Die un­zäh­li­gen Pfa­de des Ster­bens

Wie kann man die Fra­ge über die Recht­fer­ti­gung von Ster­be­hil­fe be­ant­wor­ten? Wie kann man ak­zep­tie­ren, dass auch schon Kin­der manch­mal ster­ben müs­sen? Wie kann man ver­ste­hen, dass je­mand noch in der Blü­te­zeit des Le­bens den so­ge­nann­ten Schnit­ter trifft?

Kei­ner kann Ant­wor­ten dar­auf ge­ben. Man kann nur ver­mu­ten, denn die Wahr­heit liegt, falls es über­haupt ei­ne gibt, hin­ter vie­len Fas­sa­den und Trug­bil­dern ver­bor­gen, und der größ­te Schlei­er vor un­se­ren Au­gen ist der der Un­wis­sen­heit und des ewi­gen Schwei­gens. Je­de Spe­ku­la­ti­on in die­se Rich­tung, je­de noch so be­grün­de­te An­nah­me ist, wie, wenn man in ei­nem gro­ßen kreis­för­mi­gen Saal steht, und von die­sem in al­le Rich­tun­gen Gän­ge ab­ge­hen, und die­se mit Vor­hän­gen ver­deckt sind. Schiebt man ei­nen Vor­hang bei­sei­te, so sieht man nichts als Dun­kel­heit und setzt man auch nur ei­nen Fuß hin­ter die Schwel­le der Fin­ster­nis, so geht man da­mit be­reits das Ri­si­ko ein, in die Schluch­ten des Irr­tums zu fal­len. Man kann war­ten, bis sich die Vor­hän­ge von sel­ber öff­nen, man den rich­ti­gen Weg ge­weist be­kommt, doch dann ist es mei­stens be­reits zu spät, noch aus ei­ge­ner Kraft um­zu­keh­ren. Ein frei­wil­li­ges Ge­hen, in zwei­er­lei Hin­sicht, kann dann nicht mehr er­war­tet wer­den. Schwer­wie­gen­des Weh­kla­gen und Jam­mern sind dann der Preis für ei­ne ge­rin­ge Ri­si­ko­freu­dig­keit. Soll­ten wir dann nicht lie­ber selbst den Weg der Wahr­heit su­chen? Je eher wir wis­sen, wel­chen Pfad wir spä­ter ein­schla­gen müs­sen, de­sto bes­ser kön­nen wir uns auf die Rei­se vor­be­rei­ten. Wir ha­ben im­mer­hin das Licht un­se­rer Ver­nunft, wel­ches uns we­nig­stens ei­nen klei­nen Teil der Dun­kel­heit hin­ter den Vor­hän­gen of­fen­bart.

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Er­bärm­li­che Fi­gu­ren

Nach der Ent­schei­dung der Grü­nen an der Saar, mit CDU und FDP in Ko­ali­ti­ons­ver­hand­lun­gen zu ge­hen, kann man an den Re­ak­tio­nen von SPD und der Lin­ken er­ken­nen, war­um sich die Leu­te in Scha­ren von der Po­li­tik ab­wen­den.

Eben noch um­wor­ben pol­tert La­fon­taine ge­gen den Grü­nen-Chef Ul­rich, dass der wohl mit 5,9% ver­ges­sen ha­be, dass dies kei­ne 59% sei­en. Man fragt sich, ob er ihm dies in den Vor­ge­sprä­chen auch so ge­sagt hat.

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Ro­ber­to Bo­la­ño: 2666

Roberto Bolaño: 2666
Ro­ber­to Bo­la­ño: 2666

Das Buch be­ginnt so harm­los. Drei Li­te­ra­tur­pro­fes­so­ren (Jean-Clau­de Pel­le­tier aus Frank­reich, Ma­nu­el Es­pi­no­za aus Spa­ni­en und Pie­ro Mo­ri­ni aus Ita­li­en) und die eng­li­sche Li­te­ra­tur­do­zen­tin Liz Nor­ton (spä­ter hei­ßen sie nur noch die Kri­ti­ker) ent­wickeln über die Jah­re ei­ne Af­fi­ni­tät zum Werk des deut­schen Schrift­stel­lers Ben­no von Ar­chim­bol­di. An­fangs ein Ge­heim­tip, for­cie­ren nicht zu­letzt die vier die Re­zep­ti­on Ar­chim­bol­dis in der Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft; un­ter an­de­rem auch durch Über­set­zun­gen. Auf Kon­gres­sen, Col­lo­qui­en und an­de­re Zu­sam­men­tref­fen (die es of­fen­sicht­lich reich­lich gibt) ler­nen sie sich per­sön­lich ken­nen und ver­tie­fen nicht nur ih­re fach­li­chen Kennt­nis­se. Durch Liz Nor­ton kommt es zu al­ler­lei Lie­bes­ver­wick­lun­gen; die Da­me hat zu­nächst Pel­le­tier als Ge­lieb­ten, et­was spä­ter dann Es­pi­no­za, län­ge­re Zeit bei­de par­al­lel und min­de­stens ein­mal auch gleich­zei­tig. Die kör­per­li­chen Geb­re­sten Mo­r­in­is (er ist im All­tag auf ei­nen Roll­stuhl an­ge­wie­sen) schei­nen da Bar­rie­ren zu bil­den, wo­bei es am En­de die­ses er­sten Teils dann doch noch ei­ne Über­ra­schung gibt.

Ne­ben die­sen In­ter­ak­tio­nen un­ter den vier Kri­ti­kern (Telefon‑, Mail‑, Gesprächs­austausch), dem ge­le­gent­li­chen Be­äu­gen, den Idio­syn­kra­si­en, den Ver­let­zun­gen, den Merk­wür­dig­kei­ten, den Se­xu­al­stel­lun­gen und –fre­quen­zen – al­les in ei­ner Mi­schung zwi­schen Pro­to­koll und Re­por­ta­ge auf­be­rei­tet – geht es na­tür­lich auch um Li­te­ra­tur. Das Ge­schrie­be­ne bleibt die ein­zi­ge Re­fe­renz für die Adep­ten, denn Ar­chim­bol­di ist so phan­tom­haft wie im rea­len Le­ben sonst nur Tho­mas Pyn­chon.

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heu­te ./. ta­ges­schau

Erd­be­ben in Pa­dang. Pe­ter Kunz be­rich­tet für das ZDF in »heu­te«. »95% der Groß­stadt sind in­takt«; die Zer­stö­run­gen der Stadt sei­en lo­kal auf ein­zel­ne Häu­ser bzw. Vier­tel be­grenzt. Die Bil­der, so Kunz vor­sich­tig, wür­den leicht ei­nen an­de­ren Ein­druck ver­mit­teln (»ZDF«-Mediathek; 19 Uhr-Sen­dung vom 01.10.09 ab ca. 03:15).

In der »ta­ges­schau« um 20 Uhr der Kor­re­spon­dent Phil­ipp Ab­resch live via Sa­tel­li­ten­te­le­fon: Pa­dang lie­ge »in Trüm­mern« (ab 02:16).

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Des­in­for­ma­ti­on bei der »ta­ges­schau«

Die »ta­ges­schau« ist auch nicht mehr das, was sie frü­her war. So­eben konn­te man dies deut­lich fest­stel­len, hieß es doch in ei­nem an pro­mi­nen­ter Stel­le plat­zier­ten Bei­trag von Pia Biersch­bach in der Sen­dung von 20 Uhr, dass das Wahl­recht kurz vor der Bun­des­tags­wahl in der Dis­kus­si­on ge­kom­men sei. Es ge­he, so der Film, um die Re­ge­lung der Über­hang­man­da­te. De­tail­liert wur­de er­klärt, wie Über­hang­man­da­te zu­stan­de kom­men. Da­bei wur­de er­läu­tert, dass ei­ne Par­tei un­ter be­stimm­ten Um­stän­den mehr Man­da­te be­kom­men kann, als ihr ge­mäss der ab­ge­ge­be­nen Stim­men zu­ste­hen. Dann wird be­haup­tet, dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ei­ne Re­ge­lung bis 2011 ver­ord­net ha­be, dies ab­zu­stel­len.

Die­ser Schluss ist nach­weis­lich falsch. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat kei­nes­falls die Re­ge­lung der Über­hang­man­da­te be­an­stan­det, wie dies im Bei­trag der »ta­ges­schau« sug­ge­riert wur­de. Zwar ist im Bei­trag ver­steckt an ei­ner Stel­le von »Tei­len der Über­hang­man­dats­re­ge­lung« die re­de, die be­an­stan­det wur­de, aber wel­cher Teil das ist, bleibt un­deut­lich. Der Zu­schau­er muß an­neh­men, es be­tref­fe ge­ne­rell die Über­hang­man­da­te.

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Mar­tin von Arndt: Der Tod ist ein Post­mann mit Hut

An je­dem er­sten Mitt­woch im Mo­nat er­hält Ju­lio C. Rampf ein Ein­schrei­ben. Die Zu­stel­lung ist in­zwi­schen längst ri­tua­li­siert: das trag­ba­re Ter­mi­nal mit dem Stift, der aus­sieht wie ein krumm ge­schla­ge­ner Zim­mer­manns­na­gel, die gewagte…und doch für zu leicht be­fun­de­ne Un­ter­schrift Ju­li­os, der Zei­ge­fin­ger des Post­bo­ten, der flüch­tig an sei­ne Kopf­be­deckung, ei­nen Ti­ro­ler­hut fährt, der Wach­hol­der­schnaps im ...

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Die to­ta­le Kon­ver­genz

Ich möch­te mich aus­drück­lich von ei­ner kla­ren po­li­ti­schen Po­si­ti­on di­stan­zie­ren, ich kri­ti­sie­re zu­meist eher die rechts­extre­me Sei­te, hier ist es ein­mal kurz um­ge­kehrt.

Die Leit­re­gel vom Kom­mu­nis­mus ist ja: Je­der Mensch ist gleich. Wenn ich die­sen Aper­cu le­se, so kann ich im­mer nur mü­de grin­sen be­sten­falls, wenn nicht so­gar mei­ne Mi­mik auf­grund über­schäu­men­der Ag­gres­sio­nen ge­gen­über der mensch­li­chen Ein­falt ver­bie­gen, so, wie wenn man ei­nen Ei­sen­stab vor lau­ter Zorn zu bie­gen ver­sucht. Da­bei er­in­nern so­wohl der Ge­sichts­aus­druck des Bie­gen­den als auch die Form des Ei­sen im über­tra­gen­den Sin­ne an mei­ne be­sag­te Mi­mik.

Denn ich kann das nicht ein­se­hen. Es ist nicht je­der Mensch gleich, viel mehr noch, es ist KEIN Mensch gleich. Und dies ist nicht nur auf Mar­xis­mus und Le­nis­mus be­zo­gen, son­dern auch auf al­le an­de­ren Staats­for­men und Ver­fas­sun­gen, in de­nen je­der Mensch als gleich gilt.

Ich möch­te mich hier­bei AUSDRÜCKLICH da­von di­stan­zie­ren, die­se Un­gleich­heit an ir­gend­wel­chen Äu­ßer­lich­kei­ten, et­wa der Haut­far­be oder ähn­li­ches, fest­zu­ma­chen.

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Grün 2009: Die ver­schenk­te Stim­me

Die Bun­des­tags­wahl 2009 be­kommt im Schluß­spurt doch noch ei­nen ho­hen Un­ter­hal­tungs­wert. Die FDP er­hält noch ein­mal ko­sten­lo­se Wahl­pro­pa­gan­da für die ba­na­le, von ihr seit Jah­ren ge­mach­te Aus­sa­ge, es gä­be kei­ne »Am­pel« (ei­ne Ko­ali­ti­on mit der SPD und den Grü­nen). Neu ist die­se Aus­sa­ge nicht. Al­ler­dings in die­ser Zu­spit­zung ziem­lich dumm.

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