Ob törichter Unsinn oder einfach nur anderer Standpunkt: Es geht immer gleich ums Ganze, wenn das Feuilletongericht tagt und ihre Adepten sich empören dürfen.
»So wie ein Dichter politisch wirken will, muß er sich einer Partei hingeben; und sowie er dieses tut, ist er als Poet verloren; er muß seinem freien Geiste, seinem unbefangenen Überblick Lebewohl sagen und dagegen die Kappe der Borniertheit und des blinden Hasses über die Ohren ziehen.«
Kaum ein Wort aus Goethes Gesprächen mit Eckermann dürfte häufiger zitiert worden sein, wenn es wieder einmal darum ging einem Schriftsteller seine politischen Verfehlungen oder einfach nur Fettnäpfchen nachzuweisen. Fast immer gingen solche Vorwürfe damit einher, ihm/ihr auch gleich noch die literarische Reputation in toto abzusprechen.
Betrachtet man nur einmal die letzten einhundert Jahre so ist die Kette der politisch inkriminierten Schriftsteller beachtlich. Man denke nur einmal an die Schriften eines gewissen Thomas Mann 1914, jene »Gedanken im Kriege«, die sich später noch in einem Konvolut mit dem süffisanten Titel »Bemerkungen eines Unpolitischen« erweiterten. Mann war damals – im Gegensatz zu seinem Bruder Heinrich – ein radikaler Verfechter der deutschen »Kultur«, die er der »Zivilisation« beispielsweise der Franzosen als völlig überlegen ansah. Etwas, was heute nichts anderes als Kopfschütteln erzeugt. Hingegen die Frage, welcher der beiden – Thomas oder Heinrich – denn am Ende der sprachmächtigere Dichter gewesen sei, ziemlich eindeutig beantwortet wird.
Die üblichen Verdächtigen
Ich kürze die Diskussion ab und nenne nur die Liste der üblichen Verdächtigen wie Hamsun, Benn, Pound, Céline, Jünger, T. S. Eliot auf der rechten oder Aragon, Bloch, Sartre und Feuchtwanger auf der linken Seite. Ich erläutere nicht im Detail die Nazi-Treue Hamsuns, seinen Hitler-Nachruf, der ihn in Norwegen, seiner Heimat, zur persona non grata machte. Ich diversifiziere nicht Ezra Pounds Mussolini-Faszination, seinen Moderne-Hass, sein Liebäugeln mit dem Faschismus und seine unmenschliche Behandlung, die man ihm danach hat angedeihen lassen. Und ich schwelge auch nicht in Details über die Gulag-Schönredner, die bis in die 1970er Jahre Stalin und Konsorten für die besseren Politiker hielten als die »Imperialisten« in den USA.