Jonathan Littell, Autor der Splatter-Mockumentary Scharteke »Die Wohlgesinnten«, hat das Buch »La campagne de Russie« (»Der Russlandfeldzug«; erschienen 1949) des ehemaligen belgischen SS-Offiziers Léon Degrelle gelesen. Und er hat das Buch »Männerphantasien« von Klaus Theweleit und dessen Thesen zum Faschismus gelesen. Littell versucht nun Theweleits Thesen von 1977 mit seiner Rezeption von Degrelles Buch fortzuschreiben.

Littell ist von Theweleits Buch fasziniert. »Der Faschismus (ist eine) Form der Produktion des Realen…keine Frage der Staatsform…auch nicht…der Wirtschaftsform, überhaupt nicht eine Frage des Systems.« zitiert er Theweleit, der im Nachwort zu »Das Trockene und das Feuchte« (welches bereits im April 2008 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht wurde) ergänzt: » ‘Faschismus’ ist …ein Körperzustand, eine gefährliche Materie, die mit Macht und Gewalt darauf dringt, den Zustand der Welt den Zuständen des eigenen Körpers anzugleichen, zu unterwerfen«. Das Freud’sche Modell von Es, Ich, Über-Ich und damit der ödipalen Konstellation lässt sich auf [den Faschisten] nicht anwenden so klären Littell (und Theweleit) auf, denn der Faschist hat die Trennung von der Mutter nicht abgeschlossen und sich nie als Ich im Freud’schen Sinne konstituiert. Der Faschist ist der »Nicht-zu-Ende-Geborene«. Aber er ist kein Psychopath; er hat eine partielle Trennung vollzogen, er ist sozialisiert…er ergreift sogar gelegentlich die Macht.