Mat­thi­as Ma­tus­sek: Das ka­tho­li­sche Aben­teu­er

Matthias Matussek: Das katholische Abenteuer
Mat­thi­as Ma­tus­sek:
Das ka­tho­li­sche Aben­teu­er
Hans-Ge­org Ga­da­mers Prä­mis­se für das Ge­spräch – »Ein Ge­spräch setzt vor­aus, dass der an­de­re Recht ha­ben könn­te« – ist für den po­ten­ti­el­len Le­ser die­ses Bu­ches die Minimal­anforderung. An­son­sten soll­te man lie­ber ver­zich­ten und sei­ne Vor­ur­tei­le im Gar­ten der Ak­kla­ma­ti­on pfle­gen (et­was, was nicht nur für die­ses Buch gilt).

Da­bei gibt es so­fort Grund zur Kri­tik. Der ei­gent­lich schö­ne Buch­ti­tel »Das ka­tho­li­sches Aben­teu­er« wird durch die flap­sig-über­flüs­si­ge Un­ter­zei­le »Ei­ne Pro­vo­ka­ti­on« so­fort wie­der ni­vel­liert (das hät­te sich viel­leicht dem Le­ser noch sel­ber er­schlos­sen). Und der heh­re An­spruch, hier er­zäh­le je­mand von sei­nem ka­tho­li­schen Glau­ben in den Zei­ten des forsch-plap­pern­den Athe­is­mus wird durch das blö­de Co­ver mit Hörn­chen, Drei­zack und Hei­li­gen­schein kon­ter­ka­riert. Mar­ke­ting ist wohl al­les und Mat­thi­as Ma­tus­sek muss un­be­dingt als Feuil­le­ton-Kra­wall­bär ver­kauft wer­den – drun­ter geht’s nicht.

Scha­de, denn da hat je­mand durch­aus et­was zu sa­gen. In den be­sten Au­gen­blicken be­rührt das Bild des gläu­bi­gen Ka­tho­li­ken Ma­tus­sek in der zy­ni­schen Spaß­ge­sell­schaft mit ih­rer anödende[n] Dau­er­i­ro­nie so­gar.

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Oli­vi­er Roy: Hei­li­ge Ein­falt

Olivier Roy: Heilige Einfalt
Oli­vi­er Roy: Hei­li­ge Ein­falt

Seit vie­len Jah­ren ist Oli­vi­er Roy als Ex­per­te auf dem Ge­biet des is­la­mi­schen Fa­na­tis­mus, der ge­mein­hin un­ter dem Be­griff des Is­la­mis­mus sub­su­miert wird, be­kannt. Sein neue­stes Buch »Hei­li­ge Ein­falt« (im fran­zö­si­schen: »La sain­te igno­rance«) trägt in­ter­es­san­ter­wei­se den deut­schen Un­ter­ti­tel »Über die po­li­ti­schen Ge­fah­ren ent­wur­zel­ter Re­li­gio­nen«. Da­bei kommt der fran­zö­si­sche Un­ter­ti­tel weit we­ni­ger vor­ein­ge­nom­men da­her und drückt die In­ten­ti­on des Bu­ches bes­ser aus. Dort heißt es (eher be­schrei­bend): »Le temps de la re­li­gi­on sans cul­tu­re«, was mit un­ge­fähr »Die Zeit der Re­li­gio­nen oh­ne Kul­tur« über­setzt wer­den kann.

Roy schreibt be­reits im er­sten Satz, dass sei­ne Aus­füh­run­gen nicht al­lei­ne als Kri­tik am Is­lam und des­sen (so­ge­nann­ter) fun­da­men­ta­li­sti­scher Aus­prä­gun­gen zu le­sen sind. Und so wird die Sicht auf das Chri­sten­tum und den zeit­ge­nös­si­schen Pro­te­stan­tis­mus, der sich im­mer mehr zum Evan­ge­li­ka­lis­mus ra­di­ka­li­siert, aus­ge­wei­tet. Ge­le­gent­lich be­zieht Roy so­gar das Ju­den­tum und den »Hin­du­is­mus« in sei­ne Be­trach­tun­gen ein. Gleich zu Be­ginn wird mit ei­nem all­zu be­lieb­ten Talk­show-To­pos auf­ge­räumt: Es gibt kei­ne »Rück­kehr« des Re­li­giö­sen, son­dern ei­ne Ver­än­de­rung. Wir sind nicht Zeu­gen ei­ner Ex­plo­si­on der Pra­xis, son­dern eher von neu­en For­men der Sicht­bar­keit des Re­li­giö­sen. Das, was wir der­zeit be­ob­ach­ten, ist in er­ster Li­nie die Auf­leh­nung des Gläu­bi­gen, der sei­nen Glau­ben be­droht sieht und mit den kul­tu­rel­len »Her­aus­for­de­run­gen« ei­ner sä­ku­la­ren Ge­sell­schaft Pro­ble­me hat. Da­bei wirkt die Sä­ku­la­ri­sie­rung we­ni­ger in der Wei­se, dass sie die Re­li­gi­on an den Rand drängt, son­dern in­dem sie Re­li­gi­on und Kul­tur von­ein­an­der ent­kop­pelt und die Re­li­gi­on au­to­nom wer­den lässt.

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Welt­fremd­heit

Ei­ne klei­ne Pfingst­pre­digt... in der mein Hei­li­ger Geist die Stel­le in ei­nem Ro­man von Die­ter Wel­lers­hoff ist, (»Der Him­mel ist kein Ort«). Ich hat­te das Buch letz­tes Jahr ge­schenkt be­kom­men und war so be­gie­rig ge­we­sen, es zu le­sen, dass ich die Stel­le beim er­sten Mal über­se­hen ha­ben muss. Je­den­falls kommt es mir jetzt so vor, und ich bin froh, im Wie­der­le­sen »in dürf­ti­ger Zeit« noch ein­mal dar­auf zu sto­ßen. Sie lau­tet: Du bist kein Son­der­fall, son­dern ein Bei­spiel für vie­le. Und das ver­pflich­tet dich.

Mög­lich, dass es im er­sten Mo­ment nur das Pa­ra­dox war, das in mir klang: Sind wir doch ge­wohnt, uns am nam­haft ge­mach­ten, am he­roi­schen Ein­zel­nen zu ori­en­tie­ren, und steht al­so der Ge­dan­ke, dass der Ge­wöhn­lich­ste als das ver­bind­li­che­re Vor­bild taug­te, schein­bar da­ge­gen.

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