Angst vor dem fal­schen Ap­plaus

Dr. Kai Gniff­ke von der ta­ges­schau er­klär­te in ei­nem Blog­post vom 27.01.2018 wie und war­um man in ei­nem Face­book-Po­sting die Buh­ru­fe ge­gen US-Prä­si­dent Trump auf ei­ner Pres­se­kon­fe­renz in Da­vos durch ei­ne Ver­än­de­rung des »Ton­pe­gels« deut­lich hör­bar ge­macht hat­te. Aus­lö­ser für die­se Klar­stel­lung war ein Tweet des BILD-Chef­re­dak­teurs Rei­chelt, der der ta­ges­schau ma­ni­pu­la­ti­ves Ver­hal­ten vor­ge­wor­fen hat­te und die Cau­sa in sei­nem Blatt recht groß auf­ge­macht hat­te.

Na­ja, dach­te ich mir, ich war­te erst ein­mal die kri­ti­sche Be­richt­erstat­tung der di­ver­sen Me­di­en­watch­sei­ten ab. Al­lei­ne: Es gab kei­ne. Der »Fall« wur­de nicht auf­ge­nom­men. Die sonst so spürn­äsi­gen Auf­decker schwei­gen und be­schäf­ti­gen sich lie­ber mit fo­cus on­line und ähn­li­chen Lä­cher­lich­kei­ten.

Es gibt zwei Grün­de für die­ses Ver­hal­ten. Zum ei­nen ist Trump na­tür­lich DIE Un­per­son der Ge­gen­wart. Al­les, was ge­gen ihn spricht, wird gut und ger­ne kol­por­tiert. Auf die Po­li­tik kon­zen­triert man sich nur ganz sel­ten. Meist geht es dar­um Trump ir­gend­et­was nach­zu­wei­sen, und wenn es ei­ne kri­seln­de Ehe ist. Das er­in­nert pha­sen­wei­se an die Wulff-Hatz in deut­schen Me­di­en 2012. Da­mals war al­les recht – vom Bob­by­car bis zum Mein­eid.

Bei Trump kon­zen­trie­ren sich die Jour­na­li­sten vor al­lem dar­auf, beim Re­zi­pi­en­ten Em­pö­rung her­vor­zu­ru­fen. Das fällt bei dem Po­ten­ti­al, wel­ches in Trumps Twit­ter-Ge­wäsch her­aus­trieft, nicht schwer. Ge­mischt wird dies dann noch mit ei­ner ge­hö­ri­gen Por­ti­on Wunsch­den­ken. Zeit­wei­se kann man wö­chent­lich le­sen, wie schwer es Trump nun in­zwi­schen ha­be. Von Sach­kennt­nis sind sol­che Pro­gno­sen meist nicht ge­trübt.

Die her­aus­ge­ho­be­nen Buh­ru­fe der ta­ges­schau pas­sen aber aus ei­nem an­de­ren Grund nicht als me­di­en­kri­ti­sches Fut­ter. Los­ge­tre­ten wur­de sie näm­lich von der jour­na­li­sti­schen per­so­na non gra­ta in Deutsch­land – Herrn Rei­chelt. Wenn die BILD-Zei­tung Me­di­en­kri­tik übt mu­tet dies in der Tat lu­stig an. Der Mensch, der im Glas­haus mit Stei­nen wirft… Aber muss man sich da­von be­ein­träch­ti­gen las­sen?

In­ter­es­sant ist, dass sich Gniff­ke ge­nö­tigt sieht, ei­nen Face­book-Post zu ver­tei­di­gen. Da­bei sind die Kom­men­ta­re un­ter dem ta­ges­schau-Post meist sehr nüch­tern. Der Vor­wurf der Ma­ni­pu­la­ti­on wird kon­tro­vers dis­ku­tiert. Na­tür­lich sind Aus­schnit­te (ob in Bild oder Ton) im­mer Aus­wahl und so­mit Ten­den­zen un­ter­wor­fen. Als man Wla­di­mir Pu­tin bei ei­nem Gip­fel­tref­fen als iso­liert dar­stel­len woll­te, in dem man ein Bild aus­wähl­te, wel­ches ihn al­lein am Tisch zeig­te, war die Ent­rü­stung – zu Recht – groß. Ähn­lich das Fake-Bild des Pa­ris-Mar­sches an­läss­lich der Ter­ror­an­schlä­ge 2015. Hier­über wur­de me­di­en­kri­tisch be­rich­tet. Jetzt, da ein BILD-Chef­re­dak­teur ei­ne an­de­re Ma­ni­pu­la­ti­on auf­greift, hält man sich zu­rück.

Wer sei­ne Be­richt­erstat­tung aus Furcht vor der fal­schen Zu­stim­mung be­treibt und da­nach aus­rich­tet, be­treibt den glei­chen Ge­sin­nungs­jour­na­lis­mus, den er sonst wort­ge­wal­tig kri­ti­siert.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar