Kom­men­ta­re aus dem Wald­haus

Wer steckt hin­ter den dif­fa­mie­ren­den On­line-Kom­men­ta­ren über Ste­fan Zwei­fel nach des­sen Ab­set­zung als »Literaturclub«-Moderator?

Ins­be­son­de­re in den Schwei­zer Me­di­en wird seit ei­ni­gen Wo­che die Ent­las­sung des »Literaturclub«-Moderators Ste­fan Zwei­fel dis­ku­tiert. Die­ser war in der Sen­dung am 22.4. in ei­nen Streit mit El­ke Hei­den­reich ge­ra­ten, die ver­meint­lich aus ei­nem Buch von Mar­tin Heid­eg­ger zi­tier­te. Als Zwei­fel an­merk­te, dass die­ses Zi­tat nicht aus dem zur Dis­kus­si­on ste­hen­den Buch stammt, be­harr­te Hei­den­reich dar­auf. Die Stel­le kann man in­zwi­schen bei You­tube nach­se­hen.

Dass es sich bei Hei­den­reichs »Zi­tat« gar nicht um ein sol­ches han­delt, son­dern ei­ne frei er­fun­de­ne Schluß­fol­ge­rung, wird je­der, der je­mals auch nur ei­ne Sei­te von Heid­eg­ger ge­le­sen hat, in­tui­tiv wis­sen. Hei­den­reichs Stel­lung­nah­me hier­zu, dass sie die Satz­tei­le zu­sam­men­ge­stellt und sicht- bzw. hör­bar mit ih­rer ei­ge­nen Con­clu­sio ver­se­hen ha­ben soll, wi­der­spricht ih­rem Be­har­ren in der Sen­dung, dass es sich um ein Zi­tat han­de­le. Ent­we­der weiss die stu­dier­te Ger­ma­ni­stin Hei­den­reich nicht, was ein Zi­tat ist, oder sie hat be­wusst die Pro­vo­ka­ti­on ge­sucht.

Ste­fan Zwei­fel hat­te nach der Sen­dung dar­auf be­stan­den, dass das »Zi­tat« ge­prüft wer­de und auf die Ab­set­zung ei­ner Re­dak­teu­rin ge­drun­gen. Bei­des wur­de ab­ge­lehnt. Be­mer­kens­wert an die­ser Sa­che nun: Nicht die Zi­ta­te­fäl­sche­rin Hei­den­reich wird zur Re­chen­schaft ge­zo­gen – son­dern der Mo­de­ra­tor Ste­fan Zwei­fel wird vom Schwei­zer Fern­se­hen ab­ge­setzt. Er kön­ne, so zu­nächst das »An­ge­bot« der weit­ge­hend ge­heim blei­ben­den Re­dak­ti­on des »Li­te­ra­tur­club«, auch wei­ter­hin als Kri­ti­ker in der Run­de teil­neh­men, aber nicht als Mo­de­ra­tor.

In den Kom­men­tar­spal­ten di­ver­ser Me­di­en ging es nun hoch her. Die Ab­leh­nung der Maß­nah­men des Schwei­zer Fern­se­hens und vor al­lem des Be­tra­gens von El­ke Hei­den­reich war – aus durch­aus un­ter­schied­li­chen Grün­den – fast ein­hel­lig. Aber es gab durch­aus auch Ge­gen­stim­men. Ne­ben ei­ner recht ein­sei­ti­gen Dar­stel­lung des Sach­ver­halts im Wi­ki­pe­dia-Ar­ti­kel von Ste­fan Zwei­fel, gab es ei­ne klei­ne Kom­men­ta­r­af­fä­re in der FAZ. Un­ter ei­nem Bei­trag wa­ren zwei Kom­men­ta­re mit dem Na­men von Marc-Au­rel Flo­ros, Hei­den­reichs Le­bens­ge­fähr­te, ge­po­stet wor­den. Flo­ros hat­te durch­ge­setzt, dass die­se Kom­men­ta­re ge­löscht wur­den, da sie, wie er an­gab, nicht von ihm sei­en. Die FAZ hat die Kom­men­ta­re ent­fernt.

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Li­te­ra­tur­club, Hei­den­reich und Schät­zing

Dies­mal mehr als är­ger­lich, son­dern wi­der­lich: El­ke Hei­den­reich im »Li­te­ra­tur­club«, die im­mer noch nicht über­wun­den hat, dass sie die Sen­dung nicht mehr mo­de­riert, son­dern Ste­fan Zwei­fel. Der fragt be­reits zu Be­ginn, ob Schät­zings neu­es Buch »über­haupt Li­te­ra­tur« sei, stellt es ein biss­chen wie ei­ne Na­tur­ka­ta­stro­phe dar, es in die­ser Sen­dung be­spre­chen zu müs­sen. Ab 18:55 ...

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Jo­na­than Lit­tell: Die Wohl­ge­sinn­ten

I. Mocku­men­ta­ry
II. Ernst Nol­te als Spi­ri­tus rec­tor
III. Die Buch­ver­ste­her

Ein Buch mit ei­nem ge­ra­de­zu ka­the­dra­len Über­bau: »Re­a­ding-Room« der FAZ (ein häss­li­cher An­gli­zis­mus – den­noch: hö­rens­wert das Le­sen von Chri­sti­an Ber­kel), Mar­gi­na­li­en­band mit In­ter­views, Gra­phi­ken und text­in­ter­pre­ta­to­ri­schem Rüst­zeug, ei­ge­ne Web­sei­te (noch aus­führ­li­che­re Do­ku­men­te als im Mar­gi­na­li­en­band), und fast je­des Feuil­le­ton äu­ssert sich. Und wenn man das Buch mit sei­nen fast 1.400 Sei­ten vor sich lie­gen hat und in den Hän­den wiegt, dann fragt man sich, ob die Er­war­tun­gen ob die­ses Mo­nu­men­ta­lis­mus über­haupt ein­ge­löst wer­den kön­nen. Oder ob da nicht ein Au­tor Op­fer sei­ner ei­ge­nen Hy­bris wird.

Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten
Jo­na­than Lit­tell: Die Wohl­ge­sinn­ten

»Die Wohl­ge­sinn­ten« sind die fik­ti­ven Me­moi­ren von Dr. Ma­xi­mil­li­an Aue, Jahr­gang 1913, deutsch-fran­zö­si­scher Her­kunft, pro­mo­vier­ter Ju­rist und am En­de, 1945, SS-Ober­sturm­bann­füh­rer. Aue ist Ich-Er­zäh­ler, was als »neu« in Be­zug auf die »Tä­ter­per­spek­ti­ve« hin­ge­stellt wird. Das stimmt in die­ser Ab­so­lut­heit na­tür­lich nicht und wird nicht bes­ser, in dem man es dau­ernd wie­der­holt. Je­der zwei­te Kri­mi schiebt heut­zu­ta­ge den Tä­ter und des­sen Mo­ti­va­ti­on in den Vor­der­grund – meist als Bre­chung zum All­tag des Kom­mis­sars. Hin­sicht­lich der Shoa stimmt das auch nicht. Man kann nicht so tun, als sei die »Spra­che der Tä­ter« zu er­fin­den. Es gibt sie längst – so­wohl im Ori­gi­nal, als auch in zahl­rei­chen Fik­tio­nen, die längst in die Welt­li­te­ra­tur und ‑dra­ma­tik ein­ge­flos­sen sind.

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