Le­se­run­de zur Fuß­ball-WM?

Vor ei­ni­gen Wo­chen wur­de auf Nach­fra­ge mei­ner­seits wie die­ser Blog hier zu ver­bes­sern ist, an­ge­regt ei­ne Art Le­se­run­de zu ver­an­stal­ten. Ich ge­ste­he nun, dass ich skep­tisch bin, was das Le­sen und Kom­men­tie­ren in Tei­len oder Ka­pi­teln an­geht. Man kann an­de­ren schwer­lich ein Le­se­tem­po vor­schrei­ben; un­wei­ger­lich gibt es Teil­neh­mer, die schon wei­ter sind und dann von Kom­men­ta­ren ge­lang­weilt wer­den, usw. Der zwei­te Grund mei­ner Skep­sis ist, dass ich das Buch nicht zur Ver­fü­gung stel­len kann, d. h. die po­ten­ti­el­len Mit­ma­cher müss­ten es sich auf ei­ge­ne Rech­nung kau­fen.

Martin Gessmann: Mit Nietzsche im Stadion

Mar­tin Ge­ss­mann:
Mit Nietz­sche im Sta­di­on

Un­ge­ach­tet die­ser Pro­ble­me möch­te ich den­noch ver­su­chen, ei­ne sol­che Le­se­run­de ein­zu­rich­ten. Hier­für bie­tet sich die Fuß­ball-WM an und durch Her­bert De­bes von »Glanz und Elend« ha­be ich mei­nes Er­ach­tens ein Buch ge­fun­den, dass sich zu le­sen und zu dis­ku­tie­ren loh­nen könn­te. Es ist das Buch von Mar­tin Ge­ss­mann mit dem Ti­tel »Mit Nietz­sche im Sta­di­on – Der Fuß­ball der Ge­sell­schaft«, Wil­helm-Fink-Ver­lag, 143 Sei­ten, EUR 16,80 (in D).

Ge­ss­mann ver­sucht Par­al­le­len von Fuß­ball­sy­ste­men und Ge­sell­schafts­sy­ste­men her­aus­zu­ar­bei­ten. Er fin­det ak­tu­ell drei Fuß­ball­sy­ste­me der Mo­der­ne, die das al­te, eher au­to­ri­tä­re Li­be­ro-Spiel­sy­stem seit den 1970er Jah­ren ab­ge­löst ha­ben. Die­sen Sy­ste­men ord­net er so­zio­phi­lo­so­phi­sche Be­grif­fe zu. Stark ver­ein­facht sieht dies so aus:

Li­be­ra­lis­mus -> im wei­te­sten Sin­ne an Tho­mas Hob­bes an­knüp­fend; de­fen­siv (wie der Staat in Li­be­ra­lis­mus); in­di­vi­dua­li­stisch; er­geb­nis­ori­en­tiert -> Mour­in­ho

Re­pu­bli­ka­nis­mus -> an den Idea­len Rous­se­aus er­in­nernd; mann­schafts­dien­lich, fast kol­lek­ti­vi­stisch; Do­mi­nanz­fuß­ball; stra­te­gisch -> Guar­dio­la

Äs­the­ti­zis­mus -> nietz­schea­nisch; ho­hes Ri­si­ko ein­ge­hend; ho­he Lauf­be­reit­schaft; not­falls »in Schön­heit ster­bend« -> Klopp

Die Sy­ste­ma­tik ist von mir sehr grob aus dem Text for­mu­liert und ba­siert auf der Ein­lei­tung; der er­sten 30 Sei­ten. Ich sel­ber ha­be das Buch noch nicht zu En­de ge­le­sen, fin­de es aber dis­kus­si­ons­wür­dig und sehr in­ter­es­sant. Was üb­ri­gens nicht be­deu­tet, dass ich mit al­lem über­ein­stim­me. Ge­ss­mann weist auf ei­ne frü­he­ren Text von ihm über Fuß­ball­sy­ste­me hin und gibt zu, sich da­mals teil­wei­se ge­irrt zu ha­ben. Viel­leicht kennt ei­ner die­ses Buch; ich ha­be es nicht ge­le­sen.

Mein Vor­schlag zur Le­se­run­de: Ich be­spre­che das Buch am 02. Ju­ni in die­sem Blog. Von da an kön­nen dann die Kom­men­ta­re be­gin­nen. Soll­te je­mand In­ter­es­se ha­ben, das Buch vor­her zu be­spre­chen, wür­de ich ihm ger­ne hier den Raum zur Ver­fü­gung stel­len. Dann wür­den meh­re­re Deu­tun­gen zur Dis­kus­si­on ste­hen.

Wenn mög­lich, bit­te In­ter­es­se in den Kom­men­ta­ren an­mel­den. Na­tür­lich auch, wenn es Vor­schlä­ge gibt.

PS: Nein, das ist KEINE Pro­mo­ti­on­mass­nah­me des Ver­la­ges; ich be­kom­me da­für kein Geld.

Hier geht’s dann zur Le­se­run­de (ab 02.6.)

7 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Toll. Ich freue mich, dass Sie das ver­su­chen wer­den und ma­che mit. So kann ich die Ge­schich­te der Fuß­ball­tak­tik, die ich mir zur letz­ten EM ein­ge­bläut ha­be, vlt. auch mal sinn­vol­ler ein­set­zen als mich über den Fern­seh­mo­de­ra­tor zu är­gern.
    Gu­te Fuß­bal­lak­tik­blogs sind die hier: http://www.zonalmarking.net/ und http://spielverlagerung.de/

  2. @Doktor D
    Schön, dass Sie mit­ma­chen. – Über die Fern­seh­mo­de­ra­to­ren är­gert man sich ja trotz­dem. (Weil es Grün­de gibt...so vie­le...)

    Ge­ss­mann ist üb­ri­gens ziem­lich be­gei­stert von Net­zers Fern­seh­auf­trit­ten in den 90er und 00er Jah­ren.

  3. Es gä­be dann zu Dei­ner (und even­tu­ell ei­ner an­de­ren) Be­spre­chung zu­sätz­li­che, im Um­fang et­was kür­ze­re als Kom­men­ta­re dar­un­ter, ver­ste­he ich das rich­tig?

    Grund­sätz­lich bin ich mit da­bei, mit der Ein­schrän­kung, dass es durch­aus sein kann, dass ich gar nichts da­zu schrei­ben kann (mir ge­lingt das nicht mit je­dem Buch).

  4. Die Kom­men­ta­re zu mei­ner und/oder den an­de­ren Be­spre­chun­gen kön­nen län­ger oder kür­zer aus­fal­len. Oder na­tür­lich auch un­ter­blei­ben. Der Auf­ruf ist ei­gent­lich nur ein Si­gnal – ich le­se jetzt die­ses Buch und wenn an­de­re die­ses The­ma in­ter­es­siert, dann kön­nen wir ge­mein­sam so­zu­sa­gen mit dem glei­chen Wis­sens­stand dis­ku­tie­ren.

    (Wich­tig ist, dass wie am En­de in ei­nem Th­read dis­ku­tie­ren, auch wenn es viel­leicht zwei oder mehr aus­führ­li­che und ei­ge­ne Be­spre­chun­gen ge­ben soll­te.)

  5. So, das Buch ha­be ich jetzt 1 x ge­le­sen. – In­ter­es­san­te Al­le­go­rien, die aber auch zum Wi­der­spruch rei­zen. Mehr dann wie oben an­ge­ge­ben...