
Egon Bahr wird 85

Vor einigen Tagen meldete sich eine Gruppe britischer Juden (hierunter auch viele prominente Intellektuelle und Künstler wie beispielsweise der Historiker Eric Hobsbawm, der Filmemacher Mike Leigh, Schauspieler Stephen Fry, Literaturnobelpreisträger Harold Pinter und der Soziologe Richard Sennett) unter dem programmatischen Titel »Independent Jewish Voices« zu Wort. Ihre Erklärung wurde erstmalig im liberalen »Guardian« publiziert.
Bei den »Independant Jewish Voices« handelt es sich um einen (losen) Zusammenschluss. Ihre »Declaration« liest sich wie ein Befreiungsschlag gegen ein Establishment, von dem sie sich nicht mehr repräsentiert fühlen (Die Übersetzung erfolgte durch mich; sie ist weder autorisiert noch beansprucht sie alleinige Gültigkeit. Der gesetzte Link ermöglicht es jedem, den Wortlaut im Original zu lesen und selbst zu übersetzen.):
Wolfgang Schäubles Ausraster ereignen sich in Zyklen. Nicht nur Sabine Leutheusser-Schnarrenberger neulich fest, dass der Bundesinnenminister offensichtlich besessen ist von der Idee, die Bundeswehr im Inneren einzusetzen und hierfür notfalls sogar das Grundgesetz zu ändern. Ein entsprechender (erneuter) Vorstoss wurde jedoch nach fast einhelliger Ablehnung über die Parteigrenzen hinweg schnell wieder ad acta gelegt. Wiedervorlage bei Schäuble vermutlich in 3–4 Jahren.
Zum Vorschlag des Bundesinnenministers Schäuble, ein neues Luftsicherheitsgesetz auf den Weg zu bringen, welches durch die Feststellung eines »Quasi-Kriegszustand« den Abschuss beispielsweise eines Flugzeuges gestattet, das auf ein Gebäude ähnlich dem 11. Spetember 2001 zufliegt, wurde gestern der Bundestagsabgeordnete Volker Beck von Bündnis 90/Die Grünen zitiert: Der Gesetzgeber darf keine Lizenz zum Töten Unschuldiger in ...
Ein reichlich ernüchternder Text (mit einem skurrilen Titel): »Sieg der Essiggurke« von Ivaylo Ditchev. Ditchevs Analyse der bereits vor der tatsächlichen Mitgliedschaft in der EU desillusionierten Bulgaren entspricht sicherlich den Tatsachen. Die »Halbwertzeit«, in der die Europäische Union noch Bürger zu begeistern vermag, hat in den letzten Jahren dramatisch abgenommen. Bereits bei der letzten EU-Erweiterung im Mai 2005 hielten sich in den Bevölkerungen vieler neuer Beitrittsländer (Polen; Tschechische Republik) EU-Gegner und EU-Befürworter die Waage. Inzwischen sind die Befürworter längst in der Minderheit.
Ditchevs Analyse, ein neuer Nationalismus stemme sich sozusagen einem legislativen Bürokratiemonster EU entgegen, während die Nationalregierungen bei der (nach wie vor fragilen) Demokratisierung der Gesellschaft versagen, mag für Länder wie Bulgarien zutreffen. Das beschriebene Phänomen ist aber in der gesamten EU virulent – auch bei Ländern, die der Gemeinschaft seit Jahrzehnten angehören.
Auf Telepolis gibt es ein bemerkenswertes Gespräch mit Mosche Zuckermann.
Mehrere Aspekte sind besonders interessant. Zum einen glaubt Zuckermann eher an einen Affekt der israelischen politischen Klasse, was den Libanon-Krieg angeht und widerspricht damit der These Hershs von einem lange vorbereiteten Schlag. »Time will tell«.
Desweiteren ist Zuckermanns Widerspruch hinsichtlich der Rubrizierung des (sogenannten) Islamismus als »faschistisch« (oder gar »nationalsozialistisch«) interessant:
Seymour M. Hershs neuester Artikel im New Yorker schreibt seine Iran-Story vom Frühjahr gewissermassen fort. Hersh beschreibt dort in seinem bekannten Stil, wie Israel mehr oder weniger selbständig den Krieg gegen den Libanon aufgenommen hat – lange geplant. Die Entführung der beiden Soldaten war wohl nur der willkommene Anlass.
Washington brauchte, so Hershs Recherchen, kaum Öl ins Feuer zu giessen. Am Ende beschreibt er sogar, wie es zu Spannungen in der Bush-Administration über Ausmass und Fortsetzung der israelischen Aktivitäten gab. Bush und Cheney unterstützten Israels Vorgehen – Rumsfeld war eher dagegen und sah seine Truppe im Irak noch stärker im Fokus des lokalen Terrorismus und Condoleezza Rice sass vermittelnd dazwischen und wollte angeblich direkte Gespräche mit Syrien beginnen (was wohl abschlägig beurteilt wurde). Wenig schmeichelhaftes ist dem Artikel über den britischen Premierminister Blair zu entnehmen. Aber wie sollte man auch...
Die Aufregung um den CDU-Abgeordneten Norbert Röttgen und seine geplante Übernahme des Postens des Hauptgeschäftsführers des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) zeigte manchmal reichlich skurrile Züge. Da wurde Röttgen zum Verzicht auf sein Bundestagsmandat aufgefordert, da er in Interessenkollisionen geraten könnte – hier die Interessen eines frei gewählten, seinen Wählern verpflichtenden Abgeordneten und da die pure »Lobbypolitik« der Industrie.