Ein üppiges Blumenbouquet. Dann die Totale auf einen großen, festlich gedeckten Tisch, in dessen Mitte diese Blumen liegen. Servierinnen legen letzte Hand an. Die Keller treten ein. Die Musik im Raum nebenan endet und die Türen werden auf ein Signal des Maitre hin geöffnet. Und es dauert nicht lange, bis die ersten Personen eintreten, den Tisch bewundern. Man sucht einen Tisch für Bücher. Ein Gewirr unterschiedlicher Sprachen. Jockey-Club Rio de Janeiro, August 1936. Ein Festbankett. Der Ehrengast ist Stefan Zweig, weltbekannt, ein Bestsellerautor. Brasiliens Außenminister Macedo Soarez (Virgilio Castelo) stellt den berühmten Gast den Honoratioren des Landes vor. Acht Minuten bleibt diese Einstellung erhalten. Keine Schwenks, keine Schnitte. Es ist der Epilog im Film »Vor der Morgenröte«.
Nein, eine Biografie im klassischen Sinn ist »Vor der Morgenröte» nicht. Es sind sechs Episoden (inklusive Prolog und Epilog) zwischen 1936 und 1942. Sie zeigen Stefan Zweig, wie es im Untertitel heißt, »in Amerika«. 1936 war er 55 Jahre alt. Zweig hatte seine im Austrofaschismus versinkende Heimat Österreich verlassen und lebte in London. In Deutschland waren soeben die Olympischen Spiele zu Ende gegangen, die Hitler eröffnet hatte. Zweigs Bücher landeten 1933 auf dem Scheiterhaufen. Er fühlte sich heimatlos und erniedrigt.
Die Reise durch mehrere südamerikanische Länder 1936 hatte ein festes Ziel: Das PEN-Treffen in Buenos Aires vom 5. bis 15. September. Es ist die nächste Szene im Film. 80 Schriftsteller aus 50 Ländern; nur zwei deutschsprachige Autoren. Neben Stefan Zweig ein gewisser Emil Ludwig. Die Journalisten drängen sich um Zweig. Dieser weigert sich, die verabscheuten Nazis öffentlich anzugreifen. Ein Intellektueller könne nicht radikal sein, müsse sich seinem Werk widmen.
Zu Beginn der Sitzung dann Emil Ludwig (überzeugend: Charly Hübner) mit einer Brandrede auf die Notwendigkeit des politischen, klar Stellung beziehenden Intellektuellen. Er trifft den Nerv der Teilnehmer. Danach werden die exilierten bzw. bedrohten deutschen Autoren aufgezählt. Auch Zweigs Name fällt. Er verbirgt sein Gesicht mit den Händen. Man glaubt, er weint. In einem Brief an eine Noch-Ehefrau Friderike beschreibt er die Situation anders. Er habe sich »widerlich gefühlt« bei diesem »Jahrmarkt der Eitelkeiten«, der ihn angeekelt habe.
Noch nicht gesehen, aber sofort elektrisiert. Hader ist künstlerisch schon immer eigene Liga. Eine tolle Besetzungsidee! Danke für ausführliche Rezension...