?« aber nicht nur um die Auf­ar­bei­tung der di­ver­sen Wulff-Af­fä­ren (die ge­le­gent­lich auch nur lä­cher­li­che Af­fär­chen wa­ren), son­dern un­ter­sucht die Um­stän­de vor bzw. bei der Wahl Wulffs und gibt ei­nen Über­blick über die 598 Ta­ge der Prä­si­dent­schaft. Da­bei zieht er was die Amts­zeit an­geht ein über­aus po­si­ti­ves Fa­zit und mag so gar nicht in die ne­ga­ti­ven Stim­men der Jour­na­li­stik ein­stim­men, die, wie man heu­te nach­le­sen kann und Götschen­berg auch zeigt, durch die Dy­na­mik der Um­stän­de ein­ge­färbt wa­ren (und im­mer noch sind).

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»Bür­ger­recht­ler, po­li­ti­scher Auf­klä­rer und Frei­heits­den­ker«

War­um Joa­chim Gauck mein Bun­des­prä­si­dent wä­re

Manch­mal ge­schieht es, dass Leu­te, die das Fal­sche mei­nen das Rich­ti­ge tun. Rot-Grün bei­spiels­wei­se mit der Kan­di­da­tur von Joa­chim Gauck zum Bun­des­prä­si­den­ten. Hät­te man ei­ne si­che­re Mehr­heit in der Bun­des­ver­samm­lung, so wä­re Gauck nie­mals ihr Kan­di­dat. Auch die SPD hat im­mer ih­re Spiel­chen mit dem Bun­des­prä­si­den­ten ge­trie­ben. Zu­letzt 2009 als man mit Ge­si­ne Schwan die Lin­ke ver­füh­ren woll­te – und sich bei­na­he sel­ber ein Bein ge­stellt hät­te. Zum Glück für die SPD war die Lin­ke so dumm, (aber­mals) ei­nen Clown als Kan­di­da­ten auf­zu­stel­len. Es ist ei­ne be­dau­er­li­che Tra­di­ti­on bei Bundespräsidenten­wahlen: Die be­sten Kan­di­da­ten wa­ren häu­fig die­je­ni­gen, die kei­ne Chan­ce hat­ten.

Kei­ne Chan­ce? Die FDP sprach in­ter­es­san­ter­wei­se sehr laut von Gauck als ei­nen vor­stell­ba­ren und ak­zep­ta­blen Bun­des­prä­si­den­ten. Dort ru­mort es ge­ra­de ge­gen den Son­nen­kö­nig We­ster­wel­le, der die einst li­be­ra­le Par­tei ei­nes Karl-Her­mann Flach zum Ak­kla­ma­ti­ons­ver­ein her­un­ter­ge­wirt­schaf­tet hat. Auch für vie­le Uni­ons­ab­ge­ord­ne­te ist Gauck kein Schreck­ge­spenst; die CSU woll­te ihn schon 1999 als Bun­des­prä­si­den­ten no­mi­nie­ren. Da­mals lehn­te er ab.

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