»Bür­ger­recht­ler, po­li­ti­scher Auf­klä­rer und Frei­heits­den­ker«

War­um Joa­chim Gauck mein Bun­des­prä­si­dent wä­re

Manch­mal ge­schieht es, dass Leu­te, die das Fal­sche mei­nen das Rich­ti­ge tun. Rot-Grün bei­spiels­wei­se mit der Kan­di­da­tur von Joa­chim Gauck zum Bun­des­prä­si­den­ten. Hät­te man ei­ne si­che­re Mehr­heit in der Bun­des­ver­samm­lung, so wä­re Gauck nie­mals ihr Kan­di­dat. Auch die SPD hat im­mer ih­re Spiel­chen mit dem Bun­des­prä­si­den­ten ge­trie­ben. Zu­letzt 2009 als man mit Ge­si­ne Schwan die Lin­ke ver­füh­ren woll­te – und sich bei­na­he sel­ber ein Bein ge­stellt hät­te. Zum Glück für die SPD war die Lin­ke so dumm, (aber­mals) ei­nen Clown als Kan­di­da­ten auf­zu­stel­len. Es ist ei­ne be­dau­er­li­che Tra­di­ti­on bei Bundespräsidenten­wahlen: Die be­sten Kan­di­da­ten wa­ren häu­fig die­je­ni­gen, die kei­ne Chan­ce hat­ten.

Kei­ne Chan­ce? Die FDP sprach in­ter­es­san­ter­wei­se sehr laut von Gauck als ei­nen vor­stell­ba­ren und ak­zep­ta­blen Bun­des­prä­si­den­ten. Dort ru­mort es ge­ra­de ge­gen den Son­nen­kö­nig We­ster­wel­le, der die einst li­be­ra­le Par­tei ei­nes Karl-Her­mann Flach zum Ak­kla­ma­ti­ons­ver­ein her­un­ter­ge­wirt­schaf­tet hat. Auch für vie­le Uni­ons­ab­ge­ord­ne­te ist Gauck kein Schreck­ge­spenst; die CSU woll­te ihn schon 1999 als Bun­des­prä­si­den­ten no­mi­nie­ren. Da­mals lehn­te er ab.

Joa­chim Gauck »hat sich in her­aus­ra­gen­der und auch in un­ver­wech­sel­ba­rer Wei­se um un­ser Land ver­dient ge­macht – als Bür­ger­recht­ler, po­li­ti­scher Auf­klä­rer und Freiheits­denker, als Ver­söh­ner und Ein­heits­stif­ter in un­se­rem jetzt ge­mein­sa­men Land so­wie als Mah­ner und Auf­ar­bei­ter des SED-Un­rechts und da­mit auch als ein Mann, der im­mer wie­der an hi­sto­ri­sche Ver­ant­wor­tung er­in­nert. Wel­che Fa­cet­te man auch her­vorhebt, im­mer spie­gelt sich das Fun­da­ment un­se­rer Ge­sell­schaft wi­der: Ei­nig­keit in Recht und Frei­heit.«

Die­se Wor­te stam­men aus ei­ner Re­de von Bun­des­kanz­le­rin An­ge­la Mer­kel am 22.01.2010 zu Gaucks 70. Ge­burts­tag. Die Re­de liest sich wie ei­ne Hom­mage. Viel­leicht wür­de sie ih­re Wor­te im Wis­sen um Gaucks Kan­di­da­tur heu­te an­ders wäh­len. Aber auch sie, die Bundes­kanzlerin, hält viel von Gauck.

Na­tür­lich konn­te sie nicht über ih­ren Schat­ten sprin­gen: Die macht­tak­ti­schen Spiel­chen wa­ren bzw. sind wich­ti­ger. »Schwarz-Gelb« tut im­mer noch so, als sei ih­re Ko­ali­ti­on ein Pro­jekt. Es war dies we­ni­ger als Rot-Grün es je­mals war. Schon Kohls An­spruch der ‘gei­stig-mo­ra­li­schen Wen­de’ war ein Rohr­kre­pie­rer. Statt­des­sen gab es die Parteispen­denaffäre des »Eh­ren­manns« Kohl. Die »bür­ger­li­che Re­gie­rung« ist ei­ne Phra­se. Viel­leicht glaubt Gui­do We­ster­wel­le noch die­se Le­bens­lü­ge. »Bür­ger­lich« sug­ge­riert ein Zu­rück zu den al­ten Zei­ten, aber au­ßer bei Rent­nern re­üs­siert die Vo­ka­bel kaum noch. Die FDP-Wäh­ler der letz­ten Bun­des­tags­wahl woll­ten ein­fach kei­ne Gro­ße Ko­ali­ti­on mehr. Sie stimm­ten für die FDP, weil sie ge­gen et­was wa­ren. Da­bei nahm man We­ster­wel­le als Kol­la­te­ral­scha­den in Kauf. Jetzt ist Mer­kel mit ihm und sei­ner me­dio­kren Trup­pe (ins­besondere Rös­ler und Brü­der­le) auf Ge­deih und Ver­derb min­de­stens noch drei­ein­halb Jah­re ver­bun­den, ja ver­haf­tet.

Wulff als Kan­di­dat auf­zu­stel­len – mehr blieb fast nicht. Wulffs größ­tes Re­vo­luz­zer­tum war An­fang der 80er Jah­re, als er sich ge­gen die mög­li­che Be­gna­di­gung der im Flick-Par­tei­­s­pen­den­skan­dal Ver­ur­teil­ten stell­te. Gauck war zu die­ser Zeit Pa­stor in Ro­stock. Ein Kirchen­mann im so­zia­li­sti­schen Staat. Der SPD-Chef hat schon Recht: Wulff hat ei­ne lupen­reine Par­tei­kar­rie­re vor­zu­wei­sen. Joa­chim Gauck ein Le­ben.

Gauck ist, um noch ein­mal An­ge­la Mer­kel zu zi­tie­ren, tat­säch­lich ein »De­mo­kra­tie­leh­rer«. Die Sta­si-Un­ter­la­gen­be­hör­de wur­de ob ih­res kom­pli­zier­ten Ti­tels prak­ti­scher­wei­se nach ihm be­nannt. Ge­le­gent­lich wird Gauck als Ei­fe­rer dar­ge­stellt, was er nie­mals war. Er war und ist ein Mo­ra­list, aber kein Mi­cha­el Kohl­haas. Wer meint sich ent­blö­den zu müs­sen, Gauck als Mann des Ge­stern zu ver­spot­ten, ver­kennt, dass die Bun­des­re­pu­blik auch erst Mit­te der 60er Jah­re mit der sy­ste­ma­ti­schen Auf­ar­bei­tung der NS-Ver­bre­chen be­gann. Mo­ral ver­jährt nicht nach Le­gis­la­tur­pe­ri­oden.

Wenn Joa­chim Gauck wi­der Er­war­ten Bun­des­prä­si­dent wür­de – das wä­re das Sommer­märchen 2010. Ein kan­ti­ger, ge­le­gent­lich stu­rer Mann aus dem Osten. Die Bundes­republik fest in »öst­li­cher« Hand. Na und? Gaucks An­lie­gen ist die Kluft zwi­schen Re­gie­rung und Re­gier­ten auf­zu­he­ben. Ein heh­res Ziel. Was spricht ei­gent­lich da­ge­gen, ihm die­se Chan­ce zu ge­wäh­ren? Ich glau­be, Joa­chim Gauck wä­re ein sehr gu­ter Prä­si­dent. Wir könn­ten längst mal wie­der ei­nen brau­chen.

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  1. Ob Gauck ein gu­ter Bun­des­prä­si­dent sein wird, ver­mag ich jetzt nicht zu be­ur­tei­len. Ich hof­fe es und ich wür­de ihn dem farb­lo­sen Par­tei­kar­rie­ri­sten Wulff auf je­den Fall vor­zie­hen. Al­lein, dass Gauck sei­ne Ak­ti­vie­rung, er sprach al­ler­dings von 70-jäh­ri­gen im All­ge­mei­nen, für ein Ar­muts­zeug­nis der Par­tei­en hält, lässt mich doch ein we­nig an sei­ner Kon­se­quenz zwei­feln. Die Links­par­tei lehnt Gauck ab, wes­halb sei­ne Wahl in der Bun­des­ver­samm­lung lei­der höchst un­wahr­schein­lich ist. Aber viel­leicht siegt ja bei den Lin­ken noch die Ver­nunft, denn über­zeu­gend be­grün­den kann sie die Ab­leh­nung Gaucks nicht.

  2. Er soll­te bis zur drit­ten Run­de durch­hal­ten, dann ge­nügt ei­ne re­la­ti­ve Mehr­heit in der Bun­des­ver­samm­lung, um ge­wählt zu wer­den. Und die könn­te er tat­säch­lich ge­win­nen, trotz Ge­gen­stim­men oder Ent­hal­tun­gen der »Lin­ken«, da er wahr­schein­lich Stim­men aus dem kon­ser­va­ti­ven La­ger be­kommt. Die Chan­cen sind frei­lich ge­ring, daß es reicht.

    Daß »die Lin­ke« nicht über ih­ren Schat­ten zu sprin­gen ver­mag, ver­wun­dert in­des nicht.

    Und es sei noch an­ge­merkt: Hier sind wir uns ei­nig.

    *Un­ter­schreib*

  3. Ei­ne Be­kann­te von mir hat Gauck in ei­ner Pres­se­kon­fe­renz im An­schluss an ei­nen sei­ner öf­fent­li­chen Auf­trit­te er­lebt. Ihr Ein­druck, sinn­ge­mäß von mir wie­der­ge­ge­ben: »Die Ab­leh­nung der Lin­ken für Gauck be­ruht auf Ge­gen­sei­tig­keit. Im klei­ne­ren Kreis kann er sich dann schon mal ver­ges­sen und auch nicht mehr ganz Druck­rei­fes äu­ßern.« Na­tür­lich ist das we­gen sei­ner Ver­gan­gen­heit in der DDR und sei­ner Ar­beit bei der nach ihm be­nann­ten Be­hör­de ver­ständ­lich. Aber man soll­te von der Lin­ken des­halb nicht er­war­ten, dass sie ihn wählt, auch im x‑ten Wahl­gang nicht.

    Das Si­gnal, dass die SPD mit sei­ner No­mi­nie­rung aus­sen­det, ist des­halb durch­aus wi­der­sprüch­lich: Na­tür­lich wird die CDU mit die­sem Kan­di­da­ten vor­ge­führt, an­de­rer­seits aber wird die Lin­ke brüs­kiert und zum Op­po­nie­ren ge­zwun­gen. Ich wür­de brül­len vor La­chen, wenn die Kan­di­da­tin, die die Lin­ke nach dem Wo­chen­en­de prä­sen­tie­ren will, Ge­si­ne Schwan heißt.

    Die SPD muss hof­fen, dass Gauck nicht ge­wählt wird, will sie nicht die Hoff­nung auf Rot-Rot-Grün nach der näch­sten Bun­des­tags­wahl be­reits jetzt be­er­di­gen. So wie es jetzt läuft, gibt es nach der näch­sten Wahl wie­der ei­ne Gro­ße Ko­ali­ti­on der bei­den gro­ßen Par­tei­en, die wie­der bei­de Stim­men ein­ge­büßt ha­ben wer­den.

    Ei­gent­lich ist mit dem fol­gen­den Satz, den ich ei­ner Nach­rich­ten­sen­dung ge­hört ha­be, al­les zur der­zei­ti­gen Be­deu­tung des Am­tes des Bun­des­prä­si­den­ten ge­sagt: »Frau Mer­kel hat sich für Chri­sti­an Wulff ent­schie­den und dar­über zu­erst den CDU-Vor­stand und dann die Öf­fent­lich­keit in­for­miert.«

  4. War­um wir kei­nen gu­ten Präs­dien­ten ha­ben wer­den...
    Die be­sten Kan­di­dat I n n e n wa­ren je­ne, die kei­ne Chan­ce hat­ten. Frau­en wur­den vom Po­li­test­ab­lish­ment nur auf­ge­stellt, wenn kei­ne Ge­fahr be­stand, dass sie ge­wählt wer­den. An­son­sten ist das Amt im­mer be­nutzt wor­den, um ent­we­der ver­dien­ten Par­tei­sol­da­ten zu eh­ren oder Kon­kur­ren­ten aus dem Ver­kehr zu zie­hen (Wulff).

    Wir könn­ten ei­nen gu­ten Prä­si­den­ten (oder ei­ne gu­te Prä­si­den­tin!) brau­chen, ja. Aber auch die SPD hät­te kei­nen »gu­ten« Kan­di­da­ten vor­ge­schla­gen, wenn sie Aus­sicht auf Be­set­zung des Am­tes hät­te.

  5. @Melusine B
    Ich wür­de das nicht auf die Gen­der-Fra­ge re­du­zie­ren, wenn­gleich sich da na­tür­lich vor al­lem Hil­de­gard Hamm-Brü­cher zei­gen lässt. Die kan­di­dier­te 1994 als Bun­des­prä­si­den­tin (ei­ge­ner Vor­schlag der FDP). Hät­te die SPD im 2. Wahl­gang Rau zu­rück­ge­zo­gen, wä­re sie Bun­des­prä­si­den­tin ge­wor­den – und die Kohl­re­gie­rung am En­de ge­we­sen.

  6. @Köppnick #3
    Die Lin­ke ist – sie­he ih­re letz­ten Kan­di­da­ten – über­haupt nicht sa­tis­fak­ti­ons­fä­hig. Das mag in kom­mu­na­ler oder auch lan­des­po­li­ti­scher Ver­ant­wor­tung (be­son­ders im Osten) an­ders sein – auf Bun­des­ebe­ne ist das so. Ih­re Hy­bris zeigt sich ja in­zwi­schen mehr als deut­lich, da sie sich im­mer mehr als Kö­nigs­ma­cher ge­riert. Die­se Po­si­ti­on hat­te die FDP in den 80er Jah­ren in­ne.

  7. Zwei­fel
    Zwei­fel an der Auf­rich­tig­keit der SPD kön­nen ei­nem sehr gut kom­men:
    Wie­so ha­ben sie nicht die im­mer­hin klu­ge und ei­gen­stän­di­ge (und jün­ge­re) Ge­si­ne Schwan noch ein­mal no­mi­niert?

    Und Zwei­fel dann doch an den Grund­la­gen des Sy­stems (an den In­stan­zen, die »Vor­schlä­ge« ma­chen und un­ter­ein­an­der aus­ma­chen dür­fen, solch ein Amt zu be­set­zen):
    Das Sich-Win­den ei­nes FDP-Ge­ne­ralskre­tärs ge­stern Abend in »Ber­lin di­rekt« – ab­so­lut pro­fes­sio­nell der Typ -, wir bräuch­ten »jetzt«, al­so nach dem al­le bra­ven Ge­pflo­gen­hei­ten end­lich ein­mal kün­di­gen Ab­gang Köh­lers, ei­nen Kan­di­da­ten wie Wulff, der wie­der »aus der Po­li­tik« kä­me. (Und es war ziem­lich klar, er kün­dig­te es kaum ver­hoh­len an, dass er auf sei­ne Leu­te im Osten Ein­fluss neh­men wird, um Wulff auch bei de­nen noch durch­zu­set­zen: Sonst wä­re es das für die Au0enwirkung der Re­gie­rung – die al­so hö­her­ste­hen­de Rai­son – »das fal­sche Si­gnal«.)

    Als wä­re es das nicht ein­mal ge­we­sen, der Rück­tritt Köh­lers: das rich­ti­ge­re, das Po­li­tik­ge­fäng­nis bre­chen­de Si­gnal.

     

  8. Nein, nicht noch ein­mal...
    Frau Schwan und hier her­umstak­sen und Bet­teln bei der »Lin­ken«. Sie wä­re ei­ne »Köh­ler light«-Ausgabe, die es auch »de­nen da oben« zei­gen will – aber nicht kann. Und im üb­ri­gen wä­re dies ihr drit­tes Schei­tern. Das mag doch nie­mand aus­hal­ten.

    Klar geht es um das ima­gi­nä­re »Pro­jekt« Schwarz-Gelb, wel­ches nie ei­nes war und noch we­ni­ger ist. Es ist nur noch ei­ne Schi­mä­re. Mer­kels Po­li­tik ist nur noch Macht­er­halt; sie ist noch schlim­mer als Kohl, von dem man im­mer­hin glaub­te, er be­kä­me das al­les nicht so mit.

    Ko­misch, dass die FDP so auf die Au­ßen­wir­kung zielt. Wie war das denn mit We­ster­wel­les Aus­fäl­len? Oder die­sem Jün­gel­chen, der Ge­sund­heits­mi­ni­ster spielt? Vom wein­se­li­gen Brü­der­le ganz ge­schwie­gen.

    Ich er­le­be ja Po­li­tik im­mer nur aus der Fer­ne, me­di­al – aber das schon be­wußt ei­ne gan­ze Zeit. Ich kann mich nicht er­in­nern, je­mals vor­her ei­ne der­art ab­ge­ho­be­ne, ar­ro­gan­te und am Woh­le ei­nes Ge­mein­we­sens un­in­ter­es­sier­te­re Re­gie­rung ge­habt zu ha­ben.

  9. Und hät­te sie nicht doch ganz an­de­re »Ak­zen­te« set­zen kön­nen?
    (Wenn das Amt ja doch nicht so viel her­gibt...)

    Ich ha­be sie je­den­falls für un­kon­ven­tio­nell ge­nug ge­hal­ten, da mal ei­ne ganz an­de­re Bri­se rein­zu­brin­gen.

    Wohl ge­merkt: Gauck wä­re mir auch recht (und auch sein Al­ter stör­te mich in Wirk­lich­keit nicht). Ich mei­ne aber, solch ein Amt auf ei­ne Le­bens­lei­stung ab­zu­stel­len – die bei J.G. un­be­strit­ten ist -, wä­re zu we­nig. Es riecht ei­ner­seits nach Schluss­punkt, an­de­rer­seits nach dem im­mer noch prak­ti­zier­ten »Opa ab nach Eu­ro­pa« der Par­tei­en.

    Ich hat­te sei­ner­zeit Weiz­säcker ein­mal über Kunst re­den hö­ren. (Er rei­ste nach Afri­ka, nach Tim­buk­tu, und wuss­te wirk­lich et­was über die Kunst in Ma­li zu sa­gen!) Ab da ha­be ich mir im­mer ge­wünscht, dass eine/r in ei­nem sol­chen Amt sich nicht nur in Kon­sens­for­meln er­ge­hen mö­ge, son­dern eben et­was auch in et­was bril­lie­ren kön­ne, das mich, mich per­sön­lich in­ter­es­sier­te. (Dass ei­ne sol­che For­de­rung na­iv ist, mal da­hin­ge­stellt. Aber soll er nicht auch »mein« Bun­des­prä­si­dent sein? Sind wir an­ge­sichts der Rea­li­en nicht al­le na­iv in un­se­ren po­li­ti­schen For­de­run­gen?)

    Ich glau­be, wor­un­ter die­se gan­ze po­li­ti­sche Ka­ste am mei­sten lei­det, ist die­se dum­me, dumm ge­wor­de­ne Frag­lo­sig­keit ih­rer Prag­ma­ti­ken und Pro­ze­du­ren. Be­we­gen kann man da nur noch et­was mit Dis­sens oder mit Geist. Wel­chem auch im­mer. Und da schien mir ei­ne Frau aus dem uni­ver­si­tä­ren, aus dem da­zu halb­wegs in­ter­na­tio­na­len Be­reich doch ei­ne pro­ba­ble Wahl.

    (Und das gan­ze Vor­feld­ge­plän­kel kann man ihr ei­gent­lich nicht – zu­min­dest nicht al­lein – an­la­sten.)

     

  10. Par­al­lel­wel­ten
    Na­ja, Frau Schwan hat fast ein Jahr vor der tat­säch­li­chen Bun­des­prä­si­den­ten­wahl auf Wunsch ei­ner ab­ster­ben­den SPD (Beck! Mün­te! – Ge­schich­te zum Los­las­sen!) ei­nen »Wahl­kampf« ver­an­stal­tet – der na­tür­lich blöd­sin­nig war, weil das Volk sie nicht wäh­len kann. Das ko­stet nicht nur Geld (un­ser Geld), son­dern war auch tat­säch­lich über­flüs­sig. Als Per­son war sie na­tür­lich in­te­ger und sie wä­re auch im Ver­gleich zum Spar­kas­sen­men­schen Köh­ler die In­tel­lek­tu­el­le­re ge­we­sen, kei­ne Fra­ge. Aber die­ses Her­um­ge­rei­che, Wer­ben­de, dann so­gar Es­sen mit Gy­si – das war doch auch ex­trem pein­lich (wo wa­ren da ih­re Be­ra­ter).

    Ich glau­be fast, Mer­kel et. al. be­fin­den sich in ei­ner Pa­rell­el­welt, das, was Koep­pen in den 60ern als »Treib­haus Bonn« be­zeich­ne­te kommt ei­nem heut­zu­ta­ge fast put­zig vor. Längst ist dar­aus ei­ne »Par­al­lel­welt Ber­lin« ge­wor­den. Das ist dann ta­stäch­lich so et­was wie ei­ne De­ka­denz – nur eben (wie im »al­ten« Rom) von den Eli­ten oder die­je­ni­gen, die sich da­für hal­ten.

  11. »Trans­pa­renz« – das ist viel­leicht ein Schlüs­sel­be­griff?
    Koep­pen wä­re durch­aus noch ak­tu­ell, weil sich da, »wie es funk­tio­niert«, letzt­lich nicht so viel ge­än­dert hat, den­ke ich – au­ßer dass es kom­pli­zier­ter ge­wor­den ist und es mehr Mit­spie­ler gibt (Lai­en wie Lob­by­isten, In­ter­es­sen­ver­bän­de wie auch – heu­te eher we­ni­ger – die »In­tel­lek­tu­el­len«; aber et­wa auch mit-boh­ren­de Blog­ger).

    Zu­gleich scheint mir die Trans­pa­renz doch ge­wach­sen, weil die Me­di­en­be­ob­ach­tung durch­aus ih­re Funk­ti­on über­no­men hat. Und al­le re­den ja auch »of­fen« über ihr Ge­schäft. (Dass be­zahl­te Cla­que­re was an­de­res sa­gen, wenn die Mi­kros aus sind, kann sich je­der den­ken, der sel­ber in ei­nem Un­ter­neh­men ge­ar­bei­tet hat. Aber an­sprech­bar hal­ten sich al­le.) Je­doch ha­ben sich Be­frag­bar­keit wie Ver­ant­wort­licht­keit der Han­deln­den ins­ge­samt er­höht.

    Das aber wie­der­um macht es not­wen­dig, das zu Ent­hal­ten­de stär­ker zu schüt­zen. Manch­mal kann ei­nem Be­ob­ach­ter das auch klar wer­den. (Et­wa wenn we­sent­li­che Do­ku­men­te der Ge­richts­bar­keit vor­ent­hal­ten wer­den [Bu­bak], oder In­si­der­wis­sen nach au­ßen dringt bzw. lan­ciert wird [wi­ki leaks].)

    All die­se et­was di­ver­gen­ten Trans­pa­renz-Be­we­gun­gen mach­ten es aber ei­gent­lich auch nö­tig, dem ge­nau­er an­hal­ten­der, sorg­sa­mer zu fol­gen – das kann aber kaum ein In­ter­es­sier­ter lei­sten. In­so­fern müss­te man die Po­li­tik auch ent­la­sten bzw. dem »Bür­ger« klar ma­chen, was der Deal ist, den er un­aus­ge­spro­chen ein­geht: Dass »die da« ver­nünf­ti­ge Po­litk ma­chen aber den De­le­gie­ren­den nicht mit den De­tails be­hel­li­gen, vor al­lem nicht mit Streit.

    In­so­fern könn­te Gauck, der ja auch mehr Kon­tro­ver­se for­dert, ein Auf­rüh­rer sein. Aber wür­den die an­de­ren mit­zie­hen?
    (Und auch die Zu­mu­tun­gen für die in den Par­al­lel­wel­ten wer­den ja grö­ßer wer­den, wenn die ge­wohn­te ein­di­rek­tio­na­le Kom­mu­ni­ka­ti­on sich nach und nach auf­löst durch neue Me­cha­nis­men und Re­geln der Rech­terfer­ti­gung nach au­ßen (nach un­ten). Ich ver­mu­te je­den­falls, hier liegt der Haupt­feh­ler der Eli­ten in ih­rer – im­mer noch – »Ar­ro­ganz der Macht«. De­ren Flug­bahn geht so hoch, dass sie die ei­gent­lich be­un­ru­hi­gen sol­len­den Zei­chen un­ten nicht mehr kor­rekt zu le­sen be­kommt. Di­stanz von der »Ba­sis«, vom »Wäh­ler«, vom »Volk« etc. Und da sind die Ri­tua­le ein wei­te­rer Schutz vor: Man kann sich auch be­stens hin­ter ih­nen – die doch nach au­ßen als trans­pa­rent er­schei­nen – ver­stecken.)

     

  12. @Gregor #6
    Jetzt muss ich aber doch mal fra­gen. Klar ist mir, dass Du die Lin­ke nicht magst, dass Du La­fon­taine und Gy­si nicht aus­ste­hen kannst, dass Du Köh­ler auch als ab­so­lu­te Fehl­be­set­zung an­ge­se­hen hast und, dass Du die jet­zi­ge Re­gie­rung für un­glaub­lich ar­ro­gant, ab­ge­ho­ben und am All­ge­mein­wohl un­in­ter­es­siert emp­fin­dest. So je­den­falls in­ter­pre­tie­re ich Dei­ne obi­gen An­mer­kun­gen und ab­ge­se­hen von Dei­ner Be­ur­tei­lung der Lin­ken und ih­rer Füh­rungs­fi­gu­ren kann ich das nach­voll­zie­hen. Nur, was schwebt Dir denn als Be­frei­ung aus die­ser Mi­se­re vor? Was bleibt denn als Al­ter­na­ti­ve, seit sich die SPD als Al­ter­na­ti­ve ver­ab­schie­det hat und je­de Op­ti­on zur Än­de­rung der be­stehen­den Macht­ver­hält­nis­se aus­schlägt, bzw. sich lie­ber mit die­sen Wein­se­li­gen und Jün­gel­chen, oder den ein­zig am Macht­er­halt In­ter­es­sier­ten ins Bett legt?
    Es müs­sen wie­der kla­re Fron­ten ge­schaf­fen wer­den und das lä­cher­li­che Ar­gu­ment, dass es zur au­gen­blick­li­chen Chao­ten­po­li­tik kei­ne Al­ter­na­ti­ve gä­be muss end­lich ad ab­sur­dum ge­führt wer­den. Das geht z.Zt. nur mit den Lin­ken, so sehr ei­nem man­che Ty­pen dort auch auf den Ma­gen schla­gen. La­fon­taine und Gy­si sind das aber nicht, je­den­falls für mich.

  13. Wie sieht es denn mit Gaucks Wirt­schafts­kom­pe­ten­zen aus? In Zei­ten wie die­sen auch nicht ganz un­wich­tig, weil sich das Volk vom Bun­des­prä­si­den­ten doch durch­aus Er­klä­run­gen oder »Vi­sio­nen« er­war­ten könn­te...

  14. Der Bun­des­prä­si­dent soll­te, wenn über­haupt, ge­samt­ge­sell­schaft­li­che Vi­sio­nen ent­wickeln. Da ist (mei­ner Mei­nung nach) die Fo­kus­sie­rung auf die Wirt­schaft al­lei­ne zu we­nig. Im üb­ri­gen rich­tet sich doch in­zwi­schen je­der nach der Wirt­schaft.

    Im üb­ri­gen ge­hör­te es zu den er­staun­lich­sten Fak­ten der Amts­zeit Köh­lers, dass er, als un­zwei­fel­haft gu­ter Wirt­schafts­ken­ner, au­ßer Stamm­tisch­pa­ro­len zu die­sem The­ma nichts Sub­stan­ti­el­les ge­sagt hat.

  15. Die Lin­ke als Ret­tung aus der schein­ba­ren Al­ter­na­tiv­lo­sig­keit an­zu­se­hen, ist doch pu­re Ver­zweif­lung. De­ren Um­ver­tei­lungs­kon­struk­tio­nen sind Re­lik­te aus weit­ge­hend aut­ark agie­ren­den Volks­wirt­schaf­ten, die je nach La­ge Mau­ern er­rich­ten oder nie­der­rei­ßen.

    Die Ban­ken­kri­sen kann man mit ei­nem ziem­lich ein­fach Kon­zept für die Zu­kunft ban­nen. Was wir brau­chen ist ei­ne Art »Glass-Seagull-Act«, der bis 1994 in den USA prak­ti­ziert wur­de und erst durch Clin­ton auf­ge­ho­ben wur­de. Grob ge­sagt geht es dar­um, In­vest­ment­ban­ken von Ge­schäfts­ban­ken zu tren­nen, d. h. ent­we­der ist ei­ne Bank im ei­nen oder im an­de­ren Be­reich tä­tig. Über­schnei­dun­gen sind nicht zu­läs­sig. Hier­durch wird ver­hin­dert, dass Ban­ken so groß wer­den, dass sie sich selbst nicht mehr ret­ten kön­nen aber so wich­tig wer­den, dass man sie ret­ten muss. Oba­ma hat­te wohl ur­sprüng­lich die In­ten­ti­on die­sen »Act« wie­der­zu­be­le­ben. War­um er da­von of­fen­sicht­lich ab­ge­gan­gen ist, weiss ich nicht.

    In Eu­ro­pa wä­re dies ein pro­ba­tes Mit­tel. Viel­leicht im­ple­men­tiert man noch ei­ne Art staat­li­che Bank (ähn­lich der KfW, viel­leicht so­gar auf eu­ro­päi­scher Ebe­ne), die Spar­ein­la­gen und ge­währ­te Kre­di­te ga­ran­tiert. Das wür­de zwar auch Geld ko­sten, aber statt Spe­ku­lan­ten durch Bank­ga­ran­tie­ren ein­zu­la­den wei­ter ge­gen Volks­wirt­schaf­ten zu agie­ren, könn­te man die­ses Geld für se­riö­se Ein­la­gen­ga­ran­tien ver­wen­den.

    Bei den So­zi­al­lei­stun­gen im Lan­de müss­te viel mehr Wert auf Sach­lei­stun­gen und In­fra­struk­tur­maß­nah­men ge­legt wer­den. Leu­ten Geld in die Hand zu ge­ben (und spä­ter wie­der ab­zu­zie­hen) bringt es ja nach­weis­lich nicht. Statt Kin­der­geld­erhö­hun­gen und win­di­ge El­tern­geld­mo­del­le: freie Schul­bü­cher und Schul­ma­te­ria­li­en, Ganz­tags­schu­len mit Be­treu­ung (bspw. Mit­tag­essen, aber auch Haus­auf­ga­ben), sau­be­re Schu­len, mo­de­ra­te Stu­di­en­ge­büh­ren, die aus­schließ­lich für die In­fra­struk­tur der Uni­ver­si­tä­ten zweck­ge­bun­den sind (und auch dort ver­blei­ben).

    Das hat al­les nichts mit SPD, Lin­ke oder CDU zu tun. Son­dern mit ver­nünf­ti­ger Po­li­tik.

  16. Selbst­ver­ständ­lich nicht nur Wirt­schaft (ha­be ich schlecht for­mu­liert), aber eben auch. Und Kom­pe­ten­zen sind ja nicht gleich­be­deu­tend mit »da­nach rich­ten«.

    [EDIT: 2010-08-06 21:48]

  17. #15
    Ja, Du hast recht, die Lin­ke als Hoff­nung auf Ver­än­de­rung zu be­trach­ten, ent­springt der Ver­zwei­fe­lung, aber so wir z.Zt. re­giert wer­den kann es ja wohl nicht wei­ter­ge­hen und die ein­zi­ge Op­ti­on zur Ver­än­de­rung ist halt die Lin­ke. Ich un­ter­schrei­be all Dei­ne Aus­füh­run­gen dar­über, was ge­macht wer­den müss­te. Wird aber nicht! Ein­zig Macht­er­halt und Kli­en­tel­scho­nung ist die ober­ste Ma­xi­me mo­men­ta­nen Re­gie­rungs­han­delns. Der ge­ra­de selbst­be­weih­räu­chernd ver­öf­fent­lich­te „Kraft­akt“ ist doch ge­ra­de­zu ei­ne Be­lei­di­gung je­des Ver­nunft – und Ge­rech­tig­keits­emp­fin­dens. Mit die­ser Re­gie­rung wird ganz si­cher kei­ner Dei­ner Vor­schlä­ge um­ge­setzt und da­mit bleibt mei­ne Fra­ge, wie Du Dir denn die Bil­dung ei­ner neu­en Re­gie­rung für, sa­gen wir mal, ver­nünf­ti­ge­re Po­li­tik vor­stellst, un­be­ant­wor­tet.
    Ich sag’s noch mal: Die Lin­ke ist der Schlüs­sel. Oh­ne sie wird es kei­ne Ver­än­de­rung der Cha­os­po­li­tik ge­ben. Sie nicht ein­zu­bin­den, ist der un­ver­zeih­li­che Feh­ler der SPD.

  18. @blackconti
    Da bleibt eben un­ser Dis­sens: Die Lin­ke ist nicht der Schlüs­sel. Bzw. ein Schlüs­sel, der nicht passt. Dass die an­de­ren auch nicht pas­sen, macht ihn nicht bes­ser.

  19. @Gregor
    Aber gro­ße Ban­ken wie Gold­man Sachs oder Leh­man Brot­hers (so weit ich weiß) wa­ren doch rei­ne In­vest­ment­ban­ken (er­ste­re hat erst vor ei­ni­ger Zeit um ei­ne Ge­schäfts­bank­li­zenz an­ge­sucht, um an staat­li­che Gel­der zu ge­lan­gen).

  20. @Metepsilonema
    Leh­man ist ja auch in die Plei­te ent­las­sen wor­den. GS ist durch­aus auch Fi­nanz­dienst­lei­ster für Groß­un­ter­neh­men (und rei­che Kun­den). Ge­mäss dem, was ich ge­le­sen ha­ben, sträubt sich GS ge­gen ei­ne Wie­der­be­le­bung des »Glass-Seagull-Acts«, weil sie dann prak­tisch zer­schla­gen wür­de.

    Was ich noch ver­ges­sen ha­be, ist, dass man für Ban­ken fe­ste Ei­gen­ka­pi­tal­re­geln ein­füh­ren muss. Dann wür­de sich das The­ma der zü­gel­lo­sen Spe­ku­la­ti­on von al­lei­ne lö­sen.

    Die der­zeit im Ge­spräch kur­sie­ren­den Ab­ga­ben und Fi­nanz­trans­ak­ti­ons­steu­ern sind Un­fug, weil sie den Staat noch zum Heh­ler ma­chen. Auch Kon­troll­ein­rich­tun­gen sind voll­kom­men un­sin­nig, da Fi­nanz­ge­schäf­te im­mer nur im nach­hin­ein – wenn über­haupt – kon­trol­lier­bar sind. Die Dis­kus­si­on wird grund­falsch ge­führt, weil man letzt­lich nur an dem Sym­pto­men her­um­dok­tert, aber nicht die Ur­sa­chen eb­sei­tigt. Das ist et­wa so, als wür­de man ei­nem an Lun­gen­krebs er­krank­ten Pa­ti­en­ten nur das Rau­chen un­ter Auf­sicht des Arz­tes ge­stat­ten.

  21. Na­ja, bei dem Wort »Po­grom« schrei­en na­tür­lich al­le auf. Sol­che Fett­näpf­chen gibt es bei Wulff ja eher sel­ten. Er fällt ja sonst als voll­kom­men harm­los und auch re­la­tiv wir­kungs­los auf. Das wird er als BP si­cher­lich pe­tr­fekt ma­na­gen. Er ist Mer­kels Vor­po­sten – Kri­tik ist von ihm ge­nau­so we­nig er­wart­bar wie ei­ne Art ge­samt­ge­sell­schaft­li­cher Vi­si­on.

  22. Du hast grund­sätz­lich recht. Aber Fi­nanz­trans­ak­ti­ons­steu­ern sind zu­min­dest aus zwei Grün­den be­den­kens­wert: a) Weil sie ein Steue­rungs­mög­lich­keit dar­stel­len, und even­tu­ell (man weiß es vor­her na­tür­lich nicht) die Häu­fig­keit von Trans­ak­tio­nen sen­ken kön­nen (was ent­schleu­ni­gend wirkt), und b) weil es nicht un­ge­recht­fer­tigt ist, »den Fi­nanz­sek­tor«, der von der All­ge­mein­heit ali­men­tiert wur­de, um sei­nen An­teil zu bit­ten.

  23. Som­mer­mär­chen 2010?
    Was zwei Stim­men mehr bei den Lin­ken aus­lö­sen kön­nen ...
    ... ein Ge­gen­vor­schlag, falls Run­de 3 ein­ge­läu­tet wird ...
    Ich hof­fe sehr, dass Wulff Stil zeigt und aus­steigt, wenn es ihm im zwei­ten Wahl­gang nicht rei­chen soll­te.
    Gauck als BP wä­re dann in die­sem Som­mer wirk­lich ein Som­mer­mär­chen.

  24. Im drit­ten Wahl­gang als »drit­ter Mann« zum er­sten Mann Deutsch­lands ge­wählt;
    le­ben­di­ge De­mo­kra­tie.
    Ich ha­be mir sehr ei­nen an­de­ren Aus­gang ge­wünscht.

  25. Dass Wulff aus­steigt, war na­tür­lich welt­fremd. Ein Tweet hat’s mei­ner Mei­nung nach sehr gut ge­trof­fen: Als ihr al­tes Land nicht mehr woll­te, sind sie da­von­ge­lau­fen und als ihr neu­es Land sie brauch­te, ha­ben sie ge­knif­fen. Dan­ke LINKE. von Pe­ter Hel­lin­ger.

  26. Ja, ein wirk­li­cher Tref­fer: voll ins Schwar­ze, das Twit­ter-Zi­tat.
    Und es war mir schon ziem­lich klar, dass Wulff wei­ter­ma­chen wird, ging in die­sem gan­zen Kri­mi ja auch nicht an­ders. Es hät­te je­doch ein we­nig Grö­ße ge­zeigt, wenn er ..., aber da wün­sche ich mir im­mer noch ir­gend­wo et­was in un­se­rer Po­li­tik, was ein­fach nicht ist, vor al­lem nicht bei der jet­zi­gen Re­gie­rungs­kon­stel­la­ti­on.
    Ich ha­be mir schon We­ster­wel­le nicht auf dem Au­ssen­mi­ni­ster­po­sten vor­stel­len kön­nen, und nun kommt CW als BP da­zu, dass ist nicht mei­ne Welt! Ich seh’ schon die Bil­der, Hoch­glanz und teu­er!
    Ich hof­fe, dass uns Joa­chin Gauck auf ir­gend­ei­ne Art und Wei­se im po­li­ti­schen Le­ben er­hal­ten bleibt.
    Oh, was für ein Di­lem­ma und dort oben wird al­les weg­ge­lä­chelt.

  27. Den ei­nen mag das be­ru­hi­gen, den an­de­ren noch wei­ter ver­un­si­chern: Es ist bei uns nicht an­ders. Der ge­mein­sa­me Nen­ner von Rot und Schwarz scheint der »der bei­den nützt«, zu sein. Ach ja: Und ge­lä­chelt wird auch. Das ist in.

    Man kann den Herr­schaf­ten nur wei­ter auf die Fin­der schau­en, mit al­lem an­de­ren tä­te man ih­nen nur ei­nen Ge­fal­len.

    Ja, scha­de, dass es mit Gauck nicht ge­klappt hat.

  28. Ich fand es schon amü­sant, wie breit und hoch der Zu­spruch zu Gauck aus­fiel (Spie­gel und FAZ, die Süd­deut­sche..) – Ei­ne wirk­li­che Mei­nung zu den Kan­di­da­ten kann ich mir aber nicht ama­ßen.. dann schon eher zu ih­ren Lek­tü­ren (s.u.).

    Gaucks Lek­tü­re woll­te ich schon ta­deln bis ich fest­ge­stellt ha­be, dass er »For whom the bells tolls« und nicht »A Fa­re­well to Arms« mein­te, das ich so schlecht fand, dass ich bis­her nichts mehr von He­ming­way an­ge­rührt ha­be.

  29. Amu­se­ment? Spaß­fak­tor? Weit ge­fehlt!
    Egal auf welch ei­nem so­zia­len Po­dest der Bür­ger steht, ein Staat, sprich der Bür­ger, die Ge­sell­schaft, braucht ei­ne Ori­en­tie­rung, Wer­te und Nor­men. In mei­nen Au­gen lässt es sich oh­ne die­se Fun­da­men­te mensch­lich nicht aus­kom­men. Und wenn es in den letz­ten Wo­chen ei­ne Per­son ge­ge­ben hat, die als Vor­bild Wer­te ver­mit­telt hat, dann war und ist es Joa­chim Gauck.

    Bei der gest­ri­gen Bun­des­prä­si­den­ten­wahl ist ein Mann an­ge­tre­ten, der von An­fang an wuss­te, dass er die­se Wahl nicht ge­win­nen wird.
    Aber- und nun kommt das be­rühm­te aber: Aber in mei­nen Au­gen hat­te er Hoff­nung. Hoff­nung dar­auf, dass vie­les in ei­ner De­mo­kra­tie mög­lich ist, auch die Wahl ei­ner Per­son, die an­ge­tre­ten ist, das höch­ste Amt in un­se­ren Lan­den aus­zu­fül­len und ei­gent­lich kei­ne Chan­cen dar­auf hat. Das dies dann tat­säch­lich schei­tern soll­te und zwar we­gen der stur­köp­fi­gen Hal­tung ei­ner mitt­ler­wei­le nicht mehr klei­nen Par­tei, das er­schüt­tert mich und lässt mich stark an den Fä­hig­kei­ten die­ser hoch­do­tier­ten Be­rufs­po­li­ti­ker zwei­feln.
    Und der Mensch, Joa­chim Gauck, hat ge­nau das, was der Bür­ger sich hier wünscht: Vi­sio­nen, Er­fah­run­gen und die­se nicht nur po­li­tisch, vor al­lem auch mensch­lich ( die­se möch­te ich Chri­sti­an Wulff al­ler­dings nicht ab­spre­chen, hat er doch, lt. Bio­gra­phie aus den Me­di­en, ei­nen Groß­teil sei­ner Ju­gend die MS-kran­ke Mut­ter ge­pflegt ), und Gauck weiß ge­nau, was Frei­heit be­deu­tet und wie sehr wir uns die­se er­hal­ten, er­ar­bei­ten müs­sen. Und das kommt nicht aus der Re­tor­te son­dern aus Le­bens­er­fah­rung und die bringt Joa­chim Gauck mit, säcke­wei­se.

    Ein Land muss un­be­dingt auch von In­nen ge­fühlt und ver­stan­den wer­den. Das ist wie in ei­ner Zwei­er­be­zie­hung, da kommt es nicht auf das Make-up und den Lip­pen­stift an, nicht auf das Af­ter-Shave oder die Po­ma­de, son­dern auf, wie es doch so schön heißt: auf das Herz – und den Ver­stand. Chr. Wulff wer­de ich obi­ges nicht ab­spre­chen, aber setzt man bei­de ehe­ma­li­ge Kan­di­da­ten auf die Waa­ge, dann schlägt die An­zei­ge weit weit für Gauck aus.
    Das ha­ben sehr sehr vie­le auf Wahl­ebe­ne nicht er­ken­nen wol­len, weil das Macht­stre­ben sie schon blind ge­macht hat. Die Rech­nung wird kom­men.

    Ich be­dau­re es auch heu­te im­mer noch sehr, dass Joa­chim Gauck nicht un­ser neu­er Bun­des­prä­si­dent ge­wor­den ist. Aber wenn ich sei­ne Vi­deo­bot­schaf­ten rich­tig ver­stan­den ha­be, dann bleibt er uns als öf­fent­li­cher Mensch er­hal­ten und füllt sei­ne Rol­le für uns mit Le­ben aus. Viel­leicht er­reicht er da so­gar mehr als in der Rol­le ei­nes Bun­des­prä­si­den­ten.

    Her­mann Hes­se lässt in Sid­dhar­ta die­se Wor­te so schön klin­gen: „Weis­heit ist nicht mit­teil­bar. Weis­heit, wel­che ein Wei­ser mit­zu­tei­len ver­sucht, klingt im­mer wie Narr­heit.”

    Gauck teilt sie nicht mit, er lebt sie.

  30. @lou-salome
    Gaucks No­mi­nie­rung war na­tür­lich auch Teil ei­nes Macht­spiels – ei­nes Macht­spiels der rot-grü­nen. Hät­ten sie die Mehr­heit ge­habt, wä­re Gauck von ih­nen nie auf­ge­stellt wor­den. Gauck wuss­te das – und er ahn­te, dass er mit gröss­ter Wahr­schein­lich­keit nicht ge­wählt wird. Die Mög­lich­kei­ten wa­ren da, aber nur arith­me­tisch. Und die »Lin­ke« ist in die Fal­le ge­tappt.

    Wenn ich phor­k­yas rich­tig in­ter­pre­tie­re, war er über das fast ein­hel­li­ge Echo in den so un­ter­schied­li­chen Me­di­en wie FAZ, SZ, Spie­gel, usw. »amü­siert«. Das war ich üb­ri­gens auch. Gauck war – so un­ter­schied­lich die po­li­ti­schen La­ger sind – für vie­le ei­ne Pro­jek­ti­ons­flä­che.

    Vie­le ha­ben die Wahl als »Stern­stun­de der De­mo­kra­tie« be­zeich­net. Ich emp­fand das nicht. Ich emp­fand es eher als pein­li­che In­sze­nie­rung von Leu­ten, die ih­ren (be­rech­tig­ten? Un­be­rech­tig­ten?) Är­ger auf ih­re Füh­rung in der Wahl­ka­bi­ne an ei­ner sach-frem­den Ent­schei­dung aus­leb­ten. Das kann man ma­chen. Aber es zeigt, wie schlecht es um de­mo­kra­ti­sche, oder, bes­ser: plu­ra­li­sti­sche Struk­tu­ren in den Par­tei­en be­stellt ist. Man traut sich nicht mehr, mit of­fe­nem Vi­sier zu wi­der­spre­chen. Sonst ist man ir­gend­wann weg vom Fen­ster. Mer­kels Macht­er­hal­tungs­tra­te­gien sind er­folg­reich, aber op­fer­reich. Schon jetzt ist nie­mand weit und breit zu ent­decken, der ihr ein­mal nach­fol­gen könn­te.

    Ich glau­be im üb­ri­gen nicht, dass un­se­re Po­li­ti­ker zu gut be­zahlt sind. Sie sind gut be­zahlt; al­len­falls an den Pen­si­ons­re­ge­lun­gen muss man et­was än­dern. Je­mand hat aus­ge­rech­net, dass Wulff, wenn er denn mit 61 (al­so nach zwei Wahl­zei­ten) in Pen­si­on gin­ge und 85 Jah­re alt wird, rund 7,5 Mil­lio­nen Eu­ro in die­sen fast 25 Jah­ren er­hiel­te. Das ist zwei­fels­oh­ne sehr viel. Aber es ist das, was ein Ball­tre­ter wie Bal­lack in ei­nem Jahr be­kommt. Merk­wür­di­ger­wei­se hält sich die Em­pö­rung hier­über im­mer wie­der in Gren­zen.

    Mit Gauck wur­de auch ei­ne Chan­ce ver­tan, ei­nen »Bür­ger­recht­ler« in ein po­li­tisch wich­ti­ges Amt zu brin­gen. Die mei­sten sind von den Par­tei­en mit der Zeit auf­ge­so­gen wor­den und agie­ren fast nur noch auf folk­lo­ri­sti­scher Ebe­ne. Das war ein­mal an­ders. Und zwar 1969. Als mit Wil­ly Brandt ein Emi­grant Bun­des­kanz­ler wur­de. Da be­gann die Bun­des­re­pu­blik. Lang­sam. Das »ver­ei­nig­te Deutsch­land« hat noch nicht be­gon­nen.

  31. Die Welt, kom­pakt
    Sehr schön, wirk­lich sehr schön ge­sagt: Wulff hat ei­ne lu­pen­rei­ne Par­tei­kar­rie­re vor­zu­wei­sen. Joa­chim Gauck ein Le­ben. Die macht­tak­ti­schen Hin­ter­grund­spiel­chen ha­be ich ver­drängt; ver­mut­lich bin ich des­halb so über al­le Ma­ße ent­täuscht. Gauck war von vorn­her­ein ein Kan­di­dat, wäh­rend Wulff sich bis­her nur als Stroh­pup­pe pro­fi­liert hat. Ich füh­le mich – oh­ne Über­trei­bung – ganz so, als ob Frau Mer­kel die schal­len­de Ohr­fei­ge, die ihr jetzt von al­len Sei­ten ins Ge­sicht ge­schrie­ben wird, oh­ne Zö­gern wei­ter­ge­reicht hat: an mich per­sön­lich. Ich füh­le mich tat­säch­lich ge­ohrt­feigt – da­für, dass ich ernst­lich dach­te, die Zeit­zei­chen sprä­chen deut­lich ge­nug für ei­ne par­tei­la­ger­un­ab­hän­gi­ge Wahl.

    Vor al­lem auf­grund sei­ner Re­de im DT ha­be ich für Gauck ge­hofft und ge­brannt wie schon lan­ge nicht mehr für ei­ne po­li­ti­sche Fi­gur – und da­mit ja auch ir­gend­wo noch Raum ge­las­sen für ei­ne Wen­de zur Ver­nunft ... Der po­li­ti­sche Ver­gleich könn­te un­pas­sen­der nicht sein, aber ich dach­te nach der Wahl Wulffs im er­sten Au­gen­blick an ei­ne An­ge­la Pu­tin, die sich ih­ren Med­we­dew ins Amt ge­hievt hat. Die Wahl hat (wie­der ein­mal, aber doch viel deut­li­cher als in der Ver­gan­gen­heit) Ein­blick ge­ge­ben in ei­ne Par­al­lel­ge­sell­schaft, die statt der po­li­ti­schen Ge­stal­tung po­li­ti­sche Ver­dros­sen­heit übt.

  32. @lyam
    Al­so zu­nächst ein­mal ist es schön, von Dir zu hö­ren. Die gan­ze Bun­des­prä­si­den­ten­sa­che kor­re­spon­dier­te bei mir mit mei­ner Lek­tü­re des Bu­ches »Re­prä­sen­ta­ti­on in De­mo­kra­tien« von Jür­gen Pe­ter­sen. Die­se Lek­tü­re zog sich aus ver­schie­de­nen Grün­den – plötz­lich war das al­ler­dings sehr ak­tu­ell und fes­selnd.

    Ich wer­de hier am Sonn­tag mei­ne Be­spre­chung zu die­sem Buch ver­öf­fent­li­chen und wür­de mich freu­en, Dei­ne Diskussionsbeiträge/Einschätzungen hier­zu zu le­sen.

    Zu Gauck: Auch ich war fast elek­tri­siert (zu­mal mir bei der De­mis­si­on Köh­lers ne­ben ei­nier par­tei­tak­ti­scher CDU-Spiel­chen – Rütt­gers? – auch so­fort Gauck ein­fiel. Al­ler­dings kaum als Kan­di­dat der SPD/Grünen.

    Wir wer­den nie wis­sen, wie Gauck als BP ge­we­sen wä­re (häu­fig fal­len sol­che Hoff­nungs­trä­ger ja auch tief). Für mich ist Wulff vor­erst nur Sym­bol für ei­ne fast olig­ar­chi­sches Ver­ständ­nis von Po­li­tik. Das ist auch ein biss­chen be­quem: Man ver­schafft sich sel­ber die Li­zenz zum Nör­geln und neigt da­zu, un­ge­recht zu sein.

  33. Lei­den­schaft
    @lou-salome: Sie könn­ten mir in der Tat wohl Hil­de­brandts Aus­spruch vor­wer­fen: „Ich hof­fe, Sie ver­zei­hen mir mei­ne Lei­den­schaft, ich hät­te Ih­nen die Ih­re auch ger­ne ver­zie­hen.“

    - Das me­dia­len Wel­len wa­ren mir mal wie­der zu hoch, dass ich ab­ge­schal­tet ha­be und nur will­kür­lich die­sen Lek­tü­ren­ver­gleich her­aus­pick­te. In der Tat war die Pro­jek­ti­ons­flä­chen­wir­kung so groß, dass ich auch schon fast für Gauck war, ob­wohl ich doch un­be­tei­ligt blei­ben woll­te (nur schon aus in­tel­lek­tu­el­ler Zu­ge­hö­rig­keit?). Das war schon ganz rich­tig her­aus­ge­le­sen,..

    In po­li­ti­schem bin ich lei­der so un­be­wan­dert (oder auch be­wusst igno­rant?), dass ich mich ei­nes Ur­teils ei­gent­lich ganz ent­hal­ten woll­te – nur der Ar­ti­kel von Adam So­boc­zyn­sky »Wir glau­ben euch doch eh nicht« in der Zeit möch­te ich noch emp­feh­len. Es geht auch um die Prä­si­den­ten­de­bat­te:

    »Na­tür­lich sei auch Wulffs Ge­gen­kan­di­dat Joa­chim Gauck von der SPD vor al­lem des­halb aus­ge­wählt wor­den, da die­ser von Mer­kel ge­schätzt wer­de und sie da­mit in ein un­schö­nes Di­lem­ma ge­bracht wor­den sei. Wo­hin man schau­te, glaub­te man das al­ler­scheuß­lich­ste Macht­kal­kül zu er­blicken.«
    Und spä­ter:
    »Der Ana­ly­se von po­li­ti­schen Pro­zes­sen liegt ge­nau je­nes ne­ga­ti­ve Men­schen­bild zu­grun­de, das be­bend be­klagt wird.«

    (Ein Ge­dan­ke, der mir auch schon lan­ge auf der Zun­ge lag.)

  34. @ phor­k­yas; Ich hof­fe doch sehr, es bleibt nicht beim ‘hät­ten’, ich hof­fe, die­se Lei­den­schaft ist mir ver­zie­hen :).

    Wann gab es das letz­te Mal so­viel In­ter­es­se für Po­li­tik? Und zwar rich­tig spür­bar, wie am 30.06.2010?
    Bei den Land­tags­wah­len? Bei der Kanz­le­rIn­nen­wahl?
    Das muss man (der Po­lit­pro­fi) doch er­ken­nen und an­packen und fest­hal­ten. Und da hät­te ‘man’ sie doch end­lich im Ge­spräch, die junge/jüngere Ge­ne­ra­ti­on, die, nicht nur, im Netz zu tau­sen­den un­ter­wegs wa­ren, um für ih­ren Kan­di­da­ten zu plä­die­ren. Po­li­tik­ver­dros­sen­heit? Kei­ne Spur.

    Die­ses deut­li­che Zei­chen, das Gauck heisst, wur­de von ent­schei­de­ner Sei­te nicht ver­ei­nahmt, nein, es wur­de, ich zi­tie­re ei­nen Teil des obi­gen Sat­zes von G.K.: ‘Die mei­sten sind von den Par­tei­en mit der Zeit auf­ge­so­gen und agie­ren fast nur noch auf folk­lo­ri­sti­scher Ebe­ne.’ ( Das ist ja wie­der ein Bild ...). Wie lan­ge wird JG brau­chen, um Mit­glied im Folk­lo­re­ver­ein zu wer­den? Par­tei­mit­glied ist er ja nicht und das lässt hof­fen ...

    „Das Be­nut­zen der Per­son Gauck...“, hier spricht er im In­ter­view mit Claus Kle­ber u.a. dar­über

    Im Bei­trag von lyam fin­de ich mich wie­der und die ein­ge­füg­ten Links ( und de­ren Links und de­ren Links,...) füh­ren auf sehr gu­te und in­ter­es­san­te Ar­ti­kel.

  35. @Phorkyas
    Zum ZEIT-Ar­ti­kel wä­re ei­ni­ges zu sa­gen – ich hal­te ihn für schwach (und ei­nes Feuil­le­tons der ZEIT tat­säch­lich nicht wür­dig). Wenn man Strö­mun­gen als macht­tak­tisch her­aus­ar­bei­tet, hilft es nicht, dies als Po­li­tik zu »ver­kau­fen« oder gar zu be­schwei­gen.

    Und: »Der Ana­ly­se von po­li­ti­schen Pro­zes­sen liegt ge­nau je­nes ne­ga­ti­ve Men­schen­bild zu­grun­de, das be­bend be­klagt wird« kann man wen­den: »Der Ana­ly­se von me­dia­len Pro­zes­sen liegt ge­nau je­nes ne­ga­ti­ve Men­schen­bild zu­grun­de, das man sel­ber be­klagt.«

  36. Dar­über kann man si­cher­lich dis­ku­tie­ren. Sehr in­spi­riert er­scheint er mir tat­säch­lich nicht, aber mo­men­tan (es mag auch an ei­ner ge­wis­sen Über­sät­ti­gung lie­gen), aber die let­zen Feuil­le­tons von FAZ (Sams­tags­zei­tung) und Zeit ha­ben mich nicht wirk­lich vom Hocker ge­ris­sen. Aber nicht ab­len­ken. – Kommt es nun so weit, dass ich Herrn So­boc­zyn­sky ver­tei­di­ge, der doch auch gern ge­gen ‘das an­ti-in­tel­lek­tu­el­le In­ter­net’ pro­vo­zier­te? Wohl doch. Dass ich so gut wie nichts über die Wahl le­sen woll­te lag pri­mär dar­an, dass die Kom­men­ta­to­ren so auf das Macht­kal­kül ab­fuh­ren. Der in­ner­par­tei­li­che Kon­kur­rent Wulff soll­te weg,.. und was wür­de das für die Po­si­ti­on Mer­kels be­deu­ten, wenn Wulff über­zeu­gend oder mit Schwie­rig­kei­ten ge­wählt wür­de. So hat man sich die In­ter­pre­ta­ti­ons­fähr­te im Vor­hin­ein schon aus­ge­legt. – Der So­boc­zyn­sky­sche Ein­wurf mag nicht sehr ori­gi­nell und nicht sehr wohl aus­ge­führt sein... aber er dräng­te sich mir doch auf.

    Wie soll­te man al­so kom­men­tie­ren? Wie Herr Non­nen­ma­cher:
    »Die­se Les­art rückt die Wahl, vor al­lem bei ei­nem Sieg von Chri­sti­an Wulff (war­um ei­gent­lich nur in die­sem Fall?), in die Nä­he ver­fas­sungs­po­li­ti­scher Il­le­gi­ti­mi­tät.

    Das ist ei­ne An­ma­ßung, die auf die For­de­rung hin­aus­läuft, die Dis­kus­si­on über mög­li­che po­li­ti­sche Aus­wir­kun­gen der Wahl vor­her still­zu­le­gen – ei­ne selt­sa­me Vor­stel­lung von De­mo­kra­tie und Mei­nungs­frei­heit«
    (Da­vor schwur­belt und in­si­nu­iert er sich noch ei­nen ab – und so sehr ich ihm in der Sa­che ger­ne zu­ge­stimmt hät­te, dass das nicht die ge­schick­te­ste Ar­gu­men­ta­ti­on für Gauck war – so muss man doch auch ge­ra­de die­ses Tot­schlag­ar­gu­ment ge­gen es selbst wen­den – Ok, aber be­vor es so ins De­tail geht, soll­te ich mir viel­leicht doch auch Bie­den­kopfs Ein­las­sung an­schau­en.. Und dann fi­sche ich doch bei­na­he lie­ber im Trü­ben mit Herrn So­boc­zyn­sky?)